The Complete Guide to Hunting, Butchering, and Cooking Wild Game – VOLUME 1: BIG GAME

Buchvorstellung von Herr Rüger

Die steigende Zahl der Jäger und Jägerinnen in Deutschland lässt sich nicht nur aus den statistischen Auswertungen der Jagdverbände, Ämter und Behörden ablesen, sondern vielmehr auch an dem sich ständig weiter differenzierenden Markt für Jagdartikel und Jagdliteratur. So verwirrend überfordernd das Angebot für Jagdartikel auch sein mag, hat diese Entwicklung doch auch etwas Gutes für sich: Im Dickicht zwischen Schalldämpfern, Wildkochbüchern und Wärmebildkameras finden sich allerlei interessante Bücher aus Übersee, die uns auch uns teutschen Waidmännern und Waidfrauen noch sehr viel Interessantes mit auf den Weg geben und eventuell sogar neue Horizonte eröffnen können. Denn wie schon Seneca bei den alten Römern an seinen Schüler Lucilius schrieb: „Non scholae sed vitae discimus.

Als mir ein eben solches Buch in die Hände fiel und mich KRAUTJUNKER bat, eine Rezension zu schreiben, stellte dies auch einen gewissen Prozess des Lernens für mich dar. Ging ich anfangs noch davon aus, dass man am besten abends  bei einem Glas Rotwein, den Krawattenschal locker um den Hals geschlungen mit aus dem Hintergrund gediegen schallenden Jazz-Musik als Rezensent tätig ist, scheiterte ich bereits an meiner Idealvorstellung, als ich zufällig auf der Suche nach einem passenden Wein eine Flasche Bier im Kühlschrank fand, die mir durchaus vorzugswürdig erschien. Es verwundert also kaum, dass der auch der Jazz dem Rock und Metal weichen musste und der Krawattenschal noch nie den Weg in meinen Kleiderschrank gefunden hat und auch nie finden wird.

Bildquelle: Herr Rüger

Um wieder zurück zu den wesentlichen Dingen zu kommen: Eines dieser eingangs beschriebenen und lesenswerten Bücher ist das von Steven Rinella verfasste Buch The Complete Guide to Hunting, Butchering and Cooking Wild game – Volume 1: Big Game (nachfolgend „Guide“). Steven Rinella ist ein in den USA bekannter Jäger und Outdoor-Spezialist, der auch Moderator die Sendung MeatEater im amerikanischen Fernsehen moderiert.

Der Guide gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in fünf Kapitel zu den Themen Ausrüstung, Taktik und Strategien, Großwild und Großwildjagd, Schlachten und die Zubereitung von Wild. Rinella beschreibt in seinem ersten Kapitel die grundlegenden Ausrüstungsgegenstände zur Jagd und zum (Über-)Leben in der nordamerikanischen Wildnis. Von der Büchse über Munition, Optik, Messer, Rucksäcke, Bögen und Pfeiltypen verschlingt der geneigte Leser so Seite um Seite und selbst der deutsche Waidwerker kann hier etwas Neues lernen oder zumindest aber vorhandenes Wissen auffrischen. Auch wenn diese in unseren Gefilden nicht legal ist, so erschließt sich einem nach den ersten Sätzen zum Thema Bogenjagd, dass auch diese Jagdart ihre interessanten Seiten hat. Vielversprechend beginnt Steve Rinella das erste Kapitel mit der Aussage „Gear is like booze.“ Stellt aber kurz darauf richtig, dass es durchaus eine Frage des Alters und der Reife ist, ob man sich mit Komasaufen oder guten schottischen Whiskys beschäftigt. Diese Aussage weckte in mir die Hoffnung, irgendwann die sofortige und ungezügelte Begeisterung für jedes neue Equipment zu verlieren und in einer ungebremsten „Haben Will“-Euphorie nicht noch selbst mit Jagdartikeln handeln zu müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich mit diesem Problem nicht alleine bin und möchte jedem, der ein ähnliches Krankheitsbild zeigt, anbieten, sich bei mir für gemeinsame Therapiesitzungen zu melden.

Im zweiten Kapitel geht es um Jagdstrategien für verschiedene Geländearten. Rinella beschreibt ausführlich, wie ein Areal systematisch abgeglast werden kann, welche Standpunkte in welchem Gelände optimal sind und wie man sich dem Wild strategisch am besten nähert. Doch bei all den Ausführungen zum Anpirschen an den Lebenshirsch gefiel mir insbesondere ein relativ kurzer Abschnitt, der mit dem Titel „Battle for Hunting Grounds“ überschrieben wird. Es geht hier im Wesentlichen um die Jagd auf privatem und öffentlichem Gelände, das in den USA gelebte Lizenzjagsystem und den Erwerb von Tags und Licenses (Abschussgenehmigungen) für verschiedene Wildarten in den verschiedenen Bundesstaaten. Insbesondere der Exkurs „Toughest Tags“ ist es wert, gelesen zu werden. Was für uns der Lebenshirsch oder der Lebenskeiler ist, auf den wir stundenlang auf unzähligen Ansitzen hoffen, ist zum Beispiel die Jagd auf den Wapitibullen in Arizona oder auf Bisonbullen am Copper River. Während man auf einen Tag für einen Wapitibullen in der Unit 9 in Arizona gut und gerne 20 Jahre warten darf, ist alleine die Möglichkeit, auf einen Bisonbullen in Alaska zu pirschen ein Erlebnis, dass man nur einmal in seinem Leben haben wird: Es gibt schlichtweg nur eine Hand voll Tags pro Jahr und wer einmal Glück hatte, wird von künftigen Ziehungen ausgeschlossen.

Bildquelle: Herr Rüger

Das Dritte Kapitel dreht sich voll und ganz um das nordamerikanische Großwild. Rinella beschreibt die Lebensräume und Lebensweisen von zahlreichen Großwildarten vom Big Horn Ram über den Weißwedelhirsch bis hin zum Schwarzbären. Man kann in diesem Kapitel sehr gut nachvollziehen, wo der Reiz der Jagd in Nordamerika liegt. Die unendlichen Weiten, die Abgeschiedenheit und die für Mensch und Material fordernden Bedingungen in der Abgeschiedenheit der Wildnis verbunden mit den Herausforderungen des Überlebens und der Logistik machen definitiv Lust auf mehr. Für mich war das Kapitel zwar schön zu lesen, aber dann doch eher irrelevant, da ich für mich ausschließen konnte, dass der Bärenjagd in naher Zukunft eine gesteigerte Bedeutung in unseren Gefilden zukommt. Sollte es aber irgendwann soweit sein, bin ich auf jeden Fall vorbereitet und weiß, was zu tun ist.

Die letzten beiden Kapitel „Butchering“ und „Cooking“ waren zwar im Verhältnis zu den vorhergehenden Kapiteln unerwartet kurz aber nicht weniger lehrreich. Gerade beim Kapitel zum Aufbrechen und Zerwirken konnte ich es kaum glauben, als ich Rinella beim Ringeln erblickte. Auch das Grobzerwirken erinnerte an die uns bekannte Herangehensweise. Anscheinend machen wir in Deutschland und den USA doch nicht so viel grundverschieden, wie man immer glauben mag. Das mit Abstand kürzeste Kapitel im Buch war leider jenes, das mich am meisten interessiert hatte: das Kochen. Auf gerade einmal 50 von knapp 400 Seiten wird auf dieses für uns alle doch wichtige Thema eingegangen. Doch auch auf den wenigen Seiten, die mit Rezepten gefüllt wurden, steckt viel Interessantes vom Chili bis zum Minced Meat Pie, das einem schon beim Anblick das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. So mich KRAUTJUNKER lässt, werde ich euch sicherlich auch noch einmal gesondert über das ein oder andere Rezept berichten.

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KRAUTJUNKER-Rezensent: Herr Rüger

Benjamin Rüger ist leidenschaftlicher Koch, Jäger, Angler, Fotograf und Genießer. Nach dem Studium im schönen Frankenland verschlug es ihn in die Weltmetropole Frankfurt, wo er als Berater arbeitet und immer auf der Jagd nach neuen und interessanten Seiten des Großstadtdschungels ist. In seiner Freizeit betreibt er zudem er den Blog „Herr Rüger“
www.herr-rueger.de

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Facebook-Gruppe.

Titel: The Complete Guide to Hunting, Butchering, and Cooking Wild Game – VOLUME 1: BIG GAME

Autor: Steven Rinella

Verlag: Spiegel & Grau

Verlagslink: https://www.penguinrandomhouse.com/books/222377/the-complete-guide-to-hunting-butchering-and-cooking-wild-game-by-steven-rinella/

ISBN: 978-0812987058

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Steven Rinella, der MeatEater:
https://www.themeateater.com/

Mehr über und von Steven Rinella auf KRAUTJUNKER: https://krautjunker.com/?s=steven+rinella

3 Kommentare Gib deinen ab

  1. Luisa sagt:

    Sehr schöne Rezension, nur der gute Seneca wurde verdreht… für irgendwas muss mein großes Latinum in der Wildnis doch gut sein.
    Was mich noch interessiert (aber ich auf 50 Seiten kaum vermute): War auch ein Rezept für Bärenfleisch dabei?
    Viele Grüße aus Nord-Nordamerika!

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  2. Herr Rüger sagt:

    Korrekt erkannt! Ich hoffe, das kann vom Chef noch korrigiert werden.

    Im Buch selbst wird in den Rezepten meistens auf „venison“ Bezug genommen und gar nicht weiter spezifiziert, von welchem Tier das Fleisch zu kommen hat. Mir wäre jetzt auch nicht in Erinnerung geblieben, dass es in einem Rezept explizit um Bärenfleisch ginge. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es im „Fish and Game Cookbook“ etwas ausgefallenere Rezepte gibt.

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  3. KRAUTJUNKER sagt:

    Hokuspokus Fidebus, jetzt müsst es passen.
    Wegen Bärenfleisch schaue ich nochmal.
    Auf die Schnelle kann ich das hier anbieten:
    https://krautjunker.com/2016/07/25/baerenbraten/

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