Mispelcreme mit Akazienhonig & Likör aus Mispelkernen

Spätestens ab Mitte Januar finden sich kaum mehr Pilze, genießen die meisten Wildtiere ihre Schonzeit und angeln nur noch Inuit oder die „Eisenärsche“ genannten Petrijünger, denen längst alle Nervenzellen am Gesäß abgefroren sind. Da mir mein Trieb juckte, in der freien Natur nach Nahrungsmitteln zu suchen, fasste ich die Mispeln (Mespilus germanica) ins Visier.

Die Mispel ist ein kurzstämmiger Baum aus der bis zu 5 m hoch wird. Seine kugeligen Apfelfrüchte weisen einen Durchmesser von 2 bis 3 cm auf. Die abgeflachten Spitze werden durch Kelchblätter gekrönt.

Die mittelalterliche deutsche Gelehrte wie Hildegard von Bingen (* 1098; † 1179) oder der französische Arzt und Pionier der Pflanzenheilkunde  Henri Leclerc (* 1870; † 1955), verordneten die Früchte zur Therapie von Verdauungsproblemen oder bei Nieren- und Blasenerkrankungen.

Im Mittelalter war die Pflanze und Süd- und Mitteleuropa verbreitet, im 17. und 18. Jahrhundert in England. Heutzutage sind die kugeligen Früchte fast nur noch in so abgelegenen Landstrichen wie Aserbaidschan oder Spanien nicht in Vergessenheit geraten.  Die gelbbraune, etwas faulig wirkende Schale des Kernobstes erscheint wenig vertrauenerweckend und appetitlich, so dass es im Handel dem Wettbewerb mit all den Früchten, Obst- und Gemüsesorten unterlag, die seit dem Beginn der Neuzeit aus der Neuen Welt zu uns kamen. Im Herbst ist der Zuckergehalt der Früchte kaum nachweisbar und sie sind kaum genießbar, aber bei Kälte und Frost findet ein natürlicher Gärungsprozess statt. Sobald die Früchte weich und braun geworden sind, gewinnen sie ein süßliches, an Apfelwein erinnerndes Aroma.

Mispeln zu finden, ist gar nicht so einfach. Mein Tipp: Auf Ausgleichsflächen suchen. Das sind die kleinen Biotope, welche Unternehmer im Rahmen des Eingriffsregelung anlegen müssen, wenn sie manche Naturflächen ihren Bauprojekten opfern.

Da bei den Mispelbäumen, die ich Anfang Januar, nach einem Tipp aus der Facebook-Gruppe Du lebst schon lange in Minden, wenn:, auf einer Ausgleichsfläche in einem Gewerbegebiet fand, nahezu alle ohne Leiter erreichbaren Früchte abgeerntet waren, sammelte ich mit dem Herrn von Slot Halemesje auch das Fallobst auf. Um in den Genuss aller Nähr- und Aromastoffe zu kommen, sollte man Mispeln roh verspeisen, bei von der Erde aufgesammelten Früchten ist jedoch das Risiko der Echinokokkose (Fuchsbandwurm) zu hoch.

Die Mispeln lagerte ich den Januar über bei Minustemperaturen zum Nachreifen an einem geschützten Ort. Die Früchte lagen dabei in einer Kiste auf einer Lage trockenem Stroh in meinem offenen Gewächshaus.

Schwarze Flecken sind ein Zeichen für Fäulnis. Diese Früchte wurden aussortiert.

An den Stellen, wo die Mispeln reif wurden, verfärbten sie sich bräunlich, während der feste Teil gelb-orange blieb.

Man kann den Reifeprozess auch in der Tiefkühltruhe in Gang bringen. Die Autorin des Buches Wilde Waldküche, Linda Louis, rät davon ab. Andere Quellen kennen hier keine Bedenken. „Do not study books, study nature“, hat vor Jahrhunderten ein amerikanischer Pionier der Meeresbiologie gesagt.

mispeln

Zuerst habe ich für die Mispelcreme und den Mispellikör zwei Einmachgefäße 10 Minuten abgekocht, in den letzten zwei Minuten kochten die Gummiabdichtungen mit. Nachdem ich die Gläser zum Abtropfen auf ein Handtuch legte (mit zwei Gabeln eine kleine Akrobatik-Einlage), kochte ich die Früchte aufgrund des Fuchsbandwurm-Risikos weitere zehn Minuten im Wasser ab.

MISPELN ZU FRUCHTMARK VERARBEITEN

In Wilde Waldküche wird empfohlen, die Mispeln nach dem Waschen, Trocknen und Verlesen mit einem Teigschaber durch ein Sieb zu drücken. Alternativ wird eine Flotte Lotte empfohlen. Da mir weder Teigschaber noch passendes Sieb zur Verfügung standen und ich mit der Flotten Lotte keinen Erfolg hatte, benutzte ich ganz brachial eine Kartoffelpresse. Das war vielleicht nicht sehr effektiv, sah aber ungemein männlich aus (bilde ich mir zumindest ein, denn ich hatte keine Zuschauer). Das Fruchtmark ist für die Creme, die Kerne für den Likör.

 

MISPELCREME MIT AKAZIENHONIG

von Linda Louis

Der Geschmack dieser intensiven und zart schmelzenden Cremespeise erinnert an Apfelwein und Esskastanien. Der Akazienhonig bringt das feine Aromader Mispeln zur Geltung, ohne es zu überdecken. Dieses gesunde Dessert kann man zu jeder Tageszeit genießen.

 

Zubereitung: 2 Minuten
Für 4 Portionen
1 EL Haselnussmark
4 EL Akazienhonig
300 g Mispelfruchtmark

 

Das Haselnussmark mit dem Akazienhonig verrühren, bis es weicher wird.

Das Mispelfruchtmark dazugeben und untermischen.

Dazu passen die Knusperkekse mit Haselnüssen.

 

Kommentar Krautjunker: War nicht so ganz mein Geschmack. Durch den Honig wurde mir die Creme etwas zu süß und das Apfelwein-Aroma war auch nicht so meines. Ich kann mir aber vorstellen, aus dem Mark interessante Kekse zu herzustellen.

 

LIKÖR AUS MISPELKERNEN

von Linda Louis

Schon der Anblick dieses bernsteinfarbenen schillernden Likörs verheißt einen berauschenden Genuss. Die Mispelkerne besitzen ein feines Aroma, das an Mandeln,Orangenschalen und Grand Marnier erinnert – mit einem kräftigen, waldigen Eigengeschmack. Den edlen Likör kann man pur genießen, als Verdauungsschnaps nutzen oder auch Crêpes damit flambieren.

 

Zubereitung: 10 Minuten
Ziehen lassen: 3 Monate
Ergibt 1 l Likör
1 unbehandelte Bio-Orange
200 g Rohrzucker als Würfelzucker
1 l Obstschnaps (mind. 40 Vol.-% Alkohol)
200 g Mispelkerne
100 ml Grand Marnier (oder anderen Orangen-Likör)
1 großes Glasgefäß mit Deckel, gesäubert und sterilisiert

 

Die Orangen waschen, abbürsten und schälen. Die Zuckerstückchen auf der Orangenschale hin- und herreiben, damit sie das Aroma annehmen.

Alle Zuckerwürfel mit dem Obstschnaps und den Mispelkernen in ein großes Gefäß geben. Alles gut vermischen, das Gefäß verschließen und zwei Monate ziehen lassen. In dieser Zeit regelmäßig umrühren oder schwenken.

Den Likör filtern, den Grand Marnier zugießen und einen weiteren Monat ruhen lassen. Nach Wahl in sterilisierten Flaschen abfüllen.

Kommentar Krautjunker: Ich hab weniger in einem kleineren Gefäß gemacht. Statt des exklusiven Grand Marnier verwendete ich Bols Red Orange und konnte nicht widerstehen, schon einiges hinzuzufügen. Wie es schmecken wird, kann ich noch nicht sagen, da das Glas erst zwei Wochen im Keller ist. Ganz egal, wie es schmeckt, ich finde die Vorstellung großartig, einen eigenen Likör aus selbstgesammelten Waldfrüchten herzustellen. Sollte das Aroma nicht so ganz meinen Geschmack treffen, werde ich ihn so lange mit Wodka und Rum mischen, bis es passt – und knallt.

 

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook

wilde-waldkuche-linda-louis

Titel: Wilde Waldküche

Verlag: Hädecke Verlag GmbH & Co.KG

Autorin: Linda Louis

Fotos: © Krautjunker (Die Bilder aus dem Buch sind natürlich schöner)

ISBN: 978-3-7750-0628-6

Verlagslink: http://www.haedecke-verlag.de/search.asp?item=7750-0628

 

Weiterer Beitrag aus dem Buch: https://krautjunker.com/2016/11/20/kastaniencreme/

 

5 Kommentare Gib deinen ab

  1. Thilo Fritzsche sagt:

    Mispelwein, recht einfach.
    ich nehm die zermatschten Früchte, schneide sie mit der Schere recht klein. Gebe die Früchte in einen gereinigten Weinballon, zugleich wird Zucker im Topf aufgelöst. Verhältniss wie bei einer normalen Weinherstellung. Den Leuterzucker den Mispeln zufügen und dann die Trockenhefe dazu geben. Gut umgerührt an einem nicht zu kalten Platz gären lassen.
    Dauert ne ganze Weile. Sonst verfahren wie bei einer normalen Obstweinherstellung.

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