Die Küche Frankreichs

„Die Franzosen sind ein erstaunliches Volk: Sie speisen, als gäbe es kein Cholesterin, sie saufen, als wäre die Leberzirrhose noch nicht entdeckt, sie rauchen, als wäre Lungenkrebs gesetzlich verboten, und sie vögeln herum, als gäbe es kein AIDS. Und es geht Ihnen glänzend!“ Schöner als Thomas C. Breuer es im Dezember 2008 in der kulinarischen Kampfschrift Häuptling Eigener Herd formulierte, kann man nicht begründen, warum Gott in Frankreich wohnt und ich nach französischen Kochbüchern greife, auch wenn ich es nur in meinen wildesten Träumen so hemmungslos treibe.

Die Küche Frankreichs ist ein dicker Wälzer,  eher dick als großformatig. Gutes Papier in Fadenheftung wird von einem festen, geprägten Umschlag zusammengehalten. Vom Format und Gewicht her, erinnert es ein wenig an eine alte Hausbibel, welche in einer Familie die Funktion eines Buch gewordenen Ankers ausübte.  Der angebetete Inhalt widmet sich freilich nicht dem jenseitigen Himmelreich, sondern den irdischen Tafelfreuden der Regionen Frankreichs.

Das Kompendium stellt die Hausmannskost der Regionen Frankreichs auf 500 Seiten in neun Kapiteln vor.  Nach einem Inhaltsverzeichnis, in dem die Rezepte nach Vorspeisen, Hauptgerichten und Desserts unterteilt sind, finden sich in jedem Kapitel zwei oder drei illustrierte Beiträge zu den Spezialitäten der jeweiligen Provinzen. Aufgrund des ohnehin mächtigen Inhaltes – es sind 56 Vorspeisen, 104 Hauptgerichte und 47 Desserts und alle schön fotografiert – mussten sie kurz gehalten werden. Blättert man durch den Rezeptteil, überzeugt die grafische Darstellung sofort.

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Auf einer Seite ein appetitliches Foto, auf der anderen, die übersichtlich dargestellte Beschreibung der Zubereitung. Hut ab, hier haben sich die Grafikdesigner richtig Gedanken gemacht und Mühe gegeben. Das Entwurfsthema auf der Textseite ist die optische Umsetzung einer Frankreichreise. Hinter den Buchstaben ist in jedem Kapitel, zart und hell, eine historische Landschaftsskizze abgebildet. Am unteren Seitenrand befindet sich eine kleine stilisierte Landstraßenansicht, in deren Mitte die Seitenzahl in einem Meilenstein abgedruckt ist. Hat man sich etwas mit dem Buch beschäftigt, sieht man auf einen Blick, wo man justament gehalten hat und is(s)t.

Bei den Rezepten handelt es sich um die traditionellen Versionen der jeweiligen Regionen. Keine aktuellen Moden, keine ironischen Interpretationen, keine großen Überraschungen. Wie es Brillat-Savarin (* 1755 ; † 1826), einer der bedeutendsten französischen Gastrosophen, sagte, ist die Regionalküche der Teppich, auf dem die Haute Cuisine schreitet. Und dieser Stoff ist ein dichtgewebter schöner Lebensraum. Am Beginn der Reise stehen dem Westfalen noch recht vertraute flämische Rezepte, wie Spargel und Karbonade. Am Ende des Wälzers erreicht man die französischen Überseegebiete in den Tropen mit ihrer kreolischen Küche. Auch von der Komplexität her, ist alles dabei, von Speisen, die schnell und einfach gehen, bis zu denjenigen, bei denen Erfahrungen und Kenntnisse stillschweigend vorausgesetzt werden. Den Schluss bilden zwei Register, eines nach Zutaten und eines nach Alphabet.

Fazit: Ausgesprochene Anfänger oder an speziellen Regionen oder Moden interessierte Experten sind nicht die Zielgruppe dieses Kompendiums. Wer jedoch für knapp vierzig Euro möglichst viele traditionelle französische Rezepte erwerben möchte, macht ein gutes Geschäft. Das Buch ist schön gestaltet und wird auch im langjährigen Kücheneinsatz nicht unansehnlich auseinanderfallen. Da ein wirklich großes Feld von einem im Hintergrund arbeitenden Team beackert wurde, fehlt dem einen oder anderen Leser vielleicht die persönliche Handschrift, die wirklich große Liebe entfacht. Aus genau demselben Grund wird man Die Küche Frankreichs aber auch in mehreren Jahren nicht satt haben.

 

Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.

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Titel: Die Küche Frankreichs

Verlag: Christian München; Auflage: 1 (24. Mai 2016)

Gesamtherstellung: GeraNova Bruckmann Verlagshaus GmbH

Copyright Text ©: Larousse

Copyright Design ©: Larousse

ISBN: 978-3-86244-984-2

Verlagslink: https://verlagshaus24.de/essen-und-trinken/laenderkueche/die-kueche-frankreichs

Ein Rezept aus dem Buch:

https://krautjunker.com/2016/10/26/lammeintopf-davignon/

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