Christian Seiler, der Kulinarik-Kolumnist aus Das Magazin der Süddeutschen Zeitung, schrieb im November 2016 über das Buch Die klassische italienische Küche von Marcella Hazan, „Das … Kochbuch, das ich auch als einziges akzeptieren und mit dem ich das Auskommen finden würde: herzvolle, einfache Rezepte aus einer herzvollen, einfachen Küche“ (Link siehe unten). Grund genug, das schöne Winterrezept Risotto zu präsentieren.
Unter dem Rezept findet sich der Kommentar der Testköchin, von der auch die Bilder sind. Lesern, die sich über die unterschiedlichen Teller wundern sei gesagt, dass die Köchin Architektin ist und es sich hierbei um eine bewusste dekonstruktivistische Entwurfslinie handelt. Die gestalterische Herleitung ist ziemlich durchdacht und sehr kompliziert, weswegen hier nicht der Raum ist, den intellektuellen Hinterbau erschöpfend zu erklären. Ich empfehle die Fotos einfach andächtig zu betrachten und über die Komplexität moderner Architektur zu sinnieren, um dann doch wieder zum Essen zurück zu schwenken.
von Marcella Hazan
Was ist Risotto? Die Risottotechnik nutzt die ungewöhnlichen EIgenschaften bestimmter italienischer Reissorten, deren Korn von einer weichen, Amylopektin genannten, Stärke umgeben ist. Wenn man den Reis richtig kocht, löst diese Stärke sich auf, bildet eine sahnige Bindung und verschmilzt die Reiskörner gleichzeitig mit dem Gemüse, Fleisch, Fisch oder den anderen Zutaten der Geschmacksgrundlage. Das Ergebnis ist ein Risotto.
Die Geschmacksgrundlage: Als Grundlage für einen Risotto kann eigentlich alles verwendet werden, was eßbar ist: Käse, Fisch, Fleisch, Gemüse, Hülsenfrüchte, ja sogar Obst. Gewöhnlich sollen diese Zutaten mehr Geschmack als Konsistenz beitragen, einen Geschmack, der sich mit dem Reis verbinden muß, während seine weiche Stärke sich durch den speziellen Kochvorgang auflöst.
In den meisten Fällen kommen die Zutaten der Grundlage vor dem Reis in den Topf. Wenn Sie jedoch Risotto mit Parmesan zubereiten, kommt dieser erst am Ende des Kochvorgangs dazu. Es gibt einige Zutaten, die nicht zu lange kochen dürfen. Das einleuchtendste Beispiel dafür sind Muscheln. In diesem Fall muß den Meeresfrüchten der Saft im Voraus entzogen und der Geschmacksgrundlage gleich am Anfang hinzugefügt werden. Das Fleisch der Muscheln hebt man dann unter den Reis, wenn er fast fertig ist.
Die Zubereitung: Die Geschmacksgrundlage eines Risottos besteht fast immer aus gehackten, in Butter angeschwitzten Zwiebeln. In einigen seltenen Fällen nimmt man Olivenöl anstatt Butter und gibt vielleicht auch Knoblauch dazu.
In die heiße Butter- oder Ölbasis kommt roher, ungewaschener italienischer Reis und wird darin leicht angeröstet. Sofort danach gibt man eine Kelle voll Kochflüssigkeit in den Topf. Der Reis wird umgerührt, bis die Flüssigkeit teils durch Absorption, teils durch Verdampfen verschwunden ist. Diesen Vorgang wiederholt man mit weiterer Flüssigkeit, bis der Reis gar ist.
Erst durch die langsame Zugabe kleiner Flüssigkeitsmengen, durch ihre gleichzeitige Absorption und Verdampfung und durch ständiges Rühren verwandelt sich die weiche Reisstärke in ein Bindemittel, das die Körner zusammenhält und an die Geschmacksgrundlage koppelt. Reis, der nicht umgerührt wird, der in zuviel Flüssigkeit und in einem bedeckten Topf kocht, ergibt vielleicht ein appetitliches Gericht, aber keinen Risotto.
Die Kochflüssigkeit: Die Aromen, die sich anfänglich in der Kochflüssigkeit befinden, werden durch die Verdampfung konzentriert und intensiviert. Deshalb müssen Sie, wenn das Rezept Fleischbrühe vorschreibt, eine feine, milde Brühe nehmen, die hauptsächlich aus Rind- und Kalbfleisch, fast gar keinen Knochen und sehr wenig Huhn zubereitet wurde. Reine Hühnerbrühe wird unangenehm scharf, ebenso Fleischbrühe, die auf französische Art gekocht wurde. Beide sind für die Zubereitung von Risotto ungeeignet.
Wasser ist die beste Wahl für einen Meeresfrüchterisotto. Fischfonds und Brühen, die mit den Schalen von Schalentieren angereichert sind, bekommen beim Einkochen einen zu aufdringlichen Geschmack und bringen das aromatische Gleichgewicht des Risotto durcheinander.
Flüssigkeiten, die bei der Vorbereitung der Geschmackszututan entstehen, sollten aufbewahrt werden. Damit ist der Saft gemeint, den Muscheln abgeben, das Einweichwasser getrockneter Pilze oder das aromatische Kochwasser, das übrigbleibt, wenn man Spargel und andere Gemüse blanchiert. Wein kann hinzugefügt werden, wenn er nicht die einzige Flüssigkeit ist.
Wichtig: Die Flüssigkeitsmenge, die in den folgenden Rezepten angegeben wird, ist variabel. Sie sollten damit rechnen, daß Sie beim Kochen mehr oder manchmal auch weniger nehmen müssen, je nachdem, wieviel der Risotto benötigt. Wenn Sie Brühe verwenden und diese verbraucht ist, bevor der Reis ganz gar ist, nehmen Sie einfach Wasser.
Die Garzeit: Einige italienische Köchinnen und Köche lieben es, wenn die Körner des Risotto noch sehr fest sind, und empfehlen Kochzeiten zwischen 18 und 20 Minuten. In diesem Stadium ist das Reiskorn in der Mitte hart und kalkig. Wenn Ihnen das, wie mir, nicht gefällt, rechnen Sie mit weiteren 5 bis10 Minuten, insgesamt also mit 25 bis 30 Minuten. Wie rasch Reis gar wird, ist jedoch sehr unterschiedlich. Das hängt von der Absorptionsfähigkeit des Reises ab, den Sie verwenden, von der Flüssigkeitsmenge, die Sie jeweils zugeben, und von der Geschwindigkeit, mit der die Flüssigkeit verdampft.
Es ist ratsam, den Reis nach einer Kochzeit von 20 Minuten zu probieren. Dann können Sie beurteilen, wieviel länger er kochen muß und wieviel weitere Flüssigkeit Sie benötigen. Kochen Sie Reis nie so lange, bis er in der Mitte weich ist. Er sollte zart, aber noch bißfest sein.
Der Topf: Der Topf muß genug Hitze leiten und bewahren, um den Reis rasch zu garen, ohne daß er anbrennt. Reines Aluminium und anderes leichtes Material sind nicht geeignet. Töpfe aus Stahllegierungen mit schwerem Boden sind am stabilsten und auch am praktischsten für die professionelle Küche. Für den Hausgebrauch empfehle ich einen Topf aus emailliertem Gußeisen.
Reissorten: Italienischer Reis ist der einzige, mit dem Ihnen der Risotto bestimmt gelingt. Unter den vielen Sorten, die angebaut werden, sind Arborio, Vialone Nano und Carnaroli die besten. Auf Seite 35 finden Sie eine genaue Beschreibung ihrer typischen Merkmale.
Risottoarten: Alle Risottos können in zwei Grundarten eingeteilt werden, die sich durch ihre Konsistenz unterscheiden. Zur einen Art gehört der kompakte, etwas festere, leicht klebrige Risotto des Piemont, der Lombardei und Emilia-Romagna, zur anderen der lockerere, flüssigere Risotto des Veneto, der als all’onda, „wellig“bekannt ist. Die erste erzielt man, indem man während des Garvorgangs alle Flüssigkeit verdampfen läßt, die zweite, indem man den Reis ziemlich feucht hält.
Die Piemonteser-, Mailänder- und Bologneser-Art vertragen sich besser mit robusten Geschmacksgrundlagen, die auf Käse, Wurst, Wild und Wildpilzen beruhen, während der venzianische Risotto all’onda Meeresfrüchte und Frühlingsgemüse delikat zur Geltung bringt.
Serviertemperatur: Zu den Märchen, die sich um Risotto ranken, gehört auch, daß man ihn kochend heiß essen müsse, so, wie er aus dem Topf kommt. Im Gegensatz zu Pasta schmeckt Risotto besser, wenn er etwa 1 Minute auf dem Teller geruht hat. Wenn Italiener Risotto servieren, verteilen sie ihn oft von der Mitte zum Rand, damit der Dampf besser entweichen kann.
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RISOTTO MIT PARMESAN – GRUNDREZEPT FÜR WEISSEN RISOTTO
RISOTTO AL PARMIGIANO
Dieser Weiße Grundrisotto ist am allereinfachsten zuzubereiten und schmeckt nach Meinung vieler Menschen am besten. So gut er auch ist, kannman ihn doch noch verbessern, indem man gehobelte weiße Trüffel darüberstreut.
Rezept für 4 bis 6 Portionen
1,2 l hausgemachte Fleischbrühe, zubereitet wie auf Seite 21 angegeben, oder 1/4 Rinderfond aus dem Glas, mit Wasser auf 1,2 l verdünnt
45 g Butter
2 EL Pflanzenöl
2 EL sehr fein gehackte Zwiebel
450 g Arboria oder anderer italienischer Risottoreis
75 g frisch geriebener Parmigiano Reggiano
15 g (oder mehr, falls erschwinglich) frische weiße Trüffeln oder weiße Trüffeln aus der Dose (nach Belieben)
Die Brühe auf einer Kochstelle neben dem Reistopf bei geringer Hitze köcheln lassen.
15 g Butter, ds Pflanzenöl und die gehackte Zwiebel in einen weiten, stabilen Topf geben und auf Mittelhitze schalten. Die Zwiebel unter Umrühren glasig schwitzen, dann den Reis hinzufügen. Schnell und gründlich verrühren, bis die Reiskörner gut mit Fett überzogen sind.
100 ml siedende Brühe hinzufügen und den Reis unter ständigem Umrühren mit einem langen Holzlöffel kochen, bis alle Flüssigkeit verdampft ist; den Reis immer wieder mit dem Löffel von Boden und Rand des Topfes lösen. Sie müssen ständig rühren und den Boden des Topfes häufig völlig reinkratzen, weil der Reis sonst kleben bleibt.
Wenn keine Flüssigkeit mehr im Topf ist, weitere 100 ml hinzufügen; ständig weiterrühren, wie oben beschrieben. Die Hitze sollte ziemlich stark sein.
Probieren Sie den Reis nach 20 Minuten. Er ist fertig, wenn er zart, aber noch bißfest ist. WÄhrend er sich diesem Stadium nähert, die Flüssigkeitsmenge verringern, so daß der gare Reis leicht feucht, aber nicht flüssig ist.
1 bis 2 Minuten vor Ende der Garzeit allen geriebenen Parmesan und die restliche Butter hineingeben. Ununterbrochen rühren, damit der Käse schmilzt und die Reiskörner einhüllt. Vom Herd nehmen und mit Salz abschmecken. Nach dem Salzen nochmals umrühren.
In eine Schüssel geben und sofort servieren. Falls Sie Trüffeln verwenden, hobeln Sie diese nun darüber. Nehmen Sie dazu entweder einen Trüffelhobel oder einen Sparschäler. Manche Leute hobeln die Trüffeln lieber über jede einzelne Portion.
Hier der Kommentar der Testköchin Miriam Junkin:
„Was ich an dem Buch toll finde, ist dass es sich mit den Rezepten bzw. Speisen beschäftigt. Man kann sich hier nicht einfach mal schnell ein Rezept heraussuchen und drauf los kochen. Solche Anweisungen findet man ja ohne Ende im Internet.
Hier wird jedes Rezeot zelebriert: Es gibt eine kleine Einleitung zum Thema Risotto. Herkunft, Vorlieben der „Esser“ und kleine Kochtipps werden hierin verraten. Erst dann kann man das Rezept mit den kurzen und knappen Anweisungen verstehen.
Ich hatte das Gefühl, ohne die EInleitung oder das Rezept lange zu studieren müssen, wusste ich, wie es geht, was getan werden muss und habe das Gericht verstanden. Da macht das Kochen gleich viel mehr Spaß 😉
Zu dem Rezept an sich:
Mein Tipp: alle Zutaten vorbereiten. Die Zwiebeln hacken, den Parmesan reiben, die Butter abwiegen etc. und griffbereit zur Seite stellen. Dies kann man machen, während die Brühe aufwärmt…
Somit kann man sich später 100% auf das Rühren des Risottoreis konzentrieren und verhindert hiermit ein Anhängen des Reis.
Die Rinderbouillon gab es leider nur im 200ml Glas. Ich habe dann nur bis 1,1 Liter aufgefüllt, aber diese Flüssigkeitsmenge war perfekt um einen noch bissfesten Reis zu erhalten. Ich würde diesen beim nächsten Mal noch 2 Minuten länger kochen. Mein Mann fand ihn perfekt – so unterscheiden sich Geschmäcker 😉
Alle anderen Zutaten habe ich genau nach Rezept verwendet, was eine super Zusammenstellung ist. *hmmmmh, lecker wars!*
Was mich überrascht hat, war am Ende tatsächlich, wie schnell und einfach das Risotto gemacht wird. Und die Zutaten sind welche, die man eh immer zu Hause hat, bzw. für ein „Notfallessen“ immer zu Hause haben kann. Für mich wird das Risotto-Basisrezept sicherlich ein „Unter-der-Woche-mal-schnell-etwas-leckeres-kochen“ Rezept werden, was ich durchaus auch einmal abwandeln möchte. Ich könnte mir z.B. ein paar frische Kräuter darin gut vorstellen. Insgesamt habe ich etwas weniger als 30 Minuten in der Küche verbracht. Spitzenzeit für ein so tolles Gericht!
Ein sehr leckeres Gericht, allerdings haben wir es als ein bisschen zu einseitig als komplettes Gericht empfunden. Ich könnte mir hierzu einen frischen Salat sehr gut vorstellen. Oder man serviert das Risotto nur als Beilage zu z.B. Fisch und Gemüse um noch ein paar andere Geschmacksrichtungen zu erlagen.
Aber dann Vorsicht! Das Risotto ist super sättigend. Aus dem Rezept erhält man 4 Portionen für gute Esser. Wenn es dann nur Beilagen sind, können daraus bestimmt 10-12 Gerichte angereichert werden.
Im Nachhinein dachte ich: ein bisschen Pfeffer hätte dem ganzen schon geholfen. Vielleicht hole ich das morgen noch nach. Denn wir haben Reste!“
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„…wir haben heute die „Risottoreste“ aufgewärmt. Gerne möchte ich Dir hierzu noch ein paar Zeilen schreiben.
Wir haben heute Tomaten und Brokkoli klein geschnitten, kurz in etwas Wasser gekocht und dann die Reste des Risotto hinzu gefügt. Da der Risotto sehr fest war, haben wir noch ein wenig Wasser hinzu getan. Somit war er einfach aufzuwärmen und wurde auch noch etwas weicher. Die Konsistenz ähnelte eher einem Milchreis, was wir beide (!) dann aber besser fanden, als den noch bissfesten Risottoreis.
Auf dem Teller angerichtet haben wir noch frischen Pfeffer aus der Mühle und kleine Ringe von einer Frühlingszwiebel darüber gestreut. Es war ein Genuss! Für Auge und Gaumen 🙂
Wir sind eben ehe die kreativen und passen Rezepte gerne an 😉 Unsere Variante hat uns sehr gut geschmeckt. Eine Portion ist auch für morgen noch übrig. Das Rezept hat für uns somit 5 gute Portionen ergeben. :)“
Anmerkungen
Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.
Titel: Die klassische italienische Küche
Autorin: Marcella Hazan
Verlag: Echtzeit
ISBN: 978-3905800982
Verlagslink: https://echtzeit.ch/buch/die-klassische-italienische-kuche
Die Kolumne von Christian Seiler in Das Magazin: https://www.dasmagazin.ch/2016/11/18/meine-zehn-kochbuecher/
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