Buchvorstellung
Ich schrieb‘ so gern ein Berggedicht
mit Pauken und Trompeten,
von Gletschern, Klamm und Firnenlicht
und der vom Wind verwehten
Bergbäu’rin, die ich einmal traf,
als sie die Jodler säugte,
die Erwin, der Lawinengraf,
nachts auf den Almen zeugte,
dann, wenn die Gräfin wie gewohnt
das Matterhorn bemalte,
indes ein weit entfernter Mond
sein fahles Licht verstrahlte –
das alles schrieb‘ ich gerne hin,
doch muß ich’s leider lassen.
In Worten gäb‘ das keinen Sinn;
wie sagt man doch im Engadin?-:
„‘s ischt vérbal nicht zu fassen.“
So fasste der große Robert Gernhardt (*1937; † 2006) seine Gefühle für die Alpen in feine Reime.
Ebenso wie das Meer sind die Berge eigentlich eine menschenfeindliche Landschaft und ziehen uns doch magisch an. Waren es in historisch noch junger Zeit die Armen und Unbelesenen, die in den Bergen ihr karges Auskommen fristeten und wohnten in den Städten die Wohlhabenden und Gebildeten, so hat sich dies seit wenigen Jahrzehnten umgedreht. Viele Städter, die über Geld und Geist verfügen, fliehen, sofern sie können, heute gerne in die Berge. Gründe dafür gibt es viele, von auslaugendem Dauerlärm, aggressiven Parallelgesellschaften, über die Verwahrlosung des öffentlichen Raumes zu steigender Kriminalität.
Ich beobachte selbst bei mir, wie ich im Internet auf verschiedenen Seiten immer öfter Begriffe wie „Hunting Lodge“, „Baumhaus“ oder „Berghütte“ eingebe oder auch selbst zu zeichnen beginne.
Ein Freund von mir, bis vor kurzem stolz darauf, es in die Kölner Innenstadt geschafft zu haben, erzählte mir am Telefon, dass er die Angewohnheit hat, bei „Google Earth“ nach einsamen Gehöften und Hütten zu suchen und davon träumt, dort zu leben.
Mit unseren Wünschen nach einem Refugium sind wir nicht allein, immer öfters höre ich in Gesprächen die Formulierung „da ist die Welt noch in Ordnung“ und damit sind nie Großstädte gemeint.
Der Knesebeck Verlag beschreibt sein Buch „Eine Hütte zum Glück – Die schönsten Hideaways in den Bergen“ wie folgt:
»Individuelle Rückzugsorte in der großartigen Natur der Alpen
Berghütten und Almen sind Sehnsuchtsorte. Hier findet der Mensch gewaltige und gleichzeitig wunderbar schöne Natur, in der er sich erholen kann. Dieses Buch stellt ganz private, einfache und auch moderne Hütten vor, deren Besitzer sich dauerhaft oder für eine kurze Auszeit aus dem Alltag dorthin zurückziehen. Das Buch enthält 19 Porträts, die individuelle Hütten in den Alpen zeigen, und stellt die Geschichte und die Menschen dahinter und ihre Beweggründe vor. Ein Serviceteil bietet Tipps für Wanderungen, Gastronomie und Unterkunft sowie Kulturhistorisches aus der jeweiligen Region. So lädt das Buch nicht nur zum Träumen ein und bietet Anregungen für Interior und Kulinarisches, sondern macht auch neugierig auf einen Ausstieg fern des Alltags. Für alle, die von einer eigenen Hütte in den Bergen träumen.«
Dem möchte ich noch ein schönes Zitat aus dem ersten Kapitel hinzufügen:
»„Schritt für Schritt vorwärts in die Vergangenheit“, heißt sein Motto. Der wahre Luxus ist die Abwesenheit von Luxus. „Die Reduktion auf das Wesentliche, das macht frei.“ Pietro grinst: „Hier oben gibt’s keinen Fernseher, dafür jede Menge Zeit am Abend…“«.
Die vorgestellten Hütten und Häuser sind nicht alle von der gleichen Art, jedoch geschmackvoll und schön. Das Spektrum geht von archaischen Traditionsbauten mit spartanischer Inneneinrichtung zu moderner Architektur mit Anbauten aus Beton und Glas oder Holzbauten, die präzise wie moderne Möbel sind. Bei den vorgestellten Bewohner handelt es sich ebenso um normale Menschen mit eher wenig Geld wie auch Managern oder dem international bekannten Schweizer Stararchitekten Peter Zumthor. Touristische Zirbelstubenromantik wie in einer Volksmusiksendung der Öffentlich-Rechtlichen Sender hat es zum Glück nicht in das Buch geschafft.
Ich hätte mir noch Grundrisse und Detailzeichnungen gewünscht, dann wäre der Titel perfekt.
So unterschiedlich die Beweggründe der porträtierten Berghütten-Bewohner sind, handelt es sich doch immer um Menschen, die sich auf das Wesentliche besinnen und es in ruhigen Orten jenseits der Zivilisation finden. Vielleicht schaffe ich es ja auch einmal dazu, in den Bergen zu stehen, auf ein Gebäude zu zeigen und wie Curzio Malaparte zu sagen: „Ein Haus wie ich.“
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Anmerkungen
Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.
Titel: Eine Hütte zum Glück – Die schönsten Hideaways in den Bergen
Autorin: Ingrid Schindler
Fotograf: Winfried Heinze
Verlag: Knesebeck GmbH & Co. Verlag KG
Verlagslink: https://www.knesebeck-verlag.de/eine_huette_zum_glueck/t-1/539
ISBN: 978-3-86873-929-9