Der goldene Grubber: Von großen Momenten und kleinen Niederlagen im Gartenjahr

Buchvorstellung von Frank v. Maydell

Wer die Menschheit einteilt, in solche und solche, der zieht leicht Ärger auf sich. Das beginnt mit der Gefahr Gefühle zu verletzen, weil jemand sich falsch eingereiht sieht. Oder auch nur argwöhnt, es könnte so sein. Dann folgt der Vorwurf der Vermessenheit. Woher nimmt der sich das Recht? Dass es sonst mehr als beliebt ist sich und den Rest zu ordnen, in Gute und Böse, in Wohlmeinende und Garstige, das steht dem kein Stück entgegen. Nimmt wer aber Einteilungen vor, die vordergründig weniger wichtig scheinen, dann landet er bei den Garstigen.

Will man des allgemeinen Wirrwarrs jedoch Herr werden, und sei es nur halbwegs, und auch bloß auf Zeit, dann braucht es zwingend weitere Kriterien. Dann ist es nicht getan mit Gut und Böse,  mit dem hier Wir und da die Anderen. Ohne weitere Einteilungen lässt sich keine vernünftige Auswahl treffen. Ohne Auswahl schlecht ein Anfang machen.

Stellen wir uns die Menschheit also für einen Moment vor als Kuchen. Etwa als hochsommerlichen Blechkuchen: Hefeteig, obenauf ganz viele Streusel, dazwischen in Butter geschwenkte Klaräpfel und Rosinen. Die Rosinen zuvor eine Nacht getränkt in Rum mit Zimt, mit Zucker und mit Zitronensaft. Klar, der Kuchenboden ist superwichtig, ohne ihn geht es überhaupt nicht, und frisch gebackener Hefeteig ist ein Gedicht. Und ohne Streusel ist es einfach ärmlich. Doch es sind die Rosinen, und die Apfelspelten, die dem Ganzen Charakter geben, die Würze, und diesen gewissen Schmelz. Die Äpfel sollen hier stehen für den Teil der Menschheit, der sich freut an Gärten und am Gärtnern selbst. Und die Rosinen, das sind die, die ich gerne Augenmenschen nenne, oder Bilderselige. Die, die sich buchstäblich satt sehen können. Deren Glück sich steigert, stoßen sie auf Illustrationen, die zu ihren Blickwinkeln so passen wie der Rum zu den Rosinen. Kurz: Menschen mit glücklichen Augen.

Fühlt sich wer angesprochen? Sowohl als auch? Und verspürt gleichzeitig Sympathie für die Apfelspelten wie für die Rumrosinen?

Dann verspreche ich ein Stück vom Glück. Glück am Bild in Kombination mit Glück am Wort. Dieses Glück erlebt, wer den Goldenen Grubber zur Hand nimmt. Der Goldene Grubber ist das Gartenbuch von Kat Menschik. Mit vollem Namen: Der goldene Grubber: Von großen Momenten und kleinen Niederlagen im Gartenjahr.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

Kat Menschik ist Vieles. Vor allem ist sie bekannt als Illustratorin. These: Auch wer ihren Namen nicht kennt, ihren Strich kennen viele. Aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, aber auch aus einer wachsenden Zahl von Büchern und von Illustrationen in anderen Medien. Wie lässt sich dieser Strich beschreiben? Sie lässt weg, aber es ist dennoch Alles da. Das Wesentliche tritt hervor. Dabei hat sie viel Sinn für Flächen. Als Rezept vielleicht so: Ein Becher Jugendstil, ein Becher Realismus, ein Becher Graphic Novel, und das Ganze ausgiebig verquirlt mit reichlich Sinn für meisterliches Handwerk. So ausgestattet kann sie jedem, aber auch wirklich jedem Thema auf den Leib rücken.

Kat Menschik ist Gärtnerin. Brandenburger Gärtnerin. Gleichzeitig Großstadtpflanze, Großbiotop Berlin, Gartenkolonie Prenzlauer Berg. Dort aus der Ecke, wo die Lauben noch nicht sämtlich auf Chic getrimmt worden sind. In einem Interview hat sie gesagt, beim Blick aus dem Fenster braucht sie den Fernsehturm. Viel spannender als das Gaukeln durch Berliner Clubs findet sie aber ausdrücklich Safaris in Garten und Umgebung.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

Deswegen halte ich die Wette: Ohne ihren Garten, da ginge ihr fix die Tinte aus; da wäre sie Ruck-Zuck selber am Vertrocknen. Entsprechend legt sie ab und zu einen Hauch Sendungsbewusstsein auf, und lockt immer wieder Vollzeitstädter auf das Land. Gute Wirkung zeigt hier speziell das Format Gartenfest.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

Dieser Garten von Kat Menschik liegt deutlich näher an der Oder als an der Spree. Keine Gegend, die ich selbst genau vor Augen hätte. Aber so viel ahnt man,  der Boden wie Land und Leute können auch mal spröde sein. Die Landschaft ist kein Protzprospekt.  Ihre Heiterkeit und Fruchtbarkeit erschließt sich eher auf den zweiten Blick. Wenn man denn glückliche Augen hat.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

Ihren Garten dort hat sich Kat Menschik von Grund auf erarbeitet, mit – viel, sehr viel spricht dafür – ganz überwiegend glücklichen Händen. Dass der Weg zum Gartenglück gepflastert ist mit Rückschlägen, mit Anlässen zur Demut,  und mit massig nicht erbetenen Lektionen, all das wird ausgiebig bebildert und beschrieben. Dass dies die gärtnerische Passion im Ergebnis nur steigert, weiß, wer ihr verfallen ist. Aber selten findet man es so eingängig und charmant geschildert.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

Dabei ist der Goldene Grubber kein Lamento. Deutlich mehr hat er von einer Ballade. Eine Ballade, die ihr Thema gekonnt variiert und dabei zugleich doch eine echte Geschichte erzählt. Die Geschichte von einer die auszog das Gärtnern zu lernen, und die im Zuge dessen eine Ernte einbringt an Glücksmomenten. In der Zuversicht, das wird eher immer noch besser.  

Trotzdem, oder gerade deshalb: Der Goldene Grubber ist satt an Realismus. Mehr volens als nolens gönnt die Gärtnerin den tierischen Mitbewohnern einen Anteil an dem was im Garten wächst und fruchtet. Ausgenommen den Wegschnecken.  Freimütig legt sie ihr Bekenntnis ab zur herrlich warmen Waschbärmütze. Der Jäger ist ein seltener, aber wohlgelittener Gast. Dass Maulwurf und Blaumeise schon einmal der Katze zum Opfer fallen, das fällt nicht unter den Gartentisch. Die Ringelnatter entkommt der Katze,  aber auf der Spitze der Gartennahrungspyramide steht auch sie nicht. Zur Weihnachtsgans gibt es eine Empfehlung für die Sauce, aber ebenso hilfreich sind die Hinweise zum Rupfen und Ausnehmen. Letzteres wortwörtlich als »eine sehr gute Übung in Anatomie und Respekt«.

Wie gehabt, bei gärtnerisch ambitionierten Augenmenschen wird es nicht beim Respekt bleiben. Die werden das Buch lieben, und es immer wieder hervorholen. Als Augenweide, als ein Stück Kuchen für die Gärtnerseele. Zur Justierung wie zur Erweiterung des eigenen Blicks. Für das Kopfkino, was da noch alles im Garten und dahinter lauert an Erlebnissen.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

Zwei gute Wünsche zum Schluss: Kat Menschik sei viel Zeit vergönnt in ihrem Garten. Beim Grubbern, beim Innehalten und beim Feiern. Und uns die Portion Vorfreude, dass sie ihren Vorsatz mit Leben erfüllt, da kommt noch eine Fortsetzung.

Abb.: Der goldene Grubber; Bildquelle: Kat Menschik

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KRAUTJUNKER-Rezensent Frank v. Maydell:

Abb.: Allegorische Darstellung des Frank v. Maydell in seinem Garten; Bildquelle: Unbekannter Künstler

Wenn Frank v. Maydell nicht im Garten zu finden ist oder in der Feldflur, dann womöglich am Herd oder in der Bibliothek. Zuletzt experimentiert er vor allem mit Sirupen und Fruchtsäften der besonderen Art, unter dem Arbeitstitel Genußmanufaktur Rosenlöwe. In einer Schiffsglocke getauft, am Rand des Indischen Ozeans, fühlt er sich heute mit Leib und Seele dem Ostseeraum verpflichtet. Dort im Norden liegt die Heimat seiner Vorväter. Am Südstrand der Ostsee wirkt und lebt er selbst. Nicht völlig auszuschließen, bei Gelegenheit setzt er sich an einen historischen Krimi der Hansezeit. Oder doch an eine Arbeit über Fresken in vorpommerschen Dorfkirchen.  Einstweilen ruft der Garten.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Der goldene Grubber: Von großen Momenten und kleinen Niederlagen im Gartenjahr

Autorin und Illustratorin: Kat Menschik

Verlag: Galiani-Berlin

Verlagslink: https://www.kiwi-verlag.de/buch/kat-menschik-der-goldene-grubber-sonderausgabe-9783869711966

ISBN: 978-3-86971-196-6

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