Schwarzwild: Kochschinken aus der Nuss

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Rezeptvorstellung von Gerd Kettlitz

Grimms Wildkochbuch hat es mir einfach angetan. So intensiv wie er möchte ich mich auch mit der Sache beschäftigen. Es sieht aber so aus, dass mir das erst als Rentner vergönnt sein wird. Gerade auch die saisonalen Kräuter bedürften einer viel größeren Beachtung. Das hat er in dem Buch super beschrieben. Für mich als Reh- und Sauenjäger sind natürlich die zwei Kapitel diejenigen, die ich mir vornehme. Nachdem die Rehleberwurst wirklich sehr gut geworden ist und ich schon eine Weile mit dem Thema Kochschinken liebäugele, kam das Rezept von Seite 205 ganz oben auf meine To-do-Liste.

In der Gefriertruhe fand ich leider keine Nuss vom Wildschwein mehr. Die habe ich im Dezember alle zu „richtigem“ Schinken verarbeitet. Warten, bis ich wieder ein Schwein schieße, wollte ich aber auch nicht. Ein 500 g- Stück aus der Keule musste also als Alternative herhalten. Was sich aber nicht als großer Nachteil entpuppte.

Geschossen hatte ich das Schwein, eine Überläuferbache, im Spätherbst auf den Maisstoppeln. Dort war es mit seinem Bruder, den mein Jagdkumpel Erich kurze Zeit später auch erlegen konnte, genüsslich am Resteverwerten. Weidmannssprachlich brachen die Zwei und verursachten Wildschaden auf Resis Acker. Die bekommt von jedem ersten Schwein im Jahr, welches wir schießen, einen Teil ab und lässt uns, vielleicht deshalb, bisher mit irgendwelchen Forderungen in Ruhe. Ich kam gegen den Wind bis auf zirka 40 Schritte an sie (die Sauen, nicht Resi) heran und konnte über den Zielstock einen guten Treffer anbringen. Das Schwein lag im Knall, der Bruder hat nicht viel daraus gelernt und kam einige Tage später wieder auf die Fläche. Diesmal saß Erich da an und hatte Weidmannsheil.

Als die Pökellake auf dem Herd stand, band ich das Fleisch mit Küchengarn in Form. Nach dem Erkalten kam es in die Lake und beides zusammen abgedeckt für eine Woche in den Kühlschrank. Die Lake färbte sich in der Zeit richtig dunkel und beim Öffnen des Deckels verbreitete sich schon ein angenehmer Duft in der Küche. Trotz der wenigen Zutaten. Ich trocknete das Fleisch mit Küchenpapier ordentlich ab und ließ es noch einige Zeit liegen, bevor ich es vakuumierte.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Jetzt kam die für mich größte Herausforderung bei der ganzen Aktion. Das verpackte Fleisch für zwei Stunden in einem Wasserbad mit einer Temperatur von 65 bis 75 Grad Celsius brühen. In Ermangelung eines Sous-Vide-Sticks probierte ich zuerst die von Fabian empfohlene Alternative im Backofen. Da spielte aber mein Fleischthermometer nicht mit. Also entschied ich mich für das Wasserbad in einem Topf auf dem Herd. Dort konnte ich das Thermometer einhängen und so die Temperatur überwachen. Beim E-Herd ist die Temperaturregelung aber nicht stufenlos möglich, sodass man bei dieser Variante die zwei Stunden in Sichtweite des Thermometers verbringen sollte. Montags ist bei mir Bürotag. Zum Glück habe ich mein Büro im Haus, kann es aber wegen zwei Stunden nicht vollständig in die Küche verlagern. So pendelte ich in mal größeren, mal kleineren Abständen zwischen den beiden Räumen. Aber es kam, wie es kommen musste. Die Temperatur schnellte in einem Bürozyklus auf 81 Grad Celsius nach oben. Vielleicht deshalb, aber vielleicht auch, weil ich nicht die feine Nuss, sondern ein Stück Oberschale als Grundzutat genommen hatte, war mein Kochschinken für mein Empfinden am Ende etwas zu trocken geraten. Ich war jedenfalls froh, als die zwei Stunden rum waren.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Nach einem Tag im Kühlschrank wurde der Kochschinken dann zum Abendbrot angeschnitten. Geschmacklich absolut super, und das, auch wenn ich mich jetzt wiederhole, mit nur so wenig Zutaten.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Wenn ich das mit der Gartemperatur noch besser hinkriege, werde ich einen der nächsten Kochschinken nach diesem Rezept auf jeden Fall heißräuchern. Machen werde ich es definitiv wieder. Und noch einiges mehr aus diesem Buch probieren.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Weidmannsheil und guten Appetit!

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Kochschinken aus der Nuss

Bildquelle: Fabian Grimm

Geräucherter Wildschinken wird häufig angeboten, Wildsalami gibt es in vielen Metzgereien zu kaufen und wilde Leberwurst oder -pastete bekommt man mit etwas Glück in Feinkostläden. Wilder Kochschinken ist aber etwas besonders, im Handel habe ich ihn noch nie gesehen – dabei lässt er sich ohne spezielle Geräte oder großen Aufwand zubereiten.

Teilstück: Nuss
Für ca. 1 kg Schinken

1 Nuss, ca. 1–1,5 kg
920 ml Wasser
80 g (Pökel-)Salz
2 Lorbeerblätter
20 g Zucker
5 Wacholderbeeren
2 Nelken

1. Die Nuss von oberflächlichen Sehnen befreien und mit Küchen oder Wurstgarn eng verschnüren, damit das Fleisch später seine Form behält.

2. Das Wasser mit dem Salz und allen Gewürzen aufkochen und wieder erkalten lassen. Die Nuss hineingeben und wenn nötig mit einem Teller beschweren, dann für etwa eine Woche kalt stellen.

3. Das Fleisch aus der Lake nehmen, abtrocknen und in einen Folienbeutel vakuumieren. Steht kein Vakuumiergerät zur Verfügung, kann die gepökelte Nuss auch einfach in einen Bratschlauch oder einen Gefrierbeutel verpackt werden – wichtig ist nur, dass er absolut dicht verschlossen wird.

4. Das verpackte Fleisch für 2 Stunden in einem Wasserbad mit einer Temperatur von 65–75 °C brühen. Ideal ist dafür ein Sous-Vide-Stick oder sogar ein einstellbares Wasserbad, aber auch ein Topf mit warmem Wasser im entsprechend eingestellten Backofen (80 °C Ober-/ Unterhitze) funktioniert, wenn regelmäßig kontrolliert wird, ob die Temperatur wirklich stimmt und ob nicht zu viel Wasser verdunstet.

5. Nach dem Garen den Schinken über Nacht im Kühlschrank vollständig erkalten lassen, auspacken, das Garn entfernen und in dünne Scheiben schneiden. Wer die Möglichkeit dazu hat, kann den Schinken auch einige Stunden trocknen lassen und anschließend 1–2 Stunden heißräuchern.

TIPP: Die Pökelzeit lässt sich verkürzen, wenn die Lake in das Fleisch gespritzt wird: In der Apotheke eine Spritze mit einer dicken Kanüle besorgen und 10–15 % des Fleischgewichts an kalter Pökellake von allen Seiten in das Wildbret spritzen. Anschließend in der verbliebenen Lake noch 2–3 Tage pökeln und wie beschrieben garen.

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Verlagsvorstellung des Autors Fabian Grimm

Bildquelle: Fabian Grimm

Fabian Grimm war aufgrund ethischer Bedenken jahrelang Vegetarier – dann entschloss er sich, den Jagdschein zu machen. Seitdem setzt er sich mit allen Möglichkeiten auseinander, Wildfleisch zuzubereiten. Seine Wildrezepte finden sich regelmäßig in Fachzeitschriften und auf seinem Blog https://www.haut-gout.de/wordpress/.

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KRAUTJUNKER-Koch Gerd Kettlitz

Gerd Kettlitz

Gerd Kettlitz ist Jahrgang 1968, verheiratet und Betreiber einer Firma für Hauswirtschaftsdienste. Gerd ist schon als Junge mit seinem jagdlichen Ziehvater viel draußen gewesen. Der hat ihm alles gezeigt, was mit dem Handwerk zu tun hatte. Aktiv zur Jagd geht er wieder seit 2009. Seine Jagdprüfung absolvierte er bereits 1988, also noch zu DDR-Zeiten. Damals war es notwendig, ein Jahr nachweislich mit einem Jäger mitgegangen zu sein, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Er hat dann seinen Jagdschein noch bis 1991 verlängert, danach war erstmal Familie, Arbeit, Hausbau, später Firmengründung usw. wichtiger. Irgendwann merkte er, dass er etwas braucht, wo er abschalten und regenerieren kann. So hat er 2009 wieder mit der Jagd angefangen. Da musste er sich natürlich erstmal intensiv mit den ganzen Gesetzmäßigkeiten beschäftigen, denn er hatte ja DDR-Jagdrecht gelernt. Nach einer Odyssee durch mehrere Reviere ist er vor ein paar Jahren glücklich mit einem Pächter, der großen Wert auf Kameradschaft und jagdliches Brauchtum legt. Dort fühle er sich angekommen und es macht Spaß, auf freundschaftlicher Basis zusammen zu jagen.
Von vornherein war für ihn klar, dass er das, was er erlegt, auch selbst verarbeitet und zubereitet. Er verkauft auch einiges. Bei Gerd wird regelmäßig mit Genuss Wild serviert, von dem er weiß, wie es aufgewachsen ist.

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Anmerkungen


Von KRAUTJUNKER gibt es nicht nur eine Facebook-Gruppe, sondern jetzt auch Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Grimms Wildkochbuch

Autor: Fabian Grimm

Fotograf: Fabian Grimm

Verlag: Verlag Eugen Ulmer

Verlagslink: https://www.ulmer.de/usd-6550066/grimms-wildkochbuch-.html

ISBN-13 : 978-3818610371

Bereits veröffentlicht aus dem Buch: https://krautjunker.com/?s=Grimms+Wildkochbuch

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