von Rolf D. Baldus und Ludwig Siege
Das Leben von Frederick Courteney Selous als Jäger und Naturalist reicht von der Zeit, in der afrikanische Elefantenjäger aus glattläufigen Vorderladern Bleirundkugeln verschossen, bis in die Ära moderner Jagdwaffen und Patronen, wie sie auch heute noch verwendet werden. Dies macht seine Erfahrungen unvergleichlich. In seinen Büchern und Artikeln schreibt Selous auch über seine Waffen. Nach der Ankunft in Südafrika wird ihm gleich seine Lieblingswaffe gestohlen, eine Reilly Hinterlader-Doppelbüchse in .577 Snider. Offensichtlich galt damals die Snider mit ihrer Mündungsenergie von 2 259 Joule als ausreichend für die Großwildjagd; vermutlich hat Selous aber das Glück gehabt, sie nicht auf Elefanten geführt zu haben.
Nach dem Diebstahl kaufte er zwei Hollis-Vorderlader Kaliber 4 (vier gleichgroße Bleikugeln wiegen zusammen ein englisches Pfund). Dabei handelte es sich um umgebaute Steinschloss-Entenflinten, die auf Perkussionszündung umgerüstet, gekürzt und im Schaft verstärkt worden waren. Trotzdem wogen sie nur 5,5 kg, was den Rückstoß fast unerträglich machte. Diese Waffen erwiesen sich aber als ideal für die Elefantenjagd. Eine dritte Waffe gleichen Typs ist auf einem im Studio angefertigten Kunstfoto (Titelbild dieses Blog-Beitrages) Mitte der 1870er-Jahre zu sehen und steht jetzt im Nationalarchiv in Harare, der Hauptstadt Simbabwes. Die 4-Bore-Vorderlader entwickelten mit einer 112 g schweren Bleikugel über 10 854 Joule Mündungsenergie und eine Mündungsgeschwindigkeit von 442 m/s.
Abb.: F. C. Selous im Alter von 23 Jahren mit einer seiner Vorderladerbüchsen im Kaliber 4
Nach der Rückkehr von seinem ersten Englandaufenthalt 1876 führt Selous dann vor allem eine einläufige Vorderladerbüchse im Kaliber 10 mit einem Geschossgewicht von 45,1 g. Die erweist sich als so zuverlässig und akkurat, dass er sie erst in den 1880er-Jahren ersetzt. Die Mündungsenergie fällt etwa halb so hoch wie die der 4-Bore aus, ist aber offensichtlich ausreichend für Elefanten. Auf dem berühmten Safari-Bild ist der Ersatz für die 10-Bore zu sehen: seine einläufige Gibbs .461 (oder .450, wie die Firma damals das Gewehr benannte; das tatsächliche Kaliber beträgt aber .461 Zoll) mit elegantem Farquharson-Fallblock-Verschluss und einer Mündungsenergie von etwa 4 070 Joule bei einer VO von 582 m/s.
Abb.: Selous im Veld beim Schreiben seines Tagebuches
In seinem zweiten Buch „Reisen und Abenteuer in Süd-Ost-Afrika“ findet sich ein Kapitel über die Vorzüge von groß- und kleinkalibrigen Waffen bei der Jagd auf afrikanisches Wild. Selous vermerkt, dass er Anfang der 1880er-Jahre die Großkaliber aufgab. Unter „Kleinkaliber” verstand man damals Kaliber unter .500 Zoll, also 12,7 mm. Selous beschreibt seine Gibbs als völlig ausreichend auch für Elefanten, von denen er in diesen Jahren immerhin noch zehn erlegte. Er gibt professionellen Elefantenjägern allerdings den Rat, für die Jagd im dichten Busch nicht ganz auf die dicken Pillen im Kaliber vier und acht zu verzichten. Er empfiehlt auch, die damals neuen Paradox-Gewehre in den kleineren Kalibern zehn oder zwölf zu testen. Hierbei handelt es sich um Hybriden mit glatten Läufen, die aber im mündungsnahen Teil Züge besaßen; sie sollten sich damit für jede Art Wild von Vögeln bis Elefanten eignen. Erst im Jahr 1893 benutzt Selous mit der .303 British zum ersten Mal eine kleinkalibrige Patrone im modernen Sinne, und „Kraft, Genauigkeit und die niedrige Flugbahn erstaunten und erfreuten mich und brachten mich dazu, mit Bedauern auf meine geliebte Gibbs zu verzichten.“
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Die „Selous-Scouts“
Das gleichnamige Kommando-Regiment der rhodesischen Armee wurde 1973 mit dem Ziel gegründet, im Krieg gegen Mugabes und Nkomos Befreiungsbewegungen spezielle Antiguerilla-Taktiken zu entwickeln und anzuwenden. Offensichtlich fanden die Gründer, dass der Name Selous diese Aufgabe gut symbolisierte. Die „Selous-Scouts“ zählten viele ehemalige Guerillas der Rebellen in ihren Rängen. Im Buschkrieg galten sie als besonders effektiv, was aber auch nicht verhindern konnte, dass die Minderheitsregierung unter Ian Smith in Salesbury 1980 aufgeben und die Macht an den heute immer noch als Diktator regierenden Robert Mugabe übergeben musste. Im gleichen Jahr wurde die Einheit der Selous-Scouts aufgelöst.
KRAUTJUNKER-Kommentar: Der Titel wurde als „Jagdbuch des Jahres 2011“ von der Zeitschrift Wild und Hund ausgezeichnet.
Anmerkungen
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Titel: Wildes Herz von Afrika
Hrsg.: Rolf D. Baldus
Verlag: Franckh Kosmos Verlag
Verlagslink: https://www.kosmos.de/buecher/ratgeber/jagd/bildbaende-belletristik/4953/wildes-herz-von-afrika
ISBN: 978-3440127896
Erste Leseprobe aus dem Buch:
https://krautjunker.com/2017/07/09/menschenfresser-loewen-tote-die-zurueckkehren/
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