Seefischküche

von Hans Leip
* 1893; † 1983

Da schwang ein brauner Brutzelduft,
und mir befahl mein Magen,
mich aus der Straßen Hungerluft
in das Lokal zu wagen.

Da sah ich auf dem Marmortisch
Butt, Knurrhahn, Stör und Quappen,
Steinbeißer, Goldbarsch, Katzenfisch
still durcheinander schwappen.

Das roch nach See, das roch nach Salz,
nach silbergrauen Weiten.
Und weiterhin roch es nach Schmalz,
nach Mahlzeit und Bereiten.

Des Koches rotbesterntes Weiß
sah ich den Fang durchklauben.
Er sang der Fischlein Lob und Preis
und ließ sie daran glauben.

Sie gingen frei von der Beschwer
des Eingeweids von hinnen,
ein in das heiße Dunkelmeer,
von dem die Alten spinnen.

Da schwammen sie im Siedeschmant,
Dorsch, Schnepel und Makrelen.
Ist das, sprach ich zum Koch gewandt,
der Himmel ihrer Seelen?

Der Koch hob seiner Mütze Dom:
Ob ich ihn uzen wolle?
Und wies mich in den Gästestrom,
wo ich bestellen solle.

Als ich dann vor dem Teller saß
und die gesottnen Teile
vom Leiterspiel der Gräten aß,
da war mir eine Weile,

als sei in mir die tiefe See
von Hornsund bis Kap Landsend
und all der Fische Lust und Weh
drin auf und nieder tanzend.

Mein Herz inmitten ungestüm,
halb Haifisch und halb Flunder,
bald Lilie, bald Ungetüm,
ein staunenswertes Wunder.

Und einmal warf ein Kutter prompt
sein Netz zum Meereskeller
und fing mein Herz. Und wie es kommt,
es kam auf meinen Teller.

Da packte ich die Gabel fest.
Verflixtes Hirngefunke!
Und deckte meines Herzens Rest
mit Senf und Lorbeertunke.

Pressestimmen

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-Matthias Ehlers, WDR5 Bücher

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