von Hanno Zwickl
Im Jahr 2005, ich war in Rumänien mitten in den Karpaten mit dem Auftrag eine Parkettfabrik von Null bis zur Produktion aufzubauen. Die Geschichte dazu würde alleine ein Buch füllen. Jedenfalls ziehen wir vor ab dem Tag wo Mitarbeiter eingestellt wurden, viele haben den Arbeitsvertrag mit drei Kreuzen und einem Fingerabdruck unterschrieben. Die Mehrzahl der Mitarbeiter war zu Beginn sehr misstrauisch, es brauchte vier bis fünf Monate um ein gewisses Maß an Vertrauen zu gewinnen.

Überraschend wurde ich dann von einem Mitarbeiter an einem Samstag Abend zu ihm nachhause eingeladen. Also macht ich mich auf den Weg und kam nach mehreren Kilometern auf einer unbefestigten Straßen an seinem Gehöft an, ein uraltes Lehmhaus, eine alte kleine Scheune, ein Hühnerhäuschen, Hunde, Schweine, Gänse, Ziegen, zwei Kühe und ein sich endlos nach hinten erstreckender Nutzgarten. Ich dachte mir, „Oh Mann, wirklich arme Leute“.
Die erste die mich herzlich begrüßte war die Oma, dann mein Mitarbeiter mit Frau und fünf Kindern, seine Schwester mit Familie, dann der Opa und sein alleinstehender Bruder. Alles in allem vierzehn Personen die alle in diesem kleinen Haus lebten. Ich schätzte ungefähr achtzig Quadratmeter Wohnfläche.

Wie dort üblich startete es mit Schnaps, natürlich selbstgebrannt. Zum Essen gab es eine Rahmsuppe, dann Fleisch mit speziellem Reis, versch. Teigwaren, eingelegtes Saures Gemüse und einen sehr leckeren Nachtisch aus Honig, Ziegenkäse und Nüssen. Dazu viel Schnaps und Wasser aus dem eigenen Brunnen. Ich dachte so für mich, die haben ganz schön viel Geld für dieses Festmahl ausgegeben und fragte meinen Mitarbeiter unter vier Augen ob ich ihm fünfzig Euro für alles geben darf. Er strahle mich an und verneinte. Stattdessen nahm er mich an der Hand und führte mich in den Keller, ein altes Gewölbe, prallgefüllt.

Ein großes Sauerkrautfass, Kartoffeln, Äpfel in Stroh, unzählige Gläser mit eingekochtem Gemüse und Obst, ein Mostfass, ca. einhundert Ringe Hartwurst, Wurst und Fleisch in Gläsern, Marmeladengläser, viele Glasballone mit Schnaps, Getreide, Mais und einiges mehr. Da fiel mir auf das nirgendwo ein Etikett drauf war, also alles selbst gemacht.

Es wurde mir schlagartig bewusst das diese Leute nicht arm sind, sie würden locker sechs Monate gut überleben können ohne aus dem Haus gehen zu müssen. Wenn in Deutschland morgen die Discounter zumachen, haben die meisten von uns in ein bis zwei Wochen nichts mehr zu essen! Eine für mich sehr wertvolle Erkenntnis, die ich hier in der passenden Gruppe weitergeben möchte.
In diesem Sinne, bleibt gesund!

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KRAUTJUNKER-Kommentar: Dieser Blogbeitrag basiert auf einer Veröffentlichung von Hanno Zwickl, welche dieser am 12. März 2021 in der KRAUTJUNKER-Facebookgruppe veröffentlichte. Ich erlaubte mir den Text minimal zu überarbneiten
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Hanno Zwickl

Jahrgang 1969, verheiratet, eine Tochter, Jäger in fünfter Generation, Hundeführer und Angler zudem. Sein jagdlicher Mentor war, neben seinem Vater und Großvater, Mathias Stinnes, von dem er seine erste Waffe erhielt, einen Drilling von Hugo Stinnes. Jagdlich und menschlich lernte er viel auf Burg Schlitz. Nach einer handwerklichen Ausbildung arbeitete Hanno später im Vertrieb, anschließend in weiteren Positionen . Beruflich verschlug es ihn unter anderem nach Schweden, Sibirien und die Karpaten. Er entwickelte Sportgeräte und suchte Gold in Kalifornien. Zur Zeit baut er sich eine neue Home-Base in Paraguay auf.
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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.