Südafrika in Franken: Springbock mit Rooibos und Salat

Rezeptvorstellung von Reiner Grundmann

„Springbock, three-five-seven, approaching Kapstadt”

So oder so ähnlich tönts aus dem Funk im Cockpit der South-African-Airways – und hat diese Airline das Tier schon lange aus seinem Logo entfernt, so hat man den Rufnamen – Vergleiche anderer Airlines wären da die Rufzeichen „Quality“ oder das alte aber schöne „Flamingo“ des Nürnberger Flugdienstes – bis heute beibehalten.

Abb.: Springbock in Namibia; Bildquelle: Wikipedia
Abb.: Springbock; Bildquelle: Wikipedia

„Heute kochen wir Springbock.“….wenn das so einfach wäre.

Erstens springt das Tier entgegen seinem Namen weder in den Kochtopf noch in den Mund, noch bekommt man einen schönen Springbock so ohne weiteres im Bayerischen Wald zu Gesicht oder überhaupt.

Auch im Handel wird er nicht  so leicht gesichtet.

Entgegen meiner tiefen Überzeugung, der Springbock hüpfe nur in Südafrika durch die Savanne, so tut er das auch in Namibia, Angola und Botswana – auf der Flucht mit bis zu 90 Stundenkilometer schnell und schnellt bis zu 3,5 Meter hoch – wenn er erschreckt wird – was ihm durchaus Chancen beim eleganten aber zu langsamen Angriff eines Raubtieres, wie dem Geparden verschafft, der es auf etwa 70 km/h bringt.

Das bis zu 50 kg schwere Tier mit teils über 40 cm langen gewundenen Hörnern gehört zu den Antilopen aus der Gruppe der Gazellenartigen.

600.000 Tiere der Gattung schätzt man, gäbe es  noch im südlichen Afrika.

Namhafte Jagdunternehmen verlangen für den Abschuss eines Springbocks bis zu 500 Dollar, ausgeführt werden darf das Fleisch des Tieres jedoch nicht.

Was nun wieder die Frage aufwirft, was wir für unser südafrikanisches Rezept aus dem Südafrika – Kochbuch von Ivana Sanshia Ströde an Fleisch verwenden – Springbock bekommen wir beim Landmetzger in Westfalen nicht und – obwohl schon minimal näher an Afrika – auch in Franken nicht.

Ivana Sanshia Ströde ist unsere Mentorin heute und ihr Glanzstück Südafrika – Das Kochbuch.

Als Kind eines Deutschen Vaters und einer indisch-südafrikanischen Mutter hat sie viele Facetten westlicher, östlicher und Afrikanischer Kochkunst kennengelernt. Der wundervolle Einband spielt mit der Landkarte Afrikas, mit goldenen Elementen und naiven Malereien afrikanischer Tiere, vor allem Zebras. Schon dieser Eye-Catcher lädt ein, das Kochbuch in die Hand zu nehmen, einzukaufen und sofort etwas Schönes zu kochen.

Das Rezept für das berühmte afrikanische Trockenfleisch Biltong findet sich genauso wie Chakalaka, süß-pikantes, fruchtiges Lammhack-Bananen-Bobotie und der Springbock an Rooibusch-Blättern.

Zum dritten mal kochen wir nun für den KRAUTJUNKER aus dem illustren Werk Ivana Sanshia Strödes. In den Archiven des Blogs mit Texten und Rezepten für Jäger, Angler und Sammler sucht und findet man schon das Biltong und das Bobotie. Heute soll es der Springbock sein.

Das Kochbuch erlaubt ersatzweise auch Rehrücken oder Rind.

Schön, Rehrücken – nichts leichter als das…. dachte der Reiner Grundmann sich, doch Gott wollte es anders. Pfeifendeckel.

Kein Rehrücken bei meinem Gewürzhändler auf dem Laufer Marktplatz, der noch ganz wichtig ein Schild vor seinen Pfeffersackbauchladen gestellt hat: „Jetzt auch Wild auf Bestellung“, und überhaupt, keine Flugschüler mit Jagdschein mehr auf weiter Flur, kein Metzger mit Wild im Programm –

Abb.: Reiner Grundmann und Janine Brunner; Bildquelle: @vomWaldindenMund

KRAUTJUNKER hatte die richtige Idee.

Nur ca. 20 Minuten mit dem Auto von mir entfernt in Hilpoltstein gibt es die beiden passionierten Jäger und Wildköche Janine und Basti „Vom Wald in den Mund“, und sofort haben sie sich auf den Aufruf im Netz gemeldet, „klar haben wir einen Rehrücken oder eine Gams sogar – das könnten wir miteinander kochen.“ Gesagt. Getan.

Ein Tag der uns allen genehm war für die gemeinsam begangene Wohltat, die bekanntlich als solche straflos bleibt, war schnell gefunden. Im Gegenteil. Lange Zeit hab ich mich bei einer Sache nicht mehr so wohl gefühlt, hab mich so gut unterhalten und exotisch-kulinarisch vergnügt.

Ach ja – und die Schnüffelnasen-Crew durfte ich auch noch kennenlernen. Drei durch die Bank sympathische Zeitgenossen.

Abb.: Jagdgefährten; Bildquelle: @vomWaldindenMund

Südafrika in Franken: Springbock mit Rooibos und Salat

Abb.: Südafrika in Franken: Springbock mit Rooibos und Salat; Bildquelle: @vomWaldindenMund

R E Z E P T

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Zutaten

Marinade
1 Springbockrücken (Rindfleisch oder Rehrücken, Gams)
3 Sternanis
Schalenabrieb von 1 Bio-Orange
1 TL gemahlener Zimt
3 EL Rooibos-Teeblätter
45 ml brauner Zucker
1 TL gemahlener Szechuanpfeffer

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Das marinierte Fleisch vom Rehrücken, Lende und das Holz im Wassereimer. Quelle: Vom Wald in den Mund,

Geräuchert wurde im Gasgrill mit einer kleinen metallenen Räucherbox, die @vomWaldindenMund mit feucht-nassen Holzschnitzen vom Apfel- und vom Kirschbaum bestückte.

Dressing
50 ml Aceto Balsamico
150 ml Olivenöl
1 EL Dijon Senf
1 EL Honig
1 EL Zucker
1 EL frisch gemahlenes Salz
(z.B. grobkörniges fleur de sel, gemahlen)
Frisch gemahlener Pfeffer

…beim Mischen des Dressings werfen wir auch schon mal einen dezenten Seitenblick auf das südafrikanische Weinchen – ein Cabernet Sauvignon, rouge von 2019, den ich zusammen mit dem Gemüse und dem Salat besorgt hab.

Bildquelle: Reiner Grundmann

Salat
2oo g gemischte Salatblätter
wie Rucola und Feldsalat
150 g Kirschtomaten
1 kleine Gurke
100 g Maiskölbchen
250 g Zuckerschoten
1 Bund grüner Spargel
4 EL grüne Oliven
1 Handvoll Croûtons
Meersalz wie fleur de sel
Schwarzer Pfeffer

Zubereitung

Sternanis ein wenig zerkleinern. Orangenschale und Sternanis mit Zimt, Rooibos-Teeblättern, braunem Zucker und dem Szechuan Pfeffer in eine kleine Schüssel geben und zu einer Gewürzmischung verrühren.

Die Marinade auf die Lende reiben (….jetzt isses plötzlich eine Lende, die man bei den Zutaten gar nicht findet) und über Nacht im Kühlschrank stehen lassen.

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Am nächsten Tag das Fleisch in einem Smoker für ca. 10 bis 35 Minuten smoken, bis er ein rauchiges Aroma hat. Anschließend die Gewürzmischung mit einem sauberen Tuch wieder abreiben und das Fleisch in dünne Scheiben schneiden.

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Dressing
Alle Zutaten in einen Messbecher geben und mit einem Stabmixer vermischen.

Salat

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Croutons aus Brot geschnitten und in Butter und Olivenöl gebraten.

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Salat waschen und klein schneiden. Kirschtomaten waschen, halbieren, Gurke waschen, halbieren und in Scheiben schneiden. Mais längs halbieren und blanchieren. Zuckerschoten waschen und blanchieren. Grünen Spargel waschen, die holzigen Enden entfernen klein schneiden und blanchieren.

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Alle Zutaten zusammenmischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und das Balsamico-Dressing darüber gießen.

Die dünnen Scheiben vom geräucherten Fleisch darauflegen und servieren.

Bildquelle: @vomWaldindenMund

F I N A L E

Die knappe Stunde in der Küche und am Grill hat sich mehr als gelohnt – tolle Gespräche schon beim Gemüse putzen, schneiden und blanchieren – über Geschichte bis zurück ins späte Mittelalter, über muttersprachliches oder ungewollt komisch nachgemachtes Schwyzerdütsch, Veterinärmedizin, Krautjunker, Jagd und Gott und die Welt – nur unterbrochen durch gelegentlich auf dem Smartphone eingehende Reh-Selfies, welche diese einige Autominuten weiter im Jagdgebiet unfreiwillig von sich selbst schossen mittels der installierten Wild-Kamera.

Bildquelle: @vomWaldindenMund

Das Essen war tatsächlich eine Offenbarung. Wieder einmal hat Ivana Sanshia Ströde kreativ Hochgenüsse gezaubert und bewiesen, dass es einen Unterschied gibt, zwischen umsonst und kostenlos.

Der Kauf des Buches ist nicht ganz kostenlos – aber auch überhaupt nicht umsonst, für den, der gerne gut kocht und isst.

Das Fleisch aus dem Smoker war perfekt gegart. Das Fleischthermometer half, es genau bei 60 Grad Kerntemperatur herauszunehmen. Butterzart in Scheiben geschnitten, erhielt es mit der Marinade außen einen süßlich-pikanten Geschmack. Innen behielt das Fleisch den vollen Wildgeschmack. Janine, meine Küchenchefin des Tages, verglich den Geschmack der Marinade ein wenig mit Lakritze. Wir Männer fanden das in Nuancen zutreffend, aber den manchmal fast beißenden Ammoniakgeschmack des echten Bärendrecks, wie man die Lakritze auch nennt, stellten wir auf unseren offensichtlich ungeübten Zungen nicht fest.

Es tat dem Hochgenuss auch gar keinen Abbruch, dass das Fleisch auf dem Salat relativ schnell abkühlte – und wir so einen kalten bis lauwarmen Fleischgang hatten.

Überhaupt auch der Salat.

Alle Zutaten knackig und frisch, grüner Spargel, junger Mais und Zuckerschoten waren perfekt in etwas mehr als 2 Minuten blanchiert und ebenfalls leicht al dente gegart. Das Dressing  – für meinen Geschmack ein bisserl zu wenig, aber ein Geheimtip.

Noch ein Bonbon für die Vegetarier – nein, ich konnte den Baby-Mais nicht laut aufschreien hören, als er in das kochende Wasser glitt.

Bildquelle: @vomWaldindenMund
Bildquelle: @vomWaldindenMund
Bildquelle: Reiner Grundmann

*

Dr. Janine Brunner

Als Tierärztin bleiben einem ernährungstechnisch drei Optionen, wenn man mit sich selbst im reinen sein möchte: entweder vegan zu leben, selbst Nutzvieh zu halten und zu Hause zu schlachten oder jagen zu gehen. Für alle anderen Wege weiß man durch das Tiermedizinstudium schlichtweg zu gut Bescheid.

Ich habe mich vor vielen Jahren für den dritten dieser Wege entschieden. Einmal wach gerüttelt wie Lebensmittel im großen Stil produziert werden, zieht sich das Thema schnell durchs ganze Leben: nach der Jagd kam der Gemüsegarten. Es folgten Obstbäume, Beerensträucher, dann ein jagender Imker und seine Bienen. Fehlt nur noch eine Kuh…

So kam es, dass die Nahrungsmittelbeschaffung, Verarbeitung und Zubereitung mittlerweile einen großen Teil unserer Zeit in Anspruch nimmt.

Dieses Jahr haben wir als @vomWaldindenMund begonnen auf Facebook und Instagram über die Jagd, die Arbeit unserer Jagdhunde, die Honigbienen, die Natur um uns herum, aber vor allem über gutes Essen zu berichten.

Wir genießen das Glück in den großen Spessart-Wäldern jagen zu dürfen, haben dort einen Pirschbezirk wo sich Sauen und Rotwild an den Suhlen die Klinke in die Hand geben. Manchmal passen gar nicht alle Sauen einer Rotte auf die Bilder der Wildkamera, so viele möchten gerne aufs Foto.

Nur leider hat das Wild scheinbar ein ausgeklügeltes Jäger-Frühwarnsystem, so dass wir die allermeiste Zeit vergebens im Wald sitzen und den Bäumen beim Wachsen zu sehen.

Um nicht ganz ohne Beute heimgehen zu müssen, suche ich nach frustrierenden Ansitzen Pilze. Daraus wurde eine kleine Sucht, so dass ich nicht mehr im Hellen auf Wild pirschen kann, ohne den Blick ständig am Waldboden haften zu haben, anstatt in der Ferne nach Reh, Sau und Hirsch Ausschau zu halten. Vermutlich wird mein Blick von einem inneren Realismus gelenkt: es ist viel wahrscheinlicher ausreichend essbare Pilze im Wald zu finden, als eine passende, erlegbare vierbeinige Beute.

Besucht Janines Blog! https://www.vomwaldindenmund.de/

*

Reiner Grundmann

Geflogen ist er eigentlich überall. Europa, Russland, USA. Wo er hingekommen ist hat er, wie die alten Chinesen – alles probiert und gegessen, was essbar aussah. Roten Kaviar und Sprotten in St. Petersburg, Kottlett Kiew in der Ukraine, Knoblauchhuhn und Gambas al Ajillo in Barcelona, Dorade aus der Salzkruste in Marseille, Marzipantörtchen am Flugplatz Bigginhill in London, Lobster in Santa Barbara und Vitello Tonnato in Mailand. Und gekocht hat er irgendwie auch schon immer.
Seine ersten Rezepte stammten aus dem Roman um den Geheimagenten wider Willen Thomas Lieven, alias Jean Leblanc, alias Pierre Hunebelle, Es muss nicht immer Kaviar sein von Johannes Mario Simmel.
Reiners Motto lautet: „Reisender, wenn du nach Franken kommst wisse, dass du nicht mehr in Deutschland bist – aber auch noch nicht in Bayern!

Besucht Reiners Blog! https://theflyingfish.blog/

***

Anmerkungen

Von KRAUTJUNKER gibt es eine Facebook-Gruppe und Outdoor-Becher aus Emaille. Kontaktmail für Anfragen siehe Impressum.

Titel: Südafrika – Das Kochbuch

Autorin: Ivana Sanshia-Ströde

Fotografin: Janina Lechner

Verlag: Edition Michael Fischer / EMF Verlag

Verlagslink: https://www.emf-verlag.de/produkt/suedafrika-das-kochbuch/

ISBN: 978-3960936886

*

Bisherige Veröffentlichungen aus dem Buch: https://krautjunker.com/?s=S%C3%BCdafrika+-+Das+Kochbuch

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s