Pollo arrosto con i limoni: Brathuhn mit Zitrone

Einfache aber perfekte Rezepte wie dieses, sind der Grund dafür, weswegen Marcella Hazans Die klassische italienische Küche von Christian Seiler, Food-Kolumnist bei DAS MAGAZIN des Tages-Anzeigers, als das beste Kochbuch bezeichnet wird. Auch die britischen Star-Kochbuchautoren Fergus Henderson und Nigel Slater halten es für unentbehrlich.
Barti Slartfaß, ein Mitglied der Facebook-Gruppe von KRAUTJUNKER, war so freundlich, das Rezept für mich zu testen und zu bewerten.

Barti ist Ostwestfale, fühlt sich jedoch im Herzen als Pirat. Er hat den Schalk im Nacken, ist ein Spielkind, Genießer, Kopfnicker und Rumliebhaber. Seine Fähigkeiten im Bereich der Kochkunst würde er selbst im Bereich einer guten Coverband ansiedeln. Rezepte dienen ihm als grobe Vorlage und werden gerne frei verändert. Meist kocht er wie seine Oma; ein bisschen hiervon, ein wenig dortvon und hinterher weiß er weder was, noch wieviel ins Essen gelangt ist.

Da sich in dem Kochbuch keine Fotos, sondern nur wenige Illustrationen befinden, stammen die Fotos dieses Beitrages mit einer Ausnahme von ihm. Die Ausnahme ist das mit Bratspießen und Bindfaden verschlossene Huhn, was zugegebenermaßen etwas nach einer abnormen Sado-Maso-Praktik aus Fifty Chicks of Grey aussieht.

 

von Barti Slartfaß

Der Blogger KRAUTJUNKER bedachte mich mit einem Rezept, dass ich nachkochen und photographisch dokumentieren sollte. Seine Frau wäre etwas anarchisch beim Kochen vorgegangen und habe das Rezept eigenmächtig verfälscht*, gab er mir auf den Weg. Da war er bei mir ja genau richtig, wenn er wüsste wie ich normalerweise koche, hätte er mir mit Sicherheit nicht diesen Vorschlag unterbreitet.

In freudiger Erwartung was nun kommen möge öffnete ich mein Postfach und durchforstete den üblichen Spam nach dem Rezept. Oha, Hühnchen mit Zitrone. Ente al Orange ist ja nicht so meins wie wird dann wohl so ein Hühnchen mit Zitrone? Kurz die Zutatenliste gechecked; Eine Poularde, 2 kleine unbehandelte Zitronen, Salz, Pfeffer. Wo ist der Rest? Nichts zum Sößchen ziehen, keine Kräuter? „Langweiligstes Hühnchen aller Zeiten“ waren meine Gedanken. Aber versprochen ist versprochen.

Samstag morgens auf den Markt, Poularde gekauft, Zitronen gekauft, ach schon fertig. Gut mehr Zeit fürs Kaffeetrinken und Pfeifferauchen. Gekocht werden sollte schließlich am nächsten Tag.

Sonntag der große – naja eher langweilige – Tag. Das Hühnchen fix vorbereitet, Bauchfett weg, waschen und trockentupfen. Salz und Pfeffer gemörsert. Zitronen gewaschen, auf der Arbeitsplatte gewalkt und rundherum mehrfach mit einer Gabel bis ins Fruchtfleisch eingestochen. Danach wurde reichlich von der üppigen Gewürzauswahl innen und außen ins Fleisch einmassiert und die größte der beiden Zitronen in den Vogel gesteckt. Zum Schluss werden sämtliche Öffnungen verschlossen. Hier wählte ich Rouladennadeln, Zahnstocher, Küchengarn oder was sonst auch immer werden ebenso gute Dienste leisten. Das Ganze kommt dann Brust unten im ungefetteten Bräter bei 180°C in den vorgeheizten Ofen. Nach 30 Minuten wird das Ding gewendet und nochmal 30 Minuten weiter gebraten. Jetzt den Backofen auf 200°C hochdrehen und nochmal 30 Minuten garen. Mein Hühnchen hatte ca. 1800g.

Beim Klingeln der Eieruhr, nahm ich den letzten Schluck Berry Bros & Rudd Demerara (Port Morant mit Laphroaig Finish) 1992 15YO mit dem ich mir die Wartezeit versüßt habe. Sperriger Name, dafür geht dieser Rum umso leichter den Hals herunter. Ab in die Küche. Ein herrlicher Duft nach gebratenem Huhn liegt in der Luft. Die Haut hat kleine Blasen geschlagen und knistert herrlich beim Anschneiden. Das Fleisch fällt von allein von den Knochen. Perfekt geworden. Noch traue ich der Sache nicht. Hühnchen, egal wie toll sie aussehen und wie gut sie zubereitet sind, haben irgendwie immer die Eigenart fad zu schmecken und an dem hier sind nur Salz, Pfeffer und dann auch noch eine Zitrone. Ab auf den Teller mit der Hälfte, Salatreste und ein Stück Zitrone fürs Auge dabei und probiert.

WOW!

Das mit Abstand saftigste Huhn was ich je gegessen habe. Geschmacklich top. Herrlich purer Geschmack nach Huhn. Vielleicht eine ganz leichte Zitronennote, aber eigentlich ist sie nicht wahrnehmbar, das ist eher der Duft. Die Haut ist wunderbar knusprig und aromatisch. Das Fleisch wird mit ein paar Löffeln von dem Bratensaft beträufelt. Bitte niemand sollte hier den Versuch unternehmen, diesen zu versoßen. Keine Butter, kein Andicken, bloss nicht mit Wein oder Bier experimentieren, das kann nicht besser werden.  Es ist einfach ein großartiges Rezept so wie es ist. Man kann es nur noch verschlimmbessern. Etwas weglassen ist wohl kaum möglich.

Probiert es aus. Ich war echt skeptisch als ich das Rezept laß, aber das Ergebnis ist fantastisch.

Auf der nach Oben offenen Komplexitätsskala des Kochens, würde ich die Schwierigkeit dieses Gerichts ungefähr auf dem Niveau von Reis in Kochbeuteln ansiedeln.

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* KRAUTJUNKER-Kommentar: Also es war so, dass ich alles fertig gemacht und in den Backofen gestellt habe und dann etwas im Garten erledigen musste. Als ich zurückkam waren Garzeit und Gartemperatur verändert worden. War immer noch lecker, aber anscheinend nicht ganz so perfekt wie bei Slarti.

*

von Marcella Hazan

Wäre dies ein Stilleben, es müßte «Huhn mit zwei Zitronen» heißen, denn mehr benötigt man nicht dazu. Kein Fett zum Braten, keine Flüssigkeit zum Begießen, keine Füllung, die zubereitet werden muß, keine Gewürze außer Salz und Pfeffer. Und hat man das Huhn in den Ofen geschoben, braucht man es lediglich einmal herumzudrehen. Für den Rest sorgen das Huhn, die beiden Zitronen und der Ofen. In all den Jahren sind immer wieder Leute zu mir gekommen, die sagten: «Ich habe Ihr Huhn mit zwei Zitronen ausprobiert, und es ist das einfachste, saftigste und köstlichste Huhn gewesen, das ich je gegessen habe.» Und dem kann ich nur zustimmen.

 

Rezept für 4 Portionen
1 Poularde (1,4 bis 1,8 kg)
Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
2 kleine ungespritzte Zitronen

Den Ofen auf 180°C vorheizen.

Das Huhn innen und außen gründlich mit kaltem Wasser abspülen  Fettpolster an der Bauchhöhle wegschneiden. Das Huhn für etwa 10 Minuten auf einen schräg gestellten Teller legen, damit das Wasser aus der Bauchhöhle ablaufen kann. Anschließend mit einem Tuch oder Haushaltspapier gründlich trockentupfen.

Das Huhn mit reichlich Salz und Pfeffer bestreuen und die Gewürze mit den Fingern auf der Haut und in der Bauchhöhle verreiben.

Die Zitronen mit kaltem Wasser abwaschen, mit einem Küchentuch trockenreiben und mit der flachen Hand kräftig auf der Arbeitsfläche hin- und herrollen, damit sie weicher werden. Jede Zitrone mindestens 20 mal mit einem runden Zahnstocher, einer Spicknadel, einer spitzen Gabel oder dergleichen einstechen.

Die Zitronen in die Bauchhöhle des Huhns stecken. Die Öffnung mit Holzspießchen oder mit einer Spicknadel und Küchengarn verschließen. Die Öffnung sollte gut verschlossen sein, doch muß noch Luft entweichen können, da das Huhn sonst beim Braten platzen kann. Die Schenkel an beiden Gelenkenden mit Küchengarn zusammenbinden, aber in ihrer natürlichen Stellung belassen und das Garn nicht fest anziehen. Wenn die Geflügelhaut unbeschädigt ist, bläht sich das Huhn beim Braten auf, und das Küchengarn soll lediglich verhindern, daß sich die Schenkel nach außen ziehen und die Haut zerreißen.

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Das Huhn mit der Brustseite nach unten in einen Bräter legen und keinerlei Fett hinzufügen.

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Das Huhn gart im eigenen Saft, und es besteht keine Gefahr, daß es im Bräter ansetzt. Den Bräter in das obere Drittel des vorgeheizten Ofens stellen. Nach 30 Minuten das Huhn mit der Brustseite nach oben drehen. Wenn es gelingt, die Haut dabei nicht zu verletzen, bläht sich das Huhn wie ein Ballon auf und sieht dann bei Tisch besonders ansprechend Huhn aus. Man sollte sich darüber jedoch keine allzu großen Gedanken machen, denn der Geschmack leidet in keiner Weise, wenn sich das Huhn nicht aufbläht.

Das Huhn weitere 30 bis 35 Minuten garen. Dann die Ofentemperatur auf 200°C erhöhen und noch 20 Minuten weiterbraten. Die Garzeit beträgt pro 500 g 20 bis 25 Minuten. Es ist nicht erforderlich, das Huhn ein zweites Mal umzudrehen.

Das Brathuhn – unabhängig davon, ob es sich aufgebläht hat oder nicht – als ganzes auftragen und die Zitronen bis zum Tranchieren in der Bauchhöhle belassen. Der Saft, der sich in der Bauchhöhle angesammelt hat, schmeckt überaus köstlich und sollte unbedingt über das in Scheiben geschnittene Fleisch geschöpft werden. Die Zitronen sind nach dem Braten zusammengeschrumpft, enthalten aber immer noch etwas Saft; nicht daraufdrücken, sie können spritzen.

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Marcella Hazans Anmerkung: Soll das Huhn heiß gegessen werden, die Garzeit so kalkulieren, daß man es servieren kann, wenn es aus dem Ofen kommt. Übriggebliebenes Fleisch schmeckt auch kalt sehr gut, wenn man es mit etwas Garflüssigkeit feucht hält und nicht unmittelbar aus dem Kühlschrank, sondern zimmerwarm ißt.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.

die-klassische-italienische-kuche

Titel: Die klassische italienische Küche

Autorin: Marcella Hazan

Verlag: Echtzeit

ISBN: 978-3905800982

Verlagslink: https://echtzeit.ch/buch/die-klassische-italienische-kuche

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Weitere Rezepte aus dem Buch:

https://krautjunker.com/2017/02/17/ueber-italienische-suppen-im-allgemeinen-und-zuppa-di-patate-e-piselli-im-speziellen/

https://krautjunker.com/2017/02/01/ueber-risotto-im-allgemeinen-und-risotto-al-parmigiano-im-speziellen/ 

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Die Kolumne von Christian Seiler in Das Magazin: https://www.dasmagazin.ch/2016/11/18/meine-zehn-kochbuecher/

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