Buchvorstellung
»Theodor Fontane ist durch Brandenburg gewandert, mit dem Schiff durch die Seen und Kanäle gefahren, hat Kirchen und Klöster besucht, Schlösser und Katen, und wenn er beschreibt, was er bei diesen Wanderfahrten gegessen hat, so malt er Bilder, die alle Sinne ansprechen: Man riecht das Wasser, wenn der frisch gefangene und gekochte Hecht in seiner Schüssel auf weißem Leinentuch ruht. Man sieht, wie der Schatten der blühenden Kirschzweige auf den Tellern tanzt. Man hört, wie die Wellen gegen die Holzwände des Schiffes schwappen, während an Deck das Frühstück serviert wird. Man fühlt, wie zart das gute blau gemusterte Geschirr ist, mit dem die rasch aufgeschlagenen Tische im Garten gedeckt werden, und man denkt: So muss es sein. So mitten im Leben, so einig mit Himmel und Erde, so ruhig gelassen Koch und Gäste, so grün die Wiesen, so stolz das Hirschgeweih über des Försters Haustür, und natürlich duftendes Geißblatt um die Laube herum, in der wir sicher gleich den Kaffee trinken werden.
So war es. Ja, es gab auch Regentage, die den Wanderer plagten, schlechte Betten in armseligen Gasthäusern und Stunden des Zweifels und der Verzweiflung. Aber das Geißblatt duftete wahrhaftig, und die Landschaft besaß eine Ruhe und Stille, die ebenso erquickte wie die Mahlzeiten aus dem, was sie bot. Und was hatte die Mark Brandenburg zu bieten, die Fontane so gut wie kaum ein anderer gekannt hat? Wie tischte man in Berlin auf?
Fontane beschreibt in seinen Romanen die Menschen aller Schichten und Stände in den Jahren, in denen sich Preußen immer mehr aus den alten politischen Bindungen löste, Niederlagen und Revolutionen überwand und schließlich die Monarchie wurde, die den deutschen Kaiser stellte. Das war der Aufstieg eines kleinen und nicht sehr reichen Landes. Das waren die Jahre des Fortschritts, der damals noch berechtigten Hoffnung, Wissenschaft und Technik führten zum Guten, Wissen sei Macht, die Zukunft der Kinder besser als das eigene Schicksal. Jahre, in denen Berlin schneller wuchs, als es manche seiner Bewohner begriffen oder verkrafteten.
Theodor Fontane ist am 30. Dezember 1819 geboren und am 20. September 1898 gestorben. Wer auf seine Zeit zurückblickt, auf das 19. Jahrhundert mit den Brandenburger Geißblattlauben und der preußischen Garde du Corps, seinen Festmählern in gotischen Klosterruinen, seinen Berliner Kellern, den alten Jungfern und den Undinen und Töchtern der Luft, den Kutschfahrten ins Grüne, Schlittenfahrten in der Stadt und Hochzeiten auf dem Lande, der sieht unsere Vergangenheit. Die Wurzeln der Behaglichkeit und des Hochmuts, die Urform der wieder konservativen Gesellschaft mit ihren offiziellen Diners und der Tafelpracht in Weiß und Silber. Die Unsicherheit derer, die nicht wissen, an welchen Tisch sie gehören und wie man sich da benimmt, und das irdische Glück der anderen, die nicht so tun müssen als ob. Fontane, der Hugenotten-Enkel, hat das preußische Jahrhundert, die kurze wilhelminische Kaiserzeit festgehalten, die nach seinem Tode nur noch knappe 20 Jahre dauerte und dennoch so prägend war, dass sie bis heute wirkt.«
Diese Hommage auf die Kulinarik in Theodor Fontanes Werk von der Grande Dame der deutschen Kochliteratur erschien in einer ersten Auflage bereits 1997 im Arche-Verlag. Ich zitierte aus der Einleitung der Auflage von 2019. Sybil Gräfin Schönfeldt beschreibt sehr schön den Inhalt von Bei Fontane zu Tisch und ihr eleganter Schreibstil zieht den Leser in die Epoche, die man unwillkürlich als „die gute alte Zeit“ bezeichnen möchte. Wenn man unbedingt etwas kritisieren möchte, dann ist es die Grundhaltung der Wochenzeitung Die Zeit, welche ab und dann zwischen den Zeilen durchschimmert, da die Autorin jahrzehntelang für sie schrieb.
Ich habe Bei Fontane zu Tisch mit Genuss gelesen und als leichte und anregende Lektüre empfunden. Das Äquivalent zu einem frischen, kühlen Weißwein, den man an einem Sommerabend auf der Terrasse im Gespräch mit klugen Freunden leert und dabei spürt, dass man gerade alles richtig macht, weil Geist und Gaumen schwelgen. Das Buch macht altgierig und weckt in mir eine Leselust auf mehr Wortmusik von Sybil Gräfin Schönfeldt und von Theodor Fontane.
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Pressestimmen:
»Ein herrlich informatives Buch, das Lust auf gutes Essen und eine Wanderung durch Brandenburg macht. Und es ist ein überaus spannender, kulinarischer Blick auf das Berlin der Kaiserzeit!«
― lady-blog.de
»Eine Wanderung durch Fontanes Esslandschaften samt Originalrezepten.«
1997 bereits beim Arche-VerlagBUCHKULTUR
»Eine Sammlung der schönsten Zitate aus seinen Werken und Erinnerungen zu den Speisen seiner Zeit.«
1997 bereits beim Arche-Verlag erlesen
»Die Gräfin kennt sich aus mit kulinarischen Traditionen und füllt Wissenlücken.«
― Hamburger Abendblatt
»Sybil Gräfin Schönfeldt hat ein Büchlein verfasst, das zu lesen ein Genuss ist.«
― Schweriner Volkszeitung
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Sybil Gräfin Schönfeldt

Die promovierte Germanistin und Kunsthistorikerin (* 13. Februar 1927 in Bochum; † 14. Dezember 2022 in Hamburg) arbeitete lange als Redakteurin und freie Journalistin, u. a. für DIE ZEIT und das ZEITMagazin.
Sie schrieb und übersetzte zahlreiche Bücher für Kinder und Erwachsene und wurde u. a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und dem Europäischen Jugendbuchpreis ausgezeichnet.
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Anmerkungen

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Titel: Bei Fontane zu Tisch
Autorin: Sybil Gräfin Schönfeldt
Verlag: Ebersbach & Simon
Verlagslink: https://www.ebersbach-simon.de/buecher/bei-fontane-zu-tisch
ISBN: 978-3869151779
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