Es ist so leicht, sich das Leben schwer zu machen: Vom Angeln und vom Fliegenfischen

Buchvorstellung

Auf der Suche nach neuer Angelliteratur stieß ich auf Es ist so leicht, sich das Leben schwer zu machen: vom Angeln und vom Fliegenfischen. Die deutsche Ausgabe des us-amerikanischen Titels A jerk on One End wurde bereits 2002 veröffentlicht. Die Vorstellung des Autors Robert Hughes (* 28. Juli 1938 in Sidney; † 6. August 2012) sprach mich spontan ein.

In einem Milieu, welches augenscheinlich zu oft von verkniffenen Theoretikern in schwarzer Kleidung beherrscht wird, war der witzig-scharfzüngige und hemdsärmelige Crocodile Dundee der Kunstkritik über Jahrzehnte ein die Szene dominierender Gigant, der Intelligenz, Bildung, Witz und Bodenständigkeit vereinte. Eines seiner Bücher heißt bezeichnenderweise Denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf: Kritische Anmerkungen zu Kunst, Künstlern und Kunstmarkt. Seine privaten Passionen galten dem Kochen, guten Weinen und zuviel Drinks sowie der Jagd und dem Angeln. Neugierig auf seine hochgerühmten Kunstkritiken las ich zuerst mit großem Genuss Goya: Der Künstler und seine Zeit.

Das Buch ist zu recht ein Meilenstein. Ich bin ein passionierter Geschichtsbuchleser, aber die meisten Autoren meiner Bücher sind studierte Historiker. Eine Epoche durch die Brille der Kunstkritik zu betrachten, war für mich ein ungewöhnliches Vergnügen.

In meinem Herbsturlaub in Bayern fand ich die Zeit für Es ist so leicht, sich das Leben schwer zu machen. Der Klappentext fasst den Inhalt schön zusammen:

»Angeln, das ist eine ziemlich lächerliche Leidenschaft – findet Robert Hughes. Und doch hat diese Leidenschaft ihn ein Leben lang begleitet, zu wunderbaren Einsichten inspiriert und ihm zu ungewöhnlichen, intensiven Erfahrungen verholfen.
Begonnen hat diese Passion im Hafen von Sydney. Das Fischen bot dem Jungen die Möglichkeit, allein zu sein und zu träumen – mit hellwachen Sinnen allerdings. Und es lehrte ihn, gut mit der Zeit umzugehen, die kindliche Ungeduld zu bezwingen. Denn nicht der Mensch gibt das Tempo vor, sondern der Fisch.
Heute weiß Hughes, dass das Angeln vor allem darin besteht, nichts zu fangen, dass der Misserfolg zu diesem Sport gehört wie der verschossene Elfmeter zum Fußball. Auch das Verhältnis von Aufwand und Ertrag erweist sich als prekär. Hughes gibt rund 55 $ für ein selbst geangeltes Pfund Blaufisch aus, das man, entschuppt und filetiert, für 3,99 $ im Laden bekommt. Was also bewegt den Angler dazu sich stundenlang im kalten Wasser die Beine in den Bauch zu stehen?
Die Antworten, die Robert Hughes findet, sind vielfältig und facettenreich. Doch der Blick auf diese kleine heile Welt genügt ihm nicht. Die Ozeane das Lebenserhaltungssystem unserer Erde, werden von uns denkbar schlecht behandelt. Hughes‘ Plädoyer für ein radikales Umdenken ist leidenschaftlich und sehr überzeugend.«

Es ist so leicht, sich das Leben schwer zu machen: Vom Angeln und vom Fliegenfischen möchte ich ohne Einschränkung empfehlen. Es gehört zu den Büchern, die man über die Jahre immer wieder aus dem Bücherschrank holen und quer lesen wird, weil es Gelehrtheit, Witz und Wortmusik vereint. Entgegen dem Titel ist es auch nicht schwerpunktmäßig für Fliegenfischer geschrieben, auch wenn dies als die hohe Schule des Angelns gilt. Robert Hughes war viel zu klug und erfolgreich, um es nötig zu haben, sich als Snob zu gerieren. Für den Geistesmenschen bestand die fundamentale Erfahrung des Fischens darin, eine Schnur ins Unbekannte hinabzulassen und den erbeuteten Fisch als Offenbarung zu begreifen. Das Büchlein enthält private Angelgeschichten, eine Kulturgeschichte Angelns (insbesondere des Fliegenfischens und Big-Game-Fischens), philosophische Gedanken über den im Grunde grausamen Sport des Angelns und die Mördergrube unter der Wasseroberfläche. Auf den letzten Seiten beschreibt er, wie unverantwortlich die Fischereiindustrie die Weltmeere ausplündert und Arten an den Rand der Ausrottung bringt. Zum Glück hat sich seit dem Zeitpunkt der Buchveröffentlichung auch einiges positives getan und einige von ihm prognostizierte Katastrophen sind nicht eingetreten und mittlerweile entwickelte sich ein Bewusstsein dafür, dass nicht nur hübsche und flauschige Säugetiere schützenswert sind, sondern auch potentiell menschenfressende Raubtiere.

»Große Haiarten haben nur wenige Fürsprecher, brauchen aber – auch wenn sie es nicht wissen – jeden, den sie kriegen können. Inzwischen hat die australische Regierung zumindest den großen weißen Hai unter Naturschutz gestellt, gemeinsam mit dem australischen Leistenkrokodil, dem größten und gefährlichsten Reptil der Erde, das 1971 schon fast ausgerottet war. Und das ist nur recht und billig, denn keine Moral gestattet es uns, nur die knuddeligen Touristenattraktionen wie den Koala zu schützen. Wildheit, Andersheit und Bedrohung, die sich in lebenden Wesen verkörpern, haben ebenfalls ihre Berechtigung. Es schadet nicht, wenn man sieht – während man auf einem kleinen Aluminiumskiff in einem küstennahen Altgewässer Nordaustraliens seine Fliege nach Baramundi (Süßwasserfischen) auswirft -, wie ein Salzwasserfisch, länger als das Boot, an einem vorüberschwimmt. So merkt man wieder, wohin man gehört. Und dafür lohnt es sich auch, hin und wieder einen leichtsinnigen Touristen zu opfern.
Tilgen wir alles Zittern und Zagen aus der Natur, so bleibt uns nur noch Disney World.«
Im besten Fall ist laut Hughes Angeln ein Mittel zu diesem Verständnis, denn das Vergnügen beim Angeln liegt im Fangen und nicht im Töten und manchmal enthält die leere Kühltasche die besten Sashimi.

Große Leseempfehlung.

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Pressestimmen

Dieses Buch ist so reich an eleganten Formulierungen, wie sie Anglern oder auch Lesern noch kaum je begegnet sind.
New York Times Book Review

Es gibt zwei Arten, über das Angeln zu schreiben. Eine, die erklärt, wie es geht, und eine, die erklärt, was es bedeutet. Natürlich ist die zweite die weitaus interessantere – wenn jemand das so großartig macht wie Robert Hughes.
New York Times

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Robert Hughes

Robert Hughes (* 28. Juli 1938 in Sidney; † 6. August 2012) lebte seit 1970 in den USA als Kunstkritiker für Time Magazine. Er hat zahllose Artikel und 13 Bücher veröffentlicht und dafür diverse Auszeichnungen erhalten, u.a. den Academy Award in Literature.
Bei Blessing erschien 1997 Bilder von Amerika, seine von der Kritik hoch gelobte Geschichte der amerikanischen Kunst.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Es ist so leicht, sich das Leben schwer zu machen: Vom Angeln und vom Fliegenfischen

Autor: Robert Hughes

Übersetzung: Maria Mill

Verlag: Karl Blessing Verlag

ISBN: 978-3896671479


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