Burgund: Pâté de faisan à la Bourgogne und das Fasanenfest vom Februar 1454 in Lille

von Hilke Maunder

Im hügeligen Herzen von Burgund mit seinen Wäldern und Wiesen, kleinen Teichen und Flüssen sind Fasane heimisch. Und genau hier hat ein holländischer Aussteiger namens Coen Stork das 9000 Hektar große Jagdschloss Château de Villette gekauft und bietet Treib- und Suchjagden auf Fasan, Rebhuhn und Ente gemeinsam mit einem englischen gamekeeper an.

Abb.: Château de Villette; Bildquelle: https://www.chateaudevillette.eu/de

Seit dem Brexit ist Burgund zur Hochburg des Jagdtourismus auf Fasane aufgestiegen.

Abb.: Château de Villette; Bildquelle: https://www.chateaudevillette.eu/de/small-game-shooting

Zudem gehört es zu Frankreichs wichtigsten Zuchtgebieten für dieses Niederwild. Das prägt auch die Küche. Fasan gilt bis heute als Festschmaus für Feiertage. Und im Alltag greift man gerne zu Fasan-Terrinen.

Abb.: Jagdfasan; Bildquelle: Foto von John McMahon auf Unsplash

Rezept für 6 Personen

Zutaten:

Für die Füllung
1 küchenfertiger Fasan
750 ml Pouilly-Fumé (Weißwein)
1 Glas Marc de Bourgogne (Tresterbrand)
+ mehr nach Bedarf
1 Bouquet garni (Kräutersträußchen aus
Petersilie, Kerbel, Estragon)
Salz
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
350 g fettes Schweinefleisch
50 g altbackenes Brot
1 Glas Brühe
200 g mousse de foie (Lebermousse)
6 dünne Scheiben geräucherter Speck
Quatre-épices (französische Gewürzmischung
aus weißem Pfeffer, getrocknetem Ingwer,
Muskatnuss und Gewürznelken)

Für den Teig:
350 g Weizenmehl Type 405
3 Eier
150 g Butter
1 Prise Salz

Außerdem:
2 Eigelb zum Bestreichen

Zubereitung:

Für die Füllung den Fasan entbeinen. Die Haut sollte dabei möglichst intakt bleiben. Das Fleisch in einer Mischung aus dem Wein, dem Tresterbrand, dem Bouquet garni, etwas Salz und Pfeffer 2 Tage an einem kühlen Ort marinieren. Auch die Knochen und Parüren, sprich das überschüssige Fett, Häute und Sehnen, kommen mit hinein. Sie sind allesamt hervorragende Geschmacksträger.

Das Mehl, die Eier, die Butter, das Salz und nach Bedarf etwas Wasser zu einem glatten Teig kneten. Diesen abgedeckt bis zur Verwendung abgedeckt kühl stellen.

Nach der Ruhezeit von 2 Tagen die Parüren und die Kräuter aus der Marinade nehmen. Die Marinade für die Lebermousse aufbewahren. Zusammen mit dem fetten Schweinefleisch sehr fein hacken. Das altbackene Brot in der Brühe einweichen, ausdrücken und mit den fein gehackten Zutaten vermengen. Bei Bedarf mit einem Schuss Marc de Bourgogne abschmecken. Die Lebermousse in Stücke schneiden und kurz in die Marinade legen.

Den Backofen auf 220 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen

Den Teig ausrollen und eine Terrinenform (etwa 30 cm Länge) mit drei Viertel des ausgerollten Teigs auslegen. Den übrigen Teig zum Bedecken beiseitelegen.

Den Teig in der Form mit den dünnen Speckscheiben auslegen. Anschließend die Hälfte der Schweinefleisch-Brot-Füllung, die Hälfte der Fasanenfilets und die Lebermousse nacheinander einschichten. Danach die übrigen Fasanenfilets und zuletzt die übrige Füllung daraufgeben. Die Pastete mit der Haut des Fasans belegen. Würzen und mit dem restlichen Teig bedecken.

Das Eigelb verquirlen und die Pastete damit einstreichen. In die Mitte der Pastete mit einer Papiertülle eine Art „Kamin“ formen. Für das Kaminloch eine Rosette oder Blüte aus dem Teig ausschneiden und backen. Die Pastete im vorgeheizten Backofen auf mittlerer Schiene 2 Stunden backen.

In der Zwischenzeit die Knochen des Fasans auskochen und ein Gelee zubereiten. Das Gelee über den „Kamin“ in die noch lauwarme Pastete geben, diesen Vorgang mehrmals wiederholen und durch sanfte Bewegungen das Gelee gut verteilen. Den Kamin schließlich mit der Rosette verschließen. Die Pastete über Nacht auskühlen und durchziehen lassen

Abb.: Pâté de faisan à la Bourgogne; Foto: Thomas Müller MUELLER-foto.com

Das Fasanenfest

Um das 14. Jahrhundert machten die Herzöge von Valois-Burgund ihr Reich zum Epizentrum der Hofkultur Europas. Ihre glanzvolle burgundische Ritter- und Hofkultur war Vorbild für Höfe in ganz Europa. Die Extravaganz, die Liebe zum Luxus, zur Theatralisierung und zum Zeremoniell waren indes ganz handfeste Mittel zur Machtsicherung. Sie dienten dazu, die Fürsten zu überhöhen und der Valois Dynastie eine ganz besondere Aura zu verleihen.

Abb.: Entwicklung des Herrschaftsgebiets Philipps des Guten 1419–1467; Bildquelle: Wikipedia

Besonders berühmt wurde das Fasanenfest, das Philipp der Gute von Burgund am 17. Februar 1454 in Lille, der zweiten Residenz der Herzöge, ausrichtete.

Abb.: Philippe le Bon (* 31. Juli 1396 in Dijon; † 15. Juni 1467 in Brügge); Bildquelle: Wikipedia

Auf der längsten Tafel befand sich eine riesige Pastete, in der 20 Musiker saßen, die nach und nach auf verschiedenen Instrumenten musizierten. Die zweite Tafel schmückte ein Schloss, in dessen Turm sich eine Melusine in Gestalt einer Schlange befand. Von den beiden kleineren Türmen sprudelte Orangenwasser in die umliegenden Gräben. Neben einer Windmühle befand sich auf dem Tafelaufbau auch ein Weinberg samt Fass, das den Gästen zwei Getränke zum Selberzapfen bot – ein süßes und ein bitteres.

Abb.: Gelübde des Fasans (Philipp der Gute und Isabella beim Fasanenfest in Lille 1454)

Auch die Darbietung der Speisen ließ staunen. Die Bratenbehälter bestanden aus mit Gold und Blau ausgeschlagenen Wagen – und jede Schüssel barg 48 Speisen. Artisten und Akrobaten zeigten ihre Kunststücke, dressierte Tiere unterhielten die Gäste, zwischen denen ein lebender Fasan wandelte, dem eine Kette aus Gold und Edelsteinen um den Hals gelegt worden war.

Das Motiv für das glanzvolle Fest war ein politisches Signal. 1453 hatten die Osmanen Konstantinopel erobert. Das Byzantinische Kaiserreich war Vergangenheit, nun regierte ein neuer Sultan in Istanbul. Da sich der burgundische Hausorden vom Goldenen Vlies jedoch der Verteidigung des Glaubens verpflichtet hatte, fühlte sich Philipp der Gute berufen, mit dem „Fasanen-Gelübde“ ( – so der französische Titel des Festes) in einem symbolischen Akt die Initiative zu ergreifen und die Kreuzzugsidee mit neuem Leben zu erfüllen. Herzog Philipp und alle Mitglieder des burgundischen Hausordens gelobten dies – bei Gott, der Gottesmutter … und beim Fasan.

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KRAUTJUNKER-Kommentar: Über Ritterorden und ritterliche Gelübde in Johan Huizingas großem Klassiker Herbst des Mittelalters: https://brill.com/display/book/9783846762424/BP000008.xml

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Hilke Maunder

Bildquelle: Lara Joelle Maunder

Hilke Maunder wurde in Hamburg geboren, ging in England und den USA zur Schule, arbeitete in China, Vietnam, Russland und Australien – und verliebte sich doch in Frankreich. 15 Jahre jung, sauste sie das erste Mal mit dem legendären Nachtzug von der Hansestadt zur Gare du Nord nach Paris. Sie lernte Boule spielen, steckte ihre Fußspitzen in die Seine – und reiste dann mit ihrem Interrail-Ticket kreuz und quer durchs Land: zu den Pyrenäen, an den Atlantik, in die französischen Alpen und nach Burgund. Damals begann ihre tiefe, innige Liebe zu Frankreich, über das sie seit 2001 als Journalistin berichtet – für Print und Online, im Fernsehen und auf Vorträgen. Seit 2010 stellt sie auf ihrem Blog MeinFrankreich.com jede
Woche Reise- und Gastrotipps, Nettes und Neues ausvihrer zweiten Heimat vor. 2014 wurde HilkevMaundervfür ihre Berichterstattung mit der Médaille de Tourismevvom französischen Staat ausgezeichnet

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Emaille und Porzellan. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Burgund: Coq au Vin & Chardonnay: Rezepte & Geschichten aus der Bourgogne

Autorin: Hilke Maunder

Fotograf: Thomas Müller MUELLER-foto.com

Verlag: Christian

Verlagslink: https://verlagshaus24.de/burgund

ISBN: 9783959617512


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