Die Geschichte einer afrikanischen Farm

Buchvorstellung von Werner Berens

Inhalt

Die Geschichte einer afrikanischen Farm heißt das Büchlein in ungewohntem Format (10 mal 15 cm). Auf 536 Seiten in kleiner Schrift erzählt die Autorin Olive Schreiner selbige. Auf einer Farm, geführt von einer verwitweten Holländerin versucht sie mit ihrem deutschen Aufseher, seinem Sohn, ihrer Tochter Em, ihrer Nichte Lyndall und etlichen »Kaffern« dem kargen Land Lebensmöglichkeiten abzuringen. Ein Betrüger Bonaparte bringt kurzfristig das Farmleben durcheinander. Die wechselvolle Geschichte der erwähnten und anderer Figuren, ihre Beziehungen zueinander sind Gegenstand der Handlung. Die eigentliche Heldin des Romans ist Lyndall. Sie ist intelligent und hellsichtig, vor allem was die Rolle der Frau in der archaischen Burengesellschaft betrifft. Sie erhält die Chance auf Bildung in einem Internat und verweigert den traditionellen Lebensweg einer Frau in der Burengesellschaft. Aber Karriere zu machen wie ein Mann, bleibt ihr versagt. Sie bekommt ein Kind. Das Kind stirbt und kurz darauf auch sie.

Bildquelle: MANESSE BIBLIOTHEK

Informationen und Einschätzungen.

»Emotionale Wucht, funkelnder Humor und ein kühner Bruch mit traditionellen Rollenbildern machten…….diesen Roman einst zum Welterfolg. Das bewegende Meisterwerk über weibliche Emanzipation………gehört zur Handvoll von Büchern, die die Grenzen unseres Denkens ausloten.«

So die Einschätzung der Rezensentin Doris Lessing, die auf 45 Seiten den Roman, die Autorin, ihre Protagonisten, die Enstehungszusammenhänge und das „Revolutionäre“ des Romans in seiner Zeit erklärt und beschreibt.

Auch der Verlag erklärt auf achteinhalb Seiten historische Zusammenhänge, im Roman verwendete Begriffe und Aussagen handelnder Protagonisten.

Dem Manesse Verlag sind offenbar die Minenfelder der political correctness nicht unbekannt, weshalb er in einer editorischen Notiz der Autorin den Rassismusverdacht „abzuwaschen“ versucht und um Nachsicht bittet, wenn in der Übersetzung eines Romans, der Ende des 19.Jahrhunderts erschien, die Personen so sprechen, wie sie damals sprachen und dachten.

Sprache

»Der schlafende Fremde hatte noch keine Gelegenheit gehabt, von der Suppe zu kosten und sein Sohn war auf dem Boden über seiner behelfsmäßigen Tafel eingenickt. Also nahm der Alte zwei weiße Schaffelle vom Stapel…….und schob sie dem Jungen behutsam unter den Kopf. „;Armes Lämmchen, armes Lämmchen“‘, sagte er und tätschelte zärtlich den wilden, bärengleichen Wuschelkopf“……………….“Ach teurer Freund apostrophierte er alsdann den Zylinder, lange warst du mir treu zu Diensten, doch nun ist dein letzter Tag gekommen. Nie wieder sollst du das Haupt deines Eigners krönen.«

Bildquelle: MANESSE BIBLIOTHEK

Meine Einschätzung

Vorweg: Ich gebe zu bedenken, dass es mir als Mann möglicherweise an der nötigen Sensibilität mangelt, die, wenn ich sie hätte, mir vielleicht ermöglichen würde, den Wert eines emanzipatorisch-revolutionären Romans von Ende 1800 für die heutige Zeit richtig einzuschätzen. Den von Doris Lessing behaupteten funkelnden Humor finde ich selten. Und wie sich die ebenso behauptete emotionale Wucht dem Leser darstellt, mögen die Zitate verdeutlichen. Doch dem Bruch mit traditionellen Rollenbildern als Leistung des Romans stimme ich uneingeschränkt zu- auch wenn ich nicht vermag, das Meisterwerk als solches zu erkennen.

Die Erklärungen historischer und gesellschaftlicher Zusammenhänge ist eine durchaus hilfreiche „Zusatzleistung“. Von zeitgenössischen Lesern kann nicht erwartet werden, dass sie mit den politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Burenrepublik „Südafrika“ um 1880 und mit der Stellung der Frau in Europa und Südafrika vertraut sind.

Wenn eine Rezensentin allerdings 45 Seiten benötigt, um Roman und Figuren zu erklären, Leser davon zu überzeugen, dass es sich um ein literarisches Meisterwerk gehandelt habe, was auch HEUTE noch als solches empfunden werden müsse, liegt der Verdacht nahe, dass sich nicht jeder Leserin und jedem Leser der Meisterwerkcharakter erschließt. Romane wie Moby Dick, mit denen das Buch auf eine Stufe gestellt wird, vermögen aus sich selbst heraus und ohne umfangreiche Fürsprache als „Meisterwerk“ erkannt zu werden.

Ich fand es (siehe Sprache) äußerst anstrengend, das Buch zu lesen. Ganze Kübel beschreibender, gefühlsduseliger Adjektive, holzschnittartige Charaktere mit fest eingebrannten Eigenschaften, die in ihren Gefühlen ertrinken, mögen zu jener Zeit, als das Buch erschien, den Lesegewohnheiten der Zeitgenossen entsprochen haben. Doch heute liest man anders, denkt anders, spricht anders. Dafür kann das Buch nichts, aber es ist schwer bis unmöglich, sich darin festzulesen, es nicht mehr aus der Hand legen zu können.

Ich gebe zu, manche Passagen eher überfliegend gelesen zu haben, vorwiegend dann, wenn es sprachlich zu zuckersüß oder bitter triefte.

Leserinnen und Leser, die sich angesichts der aus heutiger Sicht katastrophalen Unterdrückung von Frauen und von Farbigen vergewissern wollen, wie schlimm das war und was alles noch zu tun ist, sollten das Buch lesen. Und wer wissen will, wie man damals und dort an den Schauplätzen in Südafrika und in England dachte, handelte und sprach, stößt auf eine Fundgrube an Aha- Erkenntnissen und Kontrasten zu unseren heutigen Empfindlichkeiten…..So vermag man in der Quintessenz im besten Falle beides in Frage zu stellen: das Damalige ebenso wie das Heutige. Als Denkanstoß und Vergewisserung ist das Buch uneingeschränkt zu empfehlen, als „Vor-dem-zu-Bett- gehen-Lektüre nicht, denn dafür ist die Sprache zu „sperrig“ und die Charaktere zu wirklichkeitsfremd.

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Verlagsvorstellung der Autorin Olive Schreiner

Olive Schreiner (1855–1920), frühe Exponentin der südafrikanischen Literatur und des weiblichen Schreibens, gilt als Vorläuferin so großer Autorinnen wie Tania Blixen oder Doris Lessing. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, aber hochtalentiert, gelang der Autodidaktin mit The Story of an African Farm (1883 unter dem Pseudonym Ralph Iron erschienen) ein internationaler Überraschungserfolg. Rasch wurde sie zu einer der einflussreichsten Stimmen des südlichen Afrika, engagierte sich als Feministin, Sozialistin und Pazifistin und trat gegen Cecil Rhodes’ imperialistische Politik auf. 2003 wurde sie posthum mit dem südafrikanischen Order of Ikhamanga in Gold ausgezeichnet.

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Pressestimmen


Ihr Roman ist ein heute noch lesenswertes Dokument, weil er die progressiven Gedanken seiner Zeit nicht nur durchdrungen und aufgenommen hatte: Er zeigt die Unzulänglichkeit der Welt, aus der diese großen Ideen einst entstanden sind.
― Süddeutsche Zeitung, Nicolas Freund (11. Dezember 2020)

Ein Klassiker, der seiner Zeit voraus war. … Olive Schreiner spielte eine wichtige politische Rolle in ihrem Land, als Bürgerrechtsaktivistin und Feministin.
Deutschlandfunk Kultur, Manuela Reichart (17. Dezember 2020)

Heute noch lesenswert ist der Roman auch deshalb, weil man dabei ein Gefühl für die oft widersprüchliche Überlagerung der Ideologien und Ideen jener Zeit bekommt, die vielfach bis in die Gegenwart hinein wirken.«
der Freitag, Kevin Neuroth (14. Januar 2021)

Ihr Meisterwerk ›Die Geschichte einer afrikanischen Farm‹ aber, 1883 erschienen und nun neu übersetzt, liest sich heute noch wunderbar: als bewegendes, humorvolles und – in den grotesken Momenten – geradezu modernes Drama um drei junge Leute, die ihr Glück suchen.
Nürnberger Nachrichten, Wolf Ebersberger (05. Februar 2021)


Das ist nicht nur der erste farben- und faktenüberreiche Roman über das Leben der Europäer in ihrer Kolonialwelt, deren Rechte und Eigenheiten sie oft nicht sahen, sondern auch über die Entwicklung eines klugen und selbstbewussten Mädchens zwischen Buren, Afrikanern und der eigenen englischen Familie. Weltliteratur aus dem Jahre 1883.
Sybil Gräfin Schönfeldt (10. Dezember 2020)

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Werner Berens

Werner Berens ist Fliegenfischer, Jäger, Autor und Genussmensch, der den erwähnten Tätigkeiten soweit als möglich die lustvollen Momente abzugewinnen versucht, ohne aufgrund kulinarisch attraktiver Beute übermäßig in die falsche Richtung zu wachsen. Als Leser und Schreiber ist er ein Freund fein ziselierter Wortarbeit mit Identifikationssmöglichkeit und Feind von Ingenieurstexten, die sich lesen wie Beipackzettel für Kopfschmerztabletten. Altermäßig reitet er dem Sonnenuntergang am Horizont entgegen und schreibt nur noch gelegentlich Beiträge für das Magazin Fliegenfischen.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Die Geschichte einer afrikanischen Farm

Autorin: Olive Schreiner

Übersetzung: Viola Siegemund

Nachwort: Doris Lessing

Verlag: MANESSE BIBLIOTHEK

Verlagslink: https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Die-Geschichte-einer-afrikanischen-Farm/Olive-Schreiner/Manesse/e567852.rhd

ISBN: 978-3-7175-2512-7

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