Karpfen blau

von Arezu Weitholz Ein Gin und dann vier Bier und Sektzwischendurch Likörkonfektdarauf einen Chivas Regalin der Bar am Meeresspiegel.„Whisky on the Rocks?“ „Na, einen.“„Bommerlunder?“ „Einen kleinen.“„Ach, die Bowle ist mit Bols?Und mit Rum? Der Teufel hols!Gibt es hier wohl auch Pernod?Nein? Dann bitte ’nen Merlot!“Und nach zehn Burgunder grauwar der Karpfen endlich blau. * Pressestimmen…

Der Ichthyosaurus

von Josef Viktor von Scheffel Es rauscht in den Schachtelhalmen,verdächtig leuchtet das Meer,da schwimmt mit Tränen im Augeein Ichthyosaurus daher. Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,denn ein sehr bedenklicher Tonwar neuerlich eingerissenin der Liasformation. »Der Plesiosaurus, der alte,er jubelt in Saus und Braus,der Pterodaktylus selberflog neulich betrunken nach Haus. Der Iguanodon, der Lümmel,wird frecher zu jeglicher…

Ein Lied hinterm Ofen zu singen: Der Winter

von Matthias Claudius Der Winter ist ein rechter Mann,kernfest und auf die Dauer;sein Fleisch fühlt sich wie Eisen anund scheut nicht süß noch sauer. War je ein Mann gesund, ist er’s;er krankt und kränkelt nimmer,weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeursund schläft im kalten Zimmer. Er zieht sein Hemd im Freien anund lässt’s vorher nicht wärmenund…

Jagen im Advent

von Dirk Sennekamp Ein Jäger sprach zu seiner Frau:„Ich geh hinaus und schau genau,ob ich kann schießen noch ein Schwein,was passt in unseren Ofen rein!“ Es ist Advent in diesen Tagen,und deshalb knurrt uns jetzt der Magen,„Auch Has und Reh würd ich wohl mögen,wenn sie an mir vorbei herzögen!“ „Das Rot- und Damwild würd ich…

Herbstzeit – Jagdzeit

von Dirk Sennekamp Es war einmal, in deutschen Landen,daß ein paar Jäger sich einfanden,gemeinsam übers Feld zu laufen,weil sie zu arm warn, Fleisch zu kaufen. Im Herbst da ist die Zeit zum Jagen,da kann man es mal wieder wagen,den grünen Mantel anzuziehen,und aus dem trauten Heim zu fliehen. Man hat im Sommer oft geübt,am Schießstand…

Der Phäake

von Josef Weinheber Ich hab sonst nix, drum hab ich gernein gutes Papperl, liebe Herrn:Zum Gabelfrühstück gönn ich mirein Tellerfleisch, ein Krügerl Bier,schieb an und ab ein Gollasch ein,(kann freilich auch ein Bruckfleisch sein),ein saftiges Beinfleisch, nicht zu fett,sonst hat man zu Mittag sein Gfrett.Dann mach ich – es is eh nicht langmehr auf Mittag…

Lederhosen-Saga

von Börries Freiherr v. Münchhausen Es war ein alter schwarzbrauner Hirsch,Großvater schoß ihn auf der Pirsch,Und weil seine Decke so derb und dick,Stiftete er ein Familienstück.Nachdem er lange nachgedacht,Ward eine Hose daraus gemacht,Denn Geschlechter kommen, Geschlechter vergehen,Hirschlederne Reithosen bleiben bestehen. Er trug sie dreiundzwanzig Jahr,Eine wundervolle Hose es war!Und als mein Vater sie kriegte zu…

Es wird mit Recht ein guter Braten

von Wilhelm Busch Es wird mit Recht ein guter BratenGerechnet zu den guten Taten;Und daß man ihn gehörig mache,Ist weibliche Charaktersache. Ein braves Mädchen braucht dazuMal erstens reine Seelenruh,Daß bei Verwendung der GewürzeSie sich nicht hastig überstürze.Dann, zweitens, braucht sie Sinnigkeit,Ja, sozusagen Innigkeit,Damit sie alles appetitlich,Bald so, bald so und recht gemütlichBegießen, drehn und wenden…

Ihr Duft liegt in der Luft

von Wiglaf Droste Sie sitzt im Bett und raucht Zigarre,ich daneben, und ich starreschwer begeistert und verliebt:Dass es solche Frauen gibt! Frauen? Nein! Was soll der Plural?Der macht nur die Schönheit schal.Diese Frau, ganz Singular,ist mir einzig und ganz wahr. Sie, die in der Arbeit schuftet,sitzt ruich da und alles duftethier im Bett so schön…

Gedichtwettbewerb zum Lobpreis der Wildwurst

Würste sind etwas Wunderbares. Rund und knuffig, sinnlich und duftig stellen gute Würste eine der größten Verlockungen dar. Wiglaf Droste schrieb über sie, in seinem Buch Wurst, welches er mit Vincent Klink und Nikolaus Heidelbach veröffentlichte, »Prall und reizend liegt die Wurst vor uns. Mannigfaltig und prächtig sind ihre Formen: Als grober archaischer Prügel kommt…

Aus dem Liebesleben der Tiere – Heute: Das Rhinozeros

von Christian Maintz I Der Nashornbulle WaldemarBenimmt sich ziemlich sonderbar: Er schnauft und brüllt und rammt voll ZornSein ellenlanges Nasenhorn In jeden Baum, der ihm begegnet,Worauf es Kokosnüsse regnet. Warum er tobt? Warum er klagt?Er hat heut Nacht im Bett versagt. Zwar sprach das Nashornweibchen mild: „Mein Lieber, das ist halb so wild, Das kann…

November

von Heinrich Seidel (* 1842; † 1906)   Solchen Monat muss man loben: Keiner kann wie dieser toben, Keiner so verdrießlich sein Und so ohne Sonnenschein! Keiner so in Wolken maulen, Keiner so mit Sturmwind graulen! Und wie nass er alles macht! Ja, es ist ’ne wahre Pracht. Seht das schöne Schlackerwetter! Und die armen welken…