von Norbert Happ
Besonders wichtig für die Drückjagd ist neben der Organisation der Treiberwehr die Planung des Hundeeinsatzes, der sich an den Deckungsverhältnissen orientieren muss. Große Dickungs- und Jungwuchsflächen machen den Einsatz von Hunden zwingend erforderlich.
Geeignete Hunde in der Treiberwehr sind völlig unabhängig von Rasse und Größe alle Jagdhunde, die führerbezogene Kurzjager und zuverlässig spurlaut sind. Die Stöberhundrassen wie Terrier, Wachtel, Spaniel und Bracken, zusätzlich auch Teckel, sind dabei prädestiniert. Es sollte der Jägerschaft Verpflichtung sein, nur eingetragene Hunde anerkannter Jagdhunderassen zu führen.
Davon habe ich selbst zwangsläufig eine Ausnahme gemacht. Aus dem Tierheim in Bonn „fiel mir zu“ eine Deutsch-Drahthaar-Hündin unbestimmter Herkunft und damit unbekannten Alters. Sie jagte an Sauen mit, unglaublich passioniert und effektiv. Mein Haumeister J. Koch führte sie. Beide brachten zuverlässig eine Rotte nach der anderen aus den Dickungen, da er wusste, wo man sie suchen musste, und sie, wie man sie in Bewegung brachte. Die Hündin war immer in kurzer Zeit wieder zurück bei ihrem Führer. Sie hat über Jahre nicht eine einzige Blessur davongetragen. Mit schlechten Hunden allerdings bringen wir den Sauen bei, wie man Hunden und Jägern erfolgreich entgeht. Bis zum Ende meiner Dienstzeit im Jahre 2003 hatte ich bei den großen Drückjagden immer vier Treiberwehren mit je einem guten Hund; es hat stets funktioniert. Inzwischen hat sich die Bodendeckung aber so entwickelt, dass ein größerer Hundeeinsatz unumgänglich ist.
… MIT AUGENMASS
Der Hundeeinsatz muss sich nach dem Grundsatz richten: So viele Hunde wie nötig und so wenige Hunde wie möglich! Er darf sich nicht an der gewünschten Einsparung von Treiberlöhnen orientieren und auch nicht an der Anzahl der in der Jägerschaft verfügbaren Hunde, die bewegt werden wollen. Zu viele Hunde im Treiben können den Erfolg erforderlicher Nachsuchen – ganz bedeutender Eckpunkt waidgerechter Drückjagd – in Frage stellen.
Das in einigen Revieren praktizierte Verfahren, möglichst viele Hunde in der Treiberwehr einzusetzen und noch die meisten oder gar alle Jagdteilnehmer von den Ständen aus eigene Hunde schnallen zu lassen, ist aus Tierschutzgründen abzulehnen und dient keinesfalls der Verbesserung des Streckenergebnisses. Jagen diese Hunde wirklich nur kurz, ist die Erfolgschance für den Hundeführer auf dem Stand gering. Jagen sie weit, gerät das gesamte Geschehen außer Kontrolle: Der Stress für das Wild wird außerordentlich groß und Nachsuchen führen kaum zum Erfolg, weil zwangsläufig alles kranke Wild einmal oder mehrfach aufgemüdet und hin und her gejagt worden ist.
Zu der immer noch herrschenden, irrigen Meinung, dass Schwarzwildrotten auch bei großflächigen Drückjagden grundsätzlich gesprengt werden müssten, wurde weiter oben geschrieben. Hier kann ich nur wiederholen, dass man sich besser intensiv mit der Standplatzauswahl beschäftigt, als über die unnötige Rottensprengung nachzudenken. Mit Schnallen von Hunden vom Stand aus habe ich keinerlei persönliche Erfahrung.
Abb.: So viele Hunde wie nötig, so wenige wie möglich
SAUMEUTEN
Der Einsatz bewährter Meuten ist in großen Dickungs- und Dornstrauchkomplexen sehr nützlich, besonders wenn die Hunde ausschließlich an Schwarzwild jagen, was bei der meist gleichzeitigen Bejagung mehrerer Wildarten nicht immer gewährleistet ist. Es gibt Reviere an den Hängen unserer Flüsse, die voller Sauen stecken, denen keine Treiberwehr je in die Nähe kommen kann.
Zur Einrichtung von Hatz- oder Übungsgattern zur Einarbeitung von Einzelhunden und Meuten, wie sie W. Frevert (1996) aus Rominten beschreibt, muss man sich über die länderspezifischen Bestimmungen unterrichten. Nach Romintener Erfahrung lernen die im Hatzgatter angejagten Sauen sehr schnell den Umgang mit den Hunden und gehen mit der Situation eher „sportlich“ um; Speicheluntersuchungen neueren Datums haben das bestätigt. Somit sind Bedenken, dass der Tierschutz verletzt wird, hinfällig. In einigen Bundesländern wurden in jüngerer Vergangenheit Schwarzwildübungsgatter eingerichtet, weitere sind in Planung.
Jedenfalls steht bei jedem Hundeeinsatz der Jagdleiter in der besonderen Verpflichtung, alle Auswirkungen zu überdenken und abzuwägen, damit nicht Belange Dritter verletzt werden. Es besteht die Gefahr des Überjagens, der Beeinträchtigung Erholungssuchender und der Gefährdung des Straßenverkehrs. Ebenfalls ist die Wirkung auf Außenstehende, vor allem in Ballungsräumen und Erholungsgebieten, zu bedenken. Der mir einmal geschilderte Fall, dass einige Hunde vor der Fensterfront einer Schule eine Sau gerissen und zerfleischt haben, ist einfach nur schlimm.
Das unvermeidliche Überjagen muss zwangsläufig zu Überlegungen führen, revierübergreifende Jagden anzustreben. Beim sog. „Abstauben“ gibt es die unterschiedlichsten Varianten, aber jede hat ihr „Geschmäckle“.
HUNDEFÜHRER
Jagdberechtigte Hundeführer führen eine geeignete Langwaffe mit sich, um gestellten kranken Sauen den Fangschuss zu geben, und nicht, um gesundes Wild zu beschießen. Nach VSG 4.4 – Jagd dürfen sie die Waffe nur ungeladen (ohne Patrone im Patronenlager) mit sich führen und nur zum Eigenschutz, für Fangschüsse und für Schüsse auf gestelltes Wild davon Gebrauch machen. Da liegt mancherorts einiges im Argen …
Immer sollten wir uns vor Augen führen, dass die Wildsau den Hund, den Nachfahren des Wolfes, zwar als Feind wahrnimmt, längst aber den Menschen mit seiner Überlegenheit durch seine Waffen als den gefährlicheren Gegner ausgemacht hat und sofort ihn anzugreifen versucht, sobald er sich dem stellenden Hund nähert. Das scheint inzwischen genetisch fixiert zu sein. Schweißhundführer erleben das immer wieder.
ABSICHERUNG DER HUNDE
Die Möglichkeit einer schnellen Erstversorgung geschlagener Hunde muss organisiert sein. Ein Tierarzt unter den Jagdgästen mit Mobiltelefon ist für den Jagdleiter und seine Hundeführer beruhigend.
Um das finanzielle Risiko der Hundeführer bei Verletzungen oder dem Tod ihrer Hunde abzufangen, sollte der Jagdveranstalter für alle beteiligten Hunde eine Tagesversicherung abschließen, die man zu moderaten Bedingungen haben kann. Bei vielen Forstämtern und Jagdverwaltungen ist das inzwischen Standard. Die eingeplanten Schweißhunde für den Jagdtag und die zu erwartenden Nachsuchentage müssen unbedingt einbezogen werden. Dazu ist die genaue Meldung und Benennung aller vorgesehenen Hunde erforderlich.
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AUFGEPASST
Waren Hunde in Schweinepestgebieten oder schweinepestgefährdeten Regionen im Einsatz, dürfen sie nicht anschließend in schweinepestfreien Revieren eingesetzt werden. Das Virus kann von ihnen bis zu einer Woche transportiert werden und sich sogar wochenlang in Fahrzeugen und Kleidungsstücken halten. Auf die besonders wichtige Hygiene wird erneut hingewiesen.
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Anmerkungen
Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.
Titel: Hege und Bejagung des Schwarzwildes
Autor: Norbert Happ
Verlag: Franckh-Kosmos Verlag
Verlagslink: https://www.kosmos.de/buecher/ratgeber/jagd/jagdpraxis-hege/9026/hege-und-bejagung-des-schwarzwildes
ISBN: 978-3440154113
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Bereits veröffentlichte Leseproben:
https://krautjunker.com/2018/07/23/die-rotte/
https://krautjunker.com/2018/10/24/schwarzwildjagd-das-lueneburger-modell/
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Website des Autors: https://norberthapp.de/
Deutsches Jagd Lexikon über den Autor: http://deutsches-jagd-lexikon.de/index.php?title=Happ,_Norbert
Zeitungsartikel über Autor: http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/vorgebirge-voreifel/wachtberg/Schwarzwildexperte-Norbert-Happ-kl%C3%A4rte-auf-article908279.html
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Nachricht vom 26. Juli 2018:
https://www.jaegermagazin.de/jagd-aktuell/news-fuer-jaeger/sauen-legende-norbert-happ-verstorben/
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