The Great Outdoors – Into the Wild: Das Kochbuch für nachhaltigen Fleischgenuss

Buchvorstellung von Silvia Slazenger

Das vergangene Jahr war jagdlich bei uns sehr vielseitig, sowohl die Erlebnisse als auch Wildarten im eigenen Revier und bei Freunden betreffend. Würde man mich fragen, was mir vor allem im Gedächtnis geblieben ist, so fallen mir gleich eine Reihe besonderer Momente ein. Beispielsweise die Nacht des ersten Novembers, die sich passend zu Allerheiligen als eine sehr neblige und stille Nacht entpuppte. Der Mond strahlte gedämpft und indirekt wie durch ein Vlies, das vor den Himmel gehängt worden war, auf die bereifte Landschaft. Kanten tiefdunkler Schatten hatten einen Weichzeichner erhalten und der Nebel dämpfte alle Geräusche, als ich leise durchs Revier wanderte und mich für eine Pirsch auf dem Damm zwischen dem großflächig beschilften See und dem rechts von mir liegenden etwa vier Meter breiten Wassergraben entschied. Im Schilf wusste ich um mindestens eine Rotte Sauen die sich dort über die Jahre einen Einstand mit vielen Gassen und Schlafplätzen bis hinunter zum Seeufer eingerichtet hatte, aber gerne Ausflüge auf die Wiesen hinter dem Damm unternimmt. Auf dem Damm selbst schnüren des Nächtens oft Füchse entlang und Waschbären wechseln gerne für einen letzten Mitternachtssnack vor der Winterruhe an den Graben hinunter, an dem man auch stets das ein oder andere Nutria antrifft. Rehe und Hasen beobachten alles still von der ausgedehnten Wiesenlandschaft aus die sich an den Graben anschließt. Tagsüber sind hier oft viele Menschen mit ihren Hunden spazieren, nachts ist es herrlich einsam.

Als ich mich langsam und leise im Schatten des Schilfs den Damm entlang bewegte, die Stimmung dieser lautlosen und nebligen Nacht in mich aufnehmend, befiel mich wie so oft, wenn ich nachts jage, ein Gefühl von Ursprünglichkeit gepaart mit tiefer Ruhe und gleichzeitig jagdlicher Erregung. Es ist diese Harmonie aus Anspannung und Entspannung, die mich an der Jagd so fasziniert und ich nenne es insgeheim immer das seelische „back to the wild“, selbst wenn ich letztlich in einer Kulturlandschaft jage. Ich klinke mich dann immer mit allen Sinnen in meine Umgebung ein und versuche der Intuition Vortritt vor dem ratternden Verstand zu lassen. So auch in dieser Nacht. Eine leise Erwartung zupfte an meinem Geist und ich dachte, wenn heute eine Sau auftauchen sollte, wird es ein besonderer Moment sein. Meine Intuition hieß mich kurz danach stehen zu bleiben und die gegenüberliegende Seite des Grabens genauer zu betrachten. Etwa hundert Meter schräg vor mir sah ich zwei Schemen im Nebel! Als ich mich näherte konnte ich sie als zwei stattliche Überläufer ansprechen, die sich auf der Suche nach Köstlichkeiten durch die matschige Erde auf der anderen Seite des Grabens wühlten. Durch den Nebel hörte ich sie nicht wie sonst schmatzen, doch sie hörten und sahen mich ebenso wenig. Ich konnte mich also in Ruhe weiter nähern, bis ich auf dem Damm genau gegenüber der Sauen in etwa vierzig Meter Entfernung stehen blieb. Ich legte meine Waffe auf den Schiessstock und nahm mir genug Zeit, dann fiel der Schuss über den Wassergraben durch die nächtliche Stille und eine der beiden Sauen lag sofort. Die andere verschwand eilig im Nebel, zusammen mit einigen aufgescheuchten Enten und anderen Wasservögeln. Dann kehrte wieder Stille ein. Tiefes Ausatmen.

Es ist immer erleichternd, wenn das Stück sofort im Knall liegt. Nun musste ich noch auf die andere Seite des Grabens gelangen. Ein Fußmarsch von etwa fünfzehn Minuten bis zum nächsten Übergang und dann auf der anderen Seite am Ufer zurück. Als ich schließlich am Stück ankam durfte ich mich über eine besondere und zu dieser Nacht passende hellsilberne Überläuferbache freuen. Der besonders schweißtreibende Teil stand mir aber noch bevor. Die Bache von (wie ich später feststellte aufgebrochen knapp fünfzig Kilogramm) musste ich etwa dreihundert Meter über die teils gefrorene und teils aufgeweichte Wiese bis zum nächsten Weg ziehen, den ich mit meinem Auto erreichen konnte. Dreihundert Meter können sehr lang sein! Mein Partner war nicht weit von mir ebenfalls auf der Pirsch, aber ich bestehe immer darauf die Stücke alleine zu bergen, egal wie anstrengend es wird. Manche nennen es eine Macke, für mich ist es mein persönlicher Tribut an das Tier, dafür dass ich das Leben nehmen durfte. Außerdem hält es fit!

Auch genieße ich dann die weitere Verarbeitung des Stückes in der Küche besonders.

Die Sau aus dieser ursprünglich anmutenden Nebel-Nacht eignete sich jedenfalls zusammen mit einigen anderen Stücken hervorragend für das Austesten von Rezepten aus dem neuen Wildkochbuch, das mir unser lieber KRAUTJUNKER zur Rezension zur Verfügung gestellt hatte.

Passenderweise heißt das Buch des Autors Markus Sämmer Into the Wild und steht für nachhaltigen Fleischgenuss. Markus, auch bekannt als Erfolgsautor von The Great Outdoors, kam selbst über einen Freund zur Jagd und kann sich seinen Alltag heute ohne selbige nur noch schwer vorstellen.

Es ist »ein bewusster Lebensweg, ein Handwerk mit vielen Facetten, aktiver Naturschutz und schon fast ein Ehrenamt«, schreibt er im Vorwort. Er beschreibt auch meine oben genannten Empfindungen wundervoll: »Dieses urtümliche Gefühl des Sammlers und Jägers tragen wir noch in uns – eine Mischung aus Spannung und meditativer Ruhe, die man oft auf der Jagd verspürt«. Aber auch die Verantwortung für nachhaltigen Fleischgenuss, der wir mit der Jagd nachkommen ist für ihn sehr erwähnenswert.

In seinem bereits vierten Buch zeigt er in moderner, leichter und unkomplizierter Manier, was Wildbret abseits von Ragout und Gulasch alles kann. Ich bin immer wieder erstaunt wie viele Wildkochbücher in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind, die sich dennoch nicht gänzlich wiederholen, sondern viele Variationen und neue Ideen bereithalten. 

Bildquelle: Dorling Kindersley Verlag

Dieses Buch startet mit einem allgemeinen Teil zu den Basics von Wildbretverarbeitung und -hygiene, den verschiedenen Wildarten und auch einem Einstieg ins Wursten. Der Rezeptbereich folgt mit Hackfleisch in dem sich vielseitige Rezepte aus aller Welt finden, von gefüllter Pasta über Empanadasgeorgischen Kinkali bis hin zu Bratwürsten nach Schweizer Art. Gefolgt von Rezepten Aus dem Topf (u.a. Ramen, Curry, Minestrone mit Hackbällchen) und Aus der Pfanne (u.a. Saltimbocca, wilde Shakshuka, Pad Thai), „Aus dem Schmortopf (Dutch Oven Fans aufgepasst!) und Vom Grill.

Bildquelle: Dorling Kindersley Verlag

Viele der Rezepte lassen sich „outdoor“ zubereiten. Am Ende gibt es noch einen Teil Beilagen, Saucen, Dips, inklusive Wildfond, diversen Chutneys, und schließlich Snacks & Brozteit die eindeutig süddeutsch geprägt sind (z.B. Obatzda).

Bildquelle: Dorling Kindersley Verlag

Zuletzt sei gesagt, dass sich im Buch noch weiteres Wissen eingestreut finden lässt, in Form kleiner Kapitel zu Jagdschein, Berufsjäger, zur Bergjagd, Wildmetzgerei oder Forstwissenschaft. Damit eignet sich das Buch für jeden Wildkoch der passioniert Kochbücher sammelt, als auch für den interessierten Einsteiger in die Wildküche.

Ich entschied mich für die Rezension für zwei Rezepte am Ende des Buches.

Bildquelle: Silvia Slazenger

Meine „November-Sau“ sollte zusammen mit etwas Reh und Damwild den Einstieg in die Produktion von Rohwurstwaren in Form von Pfefferbeißern ebnen.

Bildquelle: Silvia Slazenger

Die beiden Nüsse aus einem Damtier der Herbstjagd in Mecklenburg wurden zu köstlicher Pastrami für Weihnachten verarbeitet.

Bildquelle: Silvia Slazenger

Um es kurz zu machen: Beide Rezepte sind hervorragend gelungen! Wenngleich es für mich als Mikrobiologin eine Überwindung war, für die Pfefferbeißer rohes in Naturdarm abgefülltes Fleisch über Nacht zum Umröten in das feuchtwarme Badezimmer zu stellen (meine Träume waren trotz des Nitritpökelsalzes in jener Nacht erfüllt von lebhaften Bakterienkulturen), so muss ich sagen war das Ergebnis umwerfend. Die Pfefferbeißer sind bereits fast gänzlich unter freudvollen Seufzern von uns, Familie und Freunden verschwunden. Das Pastrami war ebenso ein Gedicht. Am besten entfalten sich die Geschmacksnoten der Gewürze zusammen mit dem Fleisch wenn man es pur in sehr feinen Scheiben genießt. Höchstens ein Buttertoast dazu, für ein Reuben-Sandwich war es mir zu schade. Einen Teil des Pastrami gab es an Silvester als Carpacchio zur Vorspeise angerichtet mit einer selbst gemachten Remoulade.

Abschließend lässt sich zum Buch sagen dass es ein schön bebildertes und seelenvolles Wildkochbuch eines sehr sympathischen Autors ist, welches das „wilde“ Flair gekonnt einfangen konnte. 

*

Verlagsvorstellung des Autors Markus Sämmer

Abb.: © Steffen Schulte Lippern

Markus Sämmer ist ein Naturbursche durch und durch! Der Profikoch war lange in der Spitzengastronomie aktiv, bevor er durch Australien tourte und auf einer Yacht arbeitete. Seit 2004 betreibt er eine Catering-Firma. Der Outdoor-Experte ist als Kletterer, Mountainbiker und Bergsteiger unterwegs und Besitzer eines Jagdscheins. Sein Küchenwissen verbindet er seit Jahren in den Kochbuchüchern der The Great Outdoors-Reihe mit seiner Leidenschaft für die Natur.

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Silvia Slazenger

Dr. Silvia Slazenger, Jahrgang 1978 ist promovierte Mikrobiologin und selbst eine Weltenwanderin. Das Leben ist bunt und vor allem vielseitig. Ihre einzige Angst ist vermutlich, dass die Länge eines Menschenlebens nicht ganz ausreichen könnte, um alles auszuprobieren, was ihre Begeisterung und Leidenschaft weckt. Man kann Silvia, wenn sie nicht gerade wie besessen arbeitet, daher fast überall antreffen, ob in einer Bibliothek in stiller Liebe mit alten Büchern, in den Rahen eines Segelschiffs das gerade den Ozean durchquert, im Tanzsaal, beim Kampfsporttraining oder Yoga, in philosophischer Konversation mit einem guten Glas Wein oder beim Cocktailempfang, im Abendkleid die Oper geniessend oder dreckverschmiert und mit leuchtenden Augen die gerade selbst erlegte Wildsau aus dem Gebüsch ziehend – in Gedanken bereits bei diversen Kochrezepten mit Vorfreude auf ausgiebige Kochabende mit lieben Freunden. Als kleines Mädchen beschloss sie, Biologin zu werden. Vielleicht, weil die faszinierende Natur, der ihre große Liebe gilt, ebenso vielseitig ist und nie aufhört neue Wunder bereit zu halten. Was die Welt im Innersten zusammen hält, hat sie zwar noch nicht herausgefunden, aber ihre Buchvorstellungen liefern sicher jedem Leser neue Impulse.

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Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe sowie Becher aus Porzellan und Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: The Great Outdoors – Into the Wild: Das Kochbuch für nachhaltigen Fleischgenuss

Autor: Markus Sämmer

Verlag: Dorling Kindersley Verlag GmbH

Verlagslink: https://www.dorlingkindersley.de/buch/markus-saemmer-the-great-outdoors-into-the-wild-9783831044665

ISBN: 978-3-8310-4466-5

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