Die Fischwaid

Buchvorstellung

1980 erwarb der seinerzeit 28jährige Aussteiger Nico Böer das Haus eines verstorbenen deutschen Arztes in der portugiesischen Stadt Tavira. In diesem Haus entdeckte er, neben chirurgischem Besteck und einer Opiumpfeife aus China, komplett mit Zündbaumwolle und Eiserner Reserve im Geheimfach, das historische Buch Die Fischwaid. Obwohl gebürtiger Berliner widerstand er dem Stigma seiner Herkunft und beschäftigte sich klugerweise mit dem Buch und nicht dem Opium. Herkunft muss eben nicht immer Schicksal sein, auch wenn einem Orte wie Kabul, Mogadischu oder eben Berlin durchaus einen anderen ersten Eindruck vermitteln. Und wie jeder Bibliophile weiß, gehören Bücher zu den beglückendsten Drogen der Welt. Einen göttlichen Leserausch kann man immer und immer wieder genießen, ohne dass Geist und Körper Schaden nehmen. Das ist doch besser, als seinen Lebensabend in der Psychiatrie damit zu verbringen, aus Popeln Skulpturen seiner Alpträume zu formen oder gar verfrüht dem Sensemann in eine andere Welt zu folgen, oder?

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Die Fischwaid erschien dem leidenschaftlichen Segler, Surfer, Angler und Hobbykoch Nico Böer zunächst als gedrucktes Kuriosum. Schließlich weckten die Jugendstillustrationen und historischen Fotos sein Interesse, wenig später las er sich im Kapitel über den Aal fest und verschlang anschließend immer wieder das ganze Buch. So wurde der Titel nicht nur zur Inspiration für sein eigenes Werk Fische der Algarve: Ein kulinarischer Streifzug durch Markt und Küche, er nahm auch das Projekt eines Reprints in Angriff und gewann hierfür den in Gourmetkreisen renommierten Verlag Gebrüder Kornmayer (siehe: http://kornmayer-verlag.de/).

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Was ist das Besondere an dem Buch? Das 1904 erschienene Standardwerk wurde seinerzeit von dem in Berlin arbeitenden, jedoch aus Ostpreußen stammenden passionierten Jäger und Angler Dr. Fritz Skowronnek (*1858; † 1939; siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Skowronnek) verfasst. Vor dem Reprint lag der Marktwert der historischen Originalausgabe zwischen 200 und 400 €. Auf 416 Seiten zeigt das Buch alles, was unsere Vorfahren zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende über das Angeln und Fischen wussten. Hier die Inhaltsübersicht:

  1. Teil: Fischerei und Fischzucht
    I. Aus der Geschichte der Fischerei
    II. Volkswirtschaftliche Bedeutung der Fischerei
    III. Staat und Fischerei
    IV. Der deutsche Fischereiverein
    V. Bau der Fische
    VI. Einteilung der Fische
    VIII. Künstliche Fischzucht (Forellenzucht)
    IX. Karpfenzucht
    X. Der Dorfteich
    XI. Eisfischerei
    XII. Der Aal
    XIII. Der Blei (Der Brassen)
    XIV. Der Hecht
    XV. Die Maräne
    XVI. Der Krebs
    XVII. Das Zugnetz
    XVIII. Das Staaknetz
    XiX. Säde und Reusen
    XX. Das Leben der Binnengewässer
  2. Teil: Der Angelsport – mit einem Anhang: Die Fischkochkunst
    I. Der Angelsport
    Die Ausrüstung des Anglers
    Die Angelgeräte
    Das Vorfach
    Der Angelhaken
    Grundangelei
    Die Köder für die Grundangelei
    Fliegenfischerei auf Forellen und Äschen
    II. Die Spinnfischerei
    III. Die Angelei auf den Friedfisch, Blei und Karpfen
    Der Fang der Barbe mit der Grundangel
    Der Fang des Döbels
    Der Schwarzbarsch und der Forellenbarsch
    Aal und Wels
    Barsch, Zander, Hecht
    Der Zander
    Der Hecht
    Der Lachs
    Die Angelfischerei im Meere
    IV. Etwas von der Fischkocherei
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Das Buch ist ein gleichermaßen akribisch wie liebevoll erstelltes Zeitfenster zu unseren im Kaiserreich angelnden und fischenden Ahnen.

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Ohne mir anmaßen zu wollen, Experte für das Wissen dieser Epoche sein zu wollen, war ich doch davon verblüfft, wie ausgefuchst das Wissen und die Ausrüstung seinerzeit schon war.

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Dem Autor gelang es vor mehr als hundert Jahren, durch seine Begeisterung für die vergleichsweise trockene Materie, diese flüssig und unterhaltsam aufzubereiten und somit einen Klassiker zu schreiben. Insbesondere im zweiten Teil lässt er eigene Geschichten und Anekdoten in seine Darstellungen von Angelgeräten und Fangtechniken einfließen. Die in den letzten Textabschnitten vorgestellten Fischrezepte aus der „guten alten Zeit“, bieten für Gourmets manch spannende Inspiration jenseits der aktuellen Mainstream-Fischküche und sind gerade für Food-Blogger eine Fundgrube.

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Zusammenfassend keine ganz leichte Kost, sondern eine Zeitmaschine für kultivierte Angler, die über einen Draht zur Geschichte ihrer Passion verfügen oder ihn erwerben möchten.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Die Fischwaid

Titel: Die Fischwaid

Autor: Fritz Skowronnek

Verlag: Verlag Gebrüder Kornmayer

Verlagslink: http://kornmayer-verlag.de/fischwaid-p-66.html

ISBN: 978-3-938173-37-4

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Weitere Links und Rezension im Netz:

http://fischwaid.de/

http://www.vdff-fischerei.de/fileadmin/daten/pdf-Dokumente/SKOWRONNEK.pdf

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