von Sabine Noelle-Wying
Triest ist für vieles berühmt; Citylife, das Meer in Sichtweite, wunderschöne Natur, mediterranes Klima, tolle Fotospots und traumhafte Sonnenuntergänge sowie Kulinarik, umwerfende Architektur und Lifestyle!

Da man bei all dem geschmacklich in Triest kaum enttäuscht werden kann, zollen wir einem Meilenstein der Menschheitskultur Tribut: dem Kaffee, und begeben uns auf die Spuren der großen Mengen Kaffeebohnen, die nach Triest transportiert wurden und werden. Mit ihr verbreitete sich nicht nur das überaus schmackhafte Getränk in Europa, sondern auch eine eigene Lebensart, wie z.B ganztägig vor Brasserien zu sitzen und Kaffee zu trinken.
In Venedig wurde Kaffee durch Händler aus dem Osmanischen Reich bekannt. Seit 1638 wurde Kaffee zwar verkauft, jedoch sah man es eher als Medizinalie an.
Gefolgt von Frankreich, wo das schwarze Getränk am Hof von Ludwig XIV eingeführt wurde ( „Kaffee“, sagte einmal der französische Staatsmann Charles-Maurice de Talleyrand, „muss heiß sein wie die Hölle, schwarz wie der Teufel, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe.“) und vor allem Österreich, das mit dem ersten Kaffee nach der zweiten Belagerung der Osmanen in Wien den Grundstein für den Kaffeekult in Triest legte. Die Stadt wurde über vier Jahrhunderte von Österreichern regiert und bildete den einzigen Hafen des Habsburgerreiches. 1719 von Karl VI. zum Freihafen erklärt, baute seine Tochter Maria Theresia Triest zu einer der größten Handelsstädte des Mittelmeeres aus.
Warum sich ein berühmter französischer Staatsmann wie Talleyrand zu einer Banalität wie Kaffee geäußert hat? Vielleicht ja, weil Kaffee gar nicht so banal ist … und weit mehr ist als nur ein Getränk.
Aus ganz Europa strömten Menschen in die aufblühende Metropole, darunter viele Juden, Osteuropäer, Griechen und Türken. Den reichen Kaufleuten folgten die Maler, Schauspieler und Schriftsteller. Damals entstanden auch die ersten Kaffeehäuser.
Das älteste Café der Stadt, das Caffè Tommaseo (Niccolò Tommaseo war einer der angesehensten Schriftsteller seiner Zeit), wurde 1830 eröffnet, mit Wandspiegeln aus Belgien, Thonet-Stühlen und stuckverzierten Decken. Viele weitere folgten zwischen dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert, die in ihrer Einrichtung, Architektur und Atmosphäre von den Moden und Stilen der verschiedenen historischen Epochen zeugen.

Aber es war vor allem ihre Bestimmung als Treffpunkt für Künstler, Philosophen, Politikern und Intellektuellen, die die Cafés zu einem glühenden und lebendigen Zentrum von Debatten und entscheidenden Veränderungen in der Gesellschaft, bei einem heißen Schluck Kaffee noch heißer diskutiert, machte.
So sagte Graf Pietro Verri (Graf Verri war Ökonom, Historiker, Philosoph und Schriftsteller. Er gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der italienischen Kultur des 18. Jahrhunderts, gilt als einer der Väter der lombardischen reformistischen Aufklärung) 1764 auf den Seiten der philosophisch-literarischen Zeitschrift Il Caffè, die er zusammen mit seinem Bruder Alessandro und Cesare Beccaria (ein bedeutender italienischer Rechtsphilosoph und Strafrechtsreformer im Zeitalter der Aufklärung) gegründet hatte – ein Getränk, „das den Geist erhellt und die Seele tröstet“.
Triest also.
„Hausbrandt und Triest. Mitteleuropäische Kultur und Handel 1892 – 2023“ vom 9. September bis 22. Oktober 2023 im Salone degli Incanti
Im Salone degli Incanti ( es handelt sich hier um die ehemalige Fischmarkthalle, die im Jahr 1913 errichtet wurde. Heute ist in diesem Gebäude ein Ausstellungszentrum für moderne und zeitgenössische Kunst ), wird die glückliche Beziehung zwischen der berühmten 130 ig jährigen Kaffeemarke Hausbrandt und Triest, der Seele der mitteleuropäischen Kultur, gefeiert.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Geschichte des grafischen Bildes und der Kommunikation der Marke Hausbrandt, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zwischen Kunst und Design den Wandel der Zeit begleitet hat. Mit berühmten Malern und berühmten Plakatkünstlern – von Metlicovitz bis Biban.
Leopoldo Metlicovitz war Plakatkünstler, Illustrator und Bühnenbildner des 19. Jahrhunderts.

Sohn der Stadt Triest, arbeitete der Jugendstil-Künstler unter anderem als Bühnen- und Kostümbildner an der Mailänder Scala. Seine Arbeit, aber auch seine Freundschaften mit Weltgrößen wie Verdi und Puccini, spiegeln sich deutlich in seinen Werken wieder, die bis heute unweigerlich alle Blicke auf sich ziehen. Metlicovitz stellt italienische Opulenz sowie Werte wie Geselligkeit, Teilen, Respekt vor der Natur auf einfache und direkte Weise dar und hebt so die Qualität dieses Kaffees hervor. `Hausbrandt Speciality Coffee`, ein Motto, das so innovativ und unmittelbar war, daß es bald zum Synonym für das Unternehmen selbst wurde!

Einer der führenden Grafikkünstler des Friaul, Luciano Biban, der in den 60er Jahren das Original-Logo Moka kreierte, einer Synthese aus Werbung und Kunst, bereichert die Ausstellung.


Der Weg durch die schönen Räume des ehemaligen zentralen Fischmarktes von Triest wird durch einen Zeitabschnitt ergänzt, der La Tecnica gewidmet ist. Sie finden eine Hommage an Il Territorio, das Triest von gestern und heute zwischen Kaffeesäcken, Mühlen und Kaffeemaschinen für Bars seit den 1950er Jahren.
Eine mehr als 130-jährige Geschichte, verflochten mit der Geschichte Italiens, den wechselnden Geschmäckern, Stilen und Ritualen der Gesellschaft. Immer mit der Stadt, aus der sie stammt vereint mit der mitteleuropäischen Kultur. Ein charismatischer Ort und pulsierende kulturelle Verbindung von Völkern, Religionen und Wissen, die Triest, die Stadt des Kaffees schlechthin, immer noch repräsentiert.
Die Ausstellung wird geehrt durch die Anwesenheit von Erzherzog Markus Habsburg-Lothringen als Vertreter Österreichs, einem brüderlichen Freund der Familie von Martino Zanetti, dem Präsident der Hausbrandt-Stiftung.
Die intensive Reise durch historische Bilder, Design- und Industrieobjekte, Skizzen, Grafiken, Logos, Archivmaterial zeigt die Knotenpunkte des Image-Erfolgs dieser Traditionsmarke, die für eine der besten Marken Italiens steht und präsentieren italienische Exzellenz: ein Image, auch in der jüngsten Geschichte von Martino Zanetti bewahrt und weiterentwickelt.

In seiner Doppelrolle als Vorsitzender der Hausbrandt-Gruppe und als Künstler und Kenner von Kunst, Musik und Literatur hat Martino Zanetti in den letzten Jahren zur Erneuerung der Kommunikation beigetragen.

So geht die Geschichte weiter.
Im Kaffeehaus fühlt es sich zuweilen an, als sei die Zeit stehengeblieben in Triest, der Hauptstadt der Region Friaul-Julisch Venetien.
Dieses wunderschöne Gebiet wartet mit einer eindrucksvollen Vergangenheit auf. Friaul-Julisch Venetien erhielt seinen Namen von den Römern und auf seinem Boden ließen sich alle erdenklichen Persönlichkeiten nieder, von Attila dem Hunnenkönig bis zu Ernest Hemingway.

Schriftsteller und Künstler wie James Joyce, Umberto Saba und Italo Svevo verkehrten in der Stadt Triest und in den Kaffeehäusern.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 stockte die wirtschaftliche und künstlerisch-literarische Entwicklung in Triest schlagartig. Als das bis dahin neutrale Italien als neues Mitglied der Triple Entente (Frankreich – Russland – Vereinigtes Königreich) Österreich-Ungarn am 23. Mai 1915 den Krieg erklärte und damit wenige Kilometer nordwestlich der Stadt eine Front entstand, mussten viele Ausländer wie z.B. James Joyce Triest verlassen.

Dieser Tag kennzeichnete zugleich auch das Ende der Österreichischen Herrschaft in Triest und Istrien. Im Vertrag von Saint-Germain wurde Triest im Herbst 1919 gemeinsam mit Istrien und Ostfriaul auch formell Italien zugesprochen.

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Sabine Noelle-Wying

Ihr Vater nannte sie ´Ricke mit Lackschuhen´, ihr Großvater nannte sie Zicklein, ihr Bruder nannte sie auch schon mal Schmeißfliege… Dieser Mix aus kuriosen Tieren ergibt eine Bienenfreundin, die Honigkreationen aller Art liebt. Außerdem liebt Sabine Bäume, Sträucher und Pflanzen und was sich daraus machen läßt, wie z.B. Gin und Champagner. Vieles mehr, was uns die Natur anbietet wie Geräusche oder Stille, alle kleinen oder großen Bewohner des Waldes, der Flüsse und Seen, auf oder unter Steinen, in der Luft, über- oder unterirdisch, sind ihreFreunde und Freude!
Ihr Revier teilt sie mit Heini, dem Kaninchendackel – er hat die bessere Nase, Sabine die längeren Beine. Ein gutes Team!
Langes Warten in der Natur ist nie langweilig. Sabine und Heini haben gerne Gäste und genießen inspirierende Gespräche wie auch sie versucht, Paradiesvögel aller Art zu inspirieren.
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.
Bildquellen, soweit nicht anders gekennzeichnet: Sabine Noelle-Wying
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