Psychoaktive Pflanzen: Wermut (Artemisia absinthium)

von Dr. Christian Rätsch

Familie
Compositae: Asteraceae (Korbblütler); Tribus Antemideae

Formen und Unterarten
Die Wildform unterscheidet sich manchmal von der Kulturform. Zudem kommen einige Chemotypen vor (siehe Inhaltsstoffe).

Synonyme
Absinthium majus Geoffr.
Absinthium officinale Lam.
Absinthium vulgare Lam.

Volkstümliche Namen
Absint-alsem (Holländisch), Absinth, Absinthe, Absinthkraut, Absinthium vulgare, Agenco, Ajenjo, Ajenjo común, Ambrosia (Altgriechisch), Apsinthos, Artenheil, Assenzio vero (Italienisch), Bitterer Beifuß, Botrys, Common wormwood, Eberreis, Echter Wermut, Gengibre verde (Spanisch »Grüner Ingwer«), Grande absinthe, Green muse, Grüne Fee, Heilbitter, Hierba santa (Spanisch »heiliges Kraut«), La Fée Verte, Magenkraut, Ölde, Rîhân (Arabisch), Sage of the glaciers, Schweizertee, Wermôd (Saxon), Wermut, Wermutkraut, Wermutpflanze, Wor-mod (Altenglisch), Wormod, Wormwood, Wurmkraut

Geschichtliches
Der Wermut und seine Qualitäten waren bereits in der Antike gut bekannt. Diese und andere Artemisia-Arten waren der griechischen Göttin Artemis heilig – daher der Name (Vernant 1988). Allerdings ist bei den frühen Quellen nicht auszuschließen, daß unter dem griechischen Namen absinthion verschiedene Artemisia spp. oder sogar andere Pflanzen (Korbblütler) zusammengefaßt wurden (Schneider 1974 I: 136ff.*).
Im Mittelalter wurden die Kräfte des Wermuts bereits im Hortulus des Walahfried Strabo (9. Jh.) in lateinischen Hexametern gerühmt (Stoffler 1978). Hildegard von Bingen hat ihn euphorisch als den »wichtigsten Meister gegen alle Erschöpfungen« gelobt (Physica I, 109).
Die spanischen Jesuiten brachten das altweltliche Gewächs unter dem Namen hierba santa, »heiliges Kraut«, im 16. Jahrhundert in alle Welt, vor allem nach Mittel- und Südamerika (Hoffmann et al. 1992: 37*).
In Mitteleuropa wurde das ätherische Öl, auch Absinthöl genannt, aus dem Kraut destilliert und mit Alkohol vermischt. Dieses Getränk namens Absinth war besonders im 19. Jahrhundert in Künstlerkreisen eine Modedroge, die jedoch bei chronischer Anwendung zu schrecklichen Nebenwirkungen (Gehirnschäden, sogenannter Absinthismus) führen konnte (Schmidt 1915). Es ist allerdings nicht geklärt, ob der Absinthismus wirklich dem Thujon oder anderen Ingredienzien (z.B. Schwermetallsalzen) zuzuschreiben ist (Proksch und Wissinger-Gräfenhahn 1992: 363). Weil der Wermut zum einen als Rauschdroge, zum anderen als illegales Abtreibungsmittel (in der »Kurpfuscherei«) verwendet wurde, hat man ihn bald wegen des angeblich »ausufernden Mißbrauchs« verboten (Vogt 1981), in Frankreich 1922 (Arnold 1988: 3043), in Deutschland 1923. Etwa zur gleichen Zeit wurde auch in der Schweiz die »Grüne Fee« – so wurde das »psychedelische Getränk« bezeichnet – unter Androhung empfindlicher Geld- und Freiheitsstrafen verboten (Rätsch 1996).

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Abb.: Satirisches Plakat von Albert Gantner gegen das Absinthverbot in der Schweiz aus der Zeitschrift Guguss, 1910; Bildquelle: Wikipedia

1998 wurde das Absinthverbot EU-weit gelockert, das Getränk aus der Wermutpflanze darf seitdem wieder hergestellt und eingeführt werden, wenn es sich um Zubereitungen handelt, die 35 mg Thujon pro Kilogramm nicht überschreiten. Seit 2005 ist die »Grüne Fee« auch in der Schweiz wieder komplett legal. Seit 2007 in den USA (mit Auflagen) und seit 2011 auch in Frankreich wieder erlaubt. Niemand konnte mir erklären, warum der Absinth »Die Grüne Fee« ge nannt wird. Eine Frau mutmaßte, daß es wohl mit der Wirkung zusammenhänge, denn man würde vom Absinth davongetragen, wie von einer Fee verzaubert. Andere vermuteten, daß es sich auf die oft grünliche Farbe des Absinths beziehe. Ein Schweizer erklärte mir, Absinth sei das »Psychedelischste, was es an Alkohol gibt«.

Verbreitung
Wermut ist in Europa, Nordafrika, Asien, Nord- und Südamerika verbreitet. In der Wildnis ist er nur selten zu finden. Größere Wildvorkommen gibt es im Wallis (Schweiz).

Anbau
Wermut wird recht einfach aus den sehr kleinen Samen vermehrt. Am besten streut man sie einfach auf regengeschützte Saatbeete und drückt sie etwas an. Nur vorsichtig bewässern, damit die Samen nicht ständig weggespült und dadurch beim Keimen gestört werden (Grubber 1991: 67*). Der Wermut bevorzugt trockene Böden; er gedeiht auch gut auf steinigem Untergrund. Anbaugebiete für die pharmazeutische Verwertung liegen überwiegend in Osteuropa (Proksch und Wissinger-Gräfenhahn 1992: 360).

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Abb.: Albert Maignan: Die Grüne Muse, 1895, Bildquelle: Wikipedia

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Aussehen

Der ausdauernde, aufrechte, etwas verzweigte Halbstrauch wird 50 bis 100 cm hoch. Die fein gefiederten, weißgrauen Laubblätter sind beidseitig fein behaart und haben eine filzig-seidige Oberfläche. Sie verströmen bei Druck sofort den charakteristischen, aromatisch-bitteren Duft des ätherischen Öls. Die kugeligen, büschelartigen, gelben Blüten stehen rispenartig an den Zweigenden. Die Blütezeit reicht von Juli bis September. Die Stengel verwelken im Herbst. Im Frühjahr treibt der Wurzelstock wieder aus.
Artemisia absinthium kann leicht mit anderen Arten der Gattung, auch mit dem Beifuß (Artemisia vulgaris) verwechselt werden (siehe Art misia spp.). Wermut ist fast gar nicht von Artemisia mexicana zu unterscheiden.

 Droge
Oberirdisches Kraut (Absinthii Herba, Herba Absinthii, Absinthii Cacumina florentia, Summitates Absinthii, Wermutkraut)
Es ist am wirkstoffreichsten, wenn es während der Blütezeit gesammelt wird. Das getrocknete Kraut soll lichtgeschützt aufbewahrt werden.

Zubereitung und Dosierung
Das frische oder getrocknete Kraut (am besten nimmt man nur die Blätter von den Zweigspitzen) wird mit kochendem Wasser überbrüht und fünf Minuten ziehen gelassen. Als medizinische Einzeldosis gilt 1 g des getrockneten Krautes auf eine Tasse heißes Wasser (Roth et al. 1994: 146*).
Wermutkraut kann auch pur oder in Rauchmischungen geraucht oder als Räucherwerk, z.B. als Räucherbündel, geräuchert werden (vgl. Artemisia spp.).
Das Kraut diente schon in der Antike zur Herstellung von Medizinalweinen:
»Es wird auch ein Wein daraus bereitet, der sogenannte Wermutwein, vorzüglich in der Propontis und in Thrakien, wo man ihn (…) bei Fieberfreiheit anwendet. Auch sonst trinken sie ihn im Sommer vorher, indem sie glauben, daß es der Gesundheit zuträglich sei. (…) Der Saft des Absinths scheint aber dieselbe Wirkung auszuüben, außer daß wir ihn nicht zu Tränken für gut halten, da er dem Magen zuwider ist und Kopfschmerzen verursacht.« (Dioskurides III, 23)
Im alten China wurde Wermut als Zusatz zu Reiswein benutzt (vgl. Sake).
1797 erfand der in der Schweiz lebende Franzose M. Pernod durch Destillation einer Kräutermaische aus Wermut, Anis (Pimpinella anisum L., syn. Anisum vulgare Gaertn.), Fenchel, Melisse (Melissa officinalis L.), Ysop und anderen Kräutern den smaragdgrünen Absinth (Ar nold 1988: 3043).
Absinth schmeckt eindeutig wesentlich besser, wenn nur das destillierte Öl von Artemisia absinthium benutzt wird. Bei einem Kräuterauszug kann der Schnaps unangenehm bitter werden.
Absinth wurde auch durch Mazeration folgender Kräuter in hochpro zentigem Alkohol (Weinbrand o.ä.; bis zu 85% Ethanolgehalt) gewonnen (Albert-Puleo 1978: 69):

Wermutblätter Artemisia absinthium
Angelikawurzel Angelica archangelica L. (vgl. Theriak) [syn. Archangelica officinalis Hoffm.]
Kalmuswurzel Acorus calamus
Diptamdostblätter Origanum dictamnus L. [syn. Amaracus dictamnus (L.) Benth.]
Sternanisfrüchte Illicium verum Hook. f.
Zimtrinde Cinnamomum verum Presl.
Pfefferminze Mentha piperita L., Mentha spp. (vgl. Mentha pulegium)
Ysopkraut Hyssopus officinalis L.
Fenchelsamen Foeniculum vulgare

Zur Absinthbereitung wurden zusätzlich Koriander (Coriandrum sativum L.), Majoran (Majorana hortensis Moench., syn. Origanum majorana Boiss.), Muskat (Myristica fragrans), Oregano (Origanum vulgare L., Origanum spp.), Kamille (Chamomilla recutita (L.) Rauschert, syn. Matricaria chamomilla L.), Petersilie (Petroselinum crispum), Wacholder (Juniperus communis L.; vgl. Juniperus recurva) und Spinat (Spinacia oleracea L.) verwendet (Pendell 1995: 103*).

Dale Pendell, einer der letzen Beatpoeten, hat ein eigenes Rezept entwickelt, das starke psychoaktive Wirkungen hat:
30 g Wermutblätter (Artemisia absinthium)
8,5 g Ysopkraut (Hyssopus officinalis)
1,8 g Kalmuswurzel (Acorus calamus)
6,0 g Melissenblätter (Melissa officinalis)
30 g Anissamen (Pimpinella anisum)
25 g Fenchelsamen (Foeniculum vulgare)
10 g Sternanisfrüchte (Illicium verum)
3,2 g Koriandersamen (Coriandrum sativum)

Die Kräuter werden leicht zerstoßen und in ein verschließbares Gefäß gegeben. Dann werden 800 ml 85- bis 95%iger Alkohol darübergegossen. Das Gefäß wird, gut verschlossen, eine Woche stehen gelassen; gelegentlich wird es leicht geschüttelt. Anschließend gibt man 666 ml Wasser hinzu und läßt das Ganze für einen weiteren Tag mazerieren. Danach wird abgegossen. Die Kräuter werden über dem Extrakt gut ausgedrückt. Man kann sie nochmals mit Wodka oder einem anderen Alkohol begießen und wiederum auspressen (Pendell 1995: 112*).
Die heutigen (schweizerischen) Absinthrezepte werden als Geheimnis gehütet. Neben Wermut werden auch andere Kräuter mitdestilliert. Die Farbe ist klar, grünlich oder gelblich. Der Geschmack erinnert sehr an Anisette oder Pernod. Zum Trinken wird Absinth mit Wasser verdünnt (etwa 1:1). Das Gemisch ist milchig-trüb.
In Puebla (Mexiko) wird ein absinthähnliches Getränk namens yolixpa (Nahuat »im Angesicht des Herzens«) hergestellt und rituell getrunken (Knab 1995: 219*). Es wird aus aguardiente (Zuckerrohrschnaps; vgl. Alkohol) und darin eingelegten Kräutern, Artemisia mexicana u.ä., gewonnen. In der Schweiz wurden früher ebenfalls absinthartige Liebestränke aus Alkohol und den entsprechenden Kräutern angesetzt (Lussi 1997). Im deutschen Wermutwein43 sind nur minimale Spuren des ätherischen Öls enthalten (Fühner 1943: 239*).

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Abb.: Diana von Versailles; Bildquelle: Wikipedia

Rituelle Verwendung
Im Altertum waren unter dem Namen Artemisia, der sich von der Göttin Artemis, der Schwester des Heilgottes Apollon, ableitet, besonders der Wermut, der Beifuß und verwandte Arten (vgl. Artemisia spp.) bekannt. Leider sind kaum antike Texte erhalten geblieben, die den Zusammenhang zwischen diesen Pflanzen und der jungfräulichen Göttin erhellen. Das griechische Wort artemisia bedeutet »Unversehrtheit« – ein deutlicher Hinweis auf die Keuschheit der Göttin, die als Herrin der wilden Tiere wie eine Mischung aus Amazone, Hexe und Schamanin wirkt. Artemis wurde im alten Griechenland als Schutzgöttin der Jungfrauen verehrt, im alten Orient als Herrin der Amazonen betrachtet und in der italienischen Renaissance zur Hexengöttin Diana gemacht. Es gab im Frühjahr zur Zeit des Vollmonds ekstatisch-orgiastische Artemisiafeste, die zu Ehren der Göttin abgehalten wurden. Dabei wurde die Göttin in Form von Wermut und Beifuß symbolisch verspeist. In Lakonien wurden ausgelassene Artemisfeste mit obszönen Begehungen, wilden Tänzen, Travestien und Masken abgehalten. Dabei trugen die Männer Frauenmasken, und die Frauen schnallten sich Phallen um (Giani 1994: 89*). Vermutlich handelte es sich um Mysterien- und Fruchtbarkeitsriten.

 Artefakte
Absinth ist eine legendäre Künstler- und Bohemedroge des ausgehenden 19. Jahrhunderts (Conrad 1988). Der Absinth wurde vor allem durch die Absinthbilder des Pariser Malers Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901) und Edouard Manet (1832–1883) popularisiert. Der manischdepressive Maler Vincent van Gogh (1853–1890) war angeblich absinthsüchtig. Seine Malereien, vor allem jene, in denen leuchtende Gelbtöne (das berühmte »Van-Gogh-Gelb«), vorherrschen, geben recht gut die Wahrnehmungsveränderungen durch Thujon wieder (Arnold 1988). Auch Pablo Picasso hat den Absinth verewigt (Adams 1980). Paul Gauguin nahm sogar einen reichlichen Vorrat an Absinth mit auf seine Reise nach Tahiti. Alfred Jarry nannte den Absinth »Heiliges Wasser« (Pendell 1995: 110*).

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Abb.: Der Absinthtrinker, 1901 von Viktor Olivia; Bildquelle: Wikipedia

Der Absinth hat aber auch Literaten, z.B. Arthur Rimbaud, Ernest Dowson, Charles Cros, H.P. Lovecraft, Charles Baudelaire, Oscar Wilde, Jack London, Ernest Hemingway, Gustave Kahn, Victor Hugo, Alfred de Musset, Paul Verlaine, inspiriert (Conrad 1988, Pendell 1995: 103ff.*). Sie haben eine Reihe von Gedichten hinterlassen, die den Absinth preisen.

Medizinische Anwendung
Der Wermut wurde im alten Ägypten vielfach als Heilmittel, zum Aromatisieren und Aufputschen von Wein (vgl. Vitis vinifera) und Bier sowie zum Wurmaustreiben und bei Schmerzen im Analbereich verwendet. Wermut wird heute noch im Jemen als Schmerzmittel bei der Geburt eingesetzt (Fleurentin und Pelt 1982: 102f.*).
In der europäischen Volksmedizin ist Wermut eines der wichtigsten gynäkologischen Mittel zur Abtreibung und Einleitung der Menstruation und Geburt. Als Tee wird er vor allem bei Magenschmerzen, Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Gallenbeschwerden, Erbrechen und Durchfall getrunken (Pahlow 1993: 339*).
In der Homöopathie wird Absinthium entsprechend dem Arzneimittel bild u.a. bei Epilepsie sowie bei nervösen und hysterischen Krämpfen verwen det (Pahlow 1993: 340*).

Inhaltsstoffe
Wermut enthält viele Bitterstoffe (Absinthin) und ein ätherisches Öl, das reich an Thujon ist. Die vier Hauptbestandteile des ätherischen Öles sind (+)-Thujon (= -Thujon), cis-Epoxyocimen, Trans-Sabinylacetat und Chrysanthenylacetat. Wermut bildet verschiedene Chemotypen aus; daher kann die Zusammensetzung des ätherischen Öles stark variieren. Je nach Herkunft des Krautes kann einer der vier Hauptbestandteile vorherrschen. Dabei dominiert das (+)-Thujon in Höhenlagen bis zu 1000 Metern (Proksch und Wissinger-Gräfenhahn 1992: 360). Thujon hat eine ähnliche molekulare Symmetrie wie THC (Castillo et al. 1975).
Neben dem ätherischen Öl enthält das Kraut Sesquiterpenlactone, Gly koside des Kämpferols, Gerbstoffe und Quercetin (vgl. Acacia spp., Psidium guajava, Vaccinium uliginosum, Kinnickinnick) (Proksch und Wissinger-Gräfenhahn 1992: 361).

Wirkung
Der extrem bittere Wermuttee beruhigt nachweislich den Magen (Hoffmann et al. 1992: 37*). Pharmakologisch hat Thujon, das chemisch nah mit Kampfer (siehe Cinnamomum camphora) und Pinen verwandt ist, eine sehr ähnliche Wirkung wie THC (Castillo et al. 1975). Es wird in der Literatur häufig von Halluzinationen, aber auch von Krämpfen und epilepsieartigen Anfällen durch Absinthgenuß berichtet (Arnold 1988: 3043, Schmidt 1915, Walker 1906).
Der Absinthschnaps wirkt aufgrund des stark psychoaktiven Thujons viel stärker und andersartiger als andere Alkoholika (vgl. Alkohol): »Der Absinth wirkte wahrlich berauschend auf mich, aber ganz anders als ›normaler‹ Schnaps. Der Absinth stimulierte recht stark, machte mich wach und hielt mich auch lange wach. Zum Teil wurde ich von aphrodisischen Gefühlen durchspült, zum Teil floß ich selbst dahin. Bei zunehmender Wirkung hatte ich ein Gefühl wie ein Entschweben. Es war wie der Kuß der grünen Fee. – So köstlich der Rausch am Abend war, so schmerzvoll ist der Kopf leider am nächsten Morgen. Ich hatte niemals zuvor einen derart brutalen Kater.« (Rätsch 1996) Gegen einen quälenden Absinthkater soll eine Linie Kokain gut wirk sam sein.
Das Kraut wirkt beim Rauchen im Vergleich zum Absinth sehr milde; es erzeugt, wenn überhaupt, nur eine schwache Euphorie.

Marktformen und Vorschriften
Das Wermutkraut ist in Mitteleuropa offizinell (DAB10, Helv.VII, ÖAB90, BHP83); der Gehalt an ätherischem Öl soll mindestens 0,2% betragen (Proksch und Wissinger-Gräfenhahn 1992: 362). Das Kraut ist frei verkäuflich, nur der Absinth ist verboten. Das aus Artemisia absinthium und anderen aromatischen Kräutern zubereitete alkoholische Getränk namens Absinth war lange Zeit verboten (seit 1922), ist jedoch seit 1998 in der EU wieder erlaubt sowie in der Schweiz 2005 legalisiert worden. Der handelbare Absinth darf jedoch nur 35 mg Thujon auf einen Liter enthalten.

Literatur
(KRAUTJUNKER-Kommentar: Umfangreiche Liste mit Literatur-Quellen ist im Buch abgedruckt.)

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Bildquelle: Wikipedia

»Das Trinken von Absinth ähnelt dem Rauchen von Cannabis zusammen mit dem Trinken von Wein. Das Geheimnis des Getränkes liegt im richtigen Verhältnis von Alkohol zu Thujonen. Dies führt zu einer synergistischen Wirkung. Absinth ist Cannabis aus der Flasche. Ich trinke es auf die traditionelle Weise mit Zucker und Eiswasser. Aber Vorsicht! Nach drei Schlucken passieren unheimliche Dinge.«
RT/Absinth (in: Entheogene 5, 1995, S. 49)

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Orphischer Hymnos: »Es gibt eine wirkliche Welt, aber sie liegt hinter diesem Glanz und diesem Schein, hinter all den ›Jagden auf Gobelins, Träumen in vollem Lauf‹! Dahinter wie hinter einem Schleier. (…) Die Alten wußten, was es heißt, den Schleier zu lüften. Sie nannten es: den Gott Pan erblicken.«
Arthur Machen; Der Große Pan; (1994: 10)

Saturnalien+

Abb.: Saturnalien

»Der Gebrauch psychedelischer Artemisia-Zubereitungen – synergistisch kombiniert mit der Einwirkung der Mondkräfte – konnte leicht die ekstatischen und orgiastischen Riten der Artemis hervorrufen.«
Michael Albert-Puleo; Mythobotany, Pharmacology, and Chemistry of Thujone-Containing Plants (1978: 68)

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Abb.: Artemisstatue aus Ephesos im Museum von Selçuk

»Der Artemis – Königin, höre mich an,
Vielgerufene Tochter des Zeus,
Donnernde, hochgelobte Titanin,
Erhabene Bogenschützin!
Allerleuchtende, Fackelträgerin,
Göttin Diktynna, dem Kindbett hold;
Helferin in den Wehen,
Selbst aber dem Kindbett fremd.
Gürtellöserin, Freundin des Wahnsinns,
Sorgenlösende, Jagende,
Rennerin, schleudernd die Pfeile,
Freundin der Jagd, die die Nacht durchstürmt.«
Orphische Hymne

*

Christian Ratsch

Die Website des Autors: http://www.christian-raetsch.de/

http://www.christian-raetsch.de/portrait/dr-phil-christian-raetsch.html

*

KRAUTJUNKER-Kommentar vom 24. Februar 2024: Auf Wunsch von Andreas Humbert verweise ich auf seinen Blogbeitrag über Wermut. Über den Inhalt kann ich mir kein Urteil erlauben, weil mir die Fachkenntnisse fehlen und ich Wermut zumeist in einem Martini genieße:
https://www.meinwegausderangst.de/wermut-wirkung-psyche/

***

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Enzyklopaedie_der_psychoaktiven_Pflanzen_2017

Titel: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen

Autor: Dr. Christian Rätsch

Verlag: AT Verlag

ISBN: 978-3-03800-995-5

Verlagslink: https://www.at-verlag.ch/buch/978-3-03800-995-5/Dr_Christian_Raetsch_Enzyklopaedie_der_psychoaktiven_Pflanzen.html

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