Banh-Mi-Baguettes mit Pulled Pork vom Schwarzkittel

Rezeptvorstellung von Michael Schlecht

Ich wurde gebeten, zwei Rezepte aus dem Buch Einfach mal Wild von Martin Kintrup auszuprobieren — eine Herausforderung, der ich nur all zu gerne nachgekommen bin. Zum einen ein Crossover aus Wildsau, klassischem BBQ und vietnamesischer Küche, namentlich Banh-Mi-Baguettes mit Pulled Pork vom Schwarzkittel, und zum anderen Rehsteak-Sandwiches mit Avocadocreme.

Der pragmatische Ansatz im ersten Rezept, Pulled Pork im Herd zuzubereiten — anstatt im Smoker oder einem Grill mit Deckel — wird vom orthodoxeren Teil der BBQ-Szene sicherlich als Blasphemie betrachtet. Mich, als jemanden, der PP auch gerne im Dutch Oven zubereitet, vermag das nicht zu stören, und auch die Idee eines Pulled Porks mit asiatischer Würzung finde ich erfrischend neu und ausgesprochen lecker.

Abweichend von der Idee hab ich aber bereits früher im Grill vorbereitetes, klassisch gewürztes Pulled Pork aus der Gefriertruhe geholt, denn den Aufwand, das „richtig“ zu machen, betreibt man (wenn man faul und verwöhnt ist, wie ich es bin und bleiben möchte) nicht für drei einzelne Portionen. Stattdessen konnte ich auf meinen Vorrat zurückgreifen, den ich in einem Rutsch aus den Trägern von zwei Rehen und dem eines starken Überläufers gesmoked und in praktischen Portionen eingefroren hatte.

Eine solche Portion habe ich verwendet und in Richtung der Rezeptvorlage zusätzlich gewürzt mit einer aus Sojasauce, Knoblauch und Zucker improvisierten Hoisin-Sauce, etwas Zitronengras, Ingwer und ein paar Tropen Limettensaft. Ein Vorgehen, das native Vietnamesen vermutlich berechtigt eine kulinarische Zwangskolonialisierung nennen würden — geschmacklich war‘s aber eine meiner besseren Ideen. Und so hab ich weiter an dem Rezept herumgemetzgert und erst mal die Möhren in dünne Streifen geschnitten und mit etwas Reisessig angemacht. Auf den Rettich, der saisonal bedingt grade nicht leicht zu kriegen ist (und mir ausserdem nicht schmeckt), hab ich verzichtet. Ein paar trotzig in einer Ecke des Gartens wuchernde Stängel Minze und gekauften Koriander waschen und zupfen war ebenso wie das Schnippeln der Salatgurke fix getan.

Die Baguettes habe ich mit etwas Sriracha-Sauce und Mayonnaise bestrichen. Dann Fleisch, Möhrenstreifen, Rucola und Gurke aufs Brot, das ganze mit Koriander und Minze aufgepeppt, und es konnte serviert werden. Der Familie hats sehr gut geschmeckt (Eltern unter Euch können sich vorstellen, wie viel so ein Lob eines Fünfjährigen bedeutet, der sonst nur gefühlt vier Sachen isst). Wenn man vorbereitetes Pulled Pork hat, lässt sich das alles mit geringem Aufwand zubereiten — wenn Ihr die Zeit aufwendet, Pulled Pork extra frisch zuzubereiten, ladet einfach noch ein Dutzend Freunde ein.

Bildquelle: Michael Schlecht

Ich werden euch werten Lesern jetzt zusätzlich zum Rehrücken auch noch die Geschichte seiner Erlegung aufs Brot schmieren.
 
Schon etliche Tage im späten Mai habe ich mir hier auf einer Ansitzleiter am Rand eines kleinen Wäldchens den Hintern platt gesessen. Vor mir eine mit Luzerne bestandene Fläche, die unserem Schäfer zur Futtergewinnung und als Weide dient. Wenn hier frisch gemäht ist, ist das auch eine regelrechte Autobahn für die Füchse — aber um die soll es heute nicht gehen, und im Moment ist der Bewuchs auch zwischen knie- und hüfthoch. Gesehen hatte ich hier schon bei anderen Gelegenheiten einen Gabler mittleren Alters, den man zwar nicht unbedingt erlegen müsste, aber doch könnte … vor allem, wenn die Kühltruhe eh grade leer ist. 

Ich sitze etwas über eine Stunde und links von mir, grade so über einer Geländekante, die sich auch weit in die Luzerne hinein zieht, tritt der erwartete Gabler aus. Gerade so weit, dass er durch ein paar Löcher in den Randbüschen sichtbar ist. An einen Schuss ist so nicht zu denken: Erstens fällt hinter ihm der Hang ab und ich habe keinen natürlichen Boden als Kugelfang und zweitens wäre es auch mit dem Risiko behaftet, einen Zweig in die Flugbahn zu kriegen, wenn ich durch ein so kleines Fenster im Bewuchs schießen würde. Also heißt es, sich in Geduld zu üben.

Bereits 15 Minuten steht er jetzt völlig reglos da und starrt geradeaus. Warum zur Hölle rührt der sich nicht?  Da kommt eine Rehgaiss über die Kante — und 20 Meter hinter ihr auch endlich der Grund für den „eingefrorenen“ Gabler, in Form eines alten, starken Sechsers. Der erste Bock hat sichtlich Respekt vorm „Hausherrn“, bewegt sich nach wie vor überhaupt nicht, und ist so unbeschießbar. Der Alte hingegen zieht seiner Herzdame hinterher auf mich zu.

In meinem Kopf beginnen mächtig die Zahnräder zu rattern, was ich nun tun soll. Der Sechser zieht indess weiter spitz auf mich zu. Ich komme zur Entscheidung, dass der reif und zu entnehmen ist. Ich wechsle vorsichtig vom Fernglas zur Büchse. Jetzt muss er sich nur noch breit drehen. Die hohe Vergrößerung des Zielfernrohrs lässt mich das graue Gesicht, das Geweih und und viele weitere Details noch besser erkennen, die zusammengenommen noch einmal bestätigen, dass der „passend“ ist.

Als er sich endlich breit dreht, an einer Stelle an der der gesamte Körper über den Bewuchs hinausragt, bin ich bereit, entsichere die .223, der rote Punkt im Fadenkreuz saugt sich unmittelbar hinterm Schulterblatt fest, der Zeigefinger baut Druck auf, der Schuss bricht und der Bock fällt unsichtbar in die gut kniehohe Luzerne. „Ritsch-Ratsch“ ertönt das Nachladegeräusch und ich halte Ausschau nach Bewegung, die jedoch ausbleibt. Ich  Ich harre noch 10 Minuten aus, bevor ich zum Auto gehe und meine Hündin hole. Mit ihrer Hilfe wird es sicher einfacher den Bock zu finden und die Übung tut ihr immer gut. Auch dieser Plan geht auf, und sie bringt mich sicher zur Beute, wofür sie ausgiebig gelobt wird. Den Bock breche ich gleich am Waldrand auf,  bevor ich ihn zum nächsten Weg ziehe und das Auto hole, um die Beute heimzubringen.

*

Banh-Mi-Baguettes mit Pulled Pork vom Schwarzkittel

von Martin Kintrup

Zutaten

für das Pulled Boar
(gezupftes Wildschwein)
1 EL Wildgewürz, gemahlen
1 TL Ingwerpulver
1 EL Zucker
1 TL Salz
1 Stück Wildschweinnacken à ca.
1 kg, ersatzweise Schulter, ohne
Knochen
200 ml Apfelsaft
3 EL Hoisinsauce (süßlich
schmeckende chinesische
Würzsauce)
1 EL Sriracha-Sauce (Chilisauce)

außerdem
80 g Möhren
80 g Rettich
1 1/2 EL Reisessig
Salz
1/2 Salatgurke
1/2 Bund Koriandergrün
1/2 Bund Minze
2 Jalapeño-Schoten
125 g Salat-Mayonnaise
2 EL Sriracha-Sauce (Chilisauce)
4 Baguettebrötchen

Info: Ein Banh-Mi-Baguette ist
ein immer beliebter werdendes
vietnamesisches Sandwich. Dafür
wird ein knuspriges Baguette mit
verschiedenen Zutaten wie
mariniertem Fleisch, Gemüse,
Kräutern und würzigen Saucen
gefüllt. Ein echter Genuss!

Abb.: ©Merle Weidemann

Zubereitung
Für das Pulled Boar (gezupftes Wildschwein) den Backofen auf 130 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Wildgewürz, Ingwerpulver, Zucker und 1 knappen TL Salz mischen. Das Wildschweinfleisch trocken tupfen, mit der Gewürzmischung einreiben und in eine Auflaufform legen. Apfelsaft angießen. Ein Fleischthermometer in das Fleisch stechen. Einen Deckel auflegen. Im Backofen auf der mittleren Schiene etwa 2 Stunden bis zu einer Kerntemperatur von 70 °C garen.

Danach den Deckel entfernen. 2 EL Hoisinsauce in den Apfelfond rühren. Weitergaren, bis eine Kerntemperatur von 90 °C erreicht ist, das dauert etwa 4 Stunden. Dabei das Fleisch hin und wieder mit dem Sud beträufeln.

Dann das Fleisch aus dem Ofen nehmen. Aus dem Sud heben und auf einem Teller 1 Stunde abkühlen lassen. Dann den Sud mit restlicher Hoisinsauce sowie 1 EL SrirachaSauce verrühren. Das abgekühlte Fleisch mit zwei Gabeln klein zupfen und mit dem Würzsud mischen. Gegebenenfalls noch mit etwas Salz abschmecken.

Für die Baguettes Möhren und Rettich schälen und in feine Streifen (Juliennes) schneiden. Mit Essig und etwas Salz mischen und beiseitestellen. Die Gurke waschen, längs vierteln und in dünne Scheiben schneiden. Kräuter waschen und trocken tupfen, die Blätter abzupfen. Jalapeño-Schoten waschen und längs in Scheiben schneiden, dabei entkernen.

Mayonnaise mit 2 EL Sriracha-Sauce mischen. Die Baguettes waagerecht aufschneiden, aufklappen und die Schnittflächen mit der Sriracha-Mayo bestreichen. Den Backofengrill einschalten. Die Baguettes mit den Schnittflächen nach oben auf den Rost legen und überbacken, bis sie knusprig und leicht gebräunt sind, dann herausnehmen.

Zum Anrichten die Hälfte der Kräuter, marinierte Möhrenund Rettichstreifen sowie Pulled Boar auf den Baguettes verteilen. Dann mit Gurkenstiften, Jalapeños sowie restlichen Kräutern toppen. Die Brothälften etwas zusammendrücken und die Banh-Mi-Baguettes sofort servieren.

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Martin Kintrup

Martin Kintrup lebt auf einem Bauernhof am Stadtrand von Münster. Sein Vater ist auch mit 80 Jahren noch ein begeisterter Gärtner. Die Liebe zur Natur bekam Martin also schon in die Wiege gelegt. Als nach dem Abitur die Studienwahl anstand, entschied er sich für die Landschaftsökologie. Während des Studiums entdeckte er seine zweite große Liebe: das Kochen! In einem Restaurant in Münster kochte er mehrere Jahre mit großer Freude und entdeckte, wie vielfältig und lecker unter anderem die fleischlose Küche sein kann.

Mit dem ersten Buch VEGETARISCH AUS ALLER WELT wurde das Schreiben über das Kochen zu Martins Beruf. Doch auch mit der Fleischeslust kennt er sich aus und so gehören zudem Titel wie BURGERGOLD oder STREETFOOD zu seinem Portfolio. Seit rund 16 Jahren arbeitet er nun schon erfolgreich als Autor, inzwischen auch als Foodstylist. In dieser Zeit sind von ihm fast 50, zum Teil preisgekrönte, Bücher erschienen – teils vegetarisch, teils mit Fleisch, häufig mit nachhaltigen Themen und immer richtig lecker. Mit seinen Büchern vereint Martin seine zwei großen Passionen und beweist, dass eine nachhaltige Lebensweise und grenzenloser Genuss kein Widerspruch sein müssen.

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Michael Schlecht

Abb.: Michael Schlecht mit junger Elster; Bildquelle: Michael Schlecht

Michael Schlecht (Jahrgang 1979) ist seit drei Jahren Herrchen der Catahoula-Hündin „Elster“ (alias Anastasia aus dem Ulstertal, alias Stinkerbell, alias HierheraberzackigduUntier). Privat hört er gern Metal, beruflich haut er darauf rum, als Metallbaumeister mit Affinität zum klassischen Schmiedehandwerk. Schon immer war er gern und viel outdoor unterwegs, und nutzte seine „wilden Zwanziger“ für denkwürdige Motorradtouren, von denen ihn eine zum Schottland-Fan und Whiskygenießer machte. Durch ein anderes seiner Hobbies, das traditionelle Bogenschießen, kam er nicht nur zu Frau, Hund und Kind (in dieser Reihenfolge), sondern vor nunmehr 5 Jahren auch zur Jagd. Seither ist die Küche der Familie deutlich wildlastig, und als Mitinitiatoren des „Wild Kitchen Project“ haben sich Michael und seine Frau Jana Rogge schon einen guten Namen in der Szene erarbeitet. Entgegen früherer Beteuerungen, nichts könne ihn von etwas anderem als seinem bayerischen Landleben überzeugen, lebt er mittlerweile als Exilbayer im Thüringischen Weimar.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Porzellantassen. Weitere Informationen hier.

Titel: Einfach mal Wild: Wilder Geschmack, null Stress

Autor: Martin Kintrup

Verlag: Landwirtschaftsverlag GmbH

Verlagslink: https://buchweltshop.de/einfach_mal_wild-004848.html

ISBN: 978-3-7843-5755-3


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