von Wido G. Aniszewski
Eine alt klingende Stimme zog Abends aus dem Schilf am Hof vorbei, und am frühen Morgen wieder zurück. Mittwoch um 4:45 Uhr ging der Wecker und bis ich endlich mit Hund, Doppelglas und Spektiv vom Hof ging, war es schon 5.30 Uhr…
Je früher ich aufstehe, desto später bekomme ich’s einen Fuß vor den anderen. Der Hirsch und seine Alttiere waren schon voraus und ich musste mich sputen. Knack, Knack durch den Graben- ich meinte zu sehen, dass mein Deutsch Drahthaar resignierend den Kopf schüttelte. Dann in die Wiese, gerade einmal 300 Meter unter dem Hof. Unter dem Hof bedeutet nur wenige Höhenmeter, doch in den Wiesen hängt der schwere Nebel und als ich (wieder hat es geknackt),vam Hochsitz im Knick aus Pappeln und Schwarzdorn den fünf Meter hohen Sitz erreichte, kann ich das Wild auf ca. 100- 150 Meter zunächst nur im Glass sehen.
Der Hirsch röhrt gewaltig und als etwas Wind aufkommt und die Sonne auch an den Horizont steigt, ist das Bild überwältigend.
Über 40 Stück Kahlwild werden von dem Hirsch wie von einem Hütehund in Richtung Schilf getrieben und sobald irgendwo ein anderer Hirsch zu hören ist, wird von ihm geantwortet.
Ich habe das Kahlwild nur überschlägig gezählt, denn ich bin auf den Hirsch fokussiert. Wie alt? Was ist mit seiner rechten Stange? Ist das der gleiche wie im letzten Jahr?
Der Abschluss für mittelalte ist gesperrt, da einige jagdliche Dünnbrettbohrer endenreiche Hirsche für alt hielten. Trotz des abnormen Geweihes ist er nur frei, wenn alt.
Der Körper ist nicht so stark wie bei den beiden anderen Hirschen im Erntealter im Revier und er bewegt sich flott.
Der Gesichtsausdruck: „alter Griesgram“. Mähne und der Hirsch scheint die Vorderläufe als Körpermitte zu haben, kippt fast nach vorne.
Nach einer halben Stunde ist er schließlich im Schilf verschwunden.
Ich hatte nicht einmal das Gewehr mitgenommen, nur schauen, gründlich.
Am Nachmittag spät nach Hause gekommen und dennoch Motorsense und Rechen auf den Pickup und endlich den Pirschpfad in die Wiese gefräst (gehört mir) und den Weg im Knick geharkt. Am Morgen dann mit dem Auto großen Bogen gefahren und gegen den Wind angepirscht, lautlos bis 50 Meter vor dem Hochsitz, der Hirsch meldet im dunklen Nebel heute dicht am Knick! Zentimeter um Zentimeter weiter, Halstuch über die Nase und die Reithandschuhe mit Schlitz für den rechten Zeigefinger um nicht gesehen zu werden. Der dunkelbraune Drahthaar klebt an meinem linken Knie er weiß, worauf es ankommt! Jetzt sind auch noch Sauen direkt am Sitz, 10 Meter vor mir! Es wird heller, der K98 ist schon im Voranschlag in der linken Hand ist der Pirschstock. Pusten und weg sind die Sauen! Zügig gehe ich zur Leiter, lege auf den Hirsch an- der plätzt und ist mit sich beschäftigt.
Doch das unruhige Kahlwild lässt ihn aufwerfen. Ich bin mir jetzt ganz sicher, dass der Hirsch alt ist und als ich fliegen lasse, sehe ich auch noch durch ein kleines Wölkchen auf dem Blatt, dass die 9,3 genau dort aufschlägt, wo der Zielstachel stand. Flache Flucht in das Schilf.
Ich schaue erst gar nicht nach dem Anschuß, sondern hole den Traktor mit Schaufel und Forstwinde.
Als ich nach dem Anschuss schaue, ist da nichts zu finden und auch auf dem Einwechsel nichts. Der Hund verhält überhaupt nicht wie auf der Wundfährte und meine Sicherheit weicht Unruhe.
Schilfkante im großen Bogen abgesucht und plötzlich springt mein Kalle ins Schilf- nach nur fünf Meter ist er am Hirschen, von dem nur die hinteren Läufe aus dem Graben im Schilf zu sehen sind.
Verendet liegt ein uralter, abnormer Rothirsch vor mir. Mein Lebenshirsch !

Das Bergen ist mit der Technik ein Kinderspiel, das Aufbrechen weniger!
Am Wochenende dann verblasen mit den Freunden und alles erst einmal sacken lassen.


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Rezeptvorschläge für das :
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Wido G. Aniszewski

Jahrgang 1961. Verheiratet und es waren mal fünf Pferde, vier Kinder und zwei Hunde (nein ein Hund und ein Dackel). Zunächst als Begleiter und Treiber auf die Jagd gegangen, seit dem 17. Lebensjahr mit Jagdschein. Jagdhornbläser und Hundeführer. Damit Wido Zeit und Geld für Familie und Jagd übrig blieb hat Wido etwas einfaches studiert (Jura und allerlei andere Fächer). Beide juristischen Staatsexamen absolviert und aus vorgenannten Gründen dann doch in die Werbebranche. Er lebt überwiegend in Mecklenburg auf seinem Hof in der Nähe der Ostsee und oder in der Nähe von Lüneburg. Liebt die Revierarbeiten wie alle andern Arbeiten in Feld und Wald. An manchen Tagen ist ih amber der Sport wichtiger als alles andere – jedoch niemals als Zuschauer.
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Anmerkungen

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