Rezeptvorstellung von André Brüggemann
Beim Wanderurlaub in Südtirol habe ich Gamswild in freier Natur erleben dürfen. Das ist schon was anderes, als es zu Hause im Wildpark zu sehen. Eine weitere schöne Urlaubserinnerung ist die alpenländische Küche. Schlutzkrapfen, verschiedenste Knödel, Gröstl u.v.m., das Ganze mit Einflüssen aus Bayern, Österreich und Italien.

Wieder zu Hause, möchte man natürlich einiges nachkochen, für die Alpenküche gibt es diverse Kochbücher, auf Jäger und Wildliebhaber ausgerichtet ist Unwiderstehlich Wild – Die besten Rezepte aus Südtirol, Tirol, Bayern und dem Aargau, herausgegeben von den regionalen Jagdverbänden. Bereits beim ersten Durchblättern hat mich ein Rezept angesprochen, eigentlich eher das zugehörige Foto: Gamsrücken im Tramezzinimantel.

Doch obwohl ich im heimischen Revier viel umher pirschte und dabei den höchsten Berg erklomm (immerhin 286 m ü. NN!), kam kein Gamswild in Anblick [KRAUTJUNKER-Kommentar: Allerdings erschien mir nach dem strapaziösen Aufstieg die Luft so dünn, dass ich mich nicht über Yetis gewundert hätte…]. Rehwild haben wir allerdings viel. Eigentlich keine Überraschung, liegt das Revier doch in Niedersachsen. Sei´s drum, Rehe und Gämse sind beides kleine Wiederkäuer, warum sollte das Rezept nicht auch mit Rehrücken gelingen.
Also ab mit dem Rücken in die heiße Pfanne, begleitet von Rosmarin und Thymian. Ich habe mir erlaubt, noch eine angedrückte Knoblauchzehe beizufügen.


Parallel zum Anbraten werden die Tramezzinischeiben überlappend ausgelegt und flachgerollt. Mir ist es nicht gleich auf Anhieb gut gelungen (die Scheiben haben sich nicht gut verbunden und beim einwickeln wieder gelöst), also vorsichtshalber ein paar Scheiben in Reserve halten.

Die „Riesenscheibe“ wird mit Brät bestrichen (Wer kein Brät bekommen hat, kann ein bisschen Wild durch die feine Scheibe des Fleischwolfs drehen, ggf. mit einem Schluck Sahne auf eine cremige Konsistenz bringen und etwas pikant abschmecken), den Rücken darin stamm eingewickeln und in heißem Butterschmalz rund herum anbraten, dann geht´s zum Nachgaren in den auf 90 Grad vorgeheizten Backofen.

Während das Fleisch nun eine Zeit lang allein klar kommt, kann die Sauce zubereitet werden (die hat mir übrigens so gut gefallen, dass sie losgelöst vom eigentlichen Rezept zukünftig häufiger mal zum Einsatz kommen wird). Hierzu Zucker karamellisieren und mit Rotwein, Portwein und Kirschsaft ablöschen, zusammen mit Fond (ich hatte glücklicherweise noch selbstgemachten Wildfond) einkochen lassen.

Wenn die Sauce auf die Hälfte reduziert ist (ggf. etwas andicken), die Kirschen hinzufügen. Das Rezept fordert es nicht, aber ich habe noch etwas mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt.
Als Beilage habe ich mich – analog zum Rezeptbild – für Rosenkohl entschieden. Auch hierfür findet sich im Kochbuch ein Rezept: Speck auslassen, gewürfelte Schalotte darin glasig dünsten, Rosenkohl dazugeben, einige Zeit kochen lassen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken, fertig.
In der Zwischenzeit sollte auch das Fleisch einen guten Garpunkt erreicht haben, tatsächlich sieht es beim Anschneiden hervorragend aus (klar, immer Geschmackssache, wie „durch“ man es tatsächlich mag).

Also alles schön auf einem vorgewärmten Teller anrichten und dann genießen!

Für diejenigen, die es mit oder ohne Gams nachkochen möchten, folgt hier das Rezept:

Gamsrücken im Tramezzinimantel
Die Gamsjagd gehört zu den traditionellsten Jagden in den Alpen. Doch nicht nur die Jagd ist ein einmaliges Erlebnis, auch das Fleisch der Gams schmeckt wunderbar und bietet eine geschmackliche Alternative zu den bekannten Reh- oder Hirschrücken. Mit diesem Rezept werden die Hotelgäste vom Küchenchef im TOP Hotel Hochgurgl im Ötztal regelmäßig mit Gamsfleisch aus eigener Jagd verwöhnt.
Für 4 Personen
½ kg ausgelöster Gamsrücken
1 EL Butter
3 Zweige Rosmarin
3 Zweige Thymian
4 Scheiben Tramezzini
100g Wild- oder Kalbsbrät (beim Metzger erhältlich)
2 EL geklärte Butter
Für die Weichselsauce
2 EL Rohrzucker
1/8 l Rotwein
1/8 l roter Portwein
1/8 l Kirschsaft
½ l Wild- oder Kalbsfond
ggf. etwas Speisestärke
120 g Weichselkirschen ohne Stein (frisch oder aus dem Glas)

- Den Gamsrücken mit Salz und Pfeffer würzen. In einer Pfanne die Butter zerlassen, den Rosmarin und Thymian dazugeben und den Gamsrücken darin kurz von allen Seiten anbraten. Anschließend auf Küchenpapier trocknen und abkühlen lassen.
- Die Tramezzini zurecht schneiden und auf Frischhaltefolie auslegen. Mit einem Nudelholz dünn ausrollen, eventuell noch mit Frischhaltefolie abdecken. Anschließend mit dem Brät bestreichen, den ausgekühlten Gamsrücken drauflegen und mithilfe der Frischhaltefolie fest einrollen, um eine schöne Roulade zu bekommen.
- Den Ofen auf 90 Grad Celsius vorheizen. Die Roulade aus der Frischhaltefolie nehmen. Die geklärte Butter in einer Pfanne erhitzen und die Roulade darin goldgelb anbraten. Im vorgeheizten Ofen ca. 12-15 Minuten weitergaren. Anschließend ein paar Minuten ruhen lassen.
- Für die Sauce den Rohrzucker karamellisieren und mit Rotwein, Portwein und Kirschsaft ablöschen. Um ein Drittel einkochen lassen.
- Den Wild- oder Kalbfond zufügen und alles aufkochen. Um die Hälfte einreduzieren lassen und wenn nötig mit etwas kalt angerührter Speisestärke binden. Zum Schluss die Kirschen dazu geben.
Als Beilage passen Selleriemousse (S. 122) und gekochtes Gemüse.
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KRAUTJUNKER-Koch André Brüggemann

André Brüggemann ist passionierter Jäger, Hundeführer und Jagdhornbläser sowie begeisterter Hobbykoch und Genießer. Aufgrund seiner Tätigkeit als Steuerberater in eigener Kanzlei bleibt ihm dazu allerdings weniger Zeit, als ihm lieb wäre.
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Anmerkungen
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Titel: Unwiderstehlich Wild – Die besten Rezepte aus Südtirol, Tirol, Bayern und dem Aargau
Rezept: TOP Hotel Hochgurgl im Ötztal https://www.tophotelhochgurgl.com/
Verlag: Athesia
Foto: Katrin Winner https://www.katrinwinner.de/
Verlagslink: https://www.athesia-tappeiner.com/de/9788868394226
ISBN: 978-88-6839-422-6
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Bereits veröffentlichte Beiträge aus dem Buch:
https://krautjunker.com/2019/10/27/alpine-hirschsteaks-mit-haselnusskruste-und-rahmschwammerln/
https://krautjunker.com/2020/01/16/wild-in-luzern-rehragout-an-calvadoscreme/