Buchvorstellung von Reiner Grundmann
Denis Scheck. Wer kennt ihn? Wer einen Televisor hat, bestimmt, ich kannte ihn bis dato nicht. Bekanntester Literaturkritiker Deutschlands – wird verlautet, umtriebiger Weltreisender mit Hang zu Sternerestaurants, mit dreizehn Lenzen schon Gründer der Literaturzeitschrift Newsland, verschrieb er sich der Literatur aus Langeweile – weil seine Mutter – nicht ohne ihn – zum neuen Partner aufs Land zog, inklusive landwirtschaftlichem Betrieb, wo man ihn – den Filius – auch gleich zur Stallarbeit beordern wollte. Denis wusste sich zu wehren – manikürte Fingernägel, güldene Krawatte, seidene Weste unterm Edel-Tschackett und ein Spazierstock mit Knauf – ein 13-Jähriger im feinen Zwirn, bessere Waffen gegen die Arbeit im Kuhstall gibt’s nicht – »versucht es nicht, denkt nicht mal dran – mir die Mistgabel und den Melkschemel in die Hand zu drücken«.
Und nach nicht getanem Tageswerk beim Rindvieh, jedoch unter gierigem Aufsaugen literarischer Kraftnahrung fürs Gehirn, geht’s zum ersten Mal ins Sternerestaurant. Ein Bild wie der junge Dagobert Duck, den wir – Denis Scheck und ich – gleichermaßen literarisch aufgesogen haben, er hat ihn bis heute nicht aus seinem Leben verbannt und greift anekdotisch gern auf den superreichen Comic-Tycoon zurück.

Zurück zum Sternerestaurant: Ein überbegabtes, overdresstes und neugieriges Kind lässt auftischen. Sein Scheck-Buch hatte er damals noch nicht – jetzt habs sogar ich. Das Buch ist auch schuld, dass ich ihn jetzt kenne. Wurde auch Zeit, wenngleich eine widersprüchliche Persönlichkeit, so haben wir doch Mehreres gemein – die Liebe zu gutem Essen auf hohem Niveau – nur nicht so fett wie die Hautcrème die sich mir jedes mal phonetisch aufdrängt, wenn ich Niveau lese, aber raffinierter. (…hahaha schon wieder gelogen, ich halts beim Kochen mit Julia Child und Johann Laafer – zu viel Butter? Kann nicht sein.)
Scheck – in Stuttgart geboren und in Köln lebend (beide Städte findet er abgrundtief hässlich) studierte Germanistik, Zeitgeschichte und Politikwissenschaft an den Universitäten Tübingen und Düsseldorf, sowie an der University of Texas in Dallas und bezeichnet sich selbst als passionierten Jäger, für ihn die eleganteste Möglichkeit dem Quälfleischkonsum in den Supermärkten zu entgehen.
Scheck: »…ich jage. Ich mache das, weil ich Fleisch essen möchte. Ich bin alles andere als ein Nimrod, ich töte nicht gern. Ich weiß, wie es sich anfühlt, mit der Verantwortung zu leben, einen tödlichen Schuss abgegeben zu haben… Ich weiß, dass die Wilddichte in deutschen Wäldern absolut absurd hoch ist. …ich weiß aber auch, dass das Delegieren des Tötens an ausgebeutete osteuropäische Landarbeiter in ostdeutschen Schlachthöfen …die Ursünde in unserem Verhältnis zum Fleischessen ist. Wir möchten uns unbedingt einreden, das Fleisch wachse an einem Schnitzelbaum und komme nicht von niedlich dreinblickenden Tieren, die dafür sterben müssen .«
Die Essstörungen, die seit den 70er Jahren exponentiell beim Konsumenten gewachsen sind, sind der Preis für diesen Kinderglauben konstatiert er weiter, und sie rühren seiner Ansicht nach von der Ablehnung aller Innereien auf dem Teller her und der perversen Anhebung der Ekelschwelle gegen jede Art von Fleisch, welche nicht dem Beuteschema Filet entsprechen.
Ohne die Jagd wäre ich nie auf den Geschmack von Wildinnereien gekommen. Aus seinem reichhaltigen kulinarischen Erfahrungsschatz fallen Dennis hier – und es gäbe nichts Köstlicheres für ihn – als Herz und Lunge ein – ein Beuschel – in einer Weißwein-Essig Sauce mit Kapern, Thymian, Zitronenzesten und saurer Sahne. (Rezept und Zubereitung auf S. 255/256.) »In Märchen spielen solche Wildinnereien eine große Rolle. Man denke nur an die Lunge und Leber vom Reh, die der Jäger der bösen Königin anstelle von Schneewittchen bringt.«
Dem Charme der Sprechblasen in den Duck-Comics kann er sich ebenfalls bis heute und dennoch nie ganz entziehen. Die Übersetzerin der Duck-Comics, Frau Dr. Erika Fuchs, hat ihn deshalb in einem der Buntebilderheftchen aus dem Hause Disney mit einer versteckten Erwähnung gewürdigt. Donald will seinen Neffen Tick, Trick, und Track noch ein Geschenk kaufen…zu diesem Behufe begibt er sich in einen Laden namens Spielwaren Scheck – und blubbert in der Sprechblase – »mal sehen, was der gute Scheck heut wieder auf Lager hat.«
Folgerichtig macht Scheck sich auch tiefere Gedanken über den Speiseplan in Entenhausen, denn die sehr vermenschlichten Charaktere aus der ornithologischen Gruppe der Wasservögel gehen ja in Restaurants, tischen ihren Artverwandten auf oder lassen sich verköstigen, wie der stets vom Glück verfolgte Gustav Gans. Im Kapitel Essen Enten Enten?
Sich durch Menüs zu probieren war schon für das Kind Denis eine Passion und seine Großmutter kochte willig, was er in den Comics an möglichen Hochgenüssen entdeckte – als erstes selbstverständlich wünschte er sich schon in den sechziger Jahren Obelixens Wildschwein zu kosten, war dann aber tief enttäuscht über die großmütterliche Variante des Wildschweinbratens, das für seine Begriffe nicht viel anders schmeckte als das gemeine Hausschwein. Erwartet hatte er wohl minimum einen krossen Frischling vom Grill im Ganzen zu bekommen – wie er es von René Goscinny und Albert Uderzo kannte. Die Beilagen von Oma waren dann endgültig nicht das, was ein Gallier in seiner Vorstellung zum Schwein an Beilagen gegessen hätte: Mit Preiselbeeren gefüllte Birnen, handgeschabte Eierspätzle, Gurken – und Kartoffelsalat. Auf seine bittere Klage, das sei doch so ganz anders als das Schwein im Asterixheft, verwies die Oma auf die Größe des heimischen Ofens und die üblichen Portionen, welche im heimischen Wildfachhandel angeboten werden.
Eine Frage von mir an die werte Jägerschaft: Wer grillt demnächst im Garten ein Wildschwein á la Obelix? Ich werde da sein. Herrn Scheck laden wir dazu – es könnte kurzweilig werden.
Vielleicht erzählt er uns eine Anekdote, einfach so oder nach dem Genuss von reichlich Riesling Schloss Johannisberg aus den Oetkerschen Weinbergen in Geisenheim, welchem er gleich ein ganzes Kapitel widmet. Auch Goethe schätzte es, das eine oder andere Fläschchen von Geisenheim zu entkorken. Hier die Anekdote, die ich mir wünschen würde, aus seinem eigenen berufenen Munde:
Eine seiner Buchrezensionen, Ein alter Traum von Liebe von Nuala O´Faolain geriet ihm zum völligen Verriss, nicht wissend, dass Elke Heidenreich den gleichen Roman wenige Tage vorher in den literarischen Himmel hob und höchlichst lobte. Elke Heidenreich äußerte in einem Interview der SZ 2005 darauf angesprochen, Denis Scheck sei für sie ein hysterisches Rolltreppendickerchen und Tchibo-Literatur-Vertreter. Scheck konterte den Artikel mit dem abschließenden Kommentar, das Buch sei genau das Richtige für eine alte Schachtel. Elke Heidenreich fühlte sich angesprochen. Denis Scheck dementierte vehement, dass er sie gemeint habe, konterte seinerseits aber mit den Worten – ich darf zitieren:
»Ich sehe sie« – gemeint ist Frau Heidenreich, »nicht als Kollegin, weil sie eben keine Literaturkritikerin ist. Bei ihr ist Literatur ein Mittel gegen seelische Blessuren. Für mich ist Literatur nicht dazu da, um uns über unsere Seelenwehwehchen hinwegzutrösten.«
…in anderem Kontext schoss er scharf und obsiegte mit Blattschuss: »Elke Heidenreich muss niemandem mehr beweisen, wie klug sie ist. In ihrem neuen Buch verzichtet sie deshalb auch ganz darauf.« (Titel ihres Druckwerkes: Mit Büchern von Frauen durchs Leben)
Jedoch zurück zur essentiellen Frage, ob Enten denn nun Enten essen – Scheck findet die Antwort in seiner Sammlung von Heftchen aus Entenhausen, während Donald seinen drei Neffen zum Frühstück stapelweise Pfannkuchen serviert, mit Ahornsirup, werden in anderen Fällen Truthähne in jeder Form kredenzt. Der amerikanische Autor der Duck-Geschichten liebt Truthahnfleisch in fast jeder Form. Dagobert opfert seine mühsam erarbeiteten und vom Mund abgesparten Gold-Talerchen selten sogar dem Dinner in seinem Milliardärsclub und verspeist gebratene, marinierte Marderfilets, pürierten Pumpernickel und gebratene Birkhuhnbrüstchen.
Eines wird aus Dagobert jedoch nie werden können – ein wahrer Feinschmecker, seine angeborene Knausrigkeit steht dem entgegen – »Knicker sind nun mal keine Gourmets«, schlussfolgert Denis Scheck.
Dies ist auch der Grund, weshalb ich persönlich schon vor Jahren entschieden habe – was bleibt ist gutes Essen und dafür verzichte ich auf große Investitionen in anderen Bereichen und gönne mir gelegentlich etwas Besonderes: Wild aus Hilpoltstein bei Vom Wald in den Mund, Maritimes und Pescatorisches von der Metro, kleine Spionagebesuche in den Küchen der besten Nudelteigakrobaten und Pizzaiolos aus dem Lande Berlusconis, dem mittlerweile wie bekannt, ja eher das Seniorenschnitzel anzuempfehlen ist und für seine Freundinnen die Kinderportion Pinocchio.
Ich lebe also buchstäblich spartanisch von der Auster in den Mund – günstig für mich ist schon mal, dass ich da nicht zwangsweise Champagner dazu trinken muss, was mich unweigerlich zum Kapitel Austern auf S.177 im Scheckbuch leitet, wie es auch sonst über weite Seiten mit Denis Scheck eine Reise durch die Küstenregionen ist, kulinarisch und literarisch, nicht umsonst behauptet er in einer Headline zu einem Kapitel, Ich bin in der Bouillabaisse geboren (ab S. 140) oder auch Zu Tisch bei Kapitän Nemo (ab S. 211). Auch der Fischmarkt in Tokio ist ihm einen Bericht wert, der Gelbflossenthunfisch und der exotische Sushi sind dort Hauptakteure.
Ausnahmsweise möchte ich hier einen großen Happen Originaltext von Denis Scheck zitieren und kredenzen:
»Es war ein mutiger Mann, welcher die erste Auster aß«, Jonathan Swift.
»Lange Zeit sah ich das genauso, und machte einen großen Bogen um Mollusken. Schon der Gedanke ließ mich zusammenzucken. Ich weiß noch genau, wie das war: der Schauder. Das Gruseln. Die Angst. Austern? Die leben ja noch, wenn man sie isst. Wie zum Teufel kann man sich so was in den Mund stecken, was noch lebt? Etwas, das glitschig im Mund herumzuckt, während Verdauungssäfte auf es einschießen? Wie krank ist das denn? Austern gehörten für mich bis zu meinem 18. Geburtstag schlicht ins Feld der menschlichen Perversitäten. Zusammen mit lebenden Fackeln, Gladiatorenspielen und Kreuzigungen. Römische Dekadenz eben.
Dann aber führte mich eine mütterliche Freundin mit französischen Wurzeln zur Feier meiner Volljährigkeit groß aus. Und weil mein Geburtstag im Dezember liegt, wo jede anständige Französin und jeder anständige Franzose zumindest am 25. und am 31. jeweils ein Dutzend Austern verzehrt, bestellte sie zum Auftakt, ohne groß zu fragen, Champagner und les huitres. Diese ersten Austern meines Lebens, ganz selbstverständlich sechs nur mit einem Spritzer Zitronensaft, sechs mit einer Rotwein-Schalotten-Vinaigrette verzehrt, erforderten nicht geringe Überwindung. Aber sie waren ein Erweckungserlebnis.«
Non, je ne regrette rien hätte man dem Denis noch Edith Piafs Worte in den Mund legen können – er bereute nichts.
»Klar, dieses schlonzige Gefühl im Mund war zunächst nicht angenehm. Aber da musste ich durch. Denn nach ein, zwei Bissen entfaltete sich ein Aroma,« schreibt Denis Scheck, »nach dem ich bis heute süchtig bin. Diese Klarheit. Diese Frische. Diese Jodigkeit. Diese Mineralität! Ein puristischer (…eskapistischer ;o) Genuss!«
Solche sprachgewaltigen Oden an die Auster hindern ihn jedoch nicht daran, sofort wieder gegen die Deutschen Fischhändler und Grossisten zu treten.
Einschränkend fügt er hinzu…der Genuss sei aber nur gegeben, wenn man in der 6. Etage des KaDeWe, auf Sylt oder in Hamburg lebt. Bereits die Römer in der Colonia Claudia Ara Agrippinensium, heute Köln genannt, liebten nach archäologischen Erkenntnissen den Verzehr von frischen Austern, ja, sie schienen den Römern wohl so unentbehrlich – auch nach dem Dahinscheiden, dass man Austernschalen auch in römischen Gräbern fand. Die Präfekten und Tribunii der römischen Besatzer hätten wohl Zugang zu Austern gehabt, die das Meer erst kurz vorher verlassen hatten – anders als die Kölner heute.
Und er spricht sich auch selbst sofort frei von jeglichem Zynismus bei dieser Behauptung.
Außerdem bemerkt er: »Ich bin allerdings immer wieder verblüfft, wie doktrinär viele Europäer an dem Grundsatz festhalten, dass Austern ausschließlich roh und höchstens mit einem Spritzer Zitronensaft verzehrt werden sollten. (…) Selbst in Japan, dem Mutterland der puristischen Genüsse, gelten auf allen Inseln Kaki furai, mit Pankomehl panierte und frittierte Austern, als perfekter Snack. (…) Wer in New Orleans schonmal ein Oyster Po´boy kosten durfte, also ein getoastetes Baguette mit frittierten Austern, Salat und Chili-Remoulade weiß um dessen Köstlichkeit.«
Austern Rockefeller, eine seiner Lieblingsvorspeisen, gehackter Spinat, Parmesan, und Crème fraîche sind die Zutaten, unter dem Backofengrill verwandelt sich die Konsistenz der Auster komplett, konstatiert er.
Genauso gründlich sowie speicheltreibend und appetitanregend sind Denis Schecks weitere 59 Kapitel von je zwei bis drei Seiten – also das ideale Buch für die Küchen- und Nachtlektüre, ein oder zwei Kapitel sind schnell gelesen und machen glücklich.
Der Autor Frank Schätzing kommentiert, »Nach glanzvollen Abenden an seinem Esstisch weiß ich immer noch nicht, ob Denis Scheck besser kocht oder besser schreibt«. Es ist nicht überliefert, wie viele Gänge bestehend aus puristischen Austern mit Zitronensaft, Bottarga, Wild, Fisch, und Schokolade – die Schoki aber bitte nicht aus Deutschland oder Belgien, Frank Schätzing zu diesem Zeitpunkt, als er das schrieb, schon auf die Gabel genommen hatte oder wie viele Gläser des Jahrgangsrieslings von Schloss Johannisberg in Geisenheim er getrunken hatte – beeinflusst hat es ihn auf jeden Fall. Offen gestanden, würde mich das auch beeindruckt haben.
Denke Denis Scheck, ganz schön Wild.
…wer weiß, was als eine Eitrige mit einem Krokodil, an (einen) Gschissnen, und ein 16er Blech am Wiener Imbiss serviert wird, wenn wir das dort ordern, vielleicht sogar direkt am Stephansdom?
Ich weiß es jetzt. Eine Käsekrainer (Sie platzt auf dem Grill und sondert den geschmolzenen Emmentaler aus) eine eingelegte Gurke – die Ähnlichkeit mit der Krokodilshaut ist unverkennbar, ein Senf aus der Tube macht komische Geräusche beim Aufspritzen, und ein Bier in der Dose von der Ottakringer Brauerei im Wiener 16. Bezirk. Dennis Scheck war überall, auch in Nürnberg. Weihnachtsmärkte, nicht nur in der Noris, und der dort kredenzte Glühwein und Lebkuchen sind alles andere als weihnachtlich für ihn. Der Glühwein gepanscht und was die Lebkuchen betrifft, süß, ohne die richtigen Zutaten, kommerziell, enttäuschend.
Denis, jetzt hab ich auch da keine Illusionen mehr. Ins Literaturcafé in Nürnberg, wo du diese Woche warst, hab` ich es leider nicht mehr geschafft. Vergib mir.

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KRAUTJUNKER-Kommentar
Gestutzt habe ich bereits vor dem Aufschlagen des Buches, denn zuerst sprach mich das Titelbild spontan an. Kurz darauf fiel mir auf, dass bei den Zutaten des bekennenden Jägers nur Gemüse abgebildet war. Selbst der Terrier schnappt nach einer Mohrrübe…
Schecks kulinarischen Kompass habe ich dann zweimal gerne gelesen und doch einige Male wie ein alter Basset Hound meine Stirn in Falten gelegt, denn ich pflege zu Denis Scheck ein ambivalentes Verhältnis.
Einerseits hat jeder, der sich passioniert mit Büchern beschäftigt, grundsätzlich meine Sympathie. Bei seinem demonstrativen in die Tonne schmeißen der Werke, die in der Sendung Druckfrisch seinem Urteil nicht genügen, durchzuckt mich jedes mal ein Schmerz. Das ist nicht weit weg vom Bücherverbrennen.
Einerseits mag ich es, wie leidenschaftlich und kenntnisreich sich Denis Scheck mit den schönen Künsten der Kulinarik auseinandersetzt. Andererseits schlägt mir das mittlerweile für den öffentlichen Rundfunk typische linke Sendungsbewusstsein auf den Magen, von dem ich zumindest in einem Buch über Essen verschont werden möchte. Wie man mit den Woken (ab S. 47), engstirnige linke Ideologen preisen kann, die Charles Dickens und William Shakespeare zensieren, weil diese altmodische Kultur ihre Gefühle verletzt, ist mir ein Rätsel. Was für Lebenswichtiges man aus dem eifrigen Studium von Karl Marx erfahren kann (S.159) wird mir für immer verborgen bleiben. Privat war Karl Marx ein rassistischer Parasit und sein Lebenswerk erwies sich als Blaupause für völkermordende Diktaturen, die den Tod von mehr als einhundert Millionen Menschen verschuldeten. All diejenigen, denen nur ihre wirtschaftliche sowie persönliche Freiheit und damit ihr Lebensglück geraubt wurde, nicht mitgerechnet. Seine grotesken Theorien sind alle widerlegt. Was gibt es da zu lernen?
Später beginnt Scheck urplötzlich zu Gendern (ab S. 170), hält diese Unsitte aber nur eine halbe Seite durch.
Es gibt noch ein Dutzend weiterer Ärgerlichkeiten.
Da ich das Buch, wie erwähnt, zweimal genossen habe, überwiegen die schönen Seiten dieses ebenso eitlen wie unterhaltsamen Champagner-Sozialisten umso stärker. Auf fast jeder Seite konnte ich mir erfreute Bleistift-Anstreichungen nicht verkneifen. Die markierten spannenden Zutaten, reizvollen Rezepte, neuen Bücher und witzigen Gedichte, die in Schecks Kulinarischem Kompass erwähnt wurden, werden mich noch lange beglücken.
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Verlagsvorstellung von Denis Scheck

Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, lebt heute in Köln. Bereits im Alter von 13 Jahren gründete er eine eigene literarische Agentur. Als literarischer Übersetzer und Herausgeber engagierte er sich für Autoren wie Michael Chabon, William Gaddis und David Foster Wallace, Antje Strubel und Judith Schalansky. Lange arbeitete er als Literaturkritiker im Radio, heute ist er Moderator der Fernsehsendungen Lesenswert im SWR und Druckfrisch in der ARD.
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Reiner Grundmann

Geflogen ist er eigentlich überall. Europa, Russland, USA. Wo er hingekommen ist hat er, wie die alten Chinesen – alles probiert und gegessen, was essbar aussah. Roten Kaviar und Sprotten in St. Petersburg, Kottlett Kiew in der Ukraine, Knoblauchhuhn und Gambas al Ajillo in Barcelona, Dorade aus der Salzkruste in Marseille, Marzipantörtchen am Flugplatz Bigginhill in London, Lobster in Santa Barbara und Vitello Tonnato in Mailand. Und gekocht hat er irgendwie auch schon immer.
Seine ersten Rezepte stammten aus dem Roman um den Geheimagenten wider Willen Thomas Lieven, alias Jean Leblanc, alias Pierre Hunebelle, Es muss nicht immer Kaviar sein von Johannes Mario Simmel.
Reiners Motto lautet: „Reisender, wenn du nach Franken kommst wisse, dass du nicht mehr in Deutschland bist – aber auch noch nicht in Bayern!
Besucht Reiners Blog! https://theflyingfish.blog/
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Emaille und Porzellan. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Schecks kulinarischer Kompass: Köstliches und Kurioses aus meiner Küche und aller Welt
Autor: Denis Scheck
Verlag: Piper Verlag GmbH
Verlagslink: https://www.piper.de/buecher/schecks-kulinarischer-kompass-isbn-978-3-492-07144-4
EAN: 9783492071444