Bärenattacken stoppen

von Wayne van Zwoll

Sie sah ihren ersten Grizzly vom Hubschrauber aus, als sie in ihrem dritten Jahr als Feldkartiererin für die U.S.G.S. in Alaskas Yukon-Tanana Hochland arbeitete. Obwohl sich die Mitglieder ihres Teams häufig aufteilten, um alleine zu arbeiten, trug die 30-jährige Cynthia Dusel-Bacon keine Schusswaffe. „Unser Vorgesetzter sagte, dass Schusswaffen mehr Gefahr darstellen, als diese verhindern zu können.“

Am frühen Morgen des 12. August 1977 brachte der Hubschrauberpilot Ed Spencer Cynthia zu einem Bergrücken 60 Meilen außerhalb von Fairbanks. Sie trug einen Rucksack mit Mittagessen und einem Steinhammer sowie ein Funkgerät in einer Außentasche. Die Abholung würde acht Meilen landeinwärts erfolgen. Das Funkgerät des Camps, das von Eds Frau betreut wurde, war 80 Meilen entfernt.

Ein Pfad durch das Gestrüpp machte das Gehen leicht. Cynthia blieb stehen, um eine Scherbe aus einem Felsvorsprung zu brechen.

„Ein plötzliches Krachen im Busch ließ mich aufschrecken. Ich schaute auf und sah einen Schwarzbären, der sich nur drei Meter entfernt erhob.“ Sie schrie und fuchtelte mit den Armen. Der Bär wich nicht von der Stelle, sondern kam schleichend auf sie zu. Dann stürzte er sich auf sie.

Abb.: Braunbär; Bildquelle: Foto von mana5280 auf Unsplash

Sie erhielt einen „taumelnden Schlag“ und wurde nach vorne geschleudert. Sie landete mit dem Gesicht nach unten und zwang sich, sich nicht zu bewegen. Aber der Bär ließ nicht locker. Er biss ihr tief in die rechte Schulter und schüttelte sie. Als er innehielt, griff Cynthia nach ihrem Funkgerät – vergeblich, sie hatte ihren Rucksack auf. Die Bewegung löste einen weiteren Angriff aus. „Ich war mir bewusst, dass mein Fleisch zerrissen wurde, Zähne gegen Knochen. Ich hörte, wie die Eckzähne des Bären an meinem Schädel knirschten.“

Abb.: Schwarzbär in Kanada; Bildquelle: Foto von Marc-Olivier Jodoin auf Unsplash

Dann packte das Tier Cynthia am Arm und zog sie ins Gebüsch, wobei es regelmäßig Blut aus ihren Wunden leckte. Nach „fast einer halben Stunde“ hielt der Bär inne. Cynthia griff mit ihrer linken Hand in die zerrissene Rucksacktasche und betätigte das Funkgerät. „Ed! Komm schnell! Ich werde von einem Bären aufgefressen!“ Dann stürzte sich die Bestie wieder auf sie.

Ihr Ruf hatte das Lager erreicht, aber als Ed ankam, konnte er die liegende Frau im Gebüsch nicht sehen. Als er sie dann doch sah, musste er Hilfe holen. Cynthia war stark, aber sie würde bei einer Operation beide Arme verlieren. Ihre Einstellung brachte sie wieder auf die Beine. „Ich will weiter für die U.S.G.S. arbeiten.“

Aus solchen Geschichten entstehen Alpträume. Bärenangriffe haben lange Zeit für Schlagzeilen gesorgt, aber nur Überlebende können berichten, was passiert ist, und in vielen Berichten bleibt die Ursache – sogar die Bärenart – unklar. In einer Studie, die der kanadische Journalist Mike Cramond 1980 abschloss, fanden sich in seinen Akten mehr als 250 Angriffe, die bis ins Jahr 1929 zurückreichen: „so weit zurück, wie es zuverlässige Quellen gibt“. Er stellte fest, dass es Lücken in den Aufzeichnungen gibt, die hauptsächlich aus Parks stammen. Während Grizzlys weithin als viel gefährlicher gelten als Schwarzbären, zeigten seine Daten, dass sie in Bezug auf Angriffe dicht beieinander liegen: 72 durch wilde Schwarzbären, 80 durch wilde Grizzlys. Auch die Zahl der menschlichen Todesopfer war ähnlich hoch: 12 und 14. Die Hälfte der Überreste von Menschen, die von Bären beider Arten getötet wurden, waren gefressen worden.

Bären greifen an, um ihre Jungen oder einen Kadaver zu schützen, aber auch, wenn sie überrascht werden oder wenn ein Mensch als leichte Beute erscheint. Wer sich tot stellt, zeigt einem Bären, dass er keine Bedrohung darstellt. Aber wenn Hunger der Grund für einen Angriff ist, ist totstellen nutzlos.

Junge, gesunde Tiere wie der Bär, der Cynthia zerfleischt hat, und ein anderer Schwarzbär, der 1978 drei an einem Fluss in Ontario angelnde Jungen tötete, können ebenso gefährlich sein wie alte, kränkelnde Einzelgänger, welche die Anwesenheit von Menschen reizt. Ein Mangel an Beeren, Pinienkernen oder anderen Nahrungsmitteln kann ebenso zu Problembären führen, wie ein Ansturm von Menschen auf Orte, an denen sich Bären versammelt haben. „1974 musste ich 51 Schwarzbären erlegen“, erinnert sich ein Wildhüter aus Ontario. „1977 tötete ich 17, 1978 nur einen. Die Bedingungen, die zu Begegnungen mit Bären führen, ändern sich saisonal und von Jahr zu Jahr. Eines Abends, als ich auf einem abgelegenen Bergrücken nach Elchen suchte, traf ich in den letzten zwei Stunden des Tageslichts auf neun Schwarzbären aus nächster Nähe. Eine reiche Beerenernte hatte sie dorthin gelockt.

Es lässt sich nicht vorhersagen, wo ein Bär auftaucht oder was er tut. Jäger wurden ohne Anzeichen eines Kampfes aufgefunden, die Gewehre waren nicht entsichert und der Tod trat offenbar sofort ein.“ Cramond schätzt das Risiko für Jäger und Menschen in Zelten gleich hoch ein – etwa halb so hoch wie für Wanderer.

Abb.: In der Nachkriegszeit jagten die Jäger Grizzlys mit Repetierbüchsen mit Zielfernrohr und neuen Patronen, die stärker waren als die .30-06; Bildquelle: Wayne van Zwoll, B&C Professional member, Fair Chase Magazine

Seit 1980 haben die Grizzlybären in einem Großteil ihres Verbreitungsgebiets zugenommen, ebenso wie die Begegnungen zwischen Jägern und Grizzlys. Vor ein paar Jahren war ich bei der Elchjagd in Wyomings Thorofare Country erstaunt, dass der Bärenverkehr auf den Haupttrails so stark war, dass die Abdrücke der Grizzlys stellenweise alle Pferde- und Maultierspuren verwischt hatten. Zweimal in dieser Woche mussten die Führer unserer Gruppe Bären aus nächster Nähe ablenken. Nicht weit entfernt wurde ein Führer, der einen Elch präparierte, von einem Grizzly getötet. Gleichzeitig haben strenge Vorschriften für die Lagerung von Lebensmitteln den Bären den Anreiz genommen, Wildniscamps zu überfallen. Und Bärenspray ist bei Jägern sehr beliebt geworden.

„Man muss klug sein“, sagte mir Al Johnson. „Ich hätte klüger sein können.“ Im Herbst 1973 war der Biologe von der Alaska Fish & Game auf einer Mission, um Elche im Denali National Park zu fotografieren. Unterwegs entdeckte er eine Grizzlybärin mit drei Jungtieren. Al schnappte sich zwei Kameras und seine Teleobjektive und folgte den Bären zu Fuß. Drei Stunden lang fotografierte er mit einem 1.000-mm-Objektiv und hielt dabei einen Puffer von 100 Metern ein. Als das Licht schwächer wurde, beschloss er, die Tiere in die Reichweite eines kürzeren Objektivs zu locken. „Ich kletterte 15 Fuß auf einen stabilen Baum und schrie wie ein Kaninchen in Not. Die Jungen schienen neugierig zu sein; die Bärin beachtete sie nicht. Aber als ich aufhörte zu rufen, näherte sie sich im schnellen Laufschritt, die Jungen weit hinter ihr.“

Als sie auf 50 Meter herankam, schrie Johnson laut. Sie kam dichter, jetzt schneller. Als sie den Baum passierte, hielt die Bärin dahinter an, damit die Jungen sie einholen konnten. Al war nun zwischen der Bärin und ihren Jungen. Ein Junges schaute auf und brüllte.

„Ich fühlte, wie der Baum heftig wackelte und sah ihren Kopf und ihre Schultern….“. Die Bärin kam hoch genug, um Johnsons Stiefel zu packen. Sie riss ihn vom Baum. Er schützte seinen Kopf und musste tiefe Bisse in seine Arme ertragen. „Ich drehte mich mit dem Bauch zum Boden und umklammerte meinen Nacken. Ihre Zähne kratzten an meinem Schädel. Dann ließ sie von mir ab und verschwand.“

Al taumelte 300 Meter weit zu einer Straße. Er hatte Glück, denn wie aufs Stichwort kam ein medizinisch ausgebildeter Parkangestellter vorbei. Vor der Operation in einem Krankenhaus in Fairbanks wurden Johnson vier Liter Blut infundiert.

Das erste, was er Dir über Bären sagen würde, ist, dass Du ihnen Platz lassen sollen. Sie können schnell sprinten (bis zu 72 km/h), und selbst Grizzlys können auf Äste klettern, die so hoch sind, dass sie Dich schnell an den Füßen herunterziehen können. „Der richtige Zeitpunkt, um einem Bären zu entkommen, ist, bevor er Dich entdeckt. Es ist schwer, einen Bären aufzuhalten; noch schwieriger ist es, Verletzungen zu vermeiden, wenn der Bär Dich angreift.“

Du befindest Dich in einem Bärengebiet. Wie verhältst Du Dich gegenüber einem Bären, der Dich angreifen will? Normalerweise darf man in Nationalparks keine Schusswaffe tragen. In Kanada sind Faustfeuerwaffen sogar dort verboten, wo man legal jagen darf. Andere Verteidigungsmaßnahmen mögen gegen einen Bären nicht sehr wirksam erscheinen. Es gibt Hinweise darauf, dass Bärenspray eine wirksame Abschreckung ist. Wie eine Gewehrkugel muss es jedoch gezielt eingesetzt werden. Der Grizzly, der den Führer über dem Elchkadaver tötete, hatte Berichten zufolge Rückstände des Sprays auf seiner Brust, als die Ranger ihn erschossen. Spray ist für das Gesicht gedacht. Eine Dose liegt nicht so gut in der Hand wie ein Gewehr oder eine Faustfeuerwaffe. In der Hektik des Augenblicks – vor allem mit kalten Fingern oder Handschuhen oder nachdem ein Bär Dich erreicht hat – kann die Dose leicht verrutschen. Die Mitnahme von Bärenspray ist in den meisten Flugzeugen verboten.

Einziger Vorteil von Spray gegenüber Kugeln: Es ist nicht tödlich; man kann es einsetzen, auch wenn man nicht sicher ist, ob es wirklich sein muss.

Ron Dube, ein Ausrüster, der jahrzehntelang Jäger in die Elchcamps östlich des Yellowstone gebracht hat, sagte mir, dass er noch nie einen Bären erschießen musste. „Ich habe viele, viele Grizzlys gesehen, einige aus nächster Nähe. Einer kam in ein Camp, in dem ich allein war und das Abendessen zubereitete. Er wollte essen. Ich schrie ihn an und tat so, als würde ich ihm den Kopf abbeißen, wenn er nicht verschwinden würde. Es lief an meinem Feuer vorbei und ging weiter.“ Ron erinnert sich, dass er nur einmal durch das Verhalten eines Bären beunruhigt wurde. „Mein Kunde und ich entdeckten einen großen männlichen Grizzlybären, der in der Nähe eines Kadavers hin und her lief. Er sträubte sich, knurrte und war eindeutig aufgeregt, ohne uns zu bemerken. Wir zogen uns zurück und gingen von ihm weg.“

Einmal geriet ich während einer späten Elchsaison fast in Schwierigkeiten. Der tiefe Schnee in der Nähe der Baumgrenze hatte andere Jäger in Schach gehalten, aber jeden Morgen sah ich frische Grizzlyspuren. Ein Bär hatte meinen Berg geteilt. Am letzten Nachmittag meines Abstiegs rastete ich bei einer einsamen Kiefer am Fuße eines Abhangs. Der Elchkadaver unter mir fiel mir auf, als ein Schatten über mir aufflackerte. Ein Grizzly, dessen versilbertes Haar sich kräuselte, raste mit hoher Geschwindigkeit bergab. Wolken aus Pulverschnee, die von der tief stehenden Sonne angestrahlt wurden, hüllten die große Kreatur bei jedem Sprung ein. Ein fantastischer Anblick.

Ein Teil dieser Kiefer zu werden, sprich hinauf zu klettern, schien plötzlich unumgänglich. Als der große männliche Bär an mir vorbeizog, hielt er an, um den Kadaver in 30 Metern Entfernung und mit dem Seitenwind zu begutachten. Dann begann er, mit dem Schädel herumzuschlagen, wie eine Katze mit einem Wollknäuel. Er kam näher, es schien eine unsichtbare Hand wollte den Schädel in meine Richtung ziehen. Als er meinen Geruch auf 19 Meter Entfernung wahrnahm, erstarrte er. Sekunden vergingen. Dann verschwand er im nahen Wald. Und hielt inne. Ich stieg von der Kiefer und zog mich leise zurück – obwohl mich dieser Weg näher an den Elch heranführte. Seinem Elch.

Abb.: Grizzly in Alaska; Bildquelle: Foto von John Thomas auf Unsplash

Wenn man vor einer nahen Begegnung davonläuft, kann das eine Raubtier-Beute-Reaktion bei Bären auslösen, die damit beginnt, dass er ein lautes Brüllen ertönen lässt, welches „lass mich in Ruhe“ bedeutet. Der beste Rat für Jäger, die auf einen Kadaver stoßen, der auf Bären hindeutet: Ziehe Dich langsam zurück. Ein nicht sichtbarer Bär könnte in der Nähe sein und seine Beute beobachten. Wenn Du der Spur des von Dir angeschossenen Wildes folgst, spreche laut; bleibe des öfteren stehen und schaue Dich sorgfältig um.

Trotzdem kann es passieren, dass man zufällig auf einen Bären stößt, so wie man jemanden trifft, bei dem man sich entschuldigen muss.

Eines frühen Morgens im Jahr 1965 verließ Jack Turner sein ländliches Haus in Alaska am Atnarko River, um einen Holzzaun zu reparieren. Er trug eine Axt und, quer über den Rücken geschnallt und eine Winchester 94 in .30-30. Als der Pfad in einer kleinen Lichtung abbog, traf er 13 Schritte entfernt „den größten Grizzly, den ich je gesehen hatte“. „Unsere Blicke trafen sich und er griff sofort an, ohne ein warnendes Knurren oder Fletschen der Zähne“. Turner ließ die Axt fallen und riss sich den Karabiner vom Rücken. Mit einer Bewegung hebelte er eine Patrone in den Lauf und klappte das Visier hoch. „Der Bär war schon fast auf mir drauf“, als die Kugel knapp über der Nase einschlug und das Tier auf der Stelle zu Boden ging. Damals brach Jack Turners Grizzly den 1954 erstellten Weltrekord für Bären. Mittlerweile rangiert er auf Platz 11.

Die schnelle Tötung durch einen Kopfschuss wird allgemein als gegeben angenommen. In Wahrheit sind die Ergebnisse unterschiedlich. Ein Jäger, der vier schlecht gezielte Schüsse auf einen Grizzly in British Columbia abgab, wollte gerade nachladen, als der nicht tödlich getroffene Bär angriff. „Schieß!“, schrie er seinem Partner zu, der die Szene von hinten filmte. Der Bär durchwühlte das Dickicht wie ein Tornado, als der Kameramann seine .30-30 in die Hand bekam. Das Geschoss, das aus sechs Metern Entfernung abgefeuert wurde, prallte von seinem Schädel ab. Das Gleiche galt für seinen Nachschuss. Ein Dritter, die mit großer Eile abgefeuert wurde, drang in das Auge des Bären ein. Der Bär kam vor den Füßen des Mannes zum Stehen. Dieser sprang über den zuckenden Körper und feuerte von rückwärts eine vierte Kugel in das Gehirn des Raubtieres.

Abb.: More black bears than deer here—a nod to traditional deer rounds like the .30 Rem. and .30-40 Krag; Bildquelle: Wayne van Zwoll, B&C Professional member, Fair Chase Magazine

Leichte Wunden, wie auch das Knallen von Schüssen, provozieren Bären oftmals zum Angriff. Zwei Hirschjäger kletterten durch einen Tunnel aus Schierling und Salal und rochen Fisch und altes Fleisch. Hier hatte ein Bär gefressen. Sie kamen oben auf der Anhöhe heraus, wo die Deckung dünner wurde. Einer blickte zurück – in das Gesicht einer Schwarzbärin am Rande des Gewirrs. Augenblicklich näherte sie sich den Jägern. Der erste Jäger feuerte seine .32-20 Pump aus der Hüfte ab und traf eine Vorderpfote. Die Bärin erhob sich brüllend, und das Blut aus der Wunde spritzte über das Hemd des Schützen. Vier weitere Schüsse trafen die Bärin ohne Pause. Sie wirbelte zurück in das Unterholz, gerade als sein Waidgenosse ihn mit einer Kugel aus seiner .303 British erwischte. Vorsichtig folgten sie der Schweißspur. Die Bärin umkreiste sie noch und verendete kurz hinter ihnen.

Während die meisten Jäger die .32-20 heute selbst für Rehe ablehnen würden, sind viele Schwarzbären und viele Grizzlys mit Ladungen aus den frühen Tagen des rauchlosen Pulvers erlegt worden. Ein Schuss aus einer .30-30 bescherte einem Jäger einen großen Schwarzbären in Alaska.  Ein früher Umsteiger auf die .303 Savage zählte zwei Grizzlys und 18 Tiere, die er mit seinen ersten 20 Patronen erlegte. Deren Munition verschießt kleine, schnelle Geschosse mit hoher Energie, aber schlechter Durchschlagskraft.

Heutzutage werden für große Bären Patronen empfohlen, die mindestens die Durchschlagskraft von 180-gr-Geschossen in einer Standard-.30-06-Ladung haben – etwa 2.700 ft/lb (3660 Joule). Aber viele Hirschjäger im Bärenland tragen Gewehre mit leichteren Geschossen, die, selbst wenn die Geschwindigkeit die Energie erhöht, Grizzlys oder sogar Schwarzbären nicht beeindrucken können. Eine Ausnahme: Jäger, die in Sitka auf Schwarzwedelhirsche jagen, die sich die Küste Alaskas mit Braunbären teilen, tragen in der Regel starke .30er und .338er Kaliber. Bären haben gelernt, dass Gewehrfeuer frisches Wildbret signalisiert und kommen wie zu einer Essensglocke.

„Stoppgewehre“ für gefährliches Wild müssen ein Tier mit einem „Frontaltreffer“ erlegen, während die meisten Gewehre genutzt werden um mit einem Schuss durch die vorderen Rippen waidgerecht zu töten. Natürlich kommt es auf die Ladung an, nicht auf das Gewehr. Wichtiger als die (theoretische) Mündungsgeschwindigkeit sind Geschossgewicht, Querschnittsdichte und Konstruktion. Schwere Geschosse, die für ihren Durchmesser lang und kohäsiv sind, dringen am besten gerade und tief durch dicke Muskeln und Knochen. Für Bären sind Geschosse wie Nosler Partition, Swift A-Frame oder „gebondeten Kernen“ wie Nosler AccuBond, Federal Trophy Bonded oder einigen Vollkupfer-Hohlspitzen-Geschosse wieBarnes TSX, Hornady GMX sinnvoll. Das Gleiche gilt für schwere, hartgegossene Bleigeschosse in Großkalibern wie der .45-70 und .450 Marlin.

Abb.: Schnelles, präzises Zielen mit schweren Geschossen macht Karabiner mit bescheidener Leistung zu wirksamen Bärenstoppern; Bildquelle: Wayne van Zwoll, B&C Professional member, Fair Chase Magazine

Ein Gewehr ist immer besser als eine Handfeuerwaffe, vorausgesetzt, Du hältst die Langwaffe in der Hand. Die Geschossenergie ist viel größer und das Treffen lebenswichtiger Organe ist einfacher. Vor langer Zeit erzählte mir ein Braunbärenführer in Alaska, dass Kunden häufig mit einem .44-Magnum-Revolver als Ersatzwaffe ankamen. „Ich sage ihnen, dass ihre Ersatzwaffe meine .375 ist, dass 4.200 Fuß-Pfund auf dem Weg zum richtigen Ort sind, genau dann, wenn sie es brauchen. Bären passen auf mein Gewehr auf.“ Er trug auch eine S&W 29, da ihn niemand unterstützte. Eines Tages betrat er dichte Erlen, um einen Bären zu bergen, der offenbar tödlich erlegt worden war. Sein Mandant wartete hinter ihm. Zu seinen Füßen brach ein Berg aus Bärenfellen hervor. Alles passierte so blitzartig, dass er nur noch seinen Revolver zielen und abfeuern konnte. „Ich habe die .44er in seine Rippen geschossen, als er mich buchstäblich überfahren hat. Diese Kugeln haben ein paar Tonnen abgefeuert. Hat ihn nicht beunruhigt. Er schoss durch den Busch dahinter und fiel wenige Meter weiter tot um. Der Bär attackierte mich nicht; er wollte einfach nur weg.“

Ein Bär kann schreckliche Wunden einstecken und wie eine Maschine immer weiter machen.

Abb.: Wayne erlegte diesen großen Schwarzbären in Alaska mit einem .30-30-Geschoss aus 80 Metern Entfernung. Gewehre sind eine bessere Wahl als Handfeuerwaffen; Bildquelle: Wayne van Zwoll

Wenn Du für den Notfall einen mittelgroßen oder großen Revolver einpackst, sollte Dir eine Patronenkartusche jahrzehntelang gute Dienste leisten. Denke daran wie an den Feuerlöscher in Deiner Garage. Beim Schießen wird auf sehr kurze Distanz geschossen, Deine Aufgabe besteht nicht darin, den Bären zu töten, sondern Dich selbst zu retten. Der Treffer, der nötig ist, um einen erregten Bären sofort mit einem Körpertreffer zu stoppen, ist mit hohen Kosten für das Gewicht und die Schlagkraft der Handfeuerwaffe verbunden. Andererseits müssen Dir Projektile, die weder das Gehirn noch die vordere Wirbelsäule zerstören, dennoch helfen. Die .357 Magnum ist eine feine Patrone, die jetzt mit Kugeln erhältlich ist, die große Bären aufhalten. Es kann in leichten, mittelgroßen Revolvern verwendet werden. Aber dieses Kaliber bleibt einen großen Schritt hinter den .41 und .44 Magnums zurück, die mit 850 bis 950 Fuß-Pfund Schlagkraft immer noch nur halb so viel erreichen wie ein .30-30-Gewehr. Die kraftvolle .454 Casull schlägt scharf zurück. Geschosse wie Garretts Hartgussgeschosse und der Honey Badger aus Black Hills gewährleisten Durchschlagskraft unabhängig von der Bohrung. Beim Bremsweg spielt die Flugbahn keine Rolle. Auch dies kostet nichts, da Du keine Bären-Notfallmunition für Fußgänger verwenden musst. Leichtere Ladungen und noch kürzere Patronen (.38 Spl. in .357-Revolvern, .44 Spl. in .44 Magnums, .45 Colt in .454 Casulls) ersparen Dir lästige Schläge auf das Handgelenk. Trainiere den schnellen, sicheren Umgang mit der Waffe aus dem Holster und präzise Double-Action-Schüsse bei hoher Geschwindigkeit.

Vom Tragen von Handfeuerwaffen wird in Bärengebieten oft abgeraten und in vielen Gebieten ist dies sogar verboten, damit Jäger sie nicht vorzeitig einsetzen und Tiere verkrüppeln oder töten, die keine unmittelbare Bedrohung darstellen. Da ist etwas dran. Bären können einen „falschen Angriff“ ausführen, um Dich zu vertreiben, oder ihre Meinung mitten im Schritt ändern und vorbeigehen. Dies passierte einem Landsmann von mir, der von hinten überrascht wurde. Er hatte kaum Zeit, seine .357 zu ziehen und vor einer entgegenkommenden Sau in die Erde zu schießen. Sie galoppierte auf der einen Seite vorbei, ihr einjähriges Junges auf der anderen. Hat seine Kugel das Spiel verändert? „Das kann ich nicht sagen“, zuckt er mit den Schultern. Sollten Du angesichts der Zeit für zwei Schüsse den ersten wohlwollend zu Boden schicken? „Hängt davon ab, wie viel Glück Du hast.“ Die Absichten eines Bären zu erkennen ist schwierig – fast unmöglich, wenn das Tier nah ist und schnell kommt. Dir bleiben nur wenige Herzschläge Zeit vor dem Vollkontakt, jeder ist eine unwiederbringliche Chance zu schießen.

Wie schnell Sie denken und wie klug Du Dich entscheidest, beeinflusst eine Begegnung mit einem Bären zumeist stärker als Deine Bewaffnung.

Abb.: Grizzlybär; Bildquelle: Bild von Angela auf Pixabay

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KRAUTJUNKER-Kommentar: Ich danke Prof. Harald Schweim dafür, dass er mich auf seine Übersetzung des im Fair Chaise Magazin veröffentlichten Berichtes aufmerksam machte. PJ DelHomme, Managing Editor des Fair Chase magazine, war so freundlich meine Anfrage bezüglich eines Copyrights an Wayne van Zwoll weiterzuleiten und dieser erteilte mir großzügigerweise seine Erlaubnis. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen dreien!
Bei der Übersetzung orientierte ich mich an Harald Schweim und bemühte mich, um ein etwas flüssigeres Lesevergnügen. Alle Fehler, seien sie sprachlicher oder fachlicher Art, nehme ich auf meine Kappe.

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Wayne van Zwoll

Der Journalist Wayne van Zwoll schreibt insbesondere über die Jagd und das Sportschießen. Er veröffentlichte 15 Bücher und mehr als 3.000 Zeitschriftenartikel sowie Kolumnen. Ursprünglich promovierte Wayne an der Utah State University in der Fakultät Wildtiermanagement. Er gewann Landes- und Regionaltitel im Wettkampfschießen und jagte auf fünf Kontinenten. Er arbeitet als Jagdführer in den USA und veranstaltet jährlich mit seinem Programm High Country Adventures Einführungssafaris für Frauen in Afrika. Wayne ist Mitglied auf Lebenszeit bei der Rocky Mountain Elk Foundation und der National Rifle Association, professionelles Mitglied des Boone and Crockett Club, Vorstandsmitglied des Jack O’Connor Hunting Heritage Center und unterstützt weitere Naturschutzorganisationen. Er bildet in fünf Bundesstaaten Jäger aus und gibt jährlich Seminare über Jagd und Sportwaffen für den Dallas Safari Club und den Safari Club International. Mit seiner Frau Alice lebt er im ländlichen Washington State.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Quelle: Fair Chase Magazin – The Official Publication of the Boone and Crockett Club

Original-Artikel: https://www.boone-crockett.org/stop-bear-0

Copyright erteilt von: Wayne van Zwoll

Übersetzung: KRAUTJUNKER


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