Unagi Kabayaki: Aal nach japanischer Art über Holzkohle gegrillt

In keiner Stadt der Welt gibt es mehr michelin-besternte Restaurants als in Tokio. Aktuell sind es 180 (siehe: https://guide.michelin.com/de/de/tokyo-region/tokyo/restaurants?sort=distance). Sechs von den Einstern-Restaurants servieren nur eine Delikatesse: Gegrillter Aal!

Ebenso wie bei dem Europäische Aal (Anguilla anguilla) sind die Bestände es des Japanischen Aals (Anguilla japonica) in den letzten Jahrzehnten geschrumpft, weswegen der Aal in Japan mittlerweile zu den teuersten Speisefischen gehört. In meinen Buchvorstellungen von Reise mit Aal: Auf den Spuren einer aussterbenden Art und Das Evangelium der Aale könnt Ihr mehr über diese faszinierenden (und leckeren) Tiere erfahren.

Seit der Nara-Epoche (710 bis 794 n.Chr.) gibt es in Japan Unagi-ya genannte Grillrestaurants, die auf Aal spezialisierte sind und sich großer Beliebtheit erfreuen.

Abb.: Große Aale, 1838; Künstler: Katsushika Hokusai
Abb.: Morisada Manko Vol.6; Bildquelle: NationalDietLibraryDigitalCollections

Auch in der Mega-Metropole Tokio verfügen diese hochklassigen Restaurants über kein elegantes und stylisches Ambiente, sondern sind oft vielmehr rauchig und dunkel. Als bestes Aal-Restaurant in ganz Tokio gilt übrigens das Kabuto in Ikebukuro, welches von außen ähnlich handfest aussieht, wie ein griechisches Schnellrestaurant in Ostwestfalen, indem man seinen Magen mit Ouzo betäubt, nachdem man sich die Grilllplatte Olympos mit extra Zwiebeln gegönnt hat…

Auf dem Noren, dem traditionell in der Tür hängenden Vorhang oder dem Schild darüber, steht das Schriftzeichen „う“ (entspricht dem japanischen „U“). Das „う“ bedeutet nicht nur Unagi, Aal, sondern symbolisiert auch den schlangenförmigen Fischleib.

Abb.: Kabuto in Ikebukuro

Die kompromisslos hohe Qualität des über Holzkohle gegrillten Aals kostet hier gut 100 € pro Person und die Wartezeit für einen Tisch soll bei sechs Monaten liegen.

Das Geheimnis dieser gesuchten und hochpreisigen Köstlichkeiten liegt an der speziellen Sauce (natürlich immer uralte Geheimrezepte), mit der die Fische oft mehrfach hintereinander eingerieben und gegrillt werden, damit die fettigen Filets und die Sauce im Holzkohlerauch miteinander verschmelzen. Perfekt ist der Aal, wenn unter einer leicht knusprigen Fischhaut ein Inneres zart geräuchert erscheint und die Geheimsauce aus Mirin (Reiswein) und Soja-Sauce ihr Umami entfaltet. In Japan wird der gegrillte Aal traditionell am Doyo Ushi no Hi (土用の丑の日), der Tag des Ochsen verspeist.

Dieser Festtag markiert die heißeste Zeit des Sommers und liegt etwa 18 Tage vor dem japanischen Herbstanfang am 22. September.

Die Tradition geht angeblich auf den Gelehrten, Erfinder und Schriftsteller Hiraga Gennai (* 1728; † 1780) zurück. Der Überlieferung nach litt der befreundete Betreiber eines Aalrestaurants während der heißen Sommermonate unter ausbleibender Kundschaft, da diese die fettigen Fische bevorzugt in der kalten Jahreszeit verzehrte.

Gennai gestaltete aus Alliterationen und Wortspielen ein Schild mit der Aufschrift „Unagi für Ushi no Hi“. Diese Botschaft basierte auf dem Glauben, dass Lebensmittel, die mit „U“ beginnen, besonders gesund und belebend sind und daher in der drückenden Sommerhitze Schlappheit entgegenwirken. Dank Gennais Rennome erwies sich das Schild als äußerst erfolgreich, rettete das Aalrestaurant und schuf eine neue Sommertradition. Heute ist Unagi in Japan der Inbegriff des Sommeressens und wird zumeist in einer rechteckigen Lackdose auf einem Reisbett serviert.
Ein ausgesprochen saisonales Lebensmittel ist der gegrillte Aal jedoch nicht, da diese Köstlichkeit das ganze Jahr über nachgefragt wird.

*

Rezept von Lukas Nagl

Eines meiner Lieblingsfischgerichte ist dieser etwas andere Steckerlfisch. Der Aal wird erst gegrillt und
dann mit der Sauce glasiert. In Japan gibt es Restaurants, die nur auf dieses Gericht spezialisiert sind.

Zutaten
1 Aal, geköpft und taschenartig aufgeschnitten,
die Mittelgräte herausgenommen
feine Metallspieße
beste Holzkohle
Sauce

Für die Sauce
400 g Mirin (japanischer Reiswein)
150 g dunkle Sojasauce
60 g Kandiszucker
1 Sternanis

Für den frischen Ingwer
400 g frischer Ingwer, geschält und
in feine Scheiben geschnitten
150 ml Reisessig
25 g Wasser
50 g Ingwersaft
60 g Zucker
8 g Salz

Abb.: Aal über Holzkohle; Bildquelle: © Georg Kukuvec Photography

Zubereitung
Für die Sauce den Mirin in einem Topf zum Kochen bringen. Den Alkohol verkochen lassen und die restlichen Zutaten hinzufügen. Auf ca. 1/10 einkochen. Die Sauce kann man im Glas bei Zimmertemperatur lange aufbewahren.

Für den eingelegten Ingwer die Ingwerscheiben kurz in etwas kochendem Wasser blanchieren, dann abschöpfen und in eine Schüssel geben. Alle restlichen Zutaten einmal aufkochen und noch heiß über den Ingwer gießen. Zudecken und gut 12 Stunden ziehen lassen.

Den Fisch schröpfen (siehe Seite 130), dann mit Metallspießen quer aufspießen.

Den Aal von beiden Seiten über Holzkohle stark angrillen. Dann mit der Sauce bepinseln und kurz auf die Glut halten, weiter so verfahren, bis der Aal mit einer schönen Schicht Sauce überzogen ist. Gut dazu passen Reis und eingelegter Ingwer.

Abb.: Aus Lukas Nagls Buch fotografiert; Bildquelle: KRAUTJUNKER

*

Lukas Nagl

©Helge und Patrick Kirchberger

Lukas Nagl ist nach vielen internationalen Stationen und Top-Adressen wie dem Steirereck seit mehr als elf Jahren Chefkoch des Restaurant Bootshaus am Traunsee. Seit 2019 verkocht er dort mit seinem Küchenteam regionale Produkte auf 4-Hauben-Niveau, der Gault&Millau kürte ihn zum „Koch des Jahres 2023“. Der gebürtige Oberösterreicher ist einer der höchstdekorierten Köche Österreichs. Lukas Nagl lebt mit seiner Familie am Atterssee.
Keiner kennt und verkocht den Fischreichtum des Salzkammerguts so gut wie er.

***

Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Porzellantassen. Weitere Informationen hier.

Titel: Fisch gegrillt

Autoren: Lukas Nagl Georg Kukuvec

Verlag: Servus Verlag

Verlagslink: https://www.beneventopublishing.com/servus/produkt/fisch-gegrillt/

ISBN: 9783710403828


Entdecke mehr von KRAUTJUNKER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Ein Kommentar Gib deinen ab

Hinterlasse einen Kommentar