Die Esche in Küche und Heilkunde

am

von Karin Greiner

Die Esche gehört zu den höchsten heimischen Edellaubbäumen. So hoch sie wächst, so tief ist sie in der Mythologie verankert. Als Yggdrasil verkörpert sie in der nordischen Sagenwelt den Weltenbaum, die Menschen stammen von ihr ab. Weil Eschen gerne nah am Wasser wurzeln und über ihre gefiederten Blatter viel Wasser verdunstet, wurden sie zu Sinnbildern für die Macht des Wassers. Sie sollen vor Gewitter und Hochwasser schützen, aber ebenso vor Schlangen bewahren. Weil Amors Pfeil aus Eschenholz geschnitzt war, kann die Esche angeblich die Liebeskraft fördern. In die Küche zog die Esche nur indirekt ein. Aus dem extrem zähen und biegsamen Holz entstanden Speere und Pfeile, darunter auch die sogenannten Saufedern zur Jagd auf Schwarzwild. Die Bäume wurden durch Schneiteln (spezieller Rückschnitt zur Anregung von jungem Austrieb mit großen, weichen Blattern) intensiv genutzt, für Futterlaub und Laubheu fürs Vieh. Heute fertigt man aus Eschenholz noch Küchenmöbel. Aber in diesem starken Baum schlummern auch starke Aromen.

Hier vorgestellte Art: Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior),
Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae)

Esche oder Esch, durch viele Zeiten klingt der Name ähnlich, ausgehend von uralten Sprachen hält sich die Ableitung auf Bezeichnungen für Speer oder Bogen. Aus dem extrem stabilen, gleichzeitig elastischen Holz des Baums wurden bevorzugt Waffen hergestellt. Der wissenschaftliche Name Fraxinus ist die lateinische Bezeichnung der Baumart. Der Artzusatz excelsior kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „hoher“. Hierzulande trifft man fast nur Fraxinus excelsior („Erhabene Esche“) an. Weil sie so weit verbreitet ist, also nicht außergewöhnlich auffällt und gemeinhin auftritt, spricht man von der Gewöhnlichen oder Gemeinen Esche.

Weitere Namen: Asch, Eisch, Ösche, Steinesche (nach ihrem Wuchs an steinigen Stellen), Bogenbaum, Spindelbaum (nach der Verwendung des Holzes), Geißbaum (nach der Verwendung als Futterlaubbaum), Vogelzungenbaum (nach den schmalen Früchten), Wundholz (nach der wundheilenden Kraft), Schwindholz (nach dem Glauben, der Baum könne Schwindsucht heilen)

 

BOTANISCHES ZUR GEWÖHNLICHEN ESCHE

Erscheinungsbild: Sommergrüner, sehr großer Baum mit 30–40 m Höhe; hoch gewölbte, zylindrische Krone mit steil aufwärts gerichteten Ästen
Maximales Alter: 250–300 Jahre
Besonderes: Pionierbaumart, Lichtbaumart
Rinde, Borke: In der Jugend: grünlich bis glänzend grau; im Alter: dunkelgrau, langsrissig und gerippt
Blätter: Gegenständig, langgestielte, insgesamt bis 40 cm lange Fiederblätter mit 9–13 schlanken, scharf gesägten Fiederblättern, oberseits sattgrün, unterseits hell bläulichgrün; keine auffällige, höchstens leicht gelbliche Herbstfärbung
Knospen: Kurz, gedrungen, dicht filzig behaart, schwarz
Blüten: Zwittrige, rein weibliche oder rein männliche Blüten, ein- bis dreihäusig verteilt, grünlich bis purpurn, stark reduziert, in Büscheln an den Zweigenden; Blütezeit: April bis Mai
Früchte: Schmal zungenförmige, abgeflachte, geflügelte Nussfrüchte, von grün nach braunumfärbend; Fruchtreife: September bis November
Vorkommen: Europa bis Kaukasus, sehr häufig, vom Flachland bis ins Gebirge (bis 1400 m), an sonnigen bis halbschattigen Stellen auf nährstoffreichem, frischem bis feuchtem Boden; auf Waldlichtungen, an Waldrändern, Hecken, Gebüschen, Mooren, Geröllhalden, Felshängen, auch in Garten und Parkanlagen
Inhaltsstoffe: Flavonoide, Polyphenole, Iridoid-Bitterstoffe, Gerbstoffe, Cumarine, ätherische Öle (vor allem in den Früchten)

Weitere Arten:
– Manna- oder Blumenesche (Fraxinus ornus), auch Schmuck-, Zwerg- oder Weißesche genannt, mit kleinerem Wuchs und duftenden Blüten; Vorkommen: in Regionen mit sehr mildem Klima
– Schmalblättrige oder Quirlesche (Fraxinus angustifolius) mit schmalen Fiederblättern, bisweilen als Zierbaum gepflanzt

 

ESCHE KULINARISCH

Als ersten Test ein junges Blatt gegessen: ganz schön bitter. Und doch höchst aromatisch. Akzeptiert man den kantigen Geschmack – die Bitterkeit lasst sich durch Wassern, Köcheln oder Salzen abmildern –, kommen die außergewöhnlichen Aromen voll zur Geltung. Die Esche liefert mehr Gewürz, als dass sie sich zu Salat oder Gemüse eignet.

Nutzung in der Küche:
– Blattaustrieb und junge Schösslinge als Beimischung für Salate, Gemüse, für Tee, Liköre
– junge, noch weiche Früchte als Gemüsebeimischung, für Füllungen, zum Einlegen, für Liköre, zum milchsauer Einlegen
– junge Früchte getrocknet für Gewürzmischungen, Getränke
– Samen als Gewürz

ESCHEN-ELIXIER
Lässt das Herz hüpfen und die Seele singen: Frenette oder cidre de frene. Die französische Spezialität, vorwiegend im Jura bekannt, war einst in ganz Europa als liebesförderliches und lebensverlängerndes Stärkungsmittel für die ältere Generation gerühmt und beliebt. Das feinperlige, erfrischende Getränk mit Aromen nach Früchten, Limetten und Kräutern erinnert an Cidre, wird aber vorwiegend aus Eschenblättern, teilweise auch aus jungen Eschentrieben, jungen Eschenfrüchten und sogar aus Eschenrinde hergestellt. Es ist ein Weinauszug, der gerne auch nochmals in leichte Gärung übergehen darf, damit er angenehm moussiert.

Eschen-Elixier

Dafür 1-2 Handvoll verlesene, junge Eschenblätter (nach Wunsch auch junge Triebspitzen, ganz junge und noch sehr weiche Früchte) mit 1 l halbtrockenem Weiß- oder Roséwein aufsetzen. Die Flüssigkeit an einem dunkeln, kühlen Ort eine Woche ziehen lassen, dann abfiltern und kühl lagern. Das Elixier eignet sich sehr gut als Aperitif, pur oder mit Mineralwasser bzw. Sekt aufgegossen. Es kann auch noch meinem Spritzer Kirsch- oder Holundersaft verfeinert werden.

 KRAUTJUNKER-Kommentar: Weitere Rezepte dieses Kapitels, die ich in dieser Leseprobe nicht veröffentlichen werde, sind: Eschen-Chai-Sirup, Eschen-Frikadellen, Gebratener Blumenkohl mit eingelegten Eschenfrüchten, Wurzelbrot mit Eschenfrüchten und Lindenblättern.

 

ESCHE HEILKUNDLICH

Als Baum des Wassers ist die Esche seit alters her hilfreich, um Beschwerden zu vertreiben, die durch Nässe und Feuchtigkeit verursacht wurden. Die Rinde der Esche galt daher früher als Ersatz für die teure und nicht für jedermann verfügbare Chinarinde, die extrem bittere Rinde bestimmter Bäume aus Südamerika, mit der das Sumpffieber, Malaria, behandelt wurde. Junge Eschenblätter, meist mit weiteren Kräutern gemischt, treiben das Wasser, aus dem Körper, schwemmen dabei Entzündungsstoffe aus, lindern rheumatische Beschwerden und vertreiben Schmerz und Fieber. Bei Muskelkater, Hexenschuss, Gicht oder Arthrose vertraut das Volk seit alters her auf die Eschenfrüchte, in Alkohol eingelegt und als Einreibung angewandt.

Nutzung in der Heilkunde:
– Knospen als Tee, Ölauszug, Salbe gegen Rheuma, Gicht, Magenschwäche und Venenleiden, für Präparate der Gemmotherapie
– Blätter und Früchte als Tee zur Durchspülungstherapie bei Harnwegsbeschwerden, Gelenkschmerzen, Rheuma, Gicht, Fieber, als Tonikum

Vorsicht: Werden Eschenpräparate zur Durchspülung eingesetzt, ist darauf zu achten, dass gleichzeitig reichlich Flüssigkeit (2–3 Liter pro Tag) getrunken wird. Bei Herzschwäche und eingeschränkter Nierentätigkeit sollte auf Esche verzichtet werden.

Wissenswertes: Der Blutungssaft der Manna-Esche, der durch Anritzen der Stamme gewonnen wird, erstarrt an der Luft zu einer weißlichen Masse, die in Brocken, Platten oder als Pulver angeboten wird. Das „Manna cannelata“ –es hat nichts mit dem biblischen Manna gemein – besteht aus dem Zuckeralkohol Mannit (70–80%), anderen Zuckern und Schleimstoffen. Es wirkt als mildes Abführmittel und wird vor allem dann eingesetzt, wenn aufgrund anderer gesundheitlicher Probleme wie etwa Hämorrhoiden oder Analfissuren ein besonders weicher Stuhl erwünscht ist. Weil Manna auch eine schleimlösende und entzündungshemmende Wirkung besitzt, nimmt man es zudem für die Zubereitung von Hustensaft, sein süßlicher Geschmack ist dabei willkommen.

ESCHENGEIST
Zum Einreiben und Massieren schmerzender Glieder, ob bei Rheuma oder aus anderen Gründen, greift man gerne auf den Eschengeist zurück. Das Elixier wird aus Eschenfrüchten und vielen aromatischen Kräutern angesetzt:

2 EL junge Eschenfrüchte
1 TL Wacholderbeeren
1 TL Melissenblätter
1 TL Pfefferminzblätter
1 Rosmarinzweig
1 L Kornschnaps (40 Vol.-% Alkohol)

Die Eschenfrüchte und alle Kräuter in eine Flasche geben und mit dem Kornschnaps übergießen. Die Flasche an einen dunklen, zimmerwarmen Ort stellen und täglich einmal schütteln. Nach 2–3 Wochen abfiltern. Die Flüssigkeit dunkel und kühl lagern. Bei Bedarf eine kleine Menge des Eschengeistes zwischen den Handflachen verteilen und die schmerzenden Stellen damit einreiben bzw. sanft massieren.

KRAUTJUNKER-Kommentar: Eine weitere Naturheil-Medizin dieses Kapitels, die ich in dieser Leseprobe nicht veröffentlichen werde, ist: Eschen-Rheumatee

 

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KRAUTJUNKERVon KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe.


Bäume in Küche und Heilkunde

 Titel: Bäume in Küche und Heilkunde

Autorin: Karin Greiner 

Fotografin: Martina Weise

Verlag: AT Verlag

Verlagslink: https://www.at-verlag.ch/buch/978-3-03800-910-8/Karin_Greiner_Baeume_in_Kueche_und_Heilkunde.html

ISBN: 978-3-03800-910-8

Website der Autorin: https://www.pflanzenlust.de/

5 Kommentare Gib deinen ab

  1. Lisa Louise sagt:

    Ich würde mich freuen mehr Background wissen zu erlangen. Gibt es Aktuelle Bücher für sowas?

    Lg Asch Greene

    Gefällt 1 Person

    1. KRAUTJUNKER sagt:

      Nun, dies ist eine Leseprobe aus Karin Greiners Buch „Bäume in Küche und Heilkunde“. Wenn Dir dieser Text gefällt und Du mehr in dieser Richtung erfahren möchtest, ist das Buch zu empfehlen.
      Die Website der Autorin ist auch interessant und aufschlussreich.
      Oder habe ich Dich falsch verstanden?

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