Grimms Leberwurst vom Reh

Rezeptvorstellung von Gerd Kettlitz

Auf Fabian Grimms Wildkochbuch hatte ich seit seinem Erscheinen ein Auge geworfen. Seine zwei Vorgänger Ich esse, also jage ich (siehe: https://www.haut-gout.de/wordpress/ich-esse-also-jage-ich/) und Rehwild – Vom Lebewesen zum Lebensmittel (siehe: https://www.haut-gout.de/wordpress/das-buch-zum-blog/) haben mich schon in ihrer Klarheit, Ehrlichkeit und Überzeugung fasziniert. Deshalb war bei mir die Freude groß, als das Paket vom Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, einflog.

Zuerst habe ich das Buch vollständig durchgelesen. Was ich jedem empfehle. Denn es ist weit mehr als ein Kochbuch. Aber dazu werde ich später noch ausführlicher schreiben.

Gleich das erste Rezept hat es mir angetan: Leberwurst vom Reh.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Mir geht es, zumindest bei Rehleber, ähnlich wie Fabian. Traditionell gebraten schmeckt sie mir, im Gegensatz zur Wildschweinleber, überhaupt nicht. Deshalb mache ich seit einigen Jahren Leberwurst oder -pastete davon. Ich habe schon einige Rezepte probiert und mal waren die Ergebnisse besser, mal schlechter. Ce la vi!

Das Reh zu der Leber war in diesem Jagdjahr das einzige, welches ich erlegt habe. Über die Gründe habe ich an anderer Stelle schon mehrfach lamentiert. Nur kurz dazu, unser grauer Mitbewerber braucht jeden Tag 4 kg Fleisch. Und das bei uns nun schon im vierten Jahr. Eine Rehwildhege können wir uns seitdem sparen.

Bildquelle: Photo by Eva Blue on Unsplash

Es gibt einfach keine mehr. Das ist sehr, sehr traurig. Denn genau wie Fabian bin auch ich ein begeisterter Rehwild-Fan. Um so mehr freut man sich über eine Einladung von Freunden. Bei einem von Mindestabstand geprägten und ohne Strecke legen und Schüsseltreiben zu Ende gehenden „Gemeinschaftsansitz“ Anfang Dezember hatte ich ewig keinen Anblick. Im ziemlich letzten Licht kam hinter mir eine einzelne Ricke. Die bekam meine Drehbewegung auf dem Ansitz mit und sprang, zum Glück ohne lautes Schrecken, ab. Zwei Minuten später und noch näher an der Nacht dran, vernahm ich vor mir ein Rascheln in der Dickung. Im gleichen Moment standen zwei Kitze ungefähr dreißig Meter direkt vor meinem Sitz. Die waren ihrer Mutter gefolgt und hatten wahrscheinlich kurz den Anschluss verpasst. Ganz langsam konnte ich die Waffe hochnehmen. Beim Blick durch das Zielfernrohr sah ich -nichts-! Außer verschwommenem grauen Nebel. Da fiel mir ein, dass ich letztens auf 12fach hochgedreht hatte, um dem Frischling eine sichere Kugel anzutragen. Und vor lauter Aufregung hatte ich vergessen, die Vergrößerung wieder runter zu schrauben. Schnell nachgeholt, hatte ich die zwei Kitze jetzt gut ansprechbar auf der Linse. Das für mich schwächere der beiden stand schon halb verdeckt wieder im Bestand. Aber es sollte sich nochmal drehen und kam jetzt breit auf die kleine Wiese. Ein kurzes „Määp“ ließ beide aufwerfen und der Schuss brach. Das Bockkitz hat ihn nicht mehr gehört.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Eine Dublette wäre jetzt noch der Höhepunkt gewesen. Dagegen hatte aber das andere Kitz etwas und verschwand schnell im Wald. Nach der obligatorischen Zigarettenlänge, die ich auch als Nichtraucher einhalte, stand ich dann am erlegten Stück. Im Licht der Kopflampe erwies ich ihm die letzte Ehre. Dabei wurde mir wieder bewusst, welches Privileg wir Jäger haben. Die Natur hautnah erleben, frische Luft, Jagdfieber, Beute machen, das beste Fleisch essen, was man bekommen kann. Die zwei Blätter kamen gleich am Wochenende in den Dutch Oven. Leber und Herz habe ich für Fabians Rezept genutzt.

Neu für mich war dabei das Pökeln. Das Fleisch und die Leber kommen für zwei bis drei Tage in eine Pökellake in den Kühlschrank.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Ich habe für die angegebene Menge Fleisch nur Herz genommen. Das hatte ich noch vom Vorjahr im Gefrierschrank. Qualitätsverluste habe ich trotz der langen Gefrierdauer noch nie erlebt. Da spielt sicherlich auch das Vakuumieren eine große Rolle. Ansonsten habe ich mich an die Ausführungen im Rezept gehalten. Wildschweinschmalz ist bei mir immer vorrätig. Ich habe es schon öfter anstatt Schweinebauch zum Leberwurstmachen genommen. Fabian hat dazu auch ein Rezept in seinem Buch. Das probiere ich, wenn ich wieder Nachschub brauche. Zum Einkochen habe ich, abweichend vom Rezept, Schraubgläser genommen.

Wir kochen schon viele Jahre damit ein. Und wenn wirklich mal ein Schraubdeckel aufgehebelt werden muss, wandert er danach in den Gelben Sack.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Nachdem ich alles vermengt hatte, bekam ich eine wirklich schön zähflüssige Masse heraus.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Die sich super in die Gläser füllen ließ. Und ich brauchte auch keine Lake mehr dazu geben, wie im Rezept empfohlen.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Nach zwei Stunden Einkochen nahm ich die Gläser schnell aus dem heißen Wasser. Leider mussten wir dann wirklich bis zum nächsten Morgen mit der Verkostung warten. Es dauert eben eine ganze Weile, bis die Gläser vollständig abgekühlt sind.

Das Ergebnis kann sich wirklich sehen und schmecken lassen. So eine Konsistenz hatte ich bisher noch nicht erreicht. Ich habe acht Gläser aus der angegebenen Menge herausbekommen. Das reicht für unseren Zweipersonenhaushalt bestimmt über den Winter. Beim nächsten Mal werde ich wahrscheinlich in Richtung Majoran etwas intensiver würzen. Das ist aber persönliches Empfinden.

Bildquelle: Gerd Kettlitz

Wiederholen werde ich das Rezept auf jeden Fall. Auch das gepökelte Fleisch trägt zu dem wunderbaren Ergebnis bei. Man braucht zusätzlich kein Salz mehr. Während des Schreibens läppert es mich schon wieder und ich gehe jetzt erstmal an den Kühlschrank. Das erste Glas ist schon fast leer.

Als Fazit kann ich nur jedem, der an Rehwildbret und Wildschweinschmalz rankommt, empfehlen, dieses Rezept auszuprobieren. Die Leberwurst schmeckt frisch, wild und lecker. Und es ist zu 100 Prozent Wild. Herz (und Leber), was willst Du mehr!

Weidmannsheil!

*

Leberwurst

Teilstücke: Hals, Hachse, Leber
Für ca. 10 Gläser

ca. 800 g Fleisch von Hals und
Hachse, ggf. auch Herz
ca. 400 g Leber
250 g Pökelsalz
1–2 Lorbeerblätter
50 g Zucker
2 Zwiebeln
2 Knoblauchzehen
400 g Wildschweinschmalz
(alternativ Butter)
2 TL getr. Majoran
1 TL getr. Bohnenkraut
1 TL schwarzer Pfeffer aus der Mühle
2 EL Honig
100 g süße Sahne

HINWEIS:
Ich zerteile Rehe fast immer gleich nach dem Ausnehmen und lasse
das Fleisch dann in Vakuumbeuteln reifen. Die Pökellake mit Fleisch und Leber setzte ich dann sofort an, wenn ich von der erfolgreichen Jagd nach Hause komme.
Das Rezept funktioniert aber auch, wenn Fleisch und Leber vor der Zubereitung eingefroren wurden, allerdings habe ich den Eindruck, dass die Wurst dann etwas schlechter bindet. Ein wenig mehr Fett kann helfen, das auszugleichen.

Bildquelle: Fabian Grimm

2750 ml Wasser mit dem Pökelsalz, den Lorbeerblättern und dem Zucker aufkochen und abkühlen lassen. Die Leber, den kompletten Hals mit Knochen, die beiden Hachsen und – wenn vorhanden – auch das gesäuberte und von Fett befreite Herz in die Lake legen. Es ist dabei nicht entscheidend, um welche Teilstücke es sich handelt, aber am Ende sollte es wenigstens doppelt so viel Muskelfleisch wie Leber sein. Darauf achten, dass das Fleisch vollständig bedeckt ist und zwei oder drei Tage kalt stellen.

Die Leber und die Lorbeerblätter aus der Lake nehmen und das restliche Fleisch 30 Minuten darin kochen. Zuletzt die Leber kurz in der kochenden Lake brühen (ein alter Fleischer hat mir mal geraten: so lange, wie ein „Vaterunser“ dauert), dann das gesamte Fleisch absieben und etwas Lake aufbewahren. Das Fleisch am Hals lässt sich leicht vom Knochen lösen, so lange es noch warm ist.

Die Zwiebeln und den Knoblauch würfeln und bei geringer Hitze 20 Minuten im Wildschweinschmalz dünsten – sie müssen ganz weich und glasig sein, im Zweifel lieber etwas länger garen. Das Fleisch währenddessen durch den Fleischwolf drehen, ich verwende die gröbste Scheibe. Die nur oberflächlich gegarte Leber grob würfeln und pürieren.

Fleisch, Leber und Fett vermischen und die Gewürze, den Honig und die Sahne gründlich untermengen, es dürfen keine „Gewürznester“ entstehen. Einige Esslöffel der Salzlake zu der Masse zu geben, um sie noch geschmeidiger zu machen, sie sollte zähflüssig sein. Nicht salzen, da das gepökelte Fleisch und die Lake bereits salzig schmecken.

Die Wurstmasse bis maximal (!) 3 cm unter den Rand in Einkochgläser füllen. Die Leberwurst dehnt sich beim Einkochen stark aus und quillt bei zu vollen Gläsern unter dem Deckel hervor. Alle Gläser in einen großen Topf stellen, mit kaltem Wasser bedecken, aufkochen, die Hitze reduzieren und 2 Stunden sprudelnd kochen lassen (siehe „Wildfleisch einkochen“, Seite 57).

­Nach einem erfolgreichen Ansitz wird das „kleine Jägerrecht“, bestehend unter anderem aus Herz, Leber und Nieren der Beute, sofort mit Äpfeln und Zwiebelringen gebraten – so will es jedenfalls die Tradition. Mir schmecken die inneren Organe auf diese Art zubereitet ehrlich gesagt überhaupt nicht. Vor allem mit gebratener Leber konnte ich mich trotz einigen hoffnungsvollen Versuchen nie wirklich anfreunden. Inzwischen landet bei mir deshalb fast jede Leber in der Wurst.

*

Verlagsvorstellung des Autors Fabian Grimm

Bildquelle: Fabian Grimm

Fabian Grimm war aufgrund ethischer Bedenken jahrelang Vegetarier – dann entschloss er sich, den Jagdschein zu machen. Seitdem setzt er sich mit allen Möglichkeiten auseinander, Wildfleisch zuzubereiten. Seine Wildrezepte finden sich regelmäßig in Fachzeitschriften und auf seinem Blog https://www.haut-gout.de/wordpress/.

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KRAUTJUNKER-Koch Gerd Kettlitz

Gerd Kettlitz

Mein Name ist Gerd Kettlitz, bin 1968 geboren, verheiratet und betreibe eine Firma für Hauswirtschaftsdienste. Aktiv zur Jagd gehe ich wieder seit 2009. Meine Jagdprüfung habe ich bereits 1988 gemacht, also noch zu DDR-Zeiten. Damals war es notwendig, ein Jahr nachweislich mit einem Jäger mitgegangen zu sein, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Ich bin schon als Junge mit meinem jagdlichen Ziehvater viel draußen gewesen, er hat mir alles gezeigt, was mit dem Handwerk zu tun hatte. Ich habe dann meinen Jagdschein noch bis 1991 verlängert, danach war erstmal Familie, Arbeit, Hausbau, später Firmengründung usw. wichtiger. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich etwas brauche, wo ich abschalten und regenerieren kann. Und so habe ich 2009 wieder mit der Jagd angefangen. Da musste ich mich natürlich erstmal intensiv mit den ganzen Gesetzmäßigkeiten beschäftigen, ich hatte ja DDR-Jagdrecht gelernt. Nach einer Odyssee durch mehrere Reviere bin ich jetzt das dritte Jagdjahr bei einem Pächter, der großen Wert auf Kameradschaft und jagdliches Brauchtum legt. Dort fühle ich mich angekommen und es macht Spaß, auf freundschaftlicher Basis zusammen zu jagen.
Von vornherein war für mich klar, dass ich das, was ich erlege, auch selbst verarbeite und zubereite. Ich verkaufe auch einiges, bei uns gibt es aber regelmäßig Wild, von dem ich eben weiß, wie es aufgewachsen ist.

 

***

Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es nicht nur eine Facebook-Gruppe, sondern jetzt auch Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Grimms Wildkochbuch

Autor: Fabian Grimm

Fotograf: Fabian Grimm

Verlag: Verlag Eugen Ulmer

Verlagslink: https://www.ulmer.de/usd-6550066/grimms-wildkochbuch-.html

ISBN-13 : 978-3818610371

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