Buchvorstellung des Bertram Graf v. Quadt
Unter diesem Titel hat der neuseeländische Autor Peter P. Ryan nach Wild South ( auf dem Krautjunker-Blog von Beate Fischer besprochen und Hunting New Zealand sein drittes Buch vorgelegt. Es liegt in englischer Sprache vor und wurde bei Bateman Books, Auckland als Paperback verlegt.
Ich bin zu meinem Leidwesen ein professioneller Leser. Zu meinem Berufsalltag gehört es, in acht Stunden zwischen 2 bis 3000 Agenturmeldungen zu sichten. So ist, wenn ich abends nach Hause komme, mein Buchstabenbedarf mehr als reichlich bedient. Damit steigt die Zahl der Bücher, die ich beginne, zur Seite lege und allzu oft nie wieder zur Hand nehme. Ein Buch muss mich daher sehr fesseln, damit ich es zu Ende lese. Peter P. Ryan hat das mit den beiden Vorgängern von Hunting Life geschafft, und mit diesem Buch erst recht.
Ähnlich wie auch Wild South schein das Buch eine Abfolge lose zusammengeführter Skizzen und Schlaglichter auf bestimmte Jagderlebnisse in der neuseeländischen Heimat des Autoren und in Afrika zu sein. Doch mit jedem Kapitel, das man liest, sieht man den roten Faden, den Ryan in dieses Werk geschrieben hat, deutlicher: das Heranführen seines Sohnes an die Welt des Vaters, die Welt der Natur, der Jagd, des Wildes, der Waffen und der Hunde. Damit einher geht Ryans Auseinandersetzung mit dem eigenen Älterwerden und allen positiven und negativen Begleiterscheinungen:
»Die Nacht naht, und so steigen wir auf. In dem Geröll schaffe ich nur wenige Schritte aufwärts. Fünf Meter, dann verschnaufen, dann wieder fünf Meter. Das Steigen, so scheint es, ist fünfmal schwerer geworden, als es einmal war. Viel später, am Feuer, wird mir klar, dass Jamie mir in nicht allzu vielen Jahren davonlaufen wird. Es ist hart für mich, das zu akzeptieren. Mir ist, als hätte ich ihm erst gestern beigebracht, wie man einen Löffel zum Mund führt.«
In diesen kleinen, wie zufällig und dennoch mit großem Bedacht eingestreuten Szenen, klingt das Grundthema des Buches: ein Mann mittleren Alters, der trotz aller Jungenhaftigkeit nicht mehr der leichtfüßige Kerl von damals ist und der weiß, dass er eines stets näher rückenden Tages ein alter Mann sein wird. Dabei entsteht aber nie der Eindruck, Ryan verarbeite hier seine midlife crisis. Im Gegenteil: er beschreibt den Prozess und die damit einhergehenden Gedanken und Gefühle mit großer Gelassenheit und einer gewissen Neugier auf das, was da kommen wird.
Umrahmt ist dieser Tenor von kleinen und wirklich großen Abenteuern im Busch und im Gebirge, am Sund und am Fluss, mit Flinte und Büchse. Ryan erzählt von dramatischen Erlebnissen in Kamerun, von Jagden auf Tahr und Gams in Neuseeland, von rufenden Hirschen und unvermittelt im Hochgebirge anlaufenden Sauen. Und dies macht er so meisterlich, dass sich der Leser in jedem Moment direkt ins Geschehen und Erleben eingebunden fühlen kann. Er beobachtet nicht, er ist dabei, wenn der Autor schreibt: »So war das denn unser Abendessen: Hunger, wilde Vögel, Whisky und Feuer und Sterne und Schweigen.« Ich hatte das große Vergnügen, mehrere von Peter P. Ryans Erzählungen für die HALALI zu übersetzen. So weiß ich, wie sehr sein unnachahmlicher Erzählstil unter der Übersetzung leidet. So schön und reich die deutsche Sprache ist, so wenig eignet sie sich für Ryans Schreibe, die großes Einfühlungsvermögen mit teilweise fast harter, brüsker Ehrlichkeit vereint, wobei sein Sprachstil auch für Leser, die des Englischen weniger mächtig sind, immer noch flüssig und sehr gut lesbar ist.
Der Autor macht in diesem Werk (und in all seinen anderen) das, was ein Buch in meinen Augen nicht nur lesenswert, sondern liebenswert und respektabel macht: er gibt ungemein viel von sich her. Ich habe den Autor nie persönlich kennengelernt und hoffe darauf, dass sich das eines Tages ergeben wird. Aber nach der Lektüre seiner Bücher, insbesondere nach der von Hunting Life ist es mir, als kennte ich ihn gut. Sein Buch wird jetzt, da es durchgelesen ist, noch lange auf meinem Tisch liegen, ich werde es immer wieder zur Hand nehmen um einige Sätze, die mir besonders wichtig sind, zu lesen. Dann, eines Tages, wird es im Regal stehen, neben den Autoren, die mir wirklich wichtig sind und Namen tragen wie Selous, Ruark, Gagern, Cramer-Klett. Peter P. Ryan steht mit ihnen auf einem Niveau, sie alle hätten das sagen können, was er in diesem Buch sagt:
»Nach vierzig Jahren bringt die Zeit neue Perspektiven, und die Realität kann manchmal hart sein. Ich weiß jetzt nach genauer Überlegung, dass ich über diese Jahre hinweg den größten Teil meines Vermögens für Jagd, Reisen, Waffen und Hunde ausgegeben habe.
Den Rest habe ich verjubelt.«
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Bertram Graf v. Quadt

Man kann sich gegen schwere erbliche Belastungen nicht wirklich zur Wehr setzen. Damit war die Jagd unausweichlich. Beim Blick in die Generationen gibt es auf weite Sicht keinen männlichen Vorfahr – und nur wenige weibliche – die nicht gejagt hätten. Vater, Mutter, beide Großväter und so weiter und so fort – alles Jäger, und zum Teil hochprofilierte Jäger: der Vater meiner Mutter, Herzog Albrecht v. Bayern, hat die bedeutendste Monographie des 20. Jahrhunderts über Rehwild verfasst („Über Rehe in einem steirischen Gebirsgrevier“) und darin mit viel Unsinn über diese Wildart aufgeräumt. Meine Mutter war an den Forschungen dazu intensiv beteiligt, gemeinsam mit meinem Vater hat sie die Erkenntnisse im gemeinsamen Revier im Allgäu umgesetzt. Nun will und muss aber jeder junge Mensch rebellieren. Ich habe mir dafür aber nicht das jagdliche Erbe ausgesucht, sondern die Schullaufbahn, das nie begonnene Studium, das Ergreifen anrüchiger Berufe (Journalist, pfui!) und anderes mehr. Und ich kann im Rückblick sagen: das war die richtige Entscheidung.
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Hunting Life – Moments of Truth
Autor: Peter P. Ryan (https://faraway.co)
Verlag: Bateman Books, Auckland
ISBN: 978-1-98-853872-3
In Deutschland leider nur im direkten Kontakt mit dem Autoren oder teilweise auf Ebay erhältlich