Buchvorstellung von Beate A. Fischer
Ich wurde gebeten, das Buch Der Elefantenjäger – Reise- und Jagdabenteuer im Kapland vorzustellen. Da KRAUTJUNKERs Facebookgruppe die wundervollste Sammlung kruder Persönlichkeiten versammelt, die mich immer wieder daran erinnert, dass ich nicht die einzige Verrückte auf dieser Welt bin, bin ich der Bitte sofort und auf der Stelle gefolgt.
Einerseits ist das Buch die Enttäuschung des Jahres und andererseits ist es ein kleiner Schatz in verschiedenerlei Hinsicht.
Es ist die Enttäuschung des Jahres, weil ich geprägt durch Kai-Uwe Denkers Vom Wesen der afrikanischen Wildnis – ein Buch dessen über 600 Seiten ich nun langsam fast auswendig kann – eine Vorstellung von der Elefantenjagd habe, gegenüber der sich Georg Gärtners Jugendbuch eher wie so eine Art Winnetou & Old Shatterhand ausnimmt. Gärtners Schilderungen der Elefantenjagd lassen an der einen oder anderen Stelle vermuten, er selbst habe ähnlich wie Karl May möglicherweise Europa nie verlassen.
Auf der anderen Seite ist das Buch ein kleiner Schatz, weil Publikationen, die sich mit der Jagdleidenschaft und insbesondere den Jagderlebnissen im südlichen Afrika so intensiv auseinandersetzen, so packend und facettenreich geschrieben sind, kaum mit der Lupe finden lassen. Trotz seines Alters und einiger historisch wohl überlebter Aspekte besitzt es eine erstaunliche Aktualität.
Helden des Buches sind ein Holländer und ein Engländer, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf einem Passagierschiff kurz vor Kapstadt kennenlernen und der eine den anderen überredet, ihn auf die Jagd nach Löwen und Elefanten zu begleiten. Willems, Holländer, am Kap geboren und aufgewachsen, kehrt nach standesgemäßer Ausbildung in Europa in die Kapstadt zurück. Hill, der Engländer ist eigentlich auf die Weiterreise nach Australien gebucht und wird im Weiteren Verlauf des Buches die treibende Kraft der Jagdabenteuer im Kapland. Am Ende des Buches ist er derjenige, den die Ufer des Sambesi nicht mehr loslassen, während Willems standesgemäß verheiratet, sich auf eine politische Karriere vorbereitet.
Das 1927 erschienene 160 Seiten starke Büchlein beschreibt die Reise- und Jagdabenteuer der beiden Helden auf der Suche nach dem legendären Elefantenjäger Fernando. Fernando, der sich nach seiner als Zeit als Sklavenhändler von den Menschen abgewendet, vollkommen der Löwen- und Elefantenjagd gewidmet hat, wird zum Katalysator der Geschichte. Das Buch beschreibt die eingeborenen Völker, Rivalitäten zwischen Kaffern und Hottentotten, bedient alle Klischees von nach Brandwein lechzenden Häuptlingen und den Wilden, die für ein paar Glasperlen, Haus und Weib zu versetzen bereit sind. Respekt haben alle vor den Buschmännern, die weder Staat noch Hierarchie kennen und in kleinen Gruppen in der Wüste allein von der Jagd leben. Sie werden zwar als klein und hässlich beschrieben, stehen durch ihre gradlinige Bedingungs- und Kompromisslosigkeit sowie ihre Unbestechlichkeit gegenüber den billigen Verlockungen der Europäer heraus.
Während die Jagd nach Antilopen und Flugwild für die tägliche Fleischversorgung geprägt ist, durch ein jagdliches Miteinander der beiden Helden, verkommt die Großwildjagd meist zu einer kopflosen Herumballerei auf alles was sich bewegt. Die Schilderungen sind eher von Panik als von überlegtem Vorgehen geprägt.
Erstaunlich aktuell sind die Schilderungen der heute als Human-Wildlife-Conflict bezeichneten Übergriffe der Elefantengruppen auf die Maisfelder der Kaffernvölker und ihre hilflosen Versuche, die grauen Riesen mit Feuer, Speeren und Kochgeschirrlärm zu vertreiben oder sie zum Fleischverzehr des Stammes in Fallgruben zu fangen. Gottgleich erscheint im Moment größter Not der Elefantenjäger Fernando mit den ausländischen Jagdgästen und rettet die Felder des Stammes durch die Erlegung der Elefantengruppe. Ganz großes Kino. Belustigend wirkt der Fortgang dann, wenn das in der Jagd verwaiste Elefantenkalb nun auf den Namen der britischen Königin getauft als Lasttier und Reisegenosse der Gruppe angeschlossen wird.
Fernando ist es wiederum, der seine Fassungslosigkeit nicht verbergen kann, wenn die Eingeborenen das Wild in einer „Hobo“ genannten Treibjagd zu Hunderten in Trichter oder Gruben treiben, um es dann mit Speeren zu erlegen.
Alles in allem keine große Literatur, aber ein flüssig geschriebener Abenteuerroman, zum amüsierten Lesespass für alle mit Afrika im Herzen und ein bemerkenswertes Jugendbuch abseits politisch-korrektem linksgrünem Ringelpitz.
Mein persönlicher Schlüsselsatz des Buches – während ich im kalten Nordfriesland auf eine Nachricht aus Grootfontein warte – ist „Ich sage, dass wir nicht ruhen dürfen, bevor wir diesen Halbgott gefunden haben und mit ihm auf Elefantenjagd gewesen sind!“
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KRAUTJUNKER-REZENSENTIN:

Beate A. Fischer, geboren 1973, Jägerin seit 6 Jahren, Hundeführerin – verliebt in einem Vizsla sowie Co- und Stiefmutter eines Fox, schießt leidenschaftlich gern Jagdparcour und Flugwild, außerdem hat sich die afrikanische Sonne in ihr Herz gebrannt. Sie lebt im kühlen Nordfriesland auf einem Resthof, arbeitet als Rechtsanwältin und schreibt manchmal auch mal andere schöne Texte.
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Anmerkungen
Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.

Titel: Der Elefantenjäger – Reise- und Jagdabenteuer im Kapland
Autor: Georg Gärtner
Verlag: Enßlin & Laiblin Verlagsbuchhandlung, Reutlingen, 1927
ASIN: B01L5EHVWO