von Harald Schweim
Durch die Liebe des Menschen zum Schweinefleisch entstand auch die Population von Wildschweinen in Australien. Australische Wildschweine leben zwar wild und werden gejagt, genetisch gehören sie aber zu den Hausschweinen und NICHT zum Schwarzwild im europäischen Sinn.
Wildschweine waren zum Zeitpunkt der Entdeckung Australiens vor rund 300 Jahren auf dem Kontinent gar nicht heimisch. Erst die englischen Siedler, die 1788 erstmals an der Ostküste Australiens landeten führten u.a. das Hausschwein ein. Das waren damals noch Tiere, die Gene aus der Zeit der „Eichelmast“ mitbrachten. Die Eichelmast war in Mitteleuropa eine bis ins 19. Jahrhundert weit verbreitete landwirtschaftliche Praxis. Hausschweine wurden in die Wälder getrieben, damit sie sich dort an Eicheln, Bucheckern und Kastanien satt fraßen. Dabei kam es auch zu Vermischungen mit echten Wildschweinen, sprich, diese Tier trugen jede Menge Wildschwein-Gene. Einzelne dieser in Australien eingeführten Tiere entwischten oder wurden bewusst ausgewildert. Da natürliche Feinde fehlten und in Ostaustralien ein für Schweine günstiges Klima vorherrscht, vermehrten sich die Tiere sehr rasch. Sie passten ihr Äußeres sowie das Verhalten mit der Zeit wieder demjenigen der Wildschweine an und sind heute optisch kaum mehr von unseren europäischen Wildschweinen zu unterscheiden. Vom genetischen Standpunkt aus betrachtet sind die ausgewilderten Tiere noch immer Haus- und keine Wildschweine. Die Jagd auf wilde Schwein in Australien könnte daher vermutlich nicht weiter von der europäischen Schwarzwildjagd entfernt sein.
Ohne Zweifel sind Sauen das häufigste und meist gejagte Wild in Australien. Der Gesamtbestand bewegt sich zwischen zehn und 20 Millionen Stück, die sich auf etwa 38 Prozent der australischen Landmasse finden lassen. Man spricht, mehr noch als bei uns, von einer wahren Sauenflut. Für die Jagd ist keine Lizenz notwendig, es gibt auch keine Jagd- und Schonzeiten, und die Farmer sind dankbar, wenn Jäger die Sauenpopulation wenigstens versuchen, unter Kontrolle zu halten; denn in Australien werden Sauen als Schädlinge betrachtet.
Die australischen Sauen werden nur selten gegessen (meist wird der Kadaver nach der Trophäenentnahme einfach liegen gelassen), da es einigen Untersuchungen bedarf, um sie für den menschlichen Verzehr freizugeben. An eine veterinärmedizinische Beschau ist aber im australischen Busch nur schwerlich heranzukommen. Australien ist ein sehr trockener Kontinent, das Fehlen von Wasser beherrscht die Landwirtschaft und auch das Leben des Wildes. Ein großer Teil des Landes ist Wüste mit sehr wenig Niederschlag. Hier können auch wilde Schweine nicht leben.
Es gibt aber Landstriche, die einer Halbwüste ähneln und in denen Sauen in einer anständigen Zahl vorkommen. Vor allem, weil Menschen hier das wenige vorkommende Wasser für das Vieh aufstauen und speichern. Auch gibt es hier einige Bäche und Flüsse, die allerdings in den Sommermonaten austrocknen. Es gibt aber auch solche Landstriche, in denen Wald und Viehfarmen einen Überfluss an Deckung, Fraß und Wasser bieten. In den Sommermonaten muss Schwarzwild in der Nähe von Wasser leben, denn die Tagestemperaturen übersteigen locker die 40 Grad Celcius. Die Sommer sind zwar extrem trocken, das restliche Jahr wartet dafür mit einem milden Klima auf – selbst in der Halbwüste. Unter diesen Bedingungen frischen Bachen häufig zweimal im Jahr. Obwohl es kommerzielle Jagdorganisationen gibt, die Jägern den üblichen Service wie Transport ins Jagdgebiet, Führung und Unterkunft bieten, werden die meisten Sauen in Australien von Individualjägern erlegt, die Jagdmöglichkeiten auf privatem Land haben. Dies ist jedoch mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden – die besten Jagdreviere befinden sich weitab von Städten und Siedlungen, oft muss man 500 oder gar 1.000 Kilometer fahren. Die Straßen in das als Outback bezeichnete Hinterland bestehen vielerorts aus endlosen, wenig befestigten Pisten, die schon nach leichteren Regenfällen heimtückisch sein können oder gar völlig unpassierbar werden, manchmal für mehrere Tage. Ein buschiger Strauch, der sich Lignum nennt, ist in Australien weit verbreitet und wird von den Sauen buchstäblich geliebt. Sie suchen Deckung und Schatten in ihm, brechen an seinen Wurzeln und suhlen in seiner Nähe, da er meist in Feuchtgebieten wächst. Solche Gebüsche können sehr dicht wachsen – so dicht, dass sie für Menschen undurchdringbar werden. Eines ist immer sicher, Wasser und Lignum bedeuten stets Sauen in der Nähe. Die Pirsch in feuchten oder ausgetrockneten Lignum-Sümpfen kann also sehr erfolgreich sein – mit absoluten Nahbegegnungen. Obwohl Sauen deckungsreiches Areal bevorzugen, stehen sie in der kühleren Jahreszeit und nachts auch häufig auf größeren Freiflächen im Gebräch, wenn sie nicht zu intensiv bejagt werden. Aber selbst bei starker Bejagung sieht man sie regelmäßig in offener Landschaft.
In den Wintermonaten brechen sie auch in sandigeren Gebieten. Jede Dickung in und an Feuchtgebieten ist generell einen Besuch wert, denn hier finden Sauen Deckung und Schatten während der heißesten Stunden des Tages. Klettern die Temperaturen im Sommer erst einmal über 30 Grad Celsius, kann es am effektivsten sein, an entlegenen Tränken anzusitzen und darauf zu warten, dass die Sauen zum Schöpfen kommen – meist am frühen Morgen oder späten Nachmittag bevor die Sonne auf- oder untergeht. Dies hat sich als sehr effektive Methode herausgestellt, bei zu viel Jagddruck ändern die Sauen jedoch schnell ihren Tagesablauf. Die Jagd in der Sommerhitze ist sehr beschwerlich, daher bevorzugen wir die Jagd im Frühling und Herbst. Früher haben wir auch im Winter gejagt, aber zu dieser Jahreszeit entfernen sich die Sauen zunehmend weiter von den Wasserstellen, und man muss selbst weit wandern und ein gutes Fernglas haben, um ihnen zu begegnen.
Die richtige Waffe und das beste Kaliber sind Gegenstand ständiger Diskussionen zur Jagd auf Schwarzwild in Australien. Sauen werden mit einer großen Kaliberbandbreite (von Waidgerechtigkeit im Deutschen Sinne gegenüber den Schweinen keine Spur, „Ungezieferbekämpfung“) erlegt – von der .22 lfB bis hin zu .450/.400 British double. Natürlich gibt es eine Menge brauchbarer Kaliber und genauso viele, die es nicht sind. In dichtem Busch sind Unterhebelrepetierer in .30-30 Win. oder .45-70 kaum zu schlagen. Wenn die Sauen aber in offenem Gelände bejagt werden und flüchtig zu schießen ist, ist ein Kaliber mit gestreckter Flugbahn notwendig. Generell sind werden Kaliber zwischen .270 Win. und .30-06 SP in den meisten australischen Landschaften eingesetzt. Als Zieloptik ist ein variables (Drückjagdglas 1-6 fach oder mehr x 24 oder 28), das Schüsse in Dickungen auf kurze Distanz und auf Plänen auf weitere Entfernung erlaubt, das Ideale. Die meisten australischen Jäger laden selbst und wieder. Der Munitionsverbrauch zur Jagd auf Schwarzwild in Australien ist hoch, besonders wenn man großen Rotten begegnet. Flüchtiges Wild wird häufig zu weit hinten getroffen, und in dichtem Buschwerk ist es entscheidend, ein krankes Stück schnell zu finden. Deshalb verwenden wir Projektile, die schnell aufpilzen und ein Höchstmaß an Energie abgeben. Da Schwarzwild überall in Australien als Schädling klassifiziert ist, bekommt man von jedem Farmer die gleiche Anweisung: Schießt so viele Sauen wie möglich! Mittlerweile nehmen sich auch vielfältige Regierungsprogramme der unzähligen Probleme an, die die Sauen verursachen, mit dem Ziel, die Zahlen der Borstentiere zu reduzieren. Trotzdem scheint dies kaum Einfluss auf die Population zu haben. Daher besteht weiterhin die Möglichkeit, dieses Wild überall dort zu bejagen, wo es Probleme verursacht. Und das ist vielerorts der Fall.
*
Harald Schweim

Seit früher Jugend rund um die Jagd vielseitig interessiert. Musiker, Seemann, Hundeführer, Jäger und Pharmazieprofessor.
***

Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

https://www.instagram.com/hunting_dogs_australia/
Entdecke mehr von KRAUTJUNKER
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.







Es scheint nicht richtig, dass das Wildbret nicht verwertet werden kann. Stattdessen gibt es Schweinefleisch aus Massentierhaltung?
LikeLike
Hier liegt ein Missverständnis vor. Ich schrieb: Die australischen Sauen werden nur selten gegessen (meist wird der Kadaver nach der Trophäenentnahme einfach liegen gelassen), da es einigen Untersuchungen bedarf, um sie für den menschlichen Verzehr freizugeben. An eine veterinärmedizinische Beschau ist aber im australischen Busch nur schwerlich heranzukommen.
Auch in Australien ist FLEISCHBESCHAU wg TRICHINENGEFAHR vorgeschrieben, das ist im Busch faktisch unmöglich. Außerdem ist TROPHÄENJAGD = Keilerjagd, die schmecken vielen Menschen nicht. Das für z.B. Wurstwaren verarbeitete Schweinefleisch kommt aus üblicher Zucht. Australien: Alle Fleisch- und Wurstsorten in Australien (fleischtheke.info) Harald Schweim
LikeLike
Das ist verständlich. Dennoch liegt doch in diesen hohen „Wild“ Beständen eine zumindest theoretische Möglichkeit der Nutzung.
LikeGefällt 1 Person
Wenn es den keine Schweine wären, z.B. als Hundefutter. Geht aber nicht, wg. Aujeszky-Krankheit, die Hunde tötet. Außerdem hat Australien noch weiter Problem, z. B. Kamele und Kängurus.
LikeLike
Und Büffel, wie man hört.
LikeLike
Auf der Streaming-Plattform „Amazon Prime“ gibt es den Channel „Waidwerk“, den ich abonniert habe. Dort sah ich einen Beitrag über die riskante Bejagung von invasiven Wasserbüffeln in Australien. Die im Busch erlegten prächtigen Tiere konnten weder veterinärmedizinisch untersucht noch zerlegt und abtransportiert werden, was wirklich ein Jammer ist.
LikeLike