von Michael Schlecht
„Cata-Was?“ ist die häufigste Reaktion, wenn man die Frage beantwortet, was das am Ende der Leine da denn für einer Rasse angehört. Beim Louisiana Catahoula Leopard Dog – kurz Catahoula – handelt es sich um eine mittelgroße Gebrauchshunderasse aus den USA. Auch wenn hierzulande weitgehend unbekannt, ist die Rasse in ihrer Heimat immerhin der offizielle State Dog des Bundesstaates Louisiana. Ihr Ursprung geht mutmaßlich auf Kreuzungen aus Molossern und Windhunden, die der spanische Eroberer Hernan de Soto im 16. Jahrhundert mit nach Amerika brachte, mit Hunden der Choctaw-Indianer zurück. Später wurden wahrscheinlich noch Beaucerons der französischen Siedler dazugemischt.

Die frühen Siedler der Neuen Welt konnten sich in der Regel nicht mehrere für einzelne Zwecke spezialisierte Hunde leisten, wohl aber wussten sie, wie man bestens geeignete Hunde als intelligente Generalisten für die verschiedenen anfallenden Aufgaben züchtet. So wurde eine Rasse geschaffen, die Haus und Hof bewacht, halbwilde Rinder zusammentreibt und sich auch bei der Jagd auf verwilderte Hausschweine und Waschbären bewährt. So etwas wie ein übergeordneter Zuchtverband war unerreichbar – und so wurde die Zuchtauswahl ausschließlich nach Kriterien der Arbeitseignung wie Intelligenz, Lernfähigkeit, Charakter und Körperbau getroffen. Diese Herangehensweise hat noch einige andere Rassen hervorgebracht, die alle zur Rassegruppe der Cur dogs gehören, z.B. den Black Mouth cur oder den Texas blue lacy.

Diese Zuchtauswahl führte zu Hunden, die einen sehr sportlichen Körperbau und enorme Ausdauer haben. Ihr Haarkleid ist kurz und stockig und damit bestens für das Klima in den Sümpfen Louisianas geeignet. Eine Haut zwischen den Zehen macht sie zu hervorragenden Schwimmern und ihr Ruf, auf Bäume klettern zu können, ist Gegenstand vieler Legenden über die Catahoulas. Da eine bestimmte Farbe oder Größe bei der Selektion der Zuchttiere bestenfalls eine nachrangige Rolle spielte, gibt es heute drei verschieden große Schläge innerhalb der Rasse. Die Bandbreite reicht dabei von 22 kg Gewicht und 50 cm Stockmaß für kleine Hündinnen bis zu 40 kg und 65 cm bei großen Rüden. Auch das Merle-Gen und all die bunten Fellvarianten, die das mit sich bringen kann, sind in der Rasse fest verankert. So sieht man Catahoulas sowohl als braune oder schwarze Solids, gescheckte Hunde als blue oder red Leopards und alle Varianten auch in Kombination mit gestromten Körperpartien, sowie weißen Abzeichen und relativ häufig auch außergewöhnliche Augenfarben (blau, zweifarbig blau/braun, cracked glass eyes, marbeled glass eyes). Einzig einen zu hohen Weißanteil oder rein weiße Köpfe vermeidet man, da das mit einem erhöhten Anteil an tauber/blinder Nachkommenschaft einhergeht.

Um der Aufgabe als Wächter in abgelegenen Gegenden gerecht werden zu können, ist ein gewisses Misstrauen gegenüber Fremden fest im Wesen der Hunde verankert. Briefträger und Catahoulas werden wohl auch in den heutigen Tagen nur in den seltensten Fällen ein entspanntes Verhältnis zueinander pflegen. Man darf nicht den Fehler begehen, diese Reserviertheit für Angst zu halten. Es ist rassetypisches Verhalten. Auch Raubwildschärfe wurde fest ins Genom eingebaut, um Waschbären, Kojoten und andere unerwünschte vierbeinige Besucher von der Farm fernzuhalten. Da die Hunde bei der Jagd und der Treibarbeit häufig auf sich allein gestellt arbeiten, sind Intelligenz, Selbstbewusstsein und eigenständiges Denken ebenfalls grundlegende Wesenszüge, die in dieser Kombination allerdings zu einer legendären Sturheit werden können. Triebigkeit und gute Nasen sind für die Erfüllung der letztgenannten Aufgaben auch sehr wichtig und dementsprechend prägnant im Wesen der Hunde.

Unter den Haltern hat die der Spruch: „Give a catahoula a job, or it will eat your house“ schon häufiger als prophetisch erwiesen. Unterfordert und mit einem Mangel an Hundeverstand und Konsequenz erzogen, neigen Catahoulas dazu, alle schlechten Eigenschaften zu entwickeln, die man sich so denken kann. Von Beißvorfällen, Leinenaggression etc. bis zu auf die atomare Ebene zerkleinerten Couchgarnituren ist alles dabei, was so passieren kann, wenn Menschen sich für einen Hund entscheiden, dem sie nicht gerecht werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rasse als Spätentwickler gilt, der Charakter der Hunde ist erst mit zweieinhalb bis drei Jahren entsprechend gefestigt. Leider sieht man regelmäßig solche Hunde zu „Wanderpokalen“ werden, weil Menschen sich aufgrund unseriöser Beratung beim Welpenverkäufer (Züchter wollen wir diese spezielle Gattung profitorientierten Abschaums mal nicht nennen) überschätzen oder weil der Wunsch nach „so einem bunten Hund“ stärker war als das Wissen, dass man eigentlich weder die Zeit und Energie noch die nötige Hundeerfahrung hat, um so ein wildes Energiebündel in einen fleißigen Arbeitshund zu verwandeln. Selbst unter erfahrenen Hundetrainern kursiert die Meinung, beim Catahoula handle es sich um „den Endgegner in Sachen Hundeerziehung“.
Als nicht von der FCI und erst recht nicht vom JGHV anerkannte Rasse sind die Catahoulas in Deutschland als Jagdhunde recht selten anzutreffen, obwohl sie sich hervorragend zum Stöbern auf Schwarzwild eignen. Sie zeigen Ausdauer, Eignung auch für schwieriges Gelände, wie sumpfige Schilfbestände oder steile Hänge, eine gesunde Mischung aus Wildschärfe und Respekt, Agilität, eine feine Nase und ein Jagdverhalten, das in ihrer ursprünglichen Heimat „hot-nosed“ genannt wird, also die Neigung nur sehr frische und damit erfolgversprechende Spuren anzunehmen. Schweißfährten arbeiten die Hunde mit entsprechendem Training natürlich trotzdem sehr gut. Spurlaut sind nicht alle Vertreter der Rasse, aber aufgescheuchtes Wild wird sichtlaut verfolgt und, so es sich stellt, folgt anhaltender Standlaut. Es ist dabei durchaus möglich, die Hunde so zu erziehen, dass Rehwild nur kurz angejagt wird, die eigentliche Arbeit aber immer den Sauen gilt.
Wer weder Weidevieh hat, das zusammengetrieben werden muss, noch zur Jagd geht (oder eine Beschäftigung für außerhalb der Saison sucht) braucht natürlich andere Aufgaben für den Hund. Relativ viele Catahoulas dürfen ihre Eigenschaften bei der Arbeit als Rettungshunde einsetzen. Auch Mantrailing und Fährtenarbeit sind sehr beliebt, ebenso wie alle Arten von Zughundesport – egal ob Bikejöring, Skijöring, Schlittenziehen oder Canicross. Auch Agility und vereinzelt sogar IPO wird mit Catahoulas erfolgreich gearbeitet. Es sind immer Hunde für Menschen mit aktivem Lebensstil.

Mehr Infos gibt es auf der Seite des europäischen Catahoula-Verbands
http://www.ealc.info/de/
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KRAUTJUNKER-Autor Michael Schlecht

Michael Schlecht (Jahrgang 1979) ist seit drei Jahren Herrchen der Catahoula-Hündin „Elster“ (alias Anastasia aus dem Ulstertal, alias Stinkerbell, alias HierheraberzackigduUntier). Privat hört er gern Metal, beruflich haut er darauf rum, als Metallbaumeister mit Affinität zum klassischen Schmiedehandwerk. Schon immer war er gern und viel outdoor unterwegs, und nutzte seine „wilden Zwanziger“ für denkwürdige Motorradtouren, von denen ihn eine zum Schottland-Fan und Whiskygenießer machte. Durch ein anderes seiner Hobbies, das traditionelle Bogenschießen, kam er nicht nur zu Frau, Hund und Kind (in dieser Reihenfolge), sondern vor nunmehr 5 Jahren auch zur Jagd. Seither ist die Küche der Familie deutlich wildlastig, und als Mitinitiatoren des „Wild Kitchen Project“ haben sich Michael und seine Frau Jana Rogge schon einen guten Namen in der Szene erarbeitet. Entgegen früherer Beteuerungen, nichts könne ihn von etwas anderem als seinem bayerischen Landleben überzeugen, lebt er mittlerweile als Exilbayer im Thüringischen Weimar.

https://wild-kitchen-project.de/
Das Wild Kitchen Project auf KRAUTJUNKER: https://krautjunker.com/?s=wild+kitchen+project
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Anmerkungen
Von KRAUTJUNKER gibt es nicht nur eine Facebook-Gruppe, sondern jetzt auch Outdoor-Becher aus Emaille…
