Namibia

Buchvorstellung von Martin Wind

 Whow! Das war der erste Gedanke, als das Buch jungfräulich aus der Pappschachtel in die Hand glitt Whow! Das war auch der Gedanke beim ersten Aufschlagen. Was für Bilder: magische Bilder, faszinierende Bilder, einfach wunderschöne Bilder. Und dann begann das Durchblättern. Man kann sich kaum sattsehen, an dem, was Michael Poliza in dem Bildband „Namibia“ im teNeues Verlag zusammengetragen hat.

 

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Abb.: The great significance of cattle is reflected in the dress, hairstyle and aesthetic sensibilities of the Himba. The reddish sheen of the skin and hair stems from a paste which the girls and women apply to make their heads and bodies shimmer like the fur of a young calf
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Jahrelang hat er Namibia bereist und die vielfältigen Landschaften, Menschen und Tiere fotografiert. Er hat Naturphänomene ebenso dokumentiert wie verlassene Siedlungshäuser aus der Kolonialzeit, die kuppelförmigen und einfachen Häuser der nomadisierenden Himba und die Wellblechhütten-Siedlung einer Township in Walfis Bay, einer Hafenstadt in der gleichnamigen Bucht.

 

Namibia

Abb.: A flight in a hot-air balloon is an unforgettable experience that every visitor to Namibia should indulge in
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Jedes Bild spiegelt die Liebe des Fotografen zum Land. Er schildert, wie er gelernt hat, dass Namibia sich als Landschaft am besten von oben – aus dem Flugzeug oder dem Helikopter – erschließt. Das spiegelt sich in den mannigfachen Panoramabildern, die magisch-schöne Einblicke gewähren. Es sind Bilder, die die Gefahr bergen, dem interessierten Betrachter des Buches zu vermitteln, Namibia sähe immer so aus. Doch dieser Gedanke wird schnell zerstreut, wenn man dann in die Tiefen des Buchs hinabsteigt, vom Blättern und atemlosen Staunen zum Lesen übergeht.

 

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Abb.: Kolmanskop: a piece of Prussia in Africa. Building materials and interiors were shipped from Hamburg for the grand homes. Too bad the German colonizers neglected to ask the locals if they approved
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved.

 

Die einführenden Kapiteltexte des deutschen Journalisten Günter Kast beschreiben auch, welcher Aufwand und wie viel „vorbereitetes Glück“ in vielen der Fotos stecken muss: Eine sattgrüne und kunterbunt blühende Wüste kann man nur fotografieren, wenn man im richtigen Moment am richtigen Ort ist: Nach einem der seltenen Regenfälle an der richtigen Stelle in der Wüste. Auf einer Doppelseite wird dieser Fotografenfleiß auch bildlich wunderbar gegenübergestellt: Einmal sieht man die Dünen in sattem Rot der Trockenheit und direkt daneben, leicht grün angehaucht, nach dem lebensspendenden Niederschlag.

 

Wolvedans, the road to the blue sky...

Abb.: The path snakes its way through the barren,
uninhabited landscape
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved.

 

Wer von Wüstentieren, Geografie, Zeitgeschichte und Biologie wenig Ahnung hat, kann beim Lesen der Begleittexte viel lernen: Wie Onyx-Antilopen, die Hitze überstehen, wie Wasser vom Meer her in die eigentlich niederschlagsarme Wüste kommt oder wie „kreativ“ Pflanzen und Tiere mit dem Wassermangel umgehen. Man erfährt etwas über die Beschaffenheit des Landes, über die Geologie, die erdgeschichtliche Entwicklung, die Entstehung der Wüste, über Bodenschätze und wie man heute in Namibia versucht, Natur, Wildtiere, Weidetierhaltung und Kulturlandschaft „unter einen Hut“ zu kriegen.

 

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Abb.: This limestone arch on the shores of the South Atlantic is 180 feet high. It is in the middle of the restricted diamond zone some 100 kilometers (62 miles) south of Lüderitz
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Natürlich handelt es sich bei den Texten um journalistisch aufbereitete und – besonders bei politisch-historischen Ausführungen und Natur- und Umweltschutzthemen – keineswegs um wissenschaftliche Darstellungen. Man spürt, dass da Herzblut mitschwingt und das Weltbild des Autors sich durchaus im Text niederschlägt. Aber das darf ja auch so sein, in einem Buch, das subjektiv und mit viel Liebe Namibia darstellen will. Das gelingt sehr gut.

 

HELI-AFRICA

Abb.: Visitors have to be very lucky to catch the desert in bloom. This picture was taken in March 2006 after it rained for days
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Zurück zu den Bildern: Einige sind so so überirdisch „schön“, beinahe schon „kitschig“ bunt, dass man kaum glauben mag, dass die Natur solche Farben bereithält. Aber man lernt bekanntlich nie aus und zum Überprüfen müsste man dann schon selbst nach Namibia reisen. Ein kleine Schwäche, die wahrscheinlich der Drucktechnik geschuldet ist, fiel dennoch ins Auge: Manche Farbverläufe, besonders bei Pastellfarben, wirken in der Druckdarstellung wie mit Kreide gemalt und verwischt. Das ist einer sehr kleiner Wermutstropfen, der beim Betrachten dem überkritischen Kritiker auffiel. Das ist lässlich, denn der Rest der Bilder entschädigt allemal. Sie sind schlicht ein „Augenschmaus“!

 

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Abb.: The Empty Quarter is actually in the desert of the Arabian Peninsula, but the name would fit this landscape of sand dunes in the Kunene Region’s Skeleton Coast Park equally well
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Nicht ganz so perfekt ist allerdings die Bildbeschreibung gelungen. Hier durchbricht der Verlag eine gute Idee: Alle Begleittexte sind in Englisch, Deutsch und Französisch jeweils den Kapiteln vorangestellt. Warum werden aber die Bildbeschreibungen im Buch nur in Englisch gehalten? Die deutsche und französische Beschreibung finden sich lediglich stiefmütterlich im Buchanhang im Bildindex.

 

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Abb.: A bird’s-eye view of the dunes near Walvis Bay
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Für Leser, die im Englischen nicht sattelfest sind, könnte so ein umständliches Ärgernis eine Kaufentscheidung beeinflussen. Schade um die vertane Chance. Der Autor dieser Zeilen vermutet, dass Fotograf und Verleger sich an dieser Stelle hätten besser gegen Layout und Grafiker durchsetzen sollen. „Luft“ im Layout wirkt zwar großzügig, hemmt aber den Genuss, wenn man blättern muss.

 

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Abb.: Seen from above, the Kunene looks almost like an oil painting; the beauty is unreal, with trees covering the green banks. The boat belongs to Serra Cafema Camp, the most beautiful lodge on the river
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

Mit „Namibia“ hat der Fotograf Michael Poliza seine herausragende Begabung einem wunderschönen Land gewidmet und wahrscheinlich „das Beste rausgeholt“. Faszinierend. Günter Kast informiert textlich über Land und Leute, über Flora und Fauna und geht wunderbar auf einzelne Aspekte der jeweiligen Kapitelthemen ein, ohne die Leser dabei zu überfordern. Ein gelungener Einstieg, um das Land kennen zu lernen und Wissen ohne Anstrengung zu vertiefen. Dem Verlag teNeues ist dafür zu danken, dass man diesen beiden die Plattform geboten hat, uns Leser mit einem solchen, auch handwerklich wunderbar gestalteten Buch zu beglücken. Wer jetzt noch nicht weiß, was Weihnachten beim Partner oder der Partnerin das Bedürfnis nach einer Fernreise wecken könnte, hier haben Sie eine sehr gute Chance. Toll!

 

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Abb.: Elephant in the sandy desert on the Skeleton Coast. The elephants who live here are true masters of survival
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. 

 

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Buchvorstellung am 16.10.2018 in der Galerie Michael Poliza in Hamburg.

 

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.

Ramelli Paris Cover 3.indd

Titel: Namibia

Verlag: teNeues Media GmbH & Co.KG

Verlagslink: https://teneues-buecher.de/namibia

Fotos: Michael Poliza

Text: Günter Kast

ISBN-13: 978-3961711284

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Copyrights

Für das Buch:
© Namibia von Michael Poliza, erschienen bei teNeues, € 80, www.teneues.com

Für die Bilder:
Photo © 2018 Michael Poliza. All rights reserved. www.michaelpoliza.com

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