Der Kraken (Ordnung Octopoda) ist ein suspekter Fremder in der deutschen Küche.
Frauen erinnern die acht Arme an die Fummeleien der Jungs, mit denen sie während der Pubertät „gegangen“ sind. Wurde die Beleuchtung schummerig und Kuschelrock aufgelegt, schienen jedem weggeschobenen Arm neue zu folgen, um sie zu umschlingen…
Männern ist der Kraken suspekt, weil sie Wesen misstrauen, die, wie der Krake Paul, Fußballergebnisse besser vorhersagen können, als sie selbst.
Ganz anders in Japan, wo das Meer an keiner Stelle mehr als 150 km entfernt ist. In dem Inselreich des Fernen Ostens ist die Auseinandersetzung mit der Meeresfauna ein traditioneller Bestandteil der Kultur.
Kraken scheinen bei den Japanerinnen bizarre sexuelle Fantasien auszulösen…

Bei Männern hingegen schwankt die Auseinandersetzung mit den Kraken zwischen traditionellen Küchenpraktiken und der Angst davor, dass die Lebensmittel irgendwann zurückschlagen, wie es im grandiosen Film Monsterroll thematisiert wird.
Da ich ein großer Freund irrwitziger Traditionen bin, habe ich mich von diesem kleinen cineastischen Meisterwerk zu der Gestaltung des Titelbildes inspirieren lassen.
Zurück nach Europa und die Realität der Küchenpraxis. Ich präsentiere hier einen Beitrag aus dem Standardwerk TEUBNER Meeresfrüchte.
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Küchenpraxis Kraken: Bei ihm besonders wichtig: Das richtige Know-how. Krake, Oktopus oder Pulpo – die achtarmigen Kopffüßer bedürfen einer besonderen Vorbereitung, um weich und zart zu werden.
RUND UMS MITTELMEER – von Griechenland über Sizilien bis nach Spanien – kennt man sich bestens aus mit der Zubereitung von Kraken. Ob als feiner Salat, wie der Oktopus in Griechenland geschätzt wird, ob vom Grill, so liebt man ihn in Sizilien, oder auch in Rotwein geschmort, wie ihn die Spanier besonders gerne mögen: Jedes Land, jede Region hat ihre eigenen Rezepte und kennt spezielle Methoden der Vorbereitung. Denn darauf kommt es bei einem Kraken besonders an, wenn er schön weich und zart gelingen soll.
WIE MAN IHN WEICH BEKOMMT
Erfahrene Fischer klatschen die Tiere gleich nach dem Anlanden auf den harten Asphalt oder an den Fels, immer und immer wieder. Bis zu einer Stunde und mehr kann diese Prozedur in Anspruch nehmen, dann sei er weich, sagen die Fischer – und hängen die Kraken anschließend auf einer Wäscheleine zum Trocknen auf. Andere wiederum schwören auf Korken im Kochwasser, dadurch, so versichern sie, würde auch der zäheste Vertreter seiner Art butterzart. Und auch das Tiefkühlen ist für manche die Methode der Wahl, nach 2 Tagen im Tiefkühlfach könne man den Kraken bedenkenlos kochen. Sicher ist, dass fernab der Küste das Schlagen auf Asphalt wohl kaum in Frage kommt, zumal Kraken beim Fischhändler oft bereits in Stücke geschnitten angeboten werden. In diesem Fall können Sie sich mit einem Fleischklopfer behelfen. Dafür wickeln Sie den Kraken oder die Tentakel in ein Küchentuch und klopfen das Fleisch mit der flachen Seite auf einer Arbeitsplatte weich, ohne dabei die Saugnäpfe zu verletzen. Wollen Sie die Korkenmethode ausprobieren, sollten Sie – damit der Korkgeschmack nicht zu dominant wird – 3 bis 4 Weißweinkorken mit ins Kochwasser geben.
Das weitere Vorgehen ist dann bei einem Krakenimmer dasselbe: Der Körperbeutel wird von den Fangarmen getrennt, Innereien und Kauwerkzeuge müssen entfernt werden. Das Häuten ist bei kleinen Exemplaren nicht unbedingt nötig, bei größeren Tieren ist die Haut des Körperbeutels aber oft ledrig zäh, daher empfiehlt sich bei ihnen das Häuten durchaus. Sollen auch die Fangarme gehäutet werden, reibt man sie zuvor mit grobem Meersalz ein, so lässt sich die Haut leichter entfernen.
KRAKE KÜCHENFERTIG VORBEREITEN

(1) Den Kraken mitsamt den langen, mit einer doppelten Reihe Saugnäpfen besetzten Fangarmen unter kaltem Wasser gründlich abspülen und auf eine Arbeitsfläche legen.

(2) Mit einem scharfen Messer den Körperbeutel knapp hinter den Augen abschneiden.

(3) Die Augenpartie abschneiden. Dann die Innereien aus dem Körperbeutel ziehen und entfernen.

(4) Den Körperbeutel festhalten und mit der anderen Hand die rötlich graue Haut abziehen.

(5) Den Körperbeutel umstülpen, innen und außen gründlich mit kaltem Wasser ausspülen.

(6) Kauwerkzeuge mit den Fingern aus der Mitte der Fangarme herausdrücken und mit dem weichen Gewebe entfernen.

(7) Die Fangarme (Tentakel) ringsum kräftig mit grobem Meersalz einreiben.

(8) Den Kraken gut festhalten und die Haut vom Fleisch abziehen, an den Fangarmen kann sie auch verbleiben.
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Anmerkungen

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Titel: Das große Buch der Meeresfrüchte
Verlag: GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, © 2005, TEUBNER
ISBN: 9783833849046
Texte: Teubner Verlag
Fotos: Teubner Verlag/ Alle Rezeptaufnahmen, Hauptitel, sowie Kapitelaufmacher: FoodPhotography Eising. Alle Warenkunde- und Küchenpraxisaufnahmen: Foodfoto Teubner, Füssen
Verlagslink: http://www.gu.de/buecher/teubner/edition/931833-das-grosse-buch-der-meeresfruechte/
Meine Rezension: https://krautjunker.com/2016/09/15/meeresfruechte/
Bilddateien: Das Titelbild wurde von mir gezeichnet. Für die digitale Bildbearbeitung und die Texturen möchte ich mich bei der Herrin von Slot Halemejse bedanken. Die Grafik der Japanerin mit dem Kraken ist von Katsushika Hokusai. Sie wurde copyrightfrei Wikipedia entnommen. Das Bild aus dem Film Monsterroll sollte Anregung genug sein, sich Zeit für dieses epische Meisterwerk zu nehmen: http://www.monsterroll.com/
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