Rezeptvorstellung

Wer an Wildschwein nach mediterraner Art denkt, dem kommt unweigerlich die Toskana in den Sinn. Die Schönheit dieser Region und die Qualitäten seiner Speisen und Weine werden seit der Erfindung der Grand Tour im 17. Jahrhundert von Bildungsreisenden gerühmt. Wir denken an eine Kulturlandschaft im ursprünglichsten Sinne. Hier wurde in Städten wie Siena, Florenz, Pisa und Livorno die Renaissance geboren. Die kulturell reichen Städte und mittelalterlichen Dörfer sind umgeben von einer sanft gewellten Hügellandschaft mit Zypressen, Weinbergen und alten Wäldern, aus denen Wildschweine und Trüffel ihren Weg in die Küche finden.

Bereits die feierfreudigen Etrusker liebten ihre Wildschweine und kochten Ragùs mit reichlich Wein, denn die Toskana war seit der Antike mit Schwarzwild und Wein gesegnet.

So steht vor den Markthallen von Florenz, nahe dem Ponte Vecchio mit der Fontana del Porcellino die Statue eines Ebers, dem alle über die Schnauze streicheln, weil dies Glück bringt. Jeweils eine Kopie befindet sich in München vor dem Jagdmuseum sowie im Park von Schloss Nordkirchen. Eine weitere in Kassel auf dem Florentiner Platz…

Natur und Kultur haben sich hier über die Jahrtausende gegenseitig beeinflusst und den Toskaner geschaffen, der mit seinem nüchternen Charakter und scharfen Intellekt eine bodenständige Aversion gegenüber allem Gekünstelten, Überflüssigen und Bombastischem pflegt.

In Elena Kostioukovitschs Buch Italia! Die Italiener und ihre Leidenschaft für das Essen heißt es:
»Die toskanische Küche erinnert durch ihre lakonische Beschränkung auf das Wesentliche an das militärische Leben im alten Rom. Das toskanische Gastmahl kennt kein Zeremoniell, vielleicht weil es in der toskanischen Geschichte keinen Absolutismus gab, keine hierachische Cliquenwirtschaft, keine Verteilung der Posten nach Anciennität und Hofetikette. … Die Küche der Toskana ist rustikal einfach, aber aristokratisch anspruchsvoll, was die Qualität der Rohstoffe und die Verarbeitungsmethoden betrifft.«

Wildschwein mit Dolce-forte-Sauce verspeiste ich Ende August in Minden auf Slot Halemesje mit Oliver Welschar und einem Herrn, den ich Gargantua nennen möchte, nachdem wir zuvor eine bizarre Weinprobe veranstalteten. Normalerweise hätte ich an so einem schönen Sommerabend in einer Herrenrunde gegrillt, aber da Oliver über keinen Grill verfügt dachte ich an dieses Rezept. Es ist zwar ein Ragout, aber doch keines mit winterlichen oder gar weihnachtlichen Aromen von Wacholder, Nelke und Piment. Seit der Antike wurde dieses toskanischen Wildrezept für Wildschwein, Hase oder Reh mit Honig gesüßt. Nach der Entdeckung der Neuen Welt setzte sich Schokolade durch.

Abgesehen davon, dass Wildschwein mit Dolce-forte-Sauce köstlich schmeckte, ist es leicht zuzubereiten, was sich anbietet, wenn man lieber auf der Terrasse mit Freunden Wein trinkt, als in der Küche zu rotieren.

Dieses Rezept passt für 4 Personen, als Beilage gab es ein richtig gutes Kartoffelpüree. Plenta oder weißes Landbrot hätten auch gepasst. Ebenso ein Sformato di cipollotti (Frühlingszwiebel-Gratin).

Zutaten für das Ragout:
1 kg Fleisch vom Wildschwein
1 L Rotwein
1 Zwiebel
1 Karotte
1 Staudensellerie
400 ml Wildfond
Lorbeerblatt
Olivenöl
Salz und Pfeffer

Zutaten für die Sauce:
50 g Zartbitterschokolade (80 % Kakao)
2 EL Pinienkerne
2 EL Rosinen
2 EL kandierte Fruchtschalen (Orange oder Zitrone)
1 EL Rohrzucker
2 EL Rotweinessig
7 Lorbeerblätter
Muskatnuss, gerieben

Zubereitung
Das Fleisch der wilden Sau auslösen, in etwa 4 x 4 cm große Stücke schneiden und über Nacht in Rotwein mit einem Schoss Essig und einem Lorbeerblatt marinieren. Notfalls tun es auch ein paar Stunden.

Abgetropftes Wildschweinfleisch hinzufügen und von allen Seiten in Olivenöl für die schönen Röstaromen etwa 10 Minuten anbraten. Fleisch herausnehmen und auf einen Teller legen.

In Würfel geschnittenes Gemüse in dem Öl etwa 10 Minuten lang braun anrösten. Nun das Fleisch wieder hinzufügen und mit einem Glas kräftigen Rotwein alles ablöschen, salzen und pfeffern. Sobald der Wein verdampft ist, den Wildfond hinzugießen und die Hitze verringern. Zwei bis drei Stunden köcheln lassen. Bei Bedarf Wildfond hinzufügen.

Währendessen die Sauce dolce e forte zubereiten: Die Zartbitterschokolade fein reiben, Rosinen in Wasser einlegen und Lorbeer klein schneiden. Rosinen abtropfen lassen und mit Schokolade, Pinienkernen, Lorbeer, Zucker sowie den kandierten Früchten und einem Schuss Essig in eine Schüssel geben. Muskatnuss drüberreiben und alles gut miteinander verrühren.

Ist das Fleisch fertig, die Sauce dazugeben und unter Rühren köcheln lassen, bis die Schokolade geschmolzen und der Essig verdampft ist. Vom Herd nehmen und servieren.

Wildschwein mit Dolce Forte-Sauce ist eine komplexe, aromatische Speise, die einen kräftigen Begleiter wie einen guten Chianti aus der Toskana verdient.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Porzellantassen. Weitere Informationen hier: https://krautjunker.com/2024/12/16/krautjunker-tassen/