von Harald Schweim
Kennen Sie diesen Spruch: „ Wie schön, dass ich nicht abergläubisch bin, Toi, Toi, Toi!“
Aberglaube, oder wie wir Norddeutschen sagen würden „Spökenkiekerei“, ist in Jägerkreisen weit verbreitet. „Nimm keine gerade Zahl von Patronen mit auf die Jagd, sonst hast Du keinen Anblick “ (befolge ich bis heute), lernt man früh als Jungjäger.
Aberglaube bezeichnet einen „als irrig angesehenen Glauben an die Wirksamkeit übernatürlicher Kräfte in bestimmten Menschen und Dingen“ (z. B. Talismane oder Amulette). Es findet sich eine Vorstellung vom Wirken (eingebildeter) dämonischer Kräfte. Aberglauben findet sich im Leben und Handeln von Menschen in allen Kulturen und Zeiten. Hinter abergläubischen Praktiken kann sich generell der Wunsch verbergen, Unbekanntes oder Bedrohliches (auch Krankheiten) durch beschwörende Handlungen oder Äußerungen zu bannen oder Glück herbeizuführen. Diese Vorstellungen existieren etwa im Glauben an Glück (z.B. vierblättriges Kleeblatt) oder Unglück (z.B. schwarze Katze) bringende Symbole und Spruchformeln (z. B. „klopf auf Holz“), aber auch auf individueller Ebene mit ganz persönlichen Gegenständen, Gewohnheiten und Handlungen, denen eigene verborgene, lenkende Kräfte zugemessen werden.
Der Aberglaube beeinflusst seit jeher die Jägerei. Beschrieben wurde der Jägeraberglaube zum ersten Mal im 16. Jahrhundert in Noë Meurers Jagd- und Forstrecht.
In dem Werk, das im 16. und 17. Jahrhundert mehrfach aufgelegt wurde, finden sich am Schluss auch einige »Geheimnuß und Kunststücke, so den Jägern zu wissen nöthig« So sichert ein »vergrabener Wolfsschwanz einen Hof vor dem Besuche des Wolfes“; ein im »Hause aufgehängter Wolfsschwanz vertreibt die Fliegen« daraus. Löwenschmalz, mit welchem »man den ganzen Leib einschmiert«, schützt den Jäger »vor wilden Thieren: derowegen, so dir ein Wolf oder Bär begegnet, so fliehe nicht, auf dass er das Schmalz rieche.« Der Amethyst, den der Jäger bei sich trägt, bringt Glück auf der Jagd. Um vor dem wilden Schwein sicher zu sein, hänge man Krebsscheren an den Hals. Dann sind noch viele andere Mittel aufgezählt, die man teilweise gar nicht wiedergeben kann, wie man den Hirsch an sich locken, Hasen, Füchse, Wölfe in großer Menge an einem Ort versammeln und erlegen, Vögel leichtlich fangen könne etc. In früherer Zeit galt die Begegnung mit einem Wolf oder mit einem Raben für den zur Jagd ausrückenden Jäger als gutes Vorzeichen (Wolf und Rabe, die beiden Tiere Wodans). Hase und Rebhuhn oder andere harmlose Tiere, die dem zu Holze rückenden Jäger begegneten, galten als schlechtes Vorzeichen, ebenso die Begegnung mit einer alten Frau oder die über den Weg springende schwarze Katze.
Schießt der Jäger gar ein weißes Stück Wild, so soll es ihm innerhalb eines Jahres den Tod bringen, in manchen Gegenden hatte er nur sieben Jahre lang kein Jagdglück mehr.

Noch heute kennen manche die Freikugel: In früherer Zeit, als der Aberglaube blühte und auch in der alten Jägerei das Mystische stark verbreitet war, glaubte man an die Freikugel. Mit Hilfe des Teufels, dem man sich aber verschreiben musste, konnte man Kugeln gießen, die auch auf größte Entfernung nicht fehlten und jedes gewünschte Stück Wild streckten.

Dies war jedoch nur für sechs Kugeln der Fall, die siebte gehörte dem Bösen, d.h., sie nahm die Richtung, die ihr der Teufel vorschrieb. Ein Freischütz ist ein Jäger der solche Freikugeln besitzt und die Fähigkeit erlangt haben soll, jedes Ziel zu treffen. Volkserzählungen von Freischützen und der Vorwurf, ein solcher zu sein, finden sich seit dem 15. Jahrhundert in Sagen und Hexenprozessakten. Das Freischütz-Motiv ist heute v. a. durch seine künstlerische Verarbeitung in Carl Maria von Webers und Johann Friedrich Kinds Oper Der Freischütz (1821) bekannt.

Heute kann man leichter an „Freikugeln“ kommen, einfach im Internet bestellen (aber Vorsicht, eine der Pistazien-Marzipan-Pralinen enthält Chili, siehe Bild):
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KRAUTJUNKER-Kommentar: Ich bin für jeden Hinweis auf jagdlichen Aberglauben dankbar. Bitte hierfür die Kommentar-Funktion nutzen.
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Harald Schweim

Seit früher Jugend rund um die Jagd vielseitig interessiert. Musiker, Seemann, Hundeführer, Jäger und Pharmazieprofessor.
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.
Auch wenn der Anblick einer alten Frau Pech bringen soll ( wenn sie dazu noch einen leeren Eimer trug/trägt ist es am besten an diesem Tag gar nicht zur Jagd zu gehen und umzukehren ☝ ), so bringt der Griff ans Knie einer Frau vor der Jagd 100 % Jagdglück. Glaubte man und glaubt man immer noch weiter östlich. ☝. Dabei gilt es – wie die polnischen Jäger es sagen : “ im większy zwierz tym wyżej bierz” – „Je stärker das Wild was man ( Mann) jagen/erlegen will, desto höher soll angefasst werden „. Es gibt zwar keine statistischen Erhebungen zu Wirkung von diesem alten Brauch, aber die Tatsache, dass viele es kennen und sicherlich praktizieren , deutet daraufhin, dass etwas dran sein kann. 🤔. In der letzten Zeit , angesichts der wachsenden Schar der weiblichen Jägerschaft stellt sich verstärkt die Frage ob der Griff ans Knie auch umgekehrt funktioniert ?. Dh. ob es auch einer Jägerin Jagdglück bringt wenn sie einen Mann ans Knie fasst ? 🤔 . Das festzustellen müsste doch zu den vorrangigen Aufgaben der Forschung von jagdlichen Aberglauben – am besten in Form von entsprechenden Experimenten – sein. Oder ?
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Mein Jagdglück wird immer größer je älter meine Frau wird, mit 45 Jahresjagdscheinen und immer noch der gleichen Frau unvermeidbar. So ist auch der Griff an‘s Knie – ich jage hauptsächlich Niederwild – ohne viel Aufhebens machbar. Ob das wirksamer wäre, wenn man wildfremden Frauen so mir nichts dir nichts an die Knie geht, möchte ich mir lieber nicht ausmalen. Möglicherweise würde man gar nicht mehr zur Jagd kommen.
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Hahaha, sehr schön! Dann wünsche ich weiterhin eine glückliche Ehe und das damit verbundene Waidmannsheil!
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