Ein Freund von mir – nennen wir ihn Oliver – leidet unter schwerer Originalietis. Es ist ihm unmöglich, sich für etwas zu begeistern, was zu viele auch lieben. Es geht sogar soweit, dass er sich nicht alleine auf dem Rücken liegen bestatten lassen möchte, sondern, wie ein Etruskerfürst, zusammen mit seiner Liebsten in lässiger Seitenlage. Den Grabspruch hat er auch schon:
Eins bleibt mir auf alle Fälle.
Das Originelle!
Jetzt wo ich dies schreibe, frage ich mich: ist dieser übertriebene Hang zum Originellen und Abstrusen etwa der Grund für die freundschaftlichen Gefühle, die mir gegenüber hegt?
Wie auch immer, sein letzter Tick ist, dass er eine Abneigung gegen das Grillen entwickelt hat. Jeder Mann liebt Grillen. Ein Feuer entfachen, sein Rudel um sich scharen und es mit halbverbrannten Fleischbrocken füttern – wer fühlt da nicht in seiner Hühnerbrust den Höhlenmenschen erwachen? Nennen wir ihn Oliver empfindet dies als klischeehaft und hat hier ein Ach-nee-Gefühl.
Um trotzdem in seinem Garten Gäste bewirten zu können und dies sogar auf besonders originelle Art, hat sich Oliver kürzlich einen Dutch Oven von Petromax zugelegt. Dieser schwarze Topf liegt zwar nun schon ein paar Wochen in einem Pappkarton bei ihm herum, aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem er ihn auspackt (Mit den Kondomen in seiner Pubertät lief es ähnlich). Und für diesen Tag wollte ich gerüstet sein, denn machen wir uns nichts vor, zu jeder Männerfreundschaft gehört das, was Frauen spöttisch „Schwanzvergleich“ nennen, der Wettbewerb. Kurzum, wenn er das Feuer unter seinem Dutch Oven entfacht, möchte ich kühl lächelnd dabeistehen und ihn ungefragt mit Ideen, Tipps und Lebenshilfe belästigen. Wozu hat man denn sonst Freunde, wenn nicht, um immer im entscheidenden Moment einfach da zu sein.
Zu diesem Behufe nahm ich am Samstag, den 27. Mai mit Barti Slartfaß, einem Mitglied meiner Facebook-Gruppe KRAUTJUNKER, am Dutch-Oven-Kurs von Venatus teil. Venatus, das ist das Unternehmen des in Outdoor- und Jägerkreisen bekannten Autors Carsten Bothe, der überhaupt erst Dutch Oven in Deutschland bekannt gemacht hat.
Die Geschichte dahinter ist ganz interessant: Seine Diplomarbeit an der Universität Braunschweig für die Fakultät Biologie behandelte Bisamfallen. Hierauf wurde die Pelzbranche wurde darauf aufmerksam und der Pelzverband schickte ihn im Wintersemester 1993/94 für ein Vierteljahr nach Kanada, Wisconsin, Wyoming und Louisana. Später sogar noch für 6 Wochen nach Neuseeland. Während dieser Zeit lebte er mit Trappern in der nordamerikanischen Wildnis und lernte dort den Dutch Oven kennen. Ein ursprünglich aus Deutschland stammender gußeiserner Kochtopf, der in Zelten, Blockhütten und im Freien den Backofen ersetzt (mehr dazu in den Anmerkungen).
Zurück in Deutschland brachte er als Erster Dutch Oven nach Deutschland. Es handelte sich hierbei um den 10er Lodge von Gander Mountain. Anfangs lief der Vertrieb schleppend, so dass er Kurse anbot. Aus ihnen entwickelte sich die Dynamik, auf welcher die heutige Popularität und Verbreitung basiert. Das Unternehmen Lodge konzentrierte sich später, aufgrund der großen Nachfrage, auf ihr lukrativeres Hauptgeschäft, Pfannen und flache Töpfe herzustellen und zu vertrieben. Dies war die Chance für das deutsche Unternehmen Petromax, mit dem Carsten Bothe mittlerweile kooperiert und dessen Produkte er empfiehlt und vertreibt.
Der bereits erwähnte Barti Slartfaß, mit dem ich am Dutch Oven-Kursus teilnahm, hatte sich für diese Aufgabe qualifiziert, da er es geschafft hatte, ein Rezept nach Vorgabe zu testen. Für einen Bewohner des rustikalen Landkreises Lippe eine erstaunliche Leistung, die honoriert werden musste. Aufgrund seiner Herkunft bin ich natürlich Auto gefahren, denn jedes Fahrzeug mit dem Kennzeichen LIP, „Landwirt in Panik“ versetzt die übrigen Verkehrsteilnehmer zu sehr in ängstliche Besorgnis und ist eines zuviel auf der Straße.
Als wir um 10 Uhr pünktlich auf dem historischen Hof eintrafen, schien die Sonne und war schon voller Betrieb.
Uns wurden Schürzen, Handtücher, ein Rezeptheft sowie senkrecht in der Pfanne gerösteter Lagerfeuerkaffee eingeschenkt und dann ging es mit der theoretischen Schulung los. Dies beinhaltete den Dutch Oven, welche Töpfe und Kohlen empfehlenswert sind oder von welchen abzuraten ist, sowie grundsätzliches zur Handhabung der Töpfe und Organisation eines Outdoor-Essens.
Anschließend startete die Zubereitung eines Mountain Man Breakfast, bei dem alle Teilnehmer direkt eingebunden wurden.
Unterstützt wurde er dabei von mehreren fröhlichen Männern, die in etwa so aussahen, wie Tacitus die Germanen beschrieben hat und die Bothe selbst als in „ländlicher Robusthaltung“ aufgewachsene Kerle bezeichnete. Vierschrötige blonde Burschen, die mit Begeisterung Feuer entfachten, Fleisch zubereiteten und fröhlich Dönkes erzählten, als ob dies die Erfüllung ihres Landlebens sei. Irgendwie erinnerten sie mich an die Kelten und Germanen aus den Asterix-Comics. Wahrscheinlich fangen sie in ihrer Freizeit mit bloßen Händen Wildschweine und sitzen jeden Abend schmausend um ein offenes Feuer unter dem Sternenhimmel.
An mehreren unterschiedlichen Feuerstellen ging es, nach dem bewährten Motto „Wir schnallen den Gürtel weiter“, über den ganzen Tag weiter.
Die Vielzahl der Gerichte hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, daher seien nur einige Speisen erwähnt, die sich mir besonders einprägten.
Das Wursten war sicherlich mit das Spannendste und Handwerklich interessanteste.
Turducken, eine bekannte und beliebte Speise der Cajun-Küche aus den amerikanischen Südstatten.
Ein Truthahn, der mit einer Ente und einem Hühnchen gefüllt ist. Der Name leitet sich aus der Zusammensetzung aus Turkey, Duck und Chicken ab. Hat mich an die Festmähler der Araber in T.C. Boyles Buch Wassermusik erinnert. Dort war es, soweit ich mich erinnere, allerdings ein Kamel, das mit einem Schaf, das mit einem Huhn, etc. gefüllt war. Gut, ein Kamel hätte hier den Rahmen gesprengt.
Die als Cajun Microwave oder schlichtweg Kistensau bezeichnete Art des Spanferkelgrillens.
Hierbei wird ein Spanferkel in einer geschlossenen Stahlwanne gebacken, welche sich wiederum in einer aus Steinen zusammengefügten Steinkiste befindet, in der die Kohlen glühen.
Lamm mit Bohnen unter der Peka, ein traditionelles ungarisches Lagerfeuer-Gericht aus der Backhaube.
Immer nebenbei diverse kleine Köstlichkeiten wie Rosenkohl mit Kräuterbutter, Betrunkene Feigen oder Gefüllte Champignons. Natürlich noch einige Hauptgerichte wie Rouladen, Ente mit Rotkohl und Maronen…
Und zum Schluss bereiteten wir sogar Speiseeis zu.
Speiseeis aus dem Dutch Oven? Die unwillkürliche Frage, wie es geschmeckt hat, beantwortet dieser charmante Schnappschuss.
Besonders schön zu beobachten war es für mich, wie sehr es Männer und Frauen aller Schichten und Herkünfte vereint, wenn sie gemeinsam um ein Lagerfeuer stehen, während sie Essen zubereiten und verspeisen.
Kurz vor Fertigstellung dieses Beitrages erreichte mich die Nachricht, dass mein Freund, nennen wir ihn Oliver, nun doch Grillen will. Ich bin wirklich perplex, soviel Originalität hätte ich ihm nicht zugetraut.
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Anmerkungen
Von KRAUTJUNKER existiert eine Gruppe bei Facebook.
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Carsten Bothe ist vielen Outdoor-Fans und Jägern als Buchautor und Journalist bekannt.
Eine seiner Passionen ist das Grillen, Braten und Kochen über offenem Feuer. Seit zwanzig Jahren führt er mit Venatus – Alles zum Kochen am Lagerfeuer, einen feinen Versandhandel mit Lagerfeuer-Kochschule. Dort werden Produkte nicht nur verkauft, sondern vorher auch getestet. So wird nur in das Sortiment aufgenommen, was sich in seiner Praxis bewährte und von ihm benutzt wird. Seit Beginn der Venatus Akademie im Jahr 1997, erlernten mittlerweile mehrere Tausend Teilnehmer das Kochen am Lagerfeuer, vom Spiegelei bis zum Spanferkel.
http://www.carstenbothe.de/main/
http://www.venatus.de/
http://www.venatus.de/fileadmin/bilder/venatus_akademie_kochkurse.pdfhttp://www.venatus.de/index.php?id=325
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Petromax entwickelt und vertreibt, mit bewährten Ansätzen rund um Feuer und Licht, Produkte für die Bereiche Draußen-Kochen und Camping-Leben.
http://www.petromax.de/
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Titel: Dutch Oven – Kochen über offenem Feuer
Autor: Carsten Bothe
Verlag: Heel Verlag
Verlagslink: http://www.heel-verlag.de/Dutch+Oven.htm
ISBN: 978-3-86852-361-4
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