Buchvorstellung von Thomas Thelen
Kutschmatschi!
„Kinder, zum Abendbrot gibt es Kutschmatschi! Kutsch!!!Matschi!!!“ – Jedem, der sich einmal darauf eingelassen hat, dieses ebenso wunderbar leckere wie wunderbar einfache Rezept aus dem augenöffnenden Band Kaukasis von Olia Hercules nachzukochen und gegebenenfalls regional / saisonal anzupassen, wird begeistert sein und Kutschmatschi in seinen privaten Kanon von herzerfreuenden Familienrezepten aufnehmen, und das nicht nur des lautmalerisch ein wenig in die Irre führenden Namens.
Denn Kutschmatschi ist keinesfalls ein lieblos zu Brei verkochter Eintopf, sondern ein intelligentes, modernes, nachhaltiges nose-to-tail-Gericht: Geflügelinnereien – hier Herzen, Mägen und Lebern vom Huhn – werden kurz und kräftig angebraten und dann mit Zwiebeln und Knoblauch aromatisiert, mit Nüssen (Hasel- oder Walnüsse, Mandeln oder Pinienkerne) ergänzt und in Granatapfelkernen und -saft schmorend zu etwas ganz Besonderem geadelt. Die Herzen sind ein Muss, die Mägen und Lebern sind optional und am besten in angepassten Zeitfenstern zuzufügen; auch Innereien von anderem Geflügel oder vom Kaninchen sind willkommen. Sicher sind frische Kräuter als Akzentuierung passend, Schärfe aus frischen oder getrockneten Chilis gehört bei uns immer dazu, aber auch guter Pfeffer wie die BASS-Pfeffermischung aus Kampot (https://www.hennesfinest.com/shop/kampot-pfeffer/206/bass.-pfeffermischung-aus-kampot.-100g ) von Hennes Finest sorgt für Pfiff.




In dem anschaulichen Band Kaukasis nimmt Olia Hercules uns mit auf eine kulinarische Reise durch den Kaukasus – die lebhafte Region weit im Osten, die Europa mit Asien verbindet und die Teile Georgiens, Aserbaidschans, Armeniens, des Irans, Russlands und der Türkei umfasst. In über 100 Rezepten stellt uns die preisgekrönte Kochbuchautorin authentische, aromatische und überraschende Gerichte wie Wurzelgemüse und Bohnen à la Turschulasch, Estragonkuchen oder Chinkali dieser reich gesegneten, aber wenig bekannten Region vor.
Leider ist die relativ kleine Karte im Buch nur bedingt informativ, ihr hätte man gut und gerne eine Doppelseite spendieren können. Zur Orientierung hier ein Link zur Region auf Google Maps: à https://www.google.com/maps/@41.5325262,44.5454645,7.05z
Die Haptik des Buches wird geprägt durch einen vollfetten, erfreulich gestalteten Einband und ein farblich passendes, breites Lesebändchen in endlich einmal ausreichender Länge. Die rund 200 Fotos kommen zumeist reportagehaft daher, es sind definitiv keine geleckten und durchorchestrierten Studioshots in unterkühlter Atmosphäre. Besonders die vielen Fotos von dörflichen Köchinnen und Küchen begleiten dokumentarisch, aber auch inspirierend die Genussreise in den Kaukasus.

Die wesentlichen Kapitel des Buches präsentieren die Gerichte unter den Überschriften Quer durch den Garten, Mehl & Asche, Fleisch & Fisch sowie Süße Sachen. Herausstechend und besonderes Interesse weckend dagegen das Kapitel Schmerz, lass nach! – hier sind sehr praktisch alle »Katerkiller« versammelt, denn, so ist in der Einleitung des Kapitels zu lesen, »In Georgien weiß man zu trinken! (…) und Georgier haben die besten Mittel gegen Kater im ganzen Kaukasus.« Beruhigend und als Familienkochbuch erweist sich Kaukasis wegen des abschließenden Hinweises »Die folgenden Rezepte helfen aber nicht nur Trunkenbolden, sondern verschaffen auch erkälteten Kindern (und älteren Erkälteten – der Rezensent) wundersame Linderung.«
Sehr gut gefällt mir der sparsame Einsatz von Fisch und Fleisch, die stark bäuerlich geprägte Küche ist eindeutig regional / saisonal – was gerade vor Ort reif und wohlschmeckend ist, kommt auf den Tisch. Dabei sind tierische Zutaten das Sahnehäubchen, das wohl eher einmal pro Woche in der Küche Verwendung fand. Die vielen vegetarischen Gerichte sind überraschend; wohl dem, der einen eigenen Gemüsegarten plündern kann, um stets optimal reife Produkte in Top-Qualität ernten und verarbeiten zu können, denn davon lebt diese einfache Küche. Ebenfalls typisch für eine einfache ländliche (Garten-)Küche mit einem möglicherweise erschreckenden Ausblick auf einen langen Winter sind die vielen Hinweise auf Einlegen, Einkochen, Einmachen und Fermentieren – Selbstverständlichkeiten für einen bäuerlichen Selbstversorgerhaushalt. Und sehr lehrreich!
Diese authentische Küche ist ursprünglich, bodenständig, wild und exotisch: Bärlauch, viele Wildkräuter (perfekt für Jäger und Waldläufer), Beeren, Berberitzen, die wahren „Ersatz-Kapern“ namens Dschondscholi und viele andere überraschende Spezialitäten werden vorgestellt und gut erklärt bis hin zum geheimnisvollen, heilsamen Schwanzfett. Sehr inspirierend sind unübliche Kombinationen wie Früchte zusammen mit herzhaften Gewürzen oder Fischen auf dem Teller.
Im Glossar gibt es hilfreiche Hinweise zur Beschaffung; in einem umfassenden Register mit allen relevanten Zutaten und Begriffen auf Deutsch findet der Leser schnell das passende Rezept zu einer (vorhandenen) Hauptzutat. Denn die wunderbar exotisch-unbekannt lautenden Rezepttitel wie Tkemali, Matsoni, Chingal oder Chasch sind und bleiben zunächst einmal Boten einer unbekannten Zauberwelt…
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PRESSESTIMMEN
„Wenn ein Kochbuch das Versprechen einer kulinarischen Reise wirklich erfüllt, dann ist es dieses.“
– Harald Ries, Westfalenpost
„Die Geschichten und Bilder verführen zum Nachkochen, aber auch zum Hinfahren.“
– Julia Christian, SALON
„Ein wundervolles Buch, das man auch einfach nur zum Schmökern und Träumen von fernen Ländern gerne in die Hand nimmt, entführt es einen doch in einen unglaublich reizvollen Teil der Welt.“
– Katharina Uziel, Doppelpunkt – Das Magazin für Kultur in Nürnberg, Fürth, Erlangen
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Verlagsvorstellung der Autorin Olia Hercules

Olia Hercules wurde in der Ukraine geboren und lebte fünf Jahre auf Zypern, bevor sie zum Studium nach London zog. Zahlreiche Jobs folgten, bevor sie ihr Interesse am Kochen zum Beruf machte. Ihre kulinarische Karriere begann sie am Londoner Union Market, bevor sie als Chef de Partie ihren Traumjob bei Ottolenghi’s fand. Heute konzentriert sie sich hauptsächlich auf das Schreiben, Food Styling und gelegentliche Streifzüge durch Film und Fernsehen.
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Thomas Thelen

Thomas Thelen ist Deutsch-Drahthaar-Bändiger, Leihhund-Bespaßer, Fliegenfischer, Holzwerker und Genießer – und eher nebenher Unternehmensberater und Autor.
Zuhause in den südbadischen Weinbergen, hält er nicht nur nach Schwarz- und Rehwild Ausschau, sondern auch nach empfehlenswerter Lektüre und leckeren Rezepten. Wenn sie seinen Geschmackstest bestehen, werden sie hier umgehend weiterempfohlen – oder kritisch betrachtet.
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe und Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Kaukasis – Eine kulinarische Reise durch Georgien und Aserbaidschan
Autorin: Olia Hercules
Verlag: Knesebeck Verlag
Verlagslink: https://www.knesebeck-verlag.de/kaukasis/t-1/645
ISBN: 978-3-95728-149-4
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Ein Beitrag von Daniela Brack über Weine des Kaukasus hier:
https://krautjunker.com/2021/03/09/georgische-weine-8-000-jahre-tradition/