Sautanz: Backerlgulasch vom Schwein

Rezeptvorstellung von Reiner Grundmann

P R O L O G

Meine Oma hatte Schweine.

Hinten dran an der Garage gab es einen kleinen betonierten Raum mit Stroh am Boden. Da waren vor meinen Blicken verborgen hinter einem grob gezimmerten hölzernen Verschlag, der einem Erwachsenen wohl knapp unters Kinn gegangen wäre, vier bis sechs Schweine und verbreiteten einen Höllenlärm für meine kindlichen Ohren und einen ebensolchen Gestank.

Manchmal erklomm ich den ersten Querbalken des Verschlags, wo ich mit den Zehen und Fußballen Halt fand und lugte über den oberen Rand. Da waren sie. Scheinbar bis über beide Backerl grinsend sahen sie mich an und versammelten sich unter meinem erhöhten Posten. Futter hatte ich nicht für sie. Und ob sie Futter für mich wurden, weiß ich nicht.

Meine Mutter hat mich von Schweins-Schlachtungen und ähnlich scheinbar blutrünstigen Aktionen wie Hasenschlachten bei der anderen Oma ferngehalten.

Ein Fehler.

Was hätte ich alles lernen können. Vorbei. Was mich aber nicht davon abhält KRAUTJUNKERs Vorschlag aufzunehmen und einen Sautanz in der Küche zu veranstalten. Schweinsbackerl als Gulasch. Ein Fest.

Die Backerl sind beim Kauen immer beteiligt, sagt Spitzenkoch Max Stiegl aus dem Burgenland und zu Lebzeiten sehr in Anspruch genommen, deshalb der kräftige Geschmack – sie enthalten aber auch eine Menge Gelatine, die sie herrlich saftig macht – das ideale Schmorfleisch.

(Gelatine…gabs da nicht auch mal eine Ehefrau in den Asterixheften? – ach ne, das war die Galantine aus Lutetia – freudscher Fehler.)

Wenn wir aber schon bei Asterix sind, und wenn Obelix sich mal entschließen könnte, etwas übrig zu lassen vom Wildschwein, zum Beispiel die Backerl – dann ist das noch mal eine viel wildere Hausnummer, und muss probiert werden.

Abb.: Demnächst in diesem Theater; Bildquelle: Asterix

Max Stiegls Sautanz: Genuss & Tradition

Der Sautanz gehört zu den alten Brauchtümern, die fast in Vergessenheit geraten sind. Nicht so im burgenländischen Gut Purbach: Dort wird das traditionelle Fest jeden November mit Familie, Freunden und Gästen zelebriert.

Dabei geht es in erster Linie darum, dass die Tiere sowohl zu Lebzeiten als auch vor und nach der Schlachtung mit Respekt behandelt werden. Für den Spitzenkoch Max Stiegl bedeutet das vor allem, dass nichts verschwendet wird – er nutzt deshalb auch die Teile des Schweins, die andere wegwerfen würden. Beim Sautanz wird das Schwein erst geschlachtet und dann gemeinsam von Kopf bis Fuß verarbeitet, verkocht und verkostet.

Max Stiegl hat dafür klassische Rezepte verfeinert und neue Kreationen geschaffen, außerdem zeigt er Rezepte für Mutige, die noch nicht alles probiert haben.

So finden sich Gerichte von gesottenem Rüssel in Bier über Blunz-Suppe bis Schweinsfuß-Medaillons. Hobbyköchen wird erklärt, worauf man beim Kauf von Fleisch und Innereien achten muss, wenn gerade kein Sautanz in der Nähe stattfindet, und wie vielfältig einsetzbar Schwein in der Küche ist.

Zutaten

Abb.: Mise en place; Bildquelle: Reiner Grundmann

900 g Schweinsbackerl vom Metzger des Vertrauens – er wird es nicht immer dahaben, also vorbestellen.
900 g Zwiebeln – ich habe Roscoff-Zwiebeln genommen, die machen es schmeckbar süßer im Nachgang.
100 g Schmalz
3 – 4 EL edelsüßes Paprikapulver
Essig, ich habe guten Kräuteressig aus der Stadt-Apotheke in Lauf am Marktplatz genommen
1/2 Liter Suppe
1 EL Tomatenmark – ich hab ca. 2 EL genommen
2 Knoblauchzehen
Salz, Kümmel
Zesten von 1/2 Biozitrone
Essiggurkerlwasser
1 TL Sauerrahm
Majoran, gerebelt
(Schweinsbackerl von Metzgerei Pristownik am Marktplatz in Lauf an der Pegnitz)

Zubereitung

Abb.: Roscoff Zwiebeln; Bildquelle: Reiner Grundmann

Zwiebelchen in Schmalz anrösten – hellbraun, nicht schwarz –  Paprikapulver dazu, durchrühren und mit einem Spritzer Essig und etwas Suppe – der Gemüsebrühe aus Gemüsestock – ablöschen.

Abb.: Zwiebeln, geschnitten, gebräunt, Paprikapulver; Bildquelle: Reiner Grundmann
Abb.: Schweinsbackerl, grob in Stücke geschnitten, Tomatenmark; Bildquelle: Reiner Grundmann

Schweinsbackerl werden dann grob würfelig geschnitten und den abgelöschten Zwiebeln beigemengt. Tomatenmark, gepresste oder fein geblätterte Knoblauchzehen hinzufügen – ebenso Salz, und Kümmel untermengen.

Zugedeckt leicht wallend dünsten lassen z.B. Herd auf Stufe 3, bis das Fleisch kernig weich ist – sagt der Spitzenkoch. Zwei Stunden schlägt er vor, bei mir warens drei bis vier.

Bei Bedarf die verdampfte Flüssigkeit mit Suppe / selbst gemachter Gemüsebrühe ergänzen.

Zum Servieren des Backerlgulasch noch etwas Gurkerlwasser aus dem Glas mit eingelegten Gürkchen, mit Sauerrahm und Majoran abschmecken. Zitronenzesten obenauf geben.

Dazu Erdapferl (Kartoffeln) oder Serviettenknödel; Semmelknödel böhmische Art, reichen.

Bildquelle: Reiner Grundmann

An Guaden

Abb.: Backerlgulasch. Schweinsbackerl werden zu Lebzeiten sehr viel beansprucht, was ihnen einen kräftigen Geschmack verleiht, gleichzeitig enthalten sie jede Menge Gelantine, die sie herrlich saftig macht – kurz, sie sind das perfekte Schmorfleisch, sei es für Gulasch, Ragout oder einfach zum Kaltaufschneiden für Salate. Wichtig ist nur, dass sie genug Zeit bekommen: Erst lange, niedrige Hitze macht aus ihnen üppige Wonneproppen. Fotocredit © Luzia Ellert

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Website von Max Stieglhttps://sautanz.stieglmax.at/

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Reiner Grundmann

Geflogen ist er eigentlich überall. Europa, Russland, USA. Wo er hingekommen ist hat er, wie die alten Chinesen – alles probiert und gegessen, was essbar aussah. Roten Kaviar und Sprotten in St. Petersburg, Kottlett Kiew in der Ukraine, Knoblauchhuhn und Gambas al Ajillo in Barcelona, Dorade aus der Salzkruste in Marseille, Marzipantörtchen am Flugplatz Bigginhill in London, Lobster in Santa Barbara und Vitello Tonnato in Mailand. Und gekocht hat er irgendwie auch schon immer.
Seine ersten Rezepte stammten aus dem Roman um den Geheimagenten wider Willen Thomas Lieven, alias Jean Leblanc, alias Pierre Hunebelle, Es muss nicht immer Kaviar sein von Johannes Mario Simmel.
Reiners Motto lautet: „Reisender, wenn du nach Franken kommst wisse, dass du nicht mehr in Deutschland bist – aber auch noch nicht in Bayern!

Besucht Reiners Blog! https://theflyingfish.blog/

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Sautanz

Autoren: Tobias Müller Max Stiegl

Fotografie: Luzia Ellert

Verlag: Servus

Verlagslink: https://www.servus-buch.at/produkt/sautanz/

ISBN: 9783710401848

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Rezension des Kochbuchs: https://krautjunker.com/2021/12/28/sautanz/

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