Rezeptvorstellung von Reiner Grundmann
Südtiroler Steinpilznocken | Gnocchi di porcini altoatesini | Boulettes de cèpes du Tyrol du Sud

Meran/Simon Koy
Herbstzeit – Schwammerlzeit. Wie schön, wenn man die besten Plätze kennt – kinderleicht kiloweise das Beste vom Besten zu finden und zu Hause in eine Delikatesse zu verwandeln. Ich bin vorgestern nach nicht allzu langer Suche fündig geworden, ein gutes Jahr für die Schwammerl, wie mir scheint.

Die Händler hatten die Pilze auf dem Laufer Victualienmarkt auch nicht allzu aufwändig versteckt.

Dreiunddreißig mal Knödel, dreiunddreißig mal deftige Südtiroler Küche, die als Zwischenmahlzeit, als Jause, nach der Bergwanderung zwischen Bozen und Meran, als Abschluß einer rasanten Schiabfahrt ins Tal oder einfach so immer eine Überraschung im kugelrunden dampfenden Knödel-Teig-Ball verbirgt.
Und wenn es nur Schnittlauchröllchen, Speck und geröstete Brotwürfel sind, ein wenig Kräutersalat und einem schönen Hartkäse dazu.
Staunend entnehmen wir dem Kompendium aus 32 Knödelrezepten, dass auf einem Fresko der Burgkapelle Hocheppan in Südtirol im Jahr 1180 eine Maria im Wochenbett zu sehen ist, welche sich einen Knödel mit der Gabel oder Löffel und fünf weitere Knödel im Sud einverleibt in den geweihten Corpus, sichtlich mit Genuss.

Knödel, Kniedla, Gließ und Gneedl sind ein wichtiger Bestandteil besonders der thüringischen, schwäbischen, bayerischen, österreichischen und böhmischen sowie der Küche Südtirols und Oberschlesiens.
Das vor allem in Nord-, Mittel- und Westdeutschland verbreitete Wort Kloß stammt vom althochdeutschen kloz für „Klumpen, Knolle, Kugel“ ab und ist verwandt mit „Klotz“ und „klotzig“. Die plattdeutsche Form lautet Klüten.
Im Schwäbischen entlehnen sich die regionalen Wörter Gleeß und Gneedl, im Fränkischen zusätzlich Kließ und Gniedla, die teils auch in ganz Süddeutschland und angrenzenden Regionen bekannt sind, auf jeweils eine der beiden Hauptbezeichnungen Kloß bzw. Knödel.
Klöße werden aus Teig von ganz unterschiedlicher Rezeptur meist zu Kugeln geformt und in Salzwasser pochiert oder darüber gedämpft. Bei einigen überlieferten oder neu erdachten Klößl sind sie mit gerösteten Brotstücken, Früchten, Fleisch oder anderem gefüllt. Sie können als Hauptgericht, Beilage, Suppeneinlage oder auch süß als Dessert serviert werden.
Das vorliegende Kochbuch hat unter anderem deftige Rezepte für Grieß-Speckknödel; Kalbsbrust mit Kastanien-Knödelfüllung; Knödel-Pilzgeröstel; Lauchknödel auf Gorgonzolasauce; Schwarzpolenta – Käseknödel und noch andere unwiderstehliche Delikatessen aus Südtirol – oder wie Pumuckl sagte…dann werden wir die Bröseln eben verdröseln und Kugeln draus rugeln.
An süßen und fruchtigen Varianten eröffnet sich uns das 1001 – Knödelland mit Verführungen wie Marillenknödeln; Mozartknödeln; Marillenknödel mit Marzipanfüllung und Topfen-Mohn-Knödeln.
Ich schmeiss mi weg – klingt des alles guad.
Zutaten

200 g schnittfestes Weißbrot
oder Knödelbrot
150 g frische Steinpilze
oder 20 g getrocknete Steinpilze
40 g Zwiebeln oder Schalotten
1 Knoblauchzehe
2 EL Butter
2 EL Petersilie, fein geschnitten
Salz
Pfeffer aus der Mühle
1 EL Schnittlauch, fein geschnitten
100 ml Milch
3 Eier
2 EL Mehl
eventuell Kartoffelmehl zur festeren Bindung der Nocken / Knödel
Garnierung und Beilage
Kräutersalate wie Rucola,
Vogerlsalat (Feldsalat),
Pimpinelle, Kapuziner-
kresse (alles alternativ)
rohe Steinpilzscheiben
(…für die Optik nicht quer aber
senkrecht geschnitten.)
geröstete Speckstreifen
geröstete Brotwürfel
Olivenöl, Zitronensaft
Salz und Pfeffer zum
Marinieren
Parmesanspäne vom
Parmigiano Reggiano
Zubereitung
Weißbrot oder Knödelbrot schneiden wir in kleine Würfel 1,5 x 1,5 x 1,5 cm – nicht auf den Nanometer genau, Zwiebel oder Charlotten (…wer will kann sie auch Schalotten (scalogno) schreiben – ich schreib sie so ;o)

…und Knoblauch (..aglio) schälen und fein schneiden, in Butter dünsten. Und würfelig geschnittene Steinpilze zugeben – mitrösteln – mit Salz, Pfeffer und Petersilie abschmecken.

Jetzt mischen wir die Pilzmasse unter die Brotwürfele….vermischen Milch mit drei Eiern und heben es unter. Die Knödelteigmasse darf nun 15 Minuten ruhen. Ich nicht.


Speckstreifen und Brotwürfel in Butter bräunlich dünsten.
Ich darf zwischenzeitlich die Kräutersalate (Rucola hab ich genommen) die rohen Steinpilzscheiben, den gerösteten Speck und die Brotwürfel aus der Pfanne (cubetti di pane) vermischen und mit Zitronensaft, Salz, Pfeffer und Olivenöl marinieren. Mit leicht angefeuchteten Händen formen wir längliche Nocken oder runde Knödel und bei Bedarf nehmen wir Kartoffelmehl, um die Knödel trockener und fest zu bekommen.


Wem das genauso geht, rollt die Gnocchi oder Knödel einzeln in lebensmittelechte Folie und dreht sie gründlich zu. Dann gehts in den Whirlpool – nach der genannten Zeit sind sie dann perfekt. Bei Serviettenknödeln oder böhmischen Knödeln macht man es nicht anders.
Meine Erfahrung ist, dass die Knödel im heißen Salz-Wasser (…20 Minuten in heißem, nicht kochendem oder nur sehr leicht mäanderndem Wasser ziehen lassen.) rasch zerfallen – liegt am Induktionsherd – ich weiß es nicht. Die Pilzrohkost und die marinierten Blattsalate nebst Brotwürfeln und Speck gibt man nun auf die Nocken oder die Knödel in einem Teller und toppt mit gehobeltem Parmigiano Reggiano.

Andreas Hofer leckt sich alle Finger danach – und als Südtiroler Freiheitskämpfer zeigt er dem Bonaparte mal wos in der Küche langgeht.
Freedom for „Südtirol Knödels“ – nieder mit Bouillabaisse. Klar liebe ich auch Bouillabaisse aber ein wenig Patriotismus darf schon sein.

„An Guadn!“, wünscht Reiner Grundmann.


Tipps aus dem Kochbuch:
1. Du kannst die Nocken auf einer leichten Rahmsauce, auf Steinpilzragout oder einfach nur mit brauner Butter und Käse abgeschmelzt servieren.
2. Geeignet auch als Beilage zu Wildgerichten.
3. Anstelle der Steinpilze kannst Du auch Pfifferlinge verwenden.

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Verlagsvorstellung der Autoren

Heinrich Gasteiger, Küchenmeister und langjähriger Kochfachlehrer an der Hotelfachschule Kaiserhof in Meran. Gilt als Lenker und Denker in allen Bereichen des Kochens. Auslandstätigkeiten in den renommierten Küchen der europäischen Spitzenhotellerie (Gstaad, Lugano, Seefeld, München…). Kreativer Produktentwickler für Lebensmittel und innovativer Food-Designer im Lebensmittel- und Feinkostbereich tätig.

Gerhard Wieser, Küchenmeister und diplomierter Diätkoch. Küchenchef im Gourmetrestaurant Trenkerstube im Fünf-Sterne-Hotel Castel in Dorf Tirol, das er u.a. zu zwei Michelin-Sternen und drei Gault & Millau-Hauben führte. Er sammelte Erfahrungen bei Spitzenköchen in Europa und Asien. Engagierter Produktentwickler für Lebensmittel und Feinkost und Spitzenkoch des Jahres 2019, ausgezeichnet vom Schlemmer-Atlas.

Helmut Bachmann ist in Antholz-Mittertal auf einem Bergbauernhof aufgewachsen und wohnt mit seiner Familie in Mühlbach (Südtirol). Der Küchenmeister unterrichtete viele Jahre lang als Fachlehrer an der Gastgewerblichen-Berufsschule Emma Hellenstainer in Brixen. Für die italienische Köche-Nationalmannschaft nahm er an Weltmeisterschaften in Frankfurt, Luxemburg, Basel, Chicago und Wien teil und wurde mit mehreren Goldmedaillen ausgezeichnet. Bachmann ist Mitglied im Weltbund der Kochverbände als WACS-GLOBAL MASTER CHEF. Er organisiert und leitet seit vielen Jahren die Küchenmeisterausbildung in Südtirol. Als Referent gibt er sein Wissen auch bei Workshops und Kochseminaren im In- und Ausland weiter. Ferner hat er zahlreiche Fachartikel, Rezeptbroschüren und Kochkalender veröffentlicht. Er ist Bestsellerautor verschiedener einschlägiger Fachbücher.
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Reiner Grundmann

Geflogen ist er eigentlich überall. Europa, Russland, USA. Wo er hingekommen ist hat er, wie die alten Chinesen – alles probiert und gegessen, was essbar aussah. Roten Kaviar und Sprotten in St. Petersburg, Kottlett Kiew in der Ukraine, Knoblauchhuhn und Gambas al Ajillo in Barcelona, Dorade aus der Salzkruste in Marseille, Marzipantörtchen am Flugplatz Bigginhill in London, Lobster in Santa Barbara und Vitello Tonnato in Mailand. Und gekocht hat er irgendwie auch schon immer.
Seine ersten Rezepte stammten aus dem Roman um den Geheimagenten wider Willen Thomas Lieven, alias Jean Leblanc, alias Pierre Hunebelle, Es muss nicht immer Kaviar sein von Johannes Mario Simmel.
Reiners Motto lautet: „Reisender, wenn du nach Franken kommst wisse, dass du nicht mehr in Deutschland bist – aber auch noch nicht in Bayern!
Besucht Reiners Blog! https://theflyingfish.blog/
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Emaille und Porzellan. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: 33 x Knödel: So genießt Südtirol
Autoren: Heinrich Gasteiger, Gerhard Wieser, Helmut Bachmann
Verlag: Athesia Tappeiner Verlag
Verlagslink: https://www.athesia-tappeiner.com/de/9788868395780
ISBN: 978-88-6839-578-0
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