Rehpfeffer nach „de Lenze Grit“

Rezeptvorstellung von Gerd Xhonneux

Basierend auf einer wahren Begebenheit bei einer renommierten Metzgerei:

Kunde: Guten Tag, ich würde gerne Rehpfeffer selber machen. Hätten sie da etwas?
Fleischereifachverkäuferin: Ja, haben wir fertig.
Kunde: Lieber würde ich es selber zubereiten.
Sie: Wir haben Ragout vom Hirsch.
Kunde: Reh haben Sie nicht?
Sie: Das ist das Gleiche.
Kunde: Ich denke nicht.
Sie: Das eine ist mit und das andere ohne Hörner.
Kunde: Rehwild ist doch eine andere Tierart.
Sie: Das Reh ist das Kleine, also das Hirschkalb.
Kunde: Hirschkalb? Reh haben sie nicht?
Sie: Wie gesagt, das ist das Gleiche.
Kunde: Ähm, nein, das sind zwei unterschiedliche Arten und gehören sogar zu unterschiedlichen Gattungen.
Sie: Es gibt den Hirsch mit den Hörnern und das Reh. Also das Bambi.
Kunde überlegt: Meint sie denn jetzt Reh, den Rot- oder gar den Weißwedelhirsch? Ob man sich erkundigen sollte, ob Letzterer aus unseren heimischen Wäldern ist?
Kunde: Ich hätte gerne Reh, kein Hirschkalb.
Sie: Da muss ich den Kollegen rufen.
Kunde stellt sich die Frage, ob er nicht der Einfachheit halber ein Huhn bestellt werden sollte, um eine Weihnachtsgans zu machen?

Dies ist mir wirklich passiert. Allerdings wollte ich als Jäger selbstverständlich kein Rehfleisch kaufen, sondern mich interessierte vor allem, wie viel das Wildbret in lokalen Metzgereien kostet. Also habe ich mich als Kunde ausgegeben.

Abb.: Blick von der Moorenhöhe im Bergviertel auf das Haasviertel in der Unterstadt mit der Josefskirche und dem Kabelwerk sowie auf die Wälder des Hohen Venns; Bildquelle: Wikipedia

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es in der Eupener Pavéestraße die Fritüre von Margarete Lenz (* 1888; † 1961), die im Volksmund de Lenze Grit genannt wurde. Sie war über die Grenzen hinweg berühmt für ihren Rehpfeffer. Nachfolgend eine Überlieferung des Rezepts aus dem Jahr 1906.

Zutaten für 4 – 6 Personen:
2 kg Rehfleisch (alternativ Hirschkalbsragout)
300 g geräucherter Speck
4 Zwiebeln
3 EL Mehl
2 Lorbeerblätter
5 Wacholderbeeren (es darf auch mehr sein)
5 – 6 Nelken
3 dicke eingelegte Essiggürkchen
1 Flasche Rotwein
1 Schuss weißer Essig oder auch Rotweinessig
3 dicke EL „Kraut“ (Sirop de Liège: dicker, dunkelbrauner bis schwarzer Fruchtsirup, der aus 70% Birnen, 30% Äpfel, manchmal etwas Dattel hergestellt wird)
100 ml Wildfonds
2 EL Schmalz zum Anbraten
Pfeffer und Salz
4 Scheiben unbehandelte Zitrone

Zubereitung:
Das Rehfleisch in circa 2 cm dicke Würfel (feiner als üblich) schneiden. Anschließen mit Pfeffer und Salz würzen, in Mehl wenden und in Margarine und Schmalz goldbraun anbraten.
Das Fleisch aus dem Bräter nehmen und den Speck in einer separaten Pfanne auslassen.
Die Zwiebeln in circa 1 cm dicke Würfel schneiden und im ausgelassenen Speck glasig anbraten. Anschließend Zwiebeln und Speck zum Fleisch hinzugeben.
Den Wildfonds beifügen und abgedeckt einige Minuten kochen lassen. Abschäumen und soviel Rotwein hinzugeben, dass das Gargut bedeckt ist. Gürkchen in Brunoise (= sehr feine Würfel von 2-3 mm) schneiden und dann zum Fleisch und zu den Zwiebeln geben. „Kraut“, einen Schuss Essig und Zitronenscheiben sowie alle Gewürze (Lorbeerblätter, Wacholderbeeren, Nelken) hinzufügen. 1,5 bis 2 Stunden köcheln lassen, abschmecken und ggf. nachwürzen.
Das Ragout sollte vor dem Servieren am besten eine Nacht ruhen. Vor dem Servieren nochmals abschmecken und eventuell mit etwas Honig verfeinern.

Der Rehpfeffer wurde in Eupen in der Fritüre von Margerata Lenz serviert und daher ist es natürlich selbstverständlich, dass echte belgische Fritten (keine „Pommes“) dazu gereicht wurden. Mein Rezept mit all seinen Finessen ist das folgende:
Große, festkochende Kartoffeln (z.B. Bintje oder Nicola) schälen und in fingerdicke Stäbchen schneiden. Dann eine Viertelstunde in einer Schüssel mit lauwarmem Wasser wässern und anschließend gut abtrocknen. Dann kommt das Wichtigste: 2 x in Rinderfett frittieren! Das erste Mal ungefähr 5-10 Minuten (mit etwas Erfahrung sieht man den Gargrad oder macht eine Probe mit einer Gabel) bei 150° C und anschließend abtropfen und gut abkühlen lassen. Dann das zweite Mal bei 180° C goldbraun ausbacken. Abtropfen und salzen.

Auf dem Foto wird der Rehpfeffer klassisch serviert, da ich keines mit Fritten zur Hand hatte.

Abb.: Rehpfeffer; Bildquelle: Gerd Xhonneux

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Gerd Xhonneux

Gerd Xhonneux ist Belgier und Jahrgang 1968. Jagdlich bewirtschaftet er mit ein paar Freunden ein Rotwildrevier im belgischen Eupen in der Nähe zur deutschen Grenze und am Rande des Hohen Venn.

Er ist Ausbilder für die deutschsprachigen Anwärter der Jagdprüfungen in der Wallonie mit Schwerpunkt auf den Themen gesetzliche Regelung des Jagdwesens und der Naturerhaltung sowie Waffenkunde, Sicherheit und Ethik. Ferner Vertreter der deutschsprachigen Jägerschaft im Lütticher Vorstand des Königlichen Sankt-Hubertus Club Belgien (RSHCB) und Steward im Naturpark Hohes Venn – Eifel. Nebenbei veranstaltet er Waldtage mit Schulklassen und hält Vorträge zu naturkundlichen sowie jagdlichen Themen auf Deutsch und Französisch. Alles ehrenamtlich selbstverständlich.
https://www.xperience-outdoor.be/
https://www.facebook.com/XperienceOutdoor


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Anmerkungen

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