Wildkeule in Salzkruste

Rezeptvorstellung von André Brüggemann

Sommerabend. Insekten summen, Vögel zwitschern. Ich sitze auf einer Ansitzleiter an einem kleinen Feldgehölz mit Blick auf den Wald. Zu meiner Linken Raps. Unmittelbar vor mir eine drei vielleicht vier Meter breite Böschung, zum Wald hin flacher werdend. Nach rechts schließt sich ein ca. zwölf Meter breiter Blühstreifen an, zur Rechten ist der Acker ansonsten mit Weizen bestellt. Der Landwirt hat sich beschwert, dass die Wildschweine ihm den Weizen zertrampeln und vor allen Dingen wegfressen. Tatsächlich halten sich die Sauen derzeit lieber in der Feldflur als im Wald auf. Hier haben sie momentan ausreichend Deckung sowie Fraß und anders als im Wald auch Ruhe von Spaziergängern, Geocachern und Pilzsammlern. Beim Abschuss eines einzelnen Stücks aus der Rotte würden die restlichen Tiere sich in den Wald zurückziehen, so der Plan. Allerdings frage ich mich, ob es wirklich nur eine Rotte ist, denn links von mir im Raps ist seit einiger Zeit an verschiedenen Stellen Schwarzwild zu hören. Nach einiger Zeit schaut rund 50 Meter vor mir ein Kopf an der Rapskante heraus. Langsam schiebt sich der nicht allzu große Schwarzkittel nach vorne und kommt die Böschung herab, es folgen vier weitere gleich große Stücke. Eine Überläuferrotte, Bachen oder gar Frischlinge sind nicht zu sehen. Wie an einer Perlenkette ziehen sie langsam über den Blühstreifen Richtung Weizen. Jetzt gilt´s! Ich nehme den letzten ins Visier, der Schuss bricht und im Zielfernrohr sehe ich die Rotte davon stieben. Auch das beschossene Tier. Das Halmenmeer des Weizens wogt in der Bewegung, dann ist Ruhe. Eigentlich war ich mir sicher, gut getroffen zu haben, schließlich wird auch regelmäßig auf dem Schießstand geübt, aber ein mulmiges Gefühl entsteht in solchen Situationen automatisch. Durch das Fernglas schaue ich mir Blühstreifen und Weizen genau an und tatsächlich sieht im Weizen eine Stelle anders aus, als wären die Halme herunter gedrückt. Bevor ich jedoch am Boden im hüfthohen Getreide ohne Anhaltspunkt umher irre, hole ich lieber den Hund und lasse dessen Nase arbeiten. Bereits am Anschuss findet sich viel Blut („Schweiß“ in der Jägersprache). Der geprüfte Hund hat keine Probleme, der Schweißfähre zu folgen und das mittlerweile an einem guten Herztreffer verendete Tier zu finden.

Abb.: Foto: Sau tot; Bildquelle: André Brüggemann

Szenenwechsel. Es ist ein paar Monate später, wir haben Besuch, es soll Wild zu essen geben. Dafür  habe ich aus der Tiefkühltruhe eine Wildschweinkeule genommen, zubereitet werden soll sie nach einem Rezept von Gabriel Arendt, dem Wildkoch aus der Kochshow The Taste.

Abb.: links: Alexander Herrmann; rechts: Gabriel Arendt; Bildquellen: Fotos aus Kochbuch. Links Alexander Herrmann von Fotograf © Derek Henthorn, rechts Gabriel Arendt, eigenes Foto.

Das Rezept aus seinem Buch Wilde Wildküche trägt zwar den Titel „Muffellammkeule in Salzkruste“ aber wie er selbst schreibt, kann man es auch mit Reh oder Wildschwein zubereiten. Das ist gut, denn Muffelwild kommt in Deutschland gar nicht flächendeckend vor, die Anzahl jährlich gestreckter Tiere liegt nur zwischen 7- 8.000 Stück (zum Vergleich Schwarzwild: Jagdstrecke in 2017/18 rund 836.000).  

Zunächst wird die Keule von Fett, Sehnen und ggf. Kochen befreit, dann wird eine Paste aus Senf, Gewürzen und Kräutern hergestellt, mit dieser wird die Keule eingerieben (Schritt 1 im Rezept).

Abb.: Keule, Kräutersenf

Anschließend wird die Keule mit Speck umwickelt, auf ein Salz-Kräuter-Eiweiß-Gemisch gebettet und schließlich gänzlich mit der Salzmasse eingepackt. Danach geht es für ca. zwei Stunden bei Grad 180 Grad in den Ofen. Öffnet man zwischendurch die Ofentür, duftet es herrlich nach Kräutern (Schritte 2-4 im Rezept).

Abb.: Keule auf Salz; Bildquelle: André Brüggemann
Abb.: Keule im Ofen; Bildquelle: André Brüggemann

Am Ende der Garzeit soll die Keule in der Kruste noch eine Zeitlang ruhen. Dann wird vorsichtig die Salzkruste aufgemeißelt, die Keule entnommen und aufgeschnitten. Der Speck hat die Keule vor unmittelbarem Salzkontakt geschützt, diese schmeckt keinesfalls salzig (Schritt 5 im Rezept).

Abb.: Salzdeckel; Bildquelle: André Brüggemann
Abb.: Aufgeschnittene Keule; Bildquelle: André Brüggemann

Mein persönliches Fazit: Um Gäste zu beeindrucken ist die Salzkruste eine super Sache. Das Endergebnis erfordert aus meiner Sicht den Aufwand nicht unbedingt, eine „normal“ geschmorte Keule schmeckt keinesfalls schlechter wie ich finde. Aber das soll am besten jeder selbst herausfinden, hier ist das Rezept:

Muffellammkeule in Salzkruste

1 TL schwarze Pfefferkörner
1 TL Fenchelsamen
5 Zweige frischer Rosmarin, davon die Nadeln
½ Bund frischer Thymian, davon die Blätter
½ Bund frischer Salbei, davon die Blätter
3 Knoblauchzehen, geschält
1 ½ EL Dijonsenf
1 TL Zucker
8 EL Olivenöl
1 ½ Bio-Zitronen, Abrieb
4 kg naturbelassenes, grobes Meersalz
Abrieb von 1 Bio-Orange
7-8 Eiweiß
1 ganze Muffellammkeule, mit Knochen, pariert
500g Lardo (ital. weißer Speck), in dünne Scheiben geschnitten

  1. Backofen auf 180 Grad Celsius Ober-/Unterhitze vorheizen. Pfefferkörner und Fenchelsamen in einem Mörser fein zermahlen. Die Kräuter, Knoblauch, Senf, Zucker und  Olivenöl dazugeben und im Mörser zu einer Paste zermahlen. 1/3 der Zitronenzesten unterrühren.
  2. In einer Schüssel Meersalz, den restlichen Zitronen- sowie den Orangenabrieb und die Eiweiße (je 2 Eiweiß auf 1 kg Meersalz) mit den Händen gut vermischen. Der Abrieb der Zitrusfrüchte gibt der Salzkruste einen sonnig-aromatischen Duft.
  3. Auf dem Ofenblech eine etwas 2 cm dicke Schicht Meersalzmasse in Form der Keule anhäufen. Die Keule ringsum gut mit der Kräuterpaste einreiben, sorgfältig mit Speck ummanteln und mit der Fleischseite nach unten auf das Salzbett legen.
  4. Jetzt das restliche Salz um die Keule modellieren, dabei darauf achten, dass das Salz lückenlos überall mindestens 2 cm dick fest an die Keule gedrückt wird. Jetzt die Keule auf dem Blech in den Backofen schieben.
  5. Nach etwa 2 Stunden die Keule aus dem Backofen nehmen, das Fleisch in der Kruste noch etwas 10 Minuten ruhen lassen. Die Salzkruste mit einem Hammer liebevoll seitlich aufklopfen und den „Salzdeckel“ abheben. Jetzt kann das Fleisch nach Belieben vom Knochen geschnitten und serviert werden.

Mit einer entbeinten Muffellamm-, einer Reh- oder einer Frischlingskeule gelingt das Rezept ebenfalls.

*

KRAUTJUNKER-Koch: 
André Brüggemann ist passionierter Jäger, Hundeführer und Jagdhornbläser sowie begeisterter Hobbykoch und Genießer. Aufgrund seiner Tätigkeit als Steuerberater in eigener Kanzlei bleibt ihm dazu allerdings weniger Zeit, als ihm lieb wäre.

https://www.sdb-hameln.de/

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Facebook-Gruppe.

Titel: Wilde Wildküche

Autor: Gabriel Arendt

Rezeptfoto aus Buch: blv / Peter Raider

Verlag: BLV Buchverlag

Verlagslink: https://www.blvverlag.de/gabriel-arendt/wilde-wildkueche.html

ISBN: 978-3-8354-1825-7

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Bereits aus Buch veröffentlicht:

https://krautjunker.com/2019/02/22/preiselbeer-chutney-zu-wild/

https://krautjunker.com/2019/03/07/rehruckenfilet-mit-brombeermark-in-frischer-birkenrinde/

https://krautjunker.com/2019/04/18/barlauch-walnuss-pesto-wurzig-fein/

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Website von Gabriel Arendt: http://www.gabriel-arendt.de/

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