Prinz Bockdrilling

von Norbert Klups

Wer in einem Revier auf Hoch- und Niederwild jagt und auf alles vorbereitet sein will, benötigt eine kombinierte Jagdwaffe. Der Bockdrilling mit Schrotlauf und zwei unterschiedlichen Kugelkalibern gilt hier als Universalwaffe. So etwas kann man „von der Stange“ kaufen, etwa den neuen Blaser BD 14, oder aber genau nach eigenen Vorstellungen anfertigen lassen.

 

Bockdrilling Oswald Prinz_01Abb.: Mit unter einem Meter Gesamtlänge eine überaus führige Waffe

 

Wer vorhat sich eine kombinierte Kipplaufwaffe als Einzelanfertigung zuzulegen, denkt zunächst an Ferlach oder Suhl, wo es auch heute noch Büchsenmacher gibt, die jeden Wunsch erfüllen. Dort entstehen künstlerische Kleinode, die meist so viel kosten wie ein Mittelklassewagen. Soll die Waffe jedoch modernste Anforderungen erfüllen, also über eine Handspannung und ein thermostabiles Laufbündel verfügen und dazu noch preislich im Rahmen bleiben, kommt ein anderer Name ins Spiel: Oswald Prinz aus Maierhöfen. Sein Handwerk erlernte er bei Blaser in Isny und war dort für die Luxus-Versionen der Jagdwaffen zuständig. 1995 machte er sich selbstständig und gründete seine eigene Firma in Maierhöfen. Seine Waffen sind für die praxisgerechte Jagdausübung gedacht, auch wenn die Käufer sehr oft Geld für Gravuren und besonderes Schaftholz ausgeben. Das kann man natürlich, muss man aber nicht. Grundlage seiner Modelle sind die Blaser Bockbüchsflinten Modell 95. Oswald Prinz bezieht die Systemkästen als Rohteile von Blaser und benutzt sie als Baskülen für seine Bockdrillinge und Vierlinge, für die er vor allem bekannt ist.

Natürlich könnte er auch eigene Systemkästen fertigen, aber die Blaser-Baskülen sind ideal für seine Modelle und jederzeit verfügbar. Das Schlosswerk ist natürlich stark modifiziert, denn schließlich hat ein Bockdrilling drei Läufe und braucht dafür auch drei Schlagbolzen und eine Umschaltung, wenn diese über zwei Abzüge bedient werden sollen. Der schmale Kasten der Bockbüchsflinte sorgt für eine elegante Bauweise. Der kleine Kugellauf schmiegt sich eng an die rechte Seite zwischen Schrotlauf und großem Kugellauf. Für Linkshänder geht es auch anders herum, dann wird der kleine Lauf an die linke Seite gelegt. Das Laufbündel fällt sehr zierlich aus und lässt sich gerade noch in den Kasten der Bockbüchsflinte einlegen. Daher ist auch das Gewicht entsprechend gering und liegt nur geringfügig über dem einer Bockbüchsflinte. Je nach Lauflänge sind das 3,2–3,5 kg.

 

Bockdrilling Oswald Prinz_05
Abb.: Der Umschalter für die Kugelläufe liegt vor dem Abzug

 

Bevor sich Oswald Prinz an die Werkbank stellt, vergehen einige Stunden in intensiven Kundengesprächen, um alle technischen Details festzulegen. Der hier abgebildete Bockdrilling sollte als Universalwaffe in einem Hochwildrevier mit Rot- und Schwarzwild seinen Dienst tun, das auch über einen guten Rehwildbestand verfügt und gleichzeitig mit Waschbären, Füchsen und Dachsen gesegnet ist. Auch der ein oder andere Hase kommt vor, es wird gelegentlich auf Enten und Tauben gejagt und die Krähen sollen auch kurz gehalten werden. Das Revier hat einen überwiegenden Feldanteil, sodass auch weitere Schüsse vorkommen können und für die bessere Handhabung in den geschlossenen Kanzeln sollte die Waffe kurz und handlich ausfallen. Das Schrotkaliber war schnell geklärt, an der 20/76 führt bei so einer Waffe wohl kaum ein Weg vorbei und auch die „kleine Kugel“ war bald abgehakt. Die 5,6 x 50 R Magnum ist ein bewährtes, weitreichendes Rehwildkaliber und gleichzeitig eine gute Raubwildpatrone. Beim großen Kugellauf wurde es schon schwieriger. Schließlich fiel die Wahl auf die 8,5 x 63 R. Sie ist rasanter als die 9,3 x 74 R und bringt deutlich mehr Energie ins Ziel als die 8 x 57 IRS. Ihr größter Vorteil ist aber, dass sie auch in kurzen Läufen eine gute Leistung bringt. Die Diskussion, ob die Randversion oder die randlose 8,5 x 63 eingelegt wird, war ebenfalls schnell beendet, denn Prinz richtete die Waffe so ein, dass beide Ausführungen verschossen werden können.

Die Handspannung macht den Prinz Bockdrilling zu einer echten Sicherheitswaffe. Es ist nur ein Schloss vorhanden und das wird erst vor dem Schuss mit dem Spannschieber auf dem Kolbenhals gespannt. Wird der Oberhebel zum Öffnen der Waffe bedient, entspannt das Schloss automatisch. Egal, ob geschossen oder nicht geschossen wurde, es ist immer Sicherheit gegeben, wenn die Waffe geöffnet wurde. Welcher Kugellauf zuerst abgefeuert wird spielt keine Rolle und auch 5 Schuss hintereinander aus dem großen Kugellauf sind kein Problem. Der große Kugellauf ist frei schwingend und hat keinen Kontakt zum kleinen Lauf oder dem Schrotlauf. Dies ist allerdings unsichtbar ausgeführt und die Blenden bestehen aus Stahl, nicht etwa aus Gummi oder Plastik. Bei einem Prinz Bockdrilling ist der große Kugellauf justierbar und nicht der kleine, wie bei fast allen anderen Herstellern. Oswald Prinz hält das für die günstigere Lösung und die Präzision seiner Kombinierten gibt ihm Recht. Der deutlich dünnere kleine Kugellauf ist gegen Verbiegen und Spannung – und nichts anderes ist eine Laufverstellung ja – wesentlich empfindlicher als ein stärker dimensionierter großer Kugellauf.

 

Bockdrilling Oswald Prinz_02Abb.: Der große Kugellauf kann frei schwingen und sich ausdehnen

 

Bockdrilling Oswald Prinz_04
Abb.: Der große Kugellauf lässt sich justieren

 

Bockdrilling Oswald Prinz_03

Abb.: Bockdrilling von Oswald Prinz auf Basis der Blaser BBF 95

 

Die Umschaltung für die Kugelläufe ist als Drücker neben dem vorderen Abzug, bzw. oben auf dem Kasten, ausgeführt und arbeitet so, dass sich die Waffe beim Öffnen automatisch auf die große Kugel stellt. Die kleine Kugel muss immer manuell angewählt werden. Damit lässt sich in den meisten Fällen verhindern, dass mit dem kleinen Kugellauf versehentlich auf Hochwild geschossen wird. Auch das ist natürlich nicht narrensicher, wenn manuell der kleine Lauf angewählt wurde und dann vergessen wird, auf die große Kugel zu schalten. Bedienfehler lassen sich bei mehrläufigen Kipplaufwaffen mit unterschiedlichen Kalibern niemals komplett ausschließen.

Eine Waffe, die nur 98 cm lang ist und ohne Optik gerade einmal 3,4 kg wiegt, ist sowohl eine ausgesprochen angenehme Begleiterin bei der Pirsch, als auch in engen Kanzeln leicht zu handhaben.

Um an einen Prinz Bockdrilling zu kommen, muss nicht gleich eine ganze Waffe bestellt werden, obwohl das die beste Lösung ist, weil alle Details frei wählbar sind. Wenn aber bereits eine Blaser Bockbüchsflinte BBF 95 oder BBF 97 vorhanden sein sollte, dann kann diese auch zum Bockdrilling umgebaut werden. Entweder wird zusätzlich nur ein kleiner Kugellauf eingebaut oder es wird ein komplett neues Laufbündel gefertigt. Das vorhandene Zielfernrohr samt Sattelmontage kann weiterhin verwendet werden.

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Website des Herstellers: http://www.prinz-waffen.de/waffen/prinz-bockdrilling/

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Verlagsinformation zum Autor:

Norbert Klups.

Norbert Klups, geboren 1960, besitzt seinen Jagdschein bereits seit 1979. Seit 1984 ist er als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Jagd- und Waffenzeitungen für Produkttestberichte aus den Bereichen Waffen, Munition, Messer und Jagdausrüstung tätig. Außerdem ist er Verfasser von 12 Fachbüchern aus dem Bereich Waffen und Munition, Kreisjagdberater und Mitglied des Jägerprüfungsausschusses sowie Schießtrainer für Seminare der RWJ-Akademie.

Deutsches Jagdlexikon: http://www.deutsches-jagd-lexikon.de/index.php?title=Klups,_Norbert

 

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Facebook-Gruppe.

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Titel: Der Drilling

Autor: Norbert Klups

Verlag: Heel Verlag GmbH

Verlagslink: https://www.heel-verlag.de/Der%20Drilling.htm

ISBN: 978-3958435582

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Erste Leseprobe aus Buch: https://krautjunker.com/2018/05/30/die-entwicklungsgeschichte-und-technik-des-drillings/

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