Bock-Dublette & Reh-Rezepte

von Daniel Schoch

Seit Mai beobachte ich einen Bock. Da die Jagd in unserem Revier durch massive Durchforstung und daraufhin überall aufschießender Kanadischer Goldruten an den meisten Stellen recht schwierig geworden ist, versuchen wir gerade mit Nachdruck ein paar Böcke zu erwischen, um unseren Abschuss erfüllen zu können. Auch deshalb war er ein Kandidat, sicher nicht sehr alt, ein unscheinbares Gehörn, aber sehr, sehr vorsichtig.

Bei fast jedem Ansitz auf der „Blökend Geiß“ hab ich ihn gesehen, immer hat er mich gefoppt. Hinter Bäumen tauchte er plötzlich wie aus dem Nichts auf, nur Haupt und Träger sichtbar, der Rest verborgen. Immer wenn ich dachte, Gleich tritt er aus!, tat er sich nieder und drückte sich ins Gras, bis der Jäger Lust und Zeit verlor und sich auf den Heimweg machte. Insgesamt vielleicht zehn Mal ging das so. Ein Jagdgast dachte, er könnte ihn kriegen, ihm ging es wie mir. Eine Mitjägerin dachte genauso, ihr ging es wie mir.

In den letzten Wochen kam dann immer mal ein Jährling dazu, von der andern Seite des Weges, respektierte aber immer die Grenzen des Älteren. Er kam immer aus tiefem Gestrüpp und schritt dann durch die Kuhle, direkt am Sitz. Ihn zu schießen war nicht möglich, ohne einen unsäglichen Schuss von schräg oben anzubringen. Abschussvereinbarungen hin oder her, so einen Blödsinn machen wir nicht.

Gestern saß ich wieder dort, beide Böcke blieben unsichtbar, aber eine Geiß mit zwei Kitzen tauchte auf und drückte sich recht lange äsend vor mir rum. Nach einer Weile erschien ein drittes Kitz und versuchte immer wieder, sich zu nähern. Die Geiß vertrieb es jedes Mal vehement. Eine gute halbe Stunde schaute ich mir das an, dann erlegte ich das Kitz, als es auf den Weg austrat. Es hatte nach dem Aufbrechen gerade mal gut fünf Kilo und ich bezweifle, dass es gut durch den Winter gekommen wäre.

Heute dann also wieder da, der Bock tauchte auf, kurz bevor die Dämmerung begann. Wie schon die Male zuvor, stand er hinter einem Baum, einem abgebrochenen Stamm, urplötzlich sichtbar. Wieder sah ich nur Haupt und Träger. Fast eine Dreiviertelstunde stand er da, sicherte, holte sich Wind, gelegentlich äste er kurz und sicherte wieder. Die ganze Zeit beobachtete ich ihn durchs Zielrohr und wartete darauf, dass er austrat. Gerade als ich das Gewehr absetzte, der Arm wurde langsam müde, sah ich plötzlich eine Bewegung, und er trat nach rechts aus. Zügig lief er davon, ich pfiff, er verharrte, ich schoss. Ich sah, wie es ihn herumwarf, und mit einem Satz sprang er ab. Ich war mir sicher, der lag!

Ich setzte das Gewehr ab und wartete ein paar Minuten, schnaufte tief durch.
Plötzlich ein Rascheln, 20 Meter links von der Stelle. Ich schaue auf, ein Bock steht da, 60 Meter vor mir, breit. Inzwischen war die Dämmerung weit fortgeschritten, Gehörn konnte ich erkennen, ansprechen, ob es der beschossene Bock war, konnte ich allerdings nicht mehr.

Hatte ich ihn doch gefehlt? Konnte das sein? Unmöglich! Und doch steht da ein Bock und doch bin ich mir nicht mehr sicher. Egal, mein Bock oder ein anderer, er steht breit, das Licht reicht gerade noch so für einen sauberen Schuss. Eine Entscheidung, jetzt! Ich schieße, er fällt, liegt im Knall.

Nach ein paar Minuten baume ich ab. Gehe an die Stelle, an der ich den ersten Anschuss vermute. Nichts. Kein Schweiß, kein Schnitthaar. Inzwischen ist es so gut wie dunkel. Ich krame im Rucksack und hole das Wärmebild-Handgerät raus. Das zeigt mir einen roten Fleck in den meterhohen Goldruten. Ich laufe hin, da liegt der erste Bock! Rausgezogen, den Zweiten geborgen. Bock-Dublette! Wer hätte das gedacht? Waidmannsdank!

Abb.: Bock-Dublette; Bildquelle: Daniel Schoch

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Daniel Schoch

Daniel Schoch ist Jäger, Angler, Imker, Geflügelhalter, Selbstversorger, Schreiner und Spinner. Seine Wurzeln liegen in der sonnigen Pfalz, zwischen Rhein und Reben. Nach einem mehrjährigen Ausflug ins schöne Portugal, zog er vor neun Jahren wieder in die alte Heimat. Seitdem isst er die Wälder und Flüsse des Mittelrheingrabens etwas leerer.
Er liebt und lebt für gutes Essen, gute Getränke, für die Jagd und für den Punkrock.

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Anmerkungen

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