Gaea Schoeters: Zwei Bücher über Afrika, wilde Tiere und Großwildjagd

Buchvorstellungen von Rolf D. Baldus

Wer im vergangenen Jahr seine Buchhändlerin nach einem Buch für einen Jäger fragte, der hatte eine gute Chance, Trophäe von Gaea Schoeters in die Hand gedrückt zu bekommen. Bei mir lag es gleich zweimal am Geburtstag auf dem Gabentisch. Ungewöhnlich für ein Buch über Großwildjagd wurde es ein großer Erfolg beim nichtjagenden Publikum. Mit Literaturpreisen ausgezeichnet, erschien das niederländische Original inzwischen in acht anderen Sprachen und soll in weitere zehn übersetzt werden. Auf Deutsch erlebte es 15 Auflagen (KRAUTJUNKER-Rezension hier: https://krautjunker.com/2024/04/30/trophae/).

Bildquelle: Rolf D. Baldus

Die Story ist schnell erzählt: Ein steinreicher Amerikaner will seine Big Five vollmachen und für seine „Trophy Hall“ noch ein schwarzes Nashorn in Namibia erlegen. Er ist Jäger und Naturschützer und weiß, dass die Entnahme des alten Bullen dem Bestand der Dickhäuter biologisch nicht schadet, seine Dollars aber den Erhalt der gefährdeten Art finanzieren. Doch Wilderer schießen ihm das Tier vor der Nase weg.

Die Buschmänner schlagen ihm deshalb eine andere Trophäe vor. Auch ihr altes Volk ist vom Aussterben bedroht, genauso wie die Rhinos. Warum schießt er nicht statt Nashorn einen Buschmann und lässt den ausstopfen? Analog zur Finanzierung des Artenschutzes durch die Jagd soll der „Jagderlös“ der Ausbildung der Jugend dieses bitterarmen Volkes zugutekommen und sie so für die Zukunft fit machen. Nach schwieriger Pirsch erlegt er den ihm bestimmten Buschmannjungen mit Blattschuss, wird aber von einem Skorpion gebissen, worauf er seinem Opfer in die ewigen Jagdgründe nachwechselt. Zu Hause in Amerika nimmt die Gattin am Flugzeug eine Kiste mit der Buschmann-„Trophäe“ sowie den Sarg mit dem verblichenen Ehemann in Empfang, während von oben durch das Flugzeugfenster ein junger Buschmann zusieht und sich auf den Beginn seines Studiums in den USA freut.

So eine Geschichte muss man mögen, und der mit Liebe zum Detail beschriebene Abschuss eines Menschen wirkte auf mich verstörend. Eine Jagdfreundin sagte treffend, dass sie das Buch erst spannend und dann „ekelhaft“ gefunden habe. Ihre Ambivalenz teile ich. Vielleicht ist es gerade deswegen ein „Roman, den man nicht vergisst“, wie Denis Scheck in WDR 2 zu Recht sagte. Auch mich hat die Geschichte über Gut und Böse, über die menschliche Natur und unser Verhältnis zum Tier bewegt und nachdenklich gemacht. Sonst hätte ich mich nicht so lange damit beschäftigt.

Abb.: Gaea Schoeters mit Elefanten in Serengeti; Bildquelle: Sven F. Frost mit KI

Gut konstruiert ist der Roman jedenfalls, vor allem wenn man bedenkt, dass die holländische Autorin noch nie in Afrika war und bislang keine Berührungspunkte mit der Jagd hatte. Gaea Schoeters setzt auf sorgfältige Recherche. Sie studierte das Buch Hunter des Berufsjägers J.A. Hunter bevor sie ihrer Hauptfigur den Namen „Hunter White“ gab.

Hemingway hat sie natürlich auch noch mal gelesen. Und als Vorbild für die Buschmänner tippe ich auf die Lektüre von Laurens van der Post. Deshalb sind die Buschmänner auch bei ihr edle Wilde, ohne Fehl und Tadel, und noch nach Tagen folgen die Naturkinder unbeirrbar auf steinigem Terrain der Fährte eines Nashornbullen. Hunter White hingegen ist eine „Fiese Möpp“ und wie alle „White Hunter“ ein weißer Alphamann und Jägermacho durch und durch. Weder ist die Beschreibung der Buschmänner noch die der Weißen Jäger frei von Klischees.

Literatur darf aber eben alles!

Mit ihrem eben erschienenen Buch Das Geschenk hat die Autorin erneut ein Thema mit Bezug zu Afrika, Großwild und Jagd aufgegriffen.

Bildquelle: Rolf D. Baldus

Das Angebot des Präsidenten von Botswana an die Bundesrepublik, 20.000 Elefanten zu schicken, beschäftigte im vorigen Jahr die mediale Öffentlichkeit in Deutschland. Präsident Moogwetsi Masisi reagierte mit diesem in der Bild-Zeitung veröffentlichten Danaer-Geschenk auf die Drohungen der Grünen im Bundestag, die Einfuhr von Jagdtrophäen zu verbieten. Botswana hat um die 150.000 Elefanten. Mehr als das Land ernähren kann. In manchen Gegenden steht inzwischen kein Baum mehr. Botswanische Staatsbürger werden zertrampelt. Doch deutsche Tierschutz-NGOs, Ökos und die Grünen wollen, dass Afrika die Jagd einstellt. Zu Hause hingegen werden jedes Jahr zwei Millionen Stück Schalenwild abgeschossen, und selbst das ist angeblich nicht genug, um bei uns den Wald zu retten.

Abb.: President of Botswana H. E. Dr. Mokgweetsi Eric Keabetswe Masisi; Bildquelle: Wikipedia; Copyright: WIPO. Photo: Karen Lee

Die Story mit dem Geschenk ging um die ganze Welt. In den sozialen Medien wurde sie milliardenfach geklickt. Aber anders als im wirklichen Leben hat der botswanische Präsident im Roman seine Drohung wahrgemacht: Das schwergewichtige Geschenk ist angekommen. Schade, dass wir nicht erfahren, auf welche Weise die grauen Riesen vom Okavango an die Spree kamen. Jedenfalls treiben sie sich in Berlin rum und hinterlassen eine Schneise der Verwüstung. Im Buch hatte der Bundeskanzler zuvor mit einem Elfenbeingesetz den Import von exotischen Jagdtrophäen verboten. Und als Reaktion nun das! Es entwickelt sich eine Satire auf den Politikbetrieb in der Hauptstadt –  unterhaltsam, amüsant, manchmal zynisch. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und realen Parteien sind nicht zufällig, sondern beabsichtig. Die Einzelheiten sollen hier nicht verraten werden. Nachdem die migrantischen Rüsseltiere nicht nur in den Obst- und Gemüseabteilungen großer Supermärkte, sondern auch im politischen Porzellanladen der Berliner Politik ausreichend Kollateralschäden verursacht haben, muss der Bundeskanzler handeln. Im Abwehrkampf gegen eine rechtspopulistische Partei kann er die Wiederwahl nur noch retten, indem er die Elefanten nach Ruanda abschiebt. Doch dort erteilt man Jagdlizenzen…

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Gaea Schoeters

Gaea Schoeters, geboren 1976, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin. 2012 hat sie den Großen Preis Jan Wauters für ihren kreativen Umgang mit Sprache gewonnen. Für Trophäe wurde sie mit dem Literaturpreis Sabam for Culture ausgezeichnet. Der Roman wurde von der niederländischen Presse sehr positiv besprochen. 2024 ist ihr Roman Trophäe, aus dem Niederländischen von Lisa Mensing, bei Zsolnay erschienen.
https://www.gaeaschoeters.be/

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Rolf D. Baldus

Dr. Rolf D. Baldus ist ein deutscher Diplom-Volkswirt und Jagd- und Wildschutzfachmann. Jahrgang 1949, stammt gebürtig aus Gebhardshain im Westerwald und wuchs in ländlicher Umgebung auf. Im Alter von siebzehn Jahren legte er, mehr aus praktischen Erwägungen und Gelegenheit, die Jagdprüfung ab, ohne zunächst dem Waidwerk nachzugehen.
Nach seinem Studium der Volkswirtschaft an der Universität zu Marburg, über das er zu seinem Interesse am Wildtiermanagement kam, war Dr. Rolf D. Baldus, der 1976 über sozialistische Dorfgemeinschaften unter dem ersten tansanischen Präsidenten Julius Nyerere promovierte, als freiberuflicher Gutachter für internationale Entwicklungshilfe-Projekte tätig. Über diese Tätigkeit erhielt er die Gelegenheit, eine Stelle im deutschen Entwicklungshilfeministerium anzutreten, um später ins Bundeskanzleramt zu wechseln und 1987 als Referatsleiter von 1987 bis 1993 nach Tansania zu gehen. Dort war Rolf D. Baldus im Auftrag der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit der Sanierung des heruntergekommenen Wildreservats Selous, so benannt nach dem britischen Großwildjäger Frederick Courteney Selous, befaßt.
Danach kehrte er als Berater Helmut Kohls ins Bundeskanzleramt zurück um von 1998 bis 2005, dann als Berater der tansanischen Regierung bei Projekten wie der Unterschutzstellung des Saadani-Nationalparks und des Selous-Niassa-Wildtierkorridors, noch einmal in Ostafrika zu wirken.

Abb.: Rolf D. Baldus (Vierter von links) und Bernd Kamphuis (Fünfter von links); Bildquelle: Haralds Klavinius

Seine Berufslaufbahn klang mit der Tätigkeit im Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit von 2005 bis 2010 aus. Ehrenamtlich war der Jagd- und Wildschutzfachmann viele Jahre im International Council for Game and Wildlife Conservation (CIC) als Präsident der Kommission für Tropenwild tätig und hat etliche Beiträge und Bücher über Wildschutz- und Jagdthemen in Afrika verfaßte.
Dr. Rolf D. Baldus lebt im Ruhestand in Bad Honnef.

Dieser Text erscheint in dem Magazin JAGDZEIT Nr. 64. Ich danke Rolf D. Baldus und dem Chefredakteur Bernd Kamphuis.

https://www.jagdzeit.de/ausgaben

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Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Porzellantassen. Weitere Informationen hier. Die Hemingway-Buchstütze findet Ihr hier.

Titel: Trophäe

Autorin: Gaea Schoeters

Übersetzung: Lisa Mensing

Verlag: Paul Zsolnay Verlag; 5. Edition

Verlagslink: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gaea-schoeters-trophaee-9783552073883-t-5240#

ISBN: 978-3552073883

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Titel: Das Geschenk

Autorin: Gaea Schoeters

Übersetzung: Lisa Mensing

Verlag: Paul Zsolnay Verlag

Verlagslink: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gaea-schoeters-das-geschenk-9783552075740-t-5702

ISBN: 978-3552075740


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