Robert Ruark, der Bwana

von Eva Monley

Jambo, kleine Memsaab… fünf Uhr morgens und wieder ein Safari-Tag… heißer Kaffee auf kleinem Feuer, der Kilimandscharo mit seiner Schneehaube – die nördlichen Grenzebenen – trockenes, unfruchtbares Mozambique – derselbe Gruß wo immer, wann immer…
Es lohnte sich hierherzufliegen, aus jeder Ecke der Welt, aus Jordanien zum Beispiel, wo wir die Aufnahmen zu Lawrence von Arabien machten, nach Nairobi, Kenia oder von Hawaii, wo wir In Harms Way filmten, nach Beira, Mozambique.
Robert Ruark, „Der Bwana“, wie er genannt wurde, war immer dabei, winkte auf dem Flughafen, konnte sich nicht schnell genug in seine Jagdkleidung werfen, nicht schnell genug aus der Stadt hinauskommen… das erste Lagerfeuer mit richtigen, fachmännischen Gesprächen – Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge – Zelte oder grasbedeckte Lehmhütten – mit der alten Elefantenbüchse oder der neuen .244er.


Safari – das ist etwas ganz Besonderes. Es bedeutet heißen Kaffee oder gekühlten Rotwein beim ersten Sonnenstrahl. Es bedeutet Fahrten in einem Land Rover oder Toyota-Jagdwagen; Hitze, Staub und unglaublichen Schmutz; Weite, Weite, Weite, so weit die Augen reichen; es bedeutet warmen Gin und kaltes Perlhuhn zum Lunch und einen Mittagsschlaf unter dem nächsten baum; es bedeutet Meilen um Meilen auf der Fährte eiens Elefanten, der am Ende nur einen Stoßzahn hat; es bedeutet das schöne Gefühl, einen perfekten Schuß angebracht zu haben, den Ruf „Schweine“, worauf man die Säbelantilope laufenläßt und ein Schwein jagt; es bedeutet, etwas zu verwunden und ihm zu folgen, ganz gleich, wie lange, um es endlich zur Strecke zu bringen; es heißt heimstolpern zum Lagerfeuer bei Sonnenuntergang, zu dem unglaublich herrlichen Scotch on the Rocks, es ist die wunderbare Entspannung aller Muskeln und der zögernde Beginn des Erzählens, es ist die Dusche unter einem Eimer an der Kette, der schnelle Martini vor einem heißen, köstlichen Abendessen aus Tommysteak oder gebratenem Sandhuhn, dazu guten, warmen Rotwein oder funkelnden Weißwein, und schließlich ist es der letzte Scotch und die letzte Jagdgeschichte am ausgehenden Feuer; und dann ins Bett, voll des warmen, glücklichen, sicheren Gefühls, daß morgen wieder ein Tag anbricht.
Aber das Wichtigste ist der Mensch, mit dem man zusammen ist, und Bob Ruark, stets der bwana, war der vollkommenste Jagdgefährte der Welt. Durch ihn wurde ich mir jeder einzelnen Minute jedes einzelnen Tages bewußt, und alle waren es wert, jede Minute lohnte sich. Seine Begeisterung war so glühend, daß sie ansteckte, so daß ich es, durchnäßt und vor Kälte erstarrt, stundenlang aushielt, nur um zuzusehen, wie er endlich im Regen einen Leoparden schoß, oder in fiebriger Jagdfreude mit ihm durch den Busch keuchte, über, unter und durch alles hindurch, um ein Warzenschwein mit wunderbaren Hauern zu jagen. Da waren immer die guten, langen Gespräche, sei es über bereits geschriebene oder noch zu schreibende Bücher, über das letzte Filmskript oder den nächsten Artikel, die reine Erregung der Worte, Worte, Worte – die völlige Übereinstimmung langen Schweigens und die Prahlerei über einen „erstklassigen Prachtschuß“ und den bohrenden Kummer, wenn man etwas angeschossen, etwas verwundet hatte.
Seine Begabung, Erlebnisse mit einem zu teilen, machte die guten Dinge besser und die schlechten weniger schlecht.


Eine Safari besteht aber nicht nur aus Schießen. Die Tage, an denen nicht gejagt wird, sind ein wichtiger Teil des Ganzen. Das reine Wohlgefühl, nicht um fünf Uhr früh geweckt zu werden, nicht in Khakis steigen zu müssen, sondern sich in bequemen grellfarbigen Kikois räkeln zu dürfen, ein spätes Frühstück und Zeit, sich die Nachrichten am Radio anzuhören.
Eine wunderschöne Gelegenheit für ein Mädchen, nur Mädchen zu sein und sich das Haar zu waschen, sich sogar zu maniküren.
Der Bwana pflegte dann daneben zu sitzen und mit zwei Fingern seine Artikel herunterzuhämmern, stets bereit, die Arbeit zu unterbrechen und über etwas Interessantes zu diskutieren, was ich  gerade in einem drei Wochen alten Time-Magazin las. Martinizeit war lange vor Mittag und die Scotchzeit lange vor Sonnenuntergang. Irgendwie wurden diese gelegentlichen Ruhetage so wichtig wie die Jagdtage, und einer, an den ich mich besonders lebhaft erinnere, war in Camp Ruark in Mozambique, als nach allem Haar- und Sweaterwaschen und einer beträchtlichen Anzahl Martinis noch Zeit und Licht genug für den bwana blieben, uns an die Wand unserer getünchten Lehmhütte zu malen. Zuerst versuchte er es mit einem Finger, dann mit mehreren, als nächstes mit einem Stock und schließlich mit ein paar Perlhuhnfedern – es war sehr komisch! Ich stellte mich zu einem Schattenriß zurecht, und er zog die Umrisse nach, dann stand er Modell, und ich zog seine Umrisse nach, und dann arbeitete er stundenlang daran, uns mit purpurroter Dachfarbe auszufüllen. Baron von Alvensleben erzählte mir kürzlich, wir seien noch immer da zu bewundern.
Ich schätze, auch Wally Johnson, unser weißer Jäger, ist noch da, der mit seinen Spurenlesern, Gewehrträgern, Abhäutern, mit Koch- und Lagerpersonal ein tüchtiges Team bildete und uns jederzeit überhallhin verfrachtete, wo wir schießen konntenb, was wir durften. Er ist ein rundlicher kleiner Mann mit rotem Gesicht und beginnender Glatze, unermüdlich in den Tagen, in denen wir fuhren, Spuren folgten oder mit dem bwana im Scheibenschießen wetteiferten, unermüdlich auch in den Nächten mit den langen Geschichten über das frühe Rhodesien, Mozambique und Südafrika.
All dies ist safari, und alles zusammengenommen macht den Zauber der Safari aus, der einen immer und immer wieder zurückzieht.

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Robert Ruark

Robert Chester Ruark (* 29. Dezember 1915 in Wilmington (North Carolina), USA; † 1. Juli 1965 in London, England) war ein US-amerikanischer Kolumnist und Autor.

Ruark wurde in Wilmington, North Caroina, als Sohn eines Buchhalters in einem Großhandelsunternehmen geboren. Trotz der finanziellen Schwierigkeiten zur Zeit der Depression am Anfang der 1930er Jahre konnte er die University of North Carolina at Chapel Hill besuchen. Dort studierte er unter anderem auch das Fach Journalismus. Seine erste Beschäftigung fand er im Rahmen der Works Progress Administration, einem Programm der Regierung Roosevelt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Dort arbeitete er als Buchhalter, wurde jedoch bald entlassen. Danach ging er zur Handelsmarine und arbeitete anschließend für zwei kleine Zeitungen in North Carolina.

1936 fand Ruark als Copy boy Anstellung bei einer Boulevardzeitung des Medienunternehmers E. W. Scripps in Washington, D.C., der The Washington Daily News. Hier wurde er in kurzer Zeit der bekannteste Sportreporter. 1938 heiratete er die Innenarchitektin Verginia Webb, von der er 1963 geschieden wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde er als Leutnant zur See zur United States Navy eingezogen. In dieser Eigenschaft war er zehn Monate lang Batteriechef bei verschiedenen Konvois auf dem Atlantik und dem Mittelmeer.

Nach Ruarks Rückkehr aus dem Weltkrieg arbeitete er weiter für Zeitungen der Scripps-Verlagsgruppe. Aus dieser Zeit stammen viele Kolumnen, die auch in zweien seiner ersten Bücher veröffentlicht wurden. Zur gleichen Zeit entstanden seine ersten literarischen Versuche, die zuerst in Literaturzeitschriften veröffentlicht wurden und 1947 sein erster Roman Grenadine Etching.

Ruarks Erlebnisse auf seiner ersten Safari in Ostafrika schilderte er in Horn of the Hunter. Mit Hilfe seines Führers auf den Safaris, Harry Selby, wurde seine nächste Safari in einem einstündigen Dokumentarfilm Africa Adventure festgehalten. Von 1953 bis 1961 schrieb er für die Zeitschrift Field & Stream eine Serie von Artikeln, die teilweise autobiografisch sind und in zwei Büchern veröffentlicht wurden. Zwei der folgenden Romane des Autors befassten sich in der Folge mit dem Unabhängigkeitskampf der Völker Ostafrikas, so im Mau-Mau-Aufstand.

1960 zog sich Ruark nach Spanien, in die damals kleine Küstensiedlung Sant Antoni de Calonge zurück. Er starb 1965 in London an Leberzirrhose und wurde im spanischen Palamós beerdigt.


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Eva Monley

Eva Monley, geborene Eva Sachs (* 29. April 1923 in Berlin; † 12. November 2011 in Nanyuki) war eine deutsch-kenianische Filmproduzentin, Location Scout und Produktionsleiterin.

Monley wurde in Deutschland geboren, floh jedoch 1936 vor dem Naziregime in die Kolonie Kenia. Dort lernte sie fließend Suaheli sprechen und wurde zu einer Expertin für ostafrikanische Kulturen.

Zu Beginn ihres Arbeitslebens war Monley als Sekretärin in Nairobi beschäftigt; 1950 kam sie erstmals mit der Filmwelt in Kontakt, als sie für König Salomons Diamanten als Scriptgirl und Assistentin engagiert wurde, der in den Kolonien Kenia, Belgisch-Kongo und Tanganjika wurde. Nach Beendigung dieses Films wurde sie für ähnliche Aufgaben bei John Hustons African Queen verpflichtet. Für weitere amerikanische und britische Filme arbeitete sie in den folgenden Jahren im Hintergrund, so für Schnee am Kilimandscharo, Weiße Frau am Kongo und John Fords entstandenen Mogambo. Auch außerhalb des afrikanischen Kontinents wurde Monley nun gebucht; meist war sie für das Aussuchen geeigneter Drehorte und die Buchung dieser Örtlichkeiten verantwortlich. In Indien arbeitete sie für Der große Regen und Knotenpunkt Bhowani. . Zwei Jahre lang war sie für Lawrence von Arabien aktiv.

1960 begann sie eine bis 1967 währende Zusammenarbeit mit Regisseur Otto Preminger. Später wandte sich Monley der Produktion zu und war an Filmen wie Die Meute, Champions und Highlander beteiligt. Eine andere Arbeit stellt der in Nigeria gedrehte Mister Johnson dar. 1993 produzierte Monley für die Walt Disney Company Die Spur des Windes in Namibia und Simbabwe.

Für zahlreiche andere Filme war Monley in vielfältigen Funktionen tätig, so für El Condor, Die schwarze Windmühle oder Das Reich der Sonne.

Das British Film Institute ehrte Monley mit einem Preis für ihr Lebenswerk. Ihren Nachlass stiftete sie der Margret-Herrick-Bücherei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Porzellantassen. Weitere Informationen hier. Die Hemingway-Buchstütze findet Ihr hier.

Titel: Safari

Autor: Robert Ruark

Übersetzung: Egon Strohm und Werner von Grünau

Verlag: Blanvalet Verlag, 1968

ASIN: ‎B0000BTB3K


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