Rezeptvorstellung von André Brüggemann
Ein klassisches Kochbuch i.S.e. „Rezeptansammlung“ ist das Gemeinschaftswerk der Herren Droste, Heidelbach und Klink nicht.
Den Namen Vincent Klink hat man sicherlich schon mal gehört, erkochte er doch im väterlichen Restaurant einen Michelin-Stern und setzt sich als Genussmensch für die Slow-Food-Bewegung ein; natürlich ist so jemand in den Medien präsent und hat diverse Kochbücher herausgegeben; klar, das weiß man.
Aber Wigalf Droste und Nikolaus Heidelbach? Die Namen mögen dem einen oder anderen Helden am Herd wenig sagen, sofern man nicht mal einen Blick aus der Küche hinaus in Richtung Kunst & Kultur geworfen hat. Wigalf Droste war (er starb im Mai 2019) ein Autor und Sänger, bezeichnete sich selbst als satirischen Polemiker. Er hat zu dem Buch Wild diverse Textbeiträge beigesteuert, diese reichen von Gedichten bis hin zu Anekdoten und Witzen:
Rezept für scheues Wild
Ja, ich bin ein scheues Wild,
ein scheues Wild-auf-Dich.
Bist du kein Jäger, der mich killt –
dann, vielleicht, kriegst du mich.

Nikolaus Heidelbach hingegen ist Bilderbuchillustrator und -autor; er zeichnet im wahrsten Sinne des Wortes für die Abbildungen in „Wild“ verantwortlich:

Doch zurück zu Vincent Klink, schließlich geht es hier um eine Rezeptvorstellung. Frischlingsmedaillons in Walnüssen soll es geben. Benötigt wird der Rücken einer jungen Wildsau sowie Röstgemüse. Aus letzterem wird die Soße hergestellt; am besten gleich reichlich Suppengemüse vorbereiten, dann kann man aus den Knochen und Abschnitten noch einen Fond kochen.

Der Rücken wird pariert, ausgelöst und in Medaillons geschnitten. Diese werden gepfeffert und gesalzen und in der Pfanne angebraten; gegen Ende werden die Nüsse hinzugefügt. Das Fleisch im Ofen bei milder Hitze gar ziehen lassen.

Während das Fleisch im angewärmten Ofen ruht, das Röstgemüse, Schalotten und Speck anbraten. Die Mischung wird mit Brühe und Rotwein abgelöscht, anschließend einkocht und mit Cassis und Limette abgeschmeckt. Es empfiehlt sich, als allerersten Arbeitsschritt den Speck und das Gemüse zu putzen und zu würfeln, da ansonsten die Garzeit des Fleischs nicht ausreicht die Soße fertig zu stellen mit der Folge, dass das Fleisch wohlmöglich zu trocken wird. Wäre schade.

Hinweise zu möglichen Beilagen gibt es bei Klink nicht, es bleibt also dem Koch überlassen, sich etwas zu überlegen. Ich hatte mich für ein Rote-Beete-Kraut entschieden, das ich in einem anderen Rezept als Beilage zu Hirsch gesehen hatte. Konnte mir vorstellen, dass der leicht erdige Geschmack auch gut zu Wildschwein passen würde. Da dies jedoch nicht auf Gegenliebe der werten Frau Gemahlin stieß, habe ich darauf verzichtet das Soßengemüse zu pürieren, um nicht nur Soße sondern eine weitere Gemüsebeilage zu erhalten. Abgerundet wurde das Ganze durch „Semmeltorte“, eine brotartige Beilage aus Semmelbrösel, Mandel, Ei, Butter und Gewürzen.

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Hier nun das Originalrezept aus der Feder von Vincent Klink:
FRISCHLINGSMEDAILLONS IN WALNÜSSEN
Jeder Hobbykoch wird irgendwann einmal leichtsinnig. So treibt es ihn dazu, sein Experimentierfeld auszudehnen und nicht mehr nur die eigene Familie als Raketenstation des eigenen Erfindungsgeistes zu beanspruchen. Freunde werden eingeladen, und wenn es wirklich gute Freunde sind, dann mag man dem Kommenden frohgemut entgegen sehen. Alles, was das Wildschwein an guter Ware hergibt, kann zäh sein. Denn Wildschweine sind ausgesprochene Treibaufs und ständig am Umherwetzen. Hat man also Gäste geladen und will man sich nicht bis auf die Knochen blamieren, dann ist man mit einem Frischling, einem jungen Tier, gut dran.
Zutaten für 2 Personen
6 Medaillons aus dem Frischlingsrücken
4 EL gehackte Walnüsse
1 EL Butter
Für die Soße
4 EL Röstgemüse in kleinen Würfeln
2 Schalotten
1 TL Speckwürfel
1/8 l Fleischbrühe
1/8 l Rotwein
4 cl Cassis
2 EL Butter
2 EL Limonensaft (evtl. Zitronensaft)
Medaillons pfeffern, salzen und von beiden Seiten jeweils drei Minuten bei geringer Hitze anbraten. Die letzten zwei Minuten geben wir die Walnüsse hinein. Dann alles aus der Pfanne nehmen und warm stellen. Das Warmstellen macht wirklich Sinn, denn durch das Braten sind die äußeren Schichten des Fleisches durchgebraten und etwas trocken, der Kern der Medaillons jedoch noch fast roh. Die Ruhezeit bewirkt den Austausch des Safts, der so auch in äußere Zonen des Fleisches vordringt. Nur auf diese Weise ist es möglich, ein Fleisch von außen bis nach innen in kurzer Zeit rosa zu garen. Röstgemüse, Schalotten und Speck anbraten. Mehrmals mit Brühe und Rotwein ablöschen, auf einen Achtelliter reduzieren. Cassis zugeben, mit etwas Butter abbinden und mit Limonensaft abschmecken. Vor dem Anrichten die Medaillons mit den Nüssen nochmal anwärmen. Die Nüsse auf die Medaillons geben.
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KRAUTJUNKER-Koch:
André Brüggemann ist passionierter Jäger, Hundeführer und Jagdhornbläser sowie begeisterter Hobbykoch und Genießer. Aufgrund seiner Tätigkeit als Steuerberater in eigener Kanzlei bleibt ihm dazu allerdings weniger Zeit, als ihm lieb wäre.

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KRAUTJUNKER-Kommentar:
Vincent Klink ist mein Küchengott. Alle von ihm veröffentlichten Bücher sind nicht nur große Lernhilfen in Sachen Küchenkultur, sondern gleichermaßen lebensklug und witzig. Auf KRAUTJUNKER ist schon einiges von und über ihn erschienen. Die von Vincent Klink und Wiglaf Droste geschriebenen und von Nikolaus Heidelbach illustrierten kulinarischen Bibeln aus dem DuMont-Verlag sind so etwas wie das Best-of der kulinarischen Kampfschrift Häuptling Eigener Herd, welche Vincent Klink und Wiglaf Droste von 1999 bis 2003 so vierteljährlich wie möglich verlegten. Wer gerne liest, kocht und isst, wird sie lieben.
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Titel: Wild
Autoren: Wiglaf Droste, Vincent Klink
Illustrator: Nikolaus Heidelbach
Verlag: DuMont
Verlagslink: http://www.dumont-buchverlag.de/buch/droste-wild-9783832196059/
ISBN: 978-3-8321-9605-9
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