Buchvorstellung von Ola Wirenstrand
Alle Menschen essen gerne Hamburger. Auch Vegetarier. Nun gibt es aber zig Gründe, warum manche Menschen kein Fleisch essen möchten: religiöse, ethische, gesundheitliche, Kombinationen davon mit unterschiedlicher Gewichtung. Und TROTZDEM wollen sie gerne Burger essen. Nur eben ohne Fleisch. Kurzes Intermezzo: für meine persönliche Meinung zum Fragentyp „aber warum wollen sie denn Burger essen, wenn sie doch kein Fleisch mögen“ siehe diesen Beitrag (siehe: https://krautjunker.com/2017/01/13/meine-kleine-vegane-metzgerei/).
Martin Nordin hat ein Buch über vegetarische Burger geschrieben und ich habe es mit meiner Frau teilweise nachgekocht. Nordin ist kein „richtiger“ Koch, er arbeitet – man traut es sich kaum sagen – bei einem großen schwedischen Möbelhaus als Gestalter. Köttbullar sucht man in „Vegetarische Burger“ erfreulicherweise jedoch vergebens. Wir haben uns an Zucchini-Süßkartoffel-Burgern mit Chipotle-Mayonnaise und gegrillten Schalotten und Halloumi-Burgern mit Zwiebel-Pilz-Mus und frischem Thymian versucht.
Abb.: Foto von Ola Wirenstrand
Saucen, Brötchen, Eingelegtes und Gewürzmischungen spielen, neben der Bulette an sich, eine gewichtige Rolle im Buch. Auf die Freiheit des vegetarischen Burgers nimmt der schwedische Hobbykoch schon in der Einleitung Bezug: während sich fleischessende Burgerbegeisterte häufig mit dem perfekten, jedoch konventionellen Burger beschäftigen, ist ohne totem Tier praktisch alles möglich. Amerikanische Prägungen können getrost beiseitegelassen werden, man hat weder das Restaurant Zum Goldenen Bogen im Hinterkopf noch Edelbratereien wie sie der geneigte Hipster in inzwischen jeder Stadt findet. Ob es dann noch ein Burger ist? Natürlich. Wir sprechen immer noch von einem warmen Stück Irgendwas, eingeklemmt zwischen zwei Brötchenhälften und garniert mit Salat, Sauergemüse und Sauce. Kein Problem. Und Pommes kann man auch dazu haben.
Die Chipotle-Mayonnaise zum Zucchini-Süßkartoffel-Burger macht sich erstaunlich schnell und unkompliziert. Ich habe seit Jahren ein großes Glas mumifiziert aussehender, tatsächlich schlicht geräucherter Chipotle-Schoten in meinem Küchenregal stehen. Klein gehackt und mit Tomatenmark, etwas Zucker, Knoblauch und Salz/Pfeffer sind sie ein guter Ersatz für die im Rezept vorgesehenen Dosenchipotle in Tomatensauce. Es entsteht eine leicht rauchige, rosa Mayonnaise die wirklich sehr gut schmeckt.
Weniger leicht die Patties: Nordin schlägt Ausstechringe vor, um die geriebenen Zucchini und Süßkartoffeln zusammenzuhalten, jedoch keinerlei Bindemittel. Mangels Ausstechringen dieser Größe haben wir einfach größere Häufchen in die Pfanne gelegt und nach und nach wieder zusammengeschoben. Als Brötchen nahmen wir hochwertige Kartoffelbrötchen vom Bäcker unseres Vertrauens, nach dem Rösten in Butter passten auch diese sehr gut zum Rest. Zugegeben: es war schwierig, die Burger würdevoll und ohne Matscherei zu essen, aber sie waren sehr lecker. Der junge Mangold harmoniert gut mit den anderen Zutaten und gibt weiteres Aroma dazu.
Deutlich weniger spannend als die Chipotle-Mayonnaise gestaltete sich das Zwiebel-Pilz-Mus: wir haben die gebratenen, dann in säuerlicher Zwiebel-Essig-Reduktion mitgeköchtelten Pilze durch eine gute Prise von Schwiegermutters getrockneten Maronen ergänzt, die Sauce kam trotzdem nur schwer gegen den kräftigen, trotz Spülens salzigen Halloumi an. Hier hätte man den Käse vermutlich noch länger spülen müssen. Das Pfeffergemisch (Szechuan, Koriander, schwarzer Pfeffer) duftet großartig und lässt sich auch anderweitig sehr gut einsetzen, es ergibt ein brotige, füllige Schärfe. Dazu gab es auch hier wieder die bewährten Kartoffelbrötchen. In Kombination eine ansprechende und leckere, wenn auch wenig spektakuläre und für den Aufwand ein wenig zu farblose Angelegenheit.
Die Gestaltung des Buches ist ansprechend und inspirierend, gute Fotografie mit einer Spur Instagram-Ästhetik. Man merkt, dass hier ein Gestalter am Werk war.
Zwar habe ich Verständnis für nachgebaute Fleischgerichte, noch ein bisschen schöner ist es aber, wenn die Rezepte für sich selbst stehen. Da ich selbst nicht der Typ kochender Chemiker bin finde ich es sehr angenehm, dass in den Rezepten nicht mit 3,4 Gramm fleur de sel (bitte nur aus Noirmoutier) oder einer halben Messerspitze Lavendelzucker hantiert werden muss, sondern auch ohne Lupe und Lineal gut verständlich wird, worauf der Autor in den Rezepten hinaus will. Als Vegetarier wiederum freue ich mich, dass der augenscheinlich lebensfrohe Autor ein griffiges, gut kochbares, unpuritanisches Werk vorgelegt hat.
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Anmerkungen
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Titel: Vegetarische Burger
Autor: Martin Nordin
Fotograf: © Martin Nordin
Verlag: riva Verlag
Verlagslink: https://www.m-vg.de/riva/shop/article/14271-vegetarische-burger/
ISBN: 978-37423043